Leitsatz

Setzen sich die Miterben im Fall der zivilrechtlichen Nachlassspaltung unter Einbeziehung aller perso­nengleichen Erbengemeinschaften in einem einheitlichen Vorgang in der Weise auseinander, dass sie sämtliche Nachlassgegenstände gleichzeitig vollständig unter sich verteilen, ist auch für die ertragsteuerliche Beurteilung, ob insgesamt eine neutrale Realteilung oder ob teilweise Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge anzunehmen sind, auf diesen einheitlichen Vorgang und auf den gesamten Nachlass abzustellen.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG, § 255 Abs. 1 HGB

 

Sachverhalt

Der Vater des Klägers starb 1990. Zum Nachlass gehörten mehrere Grundstücke, darunter eines auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Insofern war noch DDR-Recht anzuwenden. Im Jahr 2008 setzten sich die Miterben auseinander. Der Kläger übernahm u.a. das Ostgrundstück und die dazu gehörenden Verbindlichkeiten. In dieser Höhe nahm der Kläger Anschaffungskosten an und machte bei seinen Einkünften aus der Vermietung des Gebäudes entsprechende AfA geltend. Das FA versagte den Abzug. Das FG hat der Klage stattgegeben (Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.10.2016, 14 K 203/15, Haufe-Index 10851734, EFG 2017, 817). Dagegen hat das FA mit Unterstützung des BMF Revision erhoben.

 

Entscheidung

Der BFH hat dem FA dem Grunde nach recht gegeben. Die Miterben können sich auch bei einer zivilrechtlichen Nachlassspaltung steuerneutral unter Berücksichtigung des (ungeteilten) Nachlasses auseinandersetzen. Ob dies im Streitfall geschehen ist, muss das FG aber noch feststellen. Es hatte sich auf den Standpunkt gestellt, dass die zivilrechtliche Nachlassspaltung stets auch steuerlich zu beachten sei.

 

Hinweis

1. Zu einer Nachlassspaltung, also zur Spaltung eines an sich einheitlichen Nachlasses, kommt es, wenn die zum (einheitlichen) Nachlass gehörenden Gegenstände (z.B. aufgrund ihrer Belegenheit) unterschiedlichem (Erb-)Recht unterstehen. Zivilrechtlich entsteht dann nicht nur eine Erbengemeinschaft, sondern es entstehen zwei oder mehr Erbengemeinschaften. Unterschiede können sich z.B. hinsichtlich der Erbquoten, aber auch bei der Auseinandersetzung der Gemeinschaft(en) ergeben.

2. Die Besprechungsentscheidung betrifft die Frage, welche Auswirkungen die (zivilrechtliche) Nachlassspaltung auf die ertragsteuerliche Behandlung der Erbauseinandersetzung hat. Im Zentrum steht die Frage, ob die Nachlassspaltung steuerlich stets beachtlich ist.

3. Keine Fortentwicklung enthält die Entscheidung hinsichtlich der hergebrachten Grundsätze der ertragsteuerlichen Erbauseinandersetzung. Die Erben können die Gemeinschaft steuerneutral (real) teilen, indem sie sämtliche Nachlassgegenstände ihren Erbquoten entsprechend unter sich verteilen. Eine neutrale Realteilung liegt auch noch vor, wenn ein Miterbe im Zuge der Auseinandersetzung einen Anteil an den Verbindlichkeiten übernimmt, der seinen rechnerischen Anteil übersteigt. Er wird dies in der Regel nur tun, wenn er im Gegenzug auch ein aktives Wirtschaftsgut erhält, das wertmäßig seinen Erbanteil übersteigt. Zu Anschaffungs- und Veräußerungsvorgängen kommt es aber, soweit die Miterben im Zuge der Auseinandersetzung untereinander Ausgleichszahlungen erbringen.

4. Vor diesem Hintergrund macht es einen Unterschied, ob die zivilrechtliche Nachlassspaltung steuerlich stets beachtlich ist oder ob sie unter Umständen außer Betracht bleiben kann:

a) Bei getrennter Betrachtung der einzelnen Erbengemeinschaften bestehen weniger bis keine Möglichkeiten zur steuerneutralen Auseinandersetzung, insbesondere wenn sich – wie im Besprechungsfall – in einem Teilnachlass nur ein Grundstück befindet.

b) Betrachtet man dagegen steuerlich die Auseinandersetzung übergreifend, kann eine neutrale Realteilung leichter herbeigeführt werden.

5. Der BFH hat sich für die zweite Variante entschieden. Setzen sich die Miterben über sämtliche Erbengemeinschaften gleichzeitig und in einem einheitlichen Vorgang auseinander, kommt es für die ertragsteuerliche Beurteilung auf den (ungeteilten) gesamten Nachlass an. Eine strenge Bindung an die zivilrechtliche Nachlassspaltung besteht im Steuerrecht nicht. Anders ist dies, wenn die Miterben die Nachlassspaltung beachten und z.B. nur eine Miterbengemeinschaft auseinandersetzen, eine andere aber bestehen lassen. Dann kommt es auch steuerlich auf die jeweilige Erbengemeinschaft an.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.10.2018 – IX R 1/17

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