Sucht der Unternehmer mehrere Betriebsstätten auf, ist die erste Betriebsstätte anhand quantitativer Merkmale zu bestimmen. Entsprechend den Regelungen des § 9 Abs. 4 EStG ist von einer ersten Betriebsstätte auszugehen, wenn es sich um eine Tätigkeitsstätte handelt, die der Unternehmer typischerweise

  • arbeitstäglich oder
  • je Woche an 2 vollen Arbeitstagen oder
  • mindestens zu 1/3 der regelmäßigen Arbeitszeit

aufsucht. Treffen diese Kriterien auf mehrere Betriebsstätten zu, ist die Betriebsstätte als erste Betriebsstätte anzusehen, die am nächsten zur Wohnung liegt. Fahrten zu weiter entfernt liegenden Betriebsstätten sind als Auswärtstätigkeiten zu beurteilen.[1]

Konsequenz:

  • Freiberufler/Unternehmer dürfen bei der Nutzung eines Firmenwagens für ihre Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte nur die Entfernungspauschale von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer geltend machen. Für die Jahre 2021 bis 2026 gilt ab dem 21. Entfernungskilometer eine erhöhte Entfernungspauschale. Diese hat im Jahr 2021 eine Höhe von 0,35 EUR und ab 2022 von 0,38 EUR. Für die Entfernungen bis zu 20 km ist unverändert eine Entfernungspauschale von 0,30 EUR zu berücksichtigen.
  • Der Gewinn muss um die nicht abziehbaren Aufwendungen erhöht werden.
  • Hat der Unternehmer mehrere Betriebsstätten, muss also immer geprüft werden, welche Betriebsstätte als erste Betriebsstätte zu behandeln ist, bei der nur die Entfernungspausschale anzusetzen ist.
 

Mindestaufenthaltsdauer

Herr Hauser ist Unternehmer und wohnt in Siegburg. Er hat eine Filiale in Bonn (Entfernung 15 km) und eine 2. Filiale in Troisdorf (Entfernung 6 km). Er sucht die Filiale in Bonn täglich auf und die Filiale in Troisdorf nur einmal in der Woche. Die Filiale in Bonn ist die erste Betriebsstätte, sodass er bei seinen Fahrten von der Wohnung dorthin nur die Entfernungspauschale ansetzen darf. Die Filiale in Troisdorf ist keine erste Betriebsstätte, sodass es sich bei seinen Fahrten dorthin um eine auswärtige Tätigkeit handelt.

 

Mehrere Betriebsstätten erfüllen die Voraussetzungen: Nähe zur Wohnung

Der Unternehmer Schmitz wohnt in Siegburg und hat eine Filiale in Bonn (Entfernung 15 km) und eine 2. Filiale in Troisdorf (Entfernung 6 km). Er sucht täglich beide Filialen auf. Die Filiale in Troisdorf ist die erste Betriebsstätte, weil sie näher zur Wohnung liegt. Die Filiale in Bonn ist keine erste Betriebsstätte, sodass es sich bei den Fahrten dorthin um eine auswärtige Tätigkeit handelt.

 

Handelsvertreter mit Büro beim Auftraggeber

Herr Birkenhäuser wohnt in Siegburg und ist als Handelsvertreter für verschiedene Unternehmen tätig. Eines dieser Unternehmen stellt ihm für 2 Tage in der Woche ein Büro zur Verfügung. Dieses Büro ist als erste Betriebsstätte zu beurteilen, sodass er für seine Fahrten dorthin nur die Entfernungspauschale geltend machen kann.

 

Bürotätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer

Herr Huber ist als Versicherungsmakler tätig und erledigt die anfallenden Bürotätigkeiten in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Die Beratungsleistungen erbringt er regelmäßig beim Kunden. Der Unternehmer hat keine erste Betriebsstätte, sodass seine betrieblichen Fahrten insgesamt als auswärtige Tätigkeiten einzustufen sind.

 

Häusliches Arbeitszimmer und Kundenbesuche

Herr Braun erbringt Bauleistungen bei wechselnden Kunden. Die Büroarbeiten erledigt er in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Die Aufwendungen für Fahrten zu den Kunden und den Baustellen sind uneingeschränkt als Betriebsausgaben abziehbar.

 

Häusliches Arbeitszimmer, mehrere Auftraggeber

Ein freiberuflicher Dozent bereitet sich auf seine Dozententätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer vor. Die Dozententätigkeit übt er an 2 Tagen in der Woche in der Volkshochschule in Bonn (Entfernung zur Wohnung 10 km) und an 3 Tagen in der Woche in der Volkshochschule in Siegburg (Entfernung zur Wohnung 18 km) aus. Die Tätigkeiten beruhen auf unterschiedlichen unbefristeten Auftragsverhältnissen. Konsequenz ist, dass die Volkshochschule in Bonn die erste Betriebsstätte ist, weil sie näher zur Wohnung des Dozenten liegt. Die Fahrten sind nur mit der Entfernungspauschale anzusetzen. Die Fahrten zur Volkshochschule in Siegburg sind als Geschäftsreisen einzustufen, bei denen die Fahrtkosten voll abziehbar sind.

 

Zustellbezirk als erste Betriebsstätte

Herr Schreiber ist als selbstständiger Paketzusteller zeitlich unbefristet als Subunternehmer für einen Paketdienst tätig. Er hat als Subunternehmer einen festen Zustellbezirk, der 5 Kilometer von seiner Wohnung entfernt liegt. Den Lieferwagen stellt er auf seinem privaten Wohngrundstück ab. Lösung: Für die Fahrten von der Wohnung zum 5 km entfernten Zustellbezirk kann der Unternehmer nur die Entfernungspauschale geltend machen. Die Fahrten innerhalb des Zustellbezirks sind in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. Bei der Ermittlung der Zeiten, um eine Verpflegungspauschale geltend machen zu können, ist auf die Zeit des Aufenthalts innerhalb des Zustellbezirks abzustellen. Außerdem ist die 3-Monats-Regelung zu beach...

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