In § 13a Abs. 9 Satz 5 ErbStG ist ein Wegfall der Steuerbefreiung vorgesehen. Demnach entfällt die Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergangenheit, wenn die Voraussetzungen nicht über einen Zeitraum von 20 Jahren nach Entstehung der Steuer eingehalten werden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn[1]

a) der Gesellschaftsvertrag oder die Satzung in der Weise geändert werden, dass die Voraussetzungen für den Vorwegabschlag nicht mehr gegeben sind, oder gegen die Voraussetzungen verstoßen wird oder

b) wenn die Änderungen vorgenommen werden, nachdem der Erwerber nicht mehr Gesellschafter ist.

Der Vorabwegschlag entfällt in voller Höhe und nicht nur anteilig.[2] Es kommt zu einer Änderung der bisherigen Steuerfestsetzung und zu einer Nachzahlung an Erbschaftsteuer.

Ferner gilt es zu beachten, dass bei einem Verstoß keine Inanspruchnahme des Schenkers für die Schenkungsteuer nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG erfolgt. Anders sieht es indes aus, wenn der Schenker die Steuer auch in diesem Fall übernommen hat.

 
Praxis-Beispiel

Späterer Wegfall der Voraussetzungen für den Vorwegabschlag

Der Vater V verstirbt und hinterlässt seiner Tochter T einen Mitunternehmeranteil. Dessen begünstigtes Vermögen (Verwaltungsvermögen ist nicht vorhanden) beträgt 7.500.000 EUR. Daneben ist noch ein unbebautes Grundstück (kein Betriebsvermögen) vorhanden (Steuerwert: 250.000 EUR). Alleinerbin des V ist die T. Die T hat keinen Antrag auf die Optionsverschonung gestellt. Es liegen im Zeitpunkt des Erwerbs die Voraussetzungen nach § 13a Abs. 9 ErbStG vor. Nach zehn Jahren sind die Voraussetzungen des § 13a Abs. 9 ErbStG nicht mehr gegeben.

Lösung

1. Zeitpunkt des Erbfalls

a) Anwendung des Vorwegabschlags

Zunächst ist der Vorwegabschlag zu berücksichtigen.

 
begünstigtes Betriebsvermögen 7.500.000 EUR
./. 30 %iger Vorwegabschlag ./. 2.250.000 EUR
begünstigtes Betriebsvermögen nach Vorwegabschlag 5.250.000 EUR

b) Regelverschonung

Nunmehr ist bei T die Regelverschonung (85 %) zu berücksichtigen. Dies erfolgt von Amtswegen.

 
begünstigtes Betriebsvermögen nach Vorwegabschlag 5.250.000 EUR
./. 85 % Verschonungsabschlag von 5.250.000 EUR ./. 4.462.500 EUR
verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 787.500 EUR
+ sonstiges Vermögen (Steuerwert Grundstück) + 850.000 EUR
Bereicherung 1.637.500 EUR

Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG kommt hier aufgrund der Höhe des verbleibenden begünstigten Betriebsvermögens nicht zur Anwendung.

Die Erbschaftsteuer für Tochter T errechnet sich wie folgt:

 
Bereicherung 1.637.500 EUR
./. Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 10.300 EUR
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 1.227.200 EUR
Erbschaftsteuer T (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 233.168 EUR

2. Zeitpunkt des Wegfalls der Voraussetzungen

Da nunmehr die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, fällt der Vorwegabschlag in voller Höhe weg. Der Steuerbescheid ist nun zu ändern.

a) Anwendung des Vorwegabschlags

Keine Berücksichtigung des Vorwegabschlags.

 
begünstigtes Betriebsvermögen 7.500.000 EUR
./. 30 %iger Vorwegabschlag ./. 0 EUR
begünstigtes Betriebsvermögen ohne Vorwegabschlag 7.500.000 EUR

b) Regelverschonung

Nunmehr ist bei T die Regelverschonung (85 %) zu berücksichtigen. Dies erfolgt von Amtswegen.

 
begünstigtes Betriebsvermögen ohne Vorwegabschlag 7.500.000 EUR
./. 85 % Verschonungsabschlag von 7.500.000 EUR ./. 6.375.000 EUR
verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 1.125.000 EUR
+ sonstiges Vermögen (Steuerwert Grundstück) + 850.000 EUR
Bereicherung 1.975.000 EUR

Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG kommt hier aufgrund der Höhe des verbleibenden begünstigten Betriebsvermögens nicht zur Anwendung.

Die Erbschaftsteuer für Tochter T errechnet sich wie folgt:

 
Bereicherung 1.975.000 EUR
./. Beerdigungskostenpauschale (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG) ./. 10.300 EUR
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 1.564.700 EUR
Erbschaftsteuer T (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 297.293 EUR

Die erbschaftsteuerliche Belastung erhöht sich somit von bisher 233.168 EUR auf 297.293 EUR.

Die Gründe für die Änderung der Bestimmungen oder der tatsächlichen Verhältnisse spielen keine Rolle.[3]

Sind mehrere Erwerber vorhanden, dann ist die Frist von 20 Jahren für jeden Erwerber gesondert zu prüfen. Dies bedeutet, wenn ein Erwerber gegen die Frist verstößt und der andere nicht, dann treffen die schädlichen Konsequenzen nur den ersteren.

Wird durch den Wegfall des Vorwegabschlags erstmals der Schwellenwert von 26.000.000 EUR überschritten, dann entfällt die zunächst in Anspruch genommene Steuerbefreiung nach § 13a Abs. 1 (Verschonungsabschlag von 85 %) oder § 13a Abs. 10 ErbStG (Verschonungsabschlag von 100 %) rückwirkend.

Der Erwerber hat nun aber die Möglichkeit für seinen Erwerb erstmals einen Antrag nach § 13c ErbStG oder nach § 28a ErbStG zu stellen.[4]

[1] Vgl. auch R E 13a.20 Abs. 6 ErbStR 2019.

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