Kommentar

Behält ein Vermieter nach dem Verkauf seines Mietobjekts eine Restschuld zurück, kann er die hierfür anfallenden Schuldzinsen mitunter weiterhin als (nachträgliche) Werbungskosten abziehen. Das BMF hat die Abzugsvoraussetzungen nun näher dargestellt.

Muss ein Vermieter nach dem Verkauf eines Mietobjekts weiterhin ein "stehengebliebenes" Darlehen bedienen, mit dem er ursprünglich die Anschaffungskosten oder Erhaltungsaufwendungen der veräußerten Immobilie finanziert hat, können die fortlaufenden Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften absetzbar sein.

Darstellung der neueren BFH-Rechtsprechung

In der jüngeren Vergangenheit hat der BFH in mehreren Entscheidungen herausgearbeitet, in welchen Fällen ein nachträglicher Schuldzinsenabzug bei den Vermietungseinkünften möglich ist:

Steuerbare Grundstücksveräußerung

Mit Urteil vom 20.6.2012[1] hat das Gericht in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass Schuldzinsen für Anschaffungsdarlehen eines Mietobjekts als nachträgliche Werbungskosten absetzbar sind, auch wenn der Verkauf des Hauses bzw. der Wohnung ein privates Veräußerungsgeschäft ist (Verkauf innerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist). Der Abzug ist nach dem Urteil jedoch nur möglich, soweit der Veräußerungserlös nicht zur Darlehenstilgung ausreichte (Grundsatz der vorrangigen Schuldentilgung).

Nicht steuerbare Grundstücksveräußerung

Ein nachträglicher Schuldzinsenabzug bei den Vermietungseinkünften ist nach dem BFH-Urteil vom 8.4.2014[2] auch dann möglich, wenn der Verkauf des Mietobjekts kein privates Veräußerungsgeschäft ist, der Verkauf also nach Ablauf der 10-jährigen Spekulationsfrist erfolgt ist. Für den nachträglichen Werbungskostenabzug ist dann aber relevant, wie der Veräußerungserlös verwendet wurde:

  • Wurde der Erlös für die Anschaffung einer neuen Einkunftsquelle (z. B. eines neuen Mietobjekts) genutzt, steht das Darlehen in einem neuen Veranlassungszusammenhang mit eben dieser Einkunftsquelle, sodass ein Kostenabzug bei ihr möglich ist.
  • Schafft der Vermieter mit dem Erlös keine neue Einkunftsquelle an, gilt wieder der Grundsatz der vorrangigen Schuldentilgung. Es muss also betrachtet werden, ob der Erlös zur Schuldentilgung ausgereicht hätte. Nur die Schuldzinsen für den nicht tilgbaren Darlehensteil sind weiterhin abzugsfähig.

Entfallene Einkunftserzielungsabsicht

Mit Urteil vom 21.1.2014[3] hat der BFH einen nachträglichen Schuldzinsenabzug für den Fall ausgeschlossen, dass die Einkunftserzielungsabsicht des Vermieters bereits vor der Veräußerung des Mietobjekts entfallen ist (z. B. wegen Selbstnutzung vor dem Verkauf). In diesem Fall nimmt das Gericht keinen fortdauernden Veranlassungszusammenhang der Schuldzinsen mit früheren Vermietungseinkünften mehr an.

Abzug von Vorfälligkeitsentschädigungen

Zahlt ein Vermieter eine Vorfälligkeitsentschädigung für die vorzeitige Ablösung einer Darlehensschuld, damit er sein Mietobjekt lastenfrei veräußern kann, darf er diesen Aufwand nach dem BFH-Urteil vom 11.2.2014[4] nicht "ersatzweise" als Werbungskosten abziehen, wenn die Veräußerung kein privates Veräußerungsgeschäft ist (und somit ein dortiger Ansatz als Veräußerungskosten ausgeschlossen ist). Mit dieser Entscheidung gab der BFH seine bisherige Rechtsmeinung auf, nach der Vorfälligkeitsentschädigungen ausnahmsweise als Finanzierungskosten (Werbungskosten) abzugsfähig sein können.

Neue Aussagen der Finanzverwaltung

Die zitierten Entscheidungen des BFH werden oder wurden allesamt im Bundessteuerblatt II veröffentlicht, sodass sie allgemein von der Finanzverwaltung angewandt werden. Mit Schreiben vom 27.7.2015 hat das BMF gleichwohl folgende flankierende Aussagen zur Anwendung der neueren Rechtsprechungsgrundsätze getroffen:

Schuldzinsen für Anschaffungs-/Herstellungsdarlehen

Ob Schuldzinsen für Anschaffungs-/Herstellungsdarlehen nach dem Grundstücksverkauf als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden können, richtet sich nach dem Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung:

Veräußerung nach dem 31.12.1998

Hat die Grundstücksveräußerung nach dem 31.12.1998 stattgefunden, darf ein nachträglicher Werbungskostenabzug nach der Verwaltungsmeinung erfolgen, wenn und soweit die Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös hätten getilgt werden können.

Hinweis: Der Grundsatz der vorrangigen Schuldentilgung gilt nach Ansicht des BMF jedoch so lange nicht, wie eine Tilgung aufgrund von Rückzahlungs- oder Auszahlungshindernissen (letztere bezogen auf den Veräußerungserlös) ausgeschlossen ist.

Wie vom BFH bereits im Urteil vom 21.1.2014 (a. a. O.) formuliert, lässt die Finanzverwaltung einen nachträglichen Schuldzinsenabzug ebenfalls nur zu, wenn der Vermieter seine Einkunftserzielungsabsicht bis zur Grundstücksveräußerung beibehalten hat.

Neu ist die Aussage des BMF, dass es für einen nachträglichen Werbungskostenabzug (in Verkaufsfällen ab 1999) nicht mehr darauf ankommt, ob der Grundstücksverkauf ein privates Veräußerungsgeschäft ist oder nicht.

Hinweis: Bisla...

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