Das deutsche Recht verlangt weiterhin die Erstellung und Hinterlegung von HGB-Einzelabschlüssen. Für die nächsten Jahre muss sich daher der IFRS-Anwender darauf einstellen, zwei getrennte Bewertungsbereiche in den Büchern zu führen:

  • einen Bewertungsbereich mit HGB-Zahlen und
  • einen weiteren Bewertungsbereich mit IFRS-Zahlen.

Diese "doppelte" Buchführung bedeutet nicht, dass jeder Vorgang zweifach zu buchen ist. Eine effiziente Organisation der Buchhaltung muss sich vielmehr den Umstand zunutze machen, dass Geldkonto Geldkonto bleibt und Kreditorenkonto Kreditorenkonto. Daher können viele Buchungen für beide Bewertungsbereiche gleichermaßen gelten.

Zunächst ist aber eine Entscheidung über die führende Bewertung zu treffen. Sollen die Geschäftsvorfälle primär nach IFRS erfasst und für den Einzelabschluss nach HGB überführt werden oder soll umgekehrt das HGB den führenden Bewertungsbereich bilden. Bei der Entscheidung über den führenden Bewertungsbereich ist insbesondere Folgendes zu bedenken: In gängigen IT-Systemen erlaubt nur die führende Bewertung uneingeschränkten Online-Zugriff und durchgängige Abstimmbarkeit mit anderen Modulen, insbesondere Controlling (CO), Sales and Distribution (SD), Lagerwirtschaft etc. Der zweite Bewertungsbereich ist hingegen in der Verknüpfung mit anderen Modulen und in der Reporting- und Auswertungsfunktionalität beschränkt. Im grenzüberschreitenden Konzern wird auch deshalb die Entscheidung regelmäßig zugunsten von IFRS als führendem Bewertungsbereich ausfallen.

Für die konkrete Generierung des zweiten Bewertungsbereichs gibt es zwei in Abb. 3 und Abb. 4 dargestellte Lösungen:

Abb. 3: Parallelbuchungen[1]

Abb. 4: Differenzbuchungen (Deltatechnik)

  • Neben den gemeinsamen Konten (z. B. Geldkonten) werden reine IFRS-Konten [z. B. Forderung aus ("unfertigen") Fertigungsaufträgen] und reine HGB-Konten (z. B. Instandhaltungsrückstellungen) definiert. Aus Gemeinschaftskonten und reinen IFRS-Konten wird der IFRS-Abschluss, aus Gemeinschaftskonten und reinen HGB-Konten der HGB-Abschluss erzeugt (Paralleltechnik).
  • Neben den IFRS-Konten werden Konten für Differenzen gegenüber dem HGB geführt (Deltatechnik).

In beiden Fällen besteht für automatisierte Verknüpfungen insbesondere bei der unterschiedlichen Behandlung von Massenvorgängen (Fakturierungen usw.) ein Bedarf. Bei einem mittelständischen Unternehmen können etwa die Parallel- oder Differenzbuchungen in Sachen Bewertung von Wertpapieren noch manuell veranlasst werden. Ist das Unternehmen hingegen (z. B. als Bauunternehmen oder als Softwarehersteller) überwiegend mit Auftragsfertigung beschäftigt, müssen die unterschiedlichen Umsatzrealisierungen automatisiert verarbeitet werden.

Nachteil der Deltatechnik ist die geringere Nachvollziehbarkeit der Buchungen. Die Buchungen sprechen nicht für sich selbst. Nur mithilfe ergänzender Unterlagen und der Erstbuchung ist die Richtigkeit der jeweiligen Buchung feststellbar. Die Deltatechnik ist daher fehleranfälliger und nur bei wenigen Ansatz- und Bewertungsunterschieden zu empfehlen.

Insbesondere bei intensiver Nutzung von Zusatzmodulen bzw. Nebenbüchern ist daher zur Paralleltechnik zu raten. Vorbereitend sind die Konten der Bewertungsbereiche in entsprechenden Kontenklassen zusammenzufassen, z. B. in der Weise, dass

  • alle IFRS-Konten (auch die erforderlichenfalls neu angelegten) eine führende "1" erhalten,
  • alle Gemeinschaftskonten (z. B. Geldkonten) eine führende "0" und
  • alle HGB-Konten eine führende "2".

Jeder Bewertungsbereich erhält sein eigenes Saldovortragskonto. Abb. 5 und Abb. 6 veranschaulichen das Vorgehen.

Abb. 5: Paralleler Kontenplan

Abb. 6: Generierung paralleler Jahresabschlüsse

Für die Buchung zwischen den Kontenklassen sind folgende Buchungsregeln zu beachten:

  • Zulässig sind Buchungen von IFRS-Konto an IFRS-Konto oder von HGB-Konto an HGB-Konto.
  • Zulässig sind weiterhin Buchungen von Gemeinschaftskonto an IFRS-Konto und umgekehrt.
  • Zulässig sind schließlich auch Buchungen von Gemeinschaftskonto an HGB-Konto und umgekehrt.
  • Nicht zulässig sind hingegen Buchungen von HGB-Konto an IFRS-Konto und umgekehrt.

Die automatische Generierung des zweiten Buchungsbereichs ist dann effizient möglich, wenn entsprechende Nebenbücher verwendet werden, deren Eingabemasken nur die Erfassung bestimmter Daten verlangen, die automatisch in hinterlegte Buchungssätze einfließen. Ein geläufiges Beispiel ist die Anlagenbuchhaltung (vgl. Abb. 7).

Abb. 7: Automatische Nutzung Nebenbuchhaltung

Bei einem umfangreichen Wertpapierbestand können mit der Nutzung eines Moduls Wertpapierverwaltung entsprechende Effekte erzielt werden. Der für die Eingabe zuständige Mitarbeiter gibt Anschaffungskosten, Stichtagswerte und Klassifizierung (z. B. erfolgsneutrale fair-value-Bewertung nach IFRS und Finanzanlage nach HGB) ein. Das Modul generiert bei einem über den Anschaffungskosten liegenden Stichtagswert

  • für IFRS den Buchungssatz: "per Finanzinstrument an erfolgsneutrales Ergebnis",
  • für HGB keinen Buchungssatz.

Durch entsprechende Zuordnu...

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