Bei Investmentanteilen, die von Privatanlegern nach Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 erworben wurden, unterliegt auch der Veräußerungsgewinn der Steuerpflicht. Rechtsgrundlage hierfür sind § 56 Abs. 2–3 InvStG sowie § 8 Abs. 5 InvStG in der bis 2017 geltenden Fassung.
Der fiktive Veräußerungsgewinn ermittelt sich nach der bis 2017 geltenden Rechtslage und wird erst bei der tatsächlichen Veräußerung bzw. Rückgabe der Anteile beim Anleger versteuert. Dieser Gewinn wird von der inländischen Bank des Anlegers ermittelt und bis zur tatsächlichen Veräußerung vorgehalten.
Berechnung des Veräußerungsgewinns nach § 8 Abs. 5 InvStG a. F.
Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns auf den 31.12.2017 sind einige Besonderheiten zu beachten:
Zwischengewinne sind aus den Anschaffungskosten und dem Rücknahmepreis zum 31.12.2017 (= fiktiver Veräußerungspreis) herauszurechnen, da diese bereits als laufende Kapitaleinkünfte angesetzt wurden. Das gilt auch für bereits versteuerte, ausschüttungsgleiche Erträge. So wird eine Doppelbesteuerung vermieden.
Darüber hinaus müssen evtl. ausgeschüttete steuerfreie "Altveräußerungsgewinne" des Investmentfonds dem Veräußerungsgewinn hinzugerechnet werden. Denn diese werden seit 2009 steuerfrei an die Anleger ausgeschüttet. Da auch ein Anleger, der die Anteile nach dem 31.12.2008 erworben hat, an der steuerfreien Ausschüttung partizipiert, wird diese Ausschüttung im Rahmen der Veräußerungsgewinnermittlung wieder hinzugerechnet. Hierdurch wird erreicht, dass Anleger, die ihre Anteile nach dem 31.12.2008 erworben haben, letztlich nicht in den Genuss der Steuerfreiheit kommen.
Die weiteren in § 8 Abs. 5 InvStG (Fassung bis 2017) aufgeführten Berechnungsschritte sind im Anhang 6 des BMF-Schreibens v. 18.8.2009[1] dargestellt. Die in der nachfolgenden Übersicht aufgeführten Gesetzeszitate betreffen die Rechtslage bis 2017.
Veräußerungserlös | |
Nur bei Immobilien-Investmentvermögen: | |
+/– | Korrektur um den Immobiliengewinn zum Veräußerungsstichtag[2] |
– | erhaltener Zwischengewinn[3] |
– | besitzzeitanteilige ausschüttungsgleiche Erträge[4] |
– | versteuerte Erträge nach § 6 InvStG, soweit diese nicht auf Ausschüttungen beruhen |
+ | besitzzeitanteilige Steuern auf ausschüttungsgleiche Erträge[5] |
+ | ausgeschüttete ausschüttungsgleiche Erträge der Vorjahre[6] |
maßgebender Veräußerungserlös | |
Anschaffungskosten | |
Nur bei Immobilien-Investmentvermögen: | |
+/– | Korrektur um den Immobiliengewinn zum Anschaffungsstichtag[7] |
– | negative Einnahmen[8] |
maßgebende Anschaffungskosten | |
maßgebender Veräußerungserlös | |
– | maßgebende Anschaffungskosten |
vorläufiger Veräußerungsgewinn/-verlust | |
+ | ausgeschüttete steuerfreie "Altveräußerungsgewinne"[9] |
+ | steuerneutrale Substanzauskehrungen |
anzusetzender Veräußerungsgewinn/-verlust |
Neben dem Veräußerungsgewinn nach der früheren Rechtslage ist auch der nach neuer Rechtslage zu ermittelnde Veräußerungsgewinnanteil anzusetzen. Dieser ermittelt sich wie folgt:
Veräußerungs-/Rücknahmepreis |
abzgl. fiktive Anschaffungskosten auf den 1.1.2018 |
abzgl. angesetzte Vorabpauschalen |
Veräußerungsgewinn nach neuer Rechtslage (ggf. Teilfreistellung) |
Im Falle der Veräußerung/Rückgabe eines Alt-Anteils setzt sich der zu versteuernde Veräußerungsgewinn somit jeweils aus einem Teilbetrag "altes Recht" und "neues Recht" zusammen.
Inländische Bank ermittelt Veräußerungsgewinn
Bei Investmentanteilen, die über ein inländisches Kreditinstitut verwahrt werden, berechnet die Bank den zutreffenden Veräußerungsgewinn (alte/neue Rechtslage). Die entsprechenden Daten sind EDV-mäßig ermittelt und gespeichert. Der fiktive Veräußerungsgewinn war den Anlegern auf Antrag vom inländischen Kreditinstitut bis zum 31.12.2020 mitzuteilen. Nach den ab 2021 geltenden Bescheinigungsmustern ist dieser nicht mehr nachrichtlich in den Steuerbescheinigungen enthalten. Er dürfte sich aber regelmäßig aus der Verkaufsabrechnung ergeben.
Verkauf eines ausschüttenden Aktien-Investmentfonds (Erwerb nach Einführung der Abgeltungsteuer)
A erwarb im Jahr 2010 Anteile am ausschüttenden XY-Aktien-Investmentfonds zu einem Kaufpreis von 4.000 EUR. Der hierin enthaltene Zwischengewinn betrug 50 EUR. Zum 31.12.2017 betrug der Rücknahmepreis der Anteile 6.000 EUR.
Im November 2023 veräußerte A die Anteile zum Preis von 7.100 EUR. Es ergaben sich keine Veräußerungskosten.
Die Ausschüttungen wurden zutreffend besteuert; ausschüttungsgleiche Erträge und Vorabpauschalen waren nicht anzusetzen.
Der fiktive Veräußerungsgewinn auf den 31.12.2017 berechnet sich wie folgt[10]:
EUR | EUR | |
Rücknahmepreis zum 31.12.2017 | 6.000 | |
Anschaffungskosten | 4.000 | |
abzgl. Zwischengewinn bei Erwerb | 50 | |
maßgebende Anschaffungskosten | 3.950 | - 3.950 |
fiktiver Veräußerungsgewinn | 2.050 |
Der Veräußerungsgewinn nach § 19 InvStG ist wie folgt zu ermitteln:
Veräußerungspreis | 7.100 | |
abzgl. fiktive Anschaffungskosten 1.1.2018 | - 6.000 | |
Veräußerungsgewinn | 1.100 | |
abzgl. Teilfreistellung 30 % | - 330 | |
anzusetzender Veräußerungsgewinn | 770 |
Damit ergibt sic...
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