Richtet sich der Erwerbsvorgang auf ein bebautes Grundstück und besteht die Veräußererseite aus mehreren Personen, ist umsatzsteuerlicher Leistungsgegenstand nicht das bebaute Grundstück. Umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG ist nur die Lieferung des unbebauten Grundstücks. Die Leistungen der übrigen Personen (z. B. Architekt, Bauunternehmer, Handwerker) unterliegen regelmäßig der Umsatzsteuer.

Macht der grundstücksveräußernde Unternehmer bei der Lieferung des Grundstücks an einen anderen Unternehmer von der Möglichkeit der Option nach § 9 UStG Gebrauch, geht die Steuerschuldnerschaft von dem Veräußerer auf den Erwerber über.[1] Die auf die Grundstückslieferung entfallende Umsatzsteuer stellt in diesem Fall keine in die grunderwerbsreuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehende Gegenleistung dar.

Die auf die Bauleistungen der übrigen Personen auf der Veräußererseite entfallende und von diesen geschuldete Umsatzsteuer ist als Gegenleistung in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Lieferung eines Grundstücks bei gleichzeitiger Werklieferung eines Gebäudes (mehrere Personen auf Veräußererseite)

Der Auftraggeber A schließt mit der Grundstücksgesellschaft G einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über ein Grundstück (Kaufpreis 400.000 EUR netto) und mit dem an der G beteiligten Bauunternehmer B einen Vertrag über ein zu errichtendes Verwaltungsgebäude für 1,6 Mio. EUR (netto) ab. Dem Grundstückskaufvertrag zwischen A und G war ein Bebauungsplan für das Grundstück beigefügt, in dem der Bauunternehmer B genannt ist. Im Übrigen werben G und B in einem Internetportal für das Baugebiet unter Angabe des zu veräußernden Grundstücks.

Die Grundstückslieferung der G und die Werklieferung des B können nach dem Grundsatz der Leistungseinheit umsatzsteuerlich nicht zu einer einheitlichen Lieferung zusammengefasst werden, da A zivilrechtlich voneinander unabhängige Verpflichtungsgeschäfte mit jeweils anderen Vertragspartnern abgeschlossen hat.[3] Dies führt umsatzsteuerlich dazu, dass

  • allein die Grundstückslieferung durch G nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG von der Umsatzsteuer befreit ist. Eine Option ist unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 und 3 UStG möglich mit der Folge, dass die Steuerschuldnerschaft auf den A übergeht[4];
  • die Werklieferung des B ist als eigenständige Lieferung zwingend umsatzsteuerpflichtig.[5]

Grunderwerbsteuerlich ist der Gesamtpreis von 2 Mio. EUR vollumfänglich der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen, da Erwerbsgegenstand das "Grundstück mit fertiggestelltem Verwaltungsgebäude" ist. Die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage beträgt 2.304.000 EUR (1,6 Mio. EUR netto + 304.000 EUR USt [kein Fall des § 13b UStG] + 400.000 EUR netto). Bei einem (angenommenen) Steuersatz von 6 % beträgt die Grunderwerbsteuer 138.240 EUR. Gäbe es auf der Veräußererseite kein Zusammenwirken im grunderwerbsteuerlichen Sinn, würde die Grunderwerbsteuer lediglich 24.000 EUR (6 % von 400.000 EUR) betragen. Das Rechtsinstitut des "einheitlichen Erwerbsgegenstands" führt mithin zu einer Mehrbelastung an Grunderwerbsteuer i. H. v. 114.240 EUR.

[2] Die Einbeziehung der auf die Bauleistungen entfallenden Umsatzsteuer ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, vgl. BVerfG, Beschluss v. 27.12.1991, 2 BvR 72/90, BStBl 1992 II S. 212. Die Einbeziehung verstößt auch nicht gegen geltendes Unionsrecht, vgl. EuGH, Beschluss v. 27.11.2008, C-156/08, DStR 2009 S. 223, sowie BFH, Urteil v. 27.9.2012, II R 7/12, BStBl 2013 II S. 86.
[5] Dabei sind Fälle des § 13b Abs. 2 Nr. 1 oder 4 UStG (Übergang der Steuerschuldnerschaft) denkbar.

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