3.1 Steuerfreiheit für die der Einfuhr vorgelagerten Lieferungen

Alle dem Einfuhrtatbestand im Inland vorgelagerten Lieferungen unterliegen gem. § 4 Nr. 4b UStG der Steuerbefreiung. Sie gilt somit für die im Inland bewirkten Lieferungen von Nichtgemeinschaftswaren, die sich noch in einem besonderen Verfahren befinden.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung ist, dass der Abnehmer, ein nachfolgender Abnehmer oder ein von diesen Beauftragter den Liefergegenstand einführt. Die Gewährung der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 4b UStG erfolgt unabhängig davon, ob die anschließende Einfuhr steuerfrei oder steuerpflichtig ist.

 
Praxis-Beispiel

Vorgelagerte Lieferung

Unternehmer DE aus Kassel bestellt bei einem in Belgien ansässigen Lieferanten BE Rohstoffe, die dieser von einem in Russland ansässigen Lieferanten RF direkt nach Kassel auf ein Zolllager versenden lässt. Bei der Entnahme der Rohstoffe aus dem Zolllager schuldet DE die Einfuhrumsatzsteuer.

Die Lieferung des RF an BE ist in Russland steuerbar und als Ausfuhrlieferung steuerfrei. Die Lieferung des BE an DE ist im Inland steuerbar, aber gem. § 4 Nr. 4b UStG als der Einfuhr vorangegangene Lieferung steuerfrei. Eine umsatzsteuerliche Registrierung des BE im Inland ist nicht erforderlich.

3.2 Bestimmte auch bei Inlandslieferungen geltende Steuerbefreiungen

Gem. § 5 UStG sind eine Reihe von Gegenständen bei der Einfuhr in das Inland steuerfrei gestellt. Dabei handelt es sich zum einen um Gegenstände, für deren Lieferung im Inland auch eine Steuerbefreiung vorgesehen ist, wie

  • Wertpapiere,
  • gesetzliche Zahlungsmittel, sofern ihr Umsatz nicht wegen ihres Metallgehalts oder Sammlerwerts erfolgt, sowie alle im Inland gesetzlichen Zahlungsmittel zum aufgedruckten Wert,
  • Gold an Zentralbanken,
  • menschliche Organe, menschliches Blut und Frauenmilch,
  • Wasserfahrzeuge und Luftfahrzeuge sowie dafür bestimmte Ersatzteile und Ausrüstungsgegenstände, wenn die Wasserfahrzeuge für die gewerbliche Seeschifffahrt und die Luftfahrzeuge überwiegend im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden.

3.3 Anschlusslieferungen in das übrige Gemeinschaftsgebiet

Systematisch weit bedeutsamer ist dagegen die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UStG, wonach generell Gegenstände von der Einfuhrumsatzsteuer befreit werden, wenn diese nach der Abfertigung zum freien Verkehr zur Ausführung einer innergemeinschaftlichen Lieferung oder eines innergemeinschaftlichen Verbringens genutzt werden. Gesetzliche Tatbestandsvoraussetzung ist seit dem 1.1.2011, dass

  • der Einführer seine im Inland registrierte USt-IdNr. oder die im Inland registrierte USt-IdNr. seines Fiskalvertreters und
  • die im Bestimmungsmitgliedstaat erteilte USt-IdNr. des Abnehmers der Anschlusslieferung (bzw. beim unternehmensinternen Verbringen die des Einführers im Bestimmungsmitgliedstaat) mitteilt sowie
  • der Nachweis erbracht wird, dass die Gegenstände zur Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bestimmt sind.

Die vorgenannten Bedingungen waren zwar schon zuvor Gegenstand der zollrechtlichen Vorschriften zur Gewährung der Einfuhrumsatzsteuerbefreiung, sind aber zwischenzeitlich auch umsatzsteuerrechtlich im Gesetz verankert worden, um unionseinheitlich Missbräuche zu vermeiden.

 
Praxis-Beispiel

Anschlusslieferung ins Gemeinschaftsgebiet

Ein Unternehmer aus Belgien bestellt bei einem in Taiwan ansässigen Lieferanten einen Gegenstand und lässt ihn von diesem direkt "frei Hafen Hamburg" versenden. Der Unternehmer aus Belgien fertigt den Gegenstand auf seinen Namen zum freien Verkehr in der Gemeinschaft ab und gibt dabei sowohl seine USt-IdNr., seine Steuernummer und das zuständige Finanzamt in Deutschland als auch seine belgische USt-IdNr. an.

Unter dieser Voraussetzung ist die Einfuhr in Deutschland steuerfrei, weil der belgische Unternehmer die Gegenstände unmittelbar im Anschluss an sich selbst im übrigen Gemeinschaftsgebiet verbringt.

 
Wichtig

Registrierung oder Fiskalvertreter

Die Steuerbefreiung der Einfuhr bei anschließender steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferung erfordert die umsatzsteuerliche Registrierung des ausländischen Unternehmers im Inland bzw. die Bestellung eines inländischen Fiskalvertreters. Selbstverständlich sind die Umsätze im Zusammenhang mit den Anschlusslieferungen in der Umsatzsteuererklärung zu melden und in der Zusammenfassenden Meldung zu erfassen.

3.4 Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung

In Umsetzung des Zollkodex der Union und der Zollverordnung legt die Einfuhrumsatzsteuer-Befreiungsverordnung (EUStBV) eine Reihe von weiteren Befreiungen fest, von denen vor allem zu nennen sind

  • (bis 30.6.2021:) Gegenstände in kleinen Mengen bzw. zu geringem Wert (bis zu 22 EUR – sog. Kleinsendungen),
  • Werbedrucke für in der EU-ansässige Personen und Werbematerial für den Fremdenverkehr,
  • Behältnisse und Verpackungen,
  • Gegenstände, die nur vorübergehend – zeitlich befristet für 6 bzw. maximal 24 Monate – im Inland verwandt werden,
  • Rückwaren und
  • Gegenstände, die lediglich im Freihafen gelagert oder veredelt werden, um danach wieder in das Inland zu gelangen.

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