BMF, 23.07.1992, IV B 3 - S 2253 - 29/92

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Frage der Einkunftserzielung bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wie folgt Stellung:

Nach dem Beschluß des Großen Senats vom 25. Juni 1984 (BStBl 1984 II S. 751) setzt eine einkommensteuerrechtliche Betätigung oder Vermögensnutzung im Bereich der Überschußeinkünfte die Absicht voraus, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen (vgl. auch BFH-Urteil vom 21. Juli 1981, BStBl II S. 37, vom 23. März 1982, BStBl II S. 463 und vom 21. Oktober 1980, BStBl II S. 452). Dabei ist nicht auf das Ergebnis der Vermögensnutzung eines oder weniger Jahre, sondern auf das positive Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung durch den Steuerpflichtigen und seinen Gesamtrechtsnachfolger oder seinen voll unentgeltlichen Einzelrechtsnachfolger abzustellen. Steuerfreie Veräußerungsgewinne sind in diese Betrachtung nicht einzubeziehen (BFH-Urteil vom 23. März 1982, BStBl II S. 463). Für die Dauer der voraussichtlichen Vermögensnutzung ist bei Gebäuden grundsätzlich von einer tatsächlichen Nutzungsdauer von 100 Jahren auszugehen. Grundsätzlich spricht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht.

Der Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht ist entkräftet, wenn aufgrund objektiver Beweisanzeichen festgestellt werden kann, daß der Steuerpflichtige das Gebäude in der Absicht angeschafft oder hergestellt hat, die Steuervorteile in Anspruch zu nehmen und es kurze Zeit danach zu veräußern (z. B. bei sogenannten Mietkauf-Modellen, BFH-Urteil vom 31. März 1987, BStBl 1987 II S. 668 und 774). Solche Beweisanzeichen können zum Beispiel der Abschluß eines entsprechenden Zeitmietvertrages, einer entsprechenden kurzen Fremdfinanzierung oder die Suche nach einem Käufer schon kurze Zeit nach Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes sein. Die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen oder erhöhten Absetzungen bei Gebäuden reicht zur Widerlegung der Einkunftserzielungsabsicht allein nicht aus.

Auch bei Grundstücksverwaltungsgesellschaften oder -gemeinschaften mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken spricht der Beweis des ersten Anscheins für das Vorliegen der Einkunftserzielungsabsicht. Entsprechendes gilt bei geschlossenen Immobilienfonds in den Fällen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Aus der rechtlichen Gestaltung des Vertragswerkes und der tatsächlichen Durchführung im Einzelfall kann sich aber ergeben, daß die Beteiligten nicht eine auf Dauer angelegte Investition anstreben, sondern im Vordergrund ihrer Entscheidung die Minderung ihrer Steuerbelastung steht. Nur in einem solchen Fall sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 21. August 1990 (BStBl 1991 II S. 564) anzuwenden. Bei einem Gesellschafter oder Gemeinschafter genügt allein die rechtliche oder tatsächliche Möglichkeit, die Beteiligung an der Gesellschaft oder Gemeinschaft kurzfristig aufzugeben, nicht zu einer Entkräftung des Beweises des ersten Anscheins für das Vorliegen einer Einkunftserzielungsabsicht. Etwas anderes gilt, wenn die Aufgabe der Beteiligung zu einem künftigen Zeitpunkt, in dem ein Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten eindeutig noch nicht erreicht sein wird, feststeht oder nach dem mutmaßlichen Geschehensablauf sicher zu erwarten ist.

 

Normenkette

EStG § 21

 

Fundstellen

BStBl I, 1992, 434

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge