Verlagern sich im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen eine unterquotale Einlage stille Reserven von den alten auf die neuen Anteile, so führt dies nach der Rechtsprechung des BFH zu einer Substanzabspaltung der alten Anteile. Als Folge kommt es zu einem Übergang von Anschaffungskosten der alten Anteile nach Maßgabe der Gesamtwertmethode auf die neuen Anteile.[1]

 
Praxis-Beispiel

Unterquotale Einlage

Die V-GmbH wurde 2017 mit einem Stammkapital von 50.000 EUR durch V bar gegründet. Der Verkehrswert der GmbH beträgt 400.000 EUR am 31.12.2020. Am 1.1.2021 wird das Stammkapital der V-GmbH um 50.000 EUR auf 100.000 EUR erhöht. Den neuen Geschäftsanteil übernimmt Sohn S gegen Bareinlage von 200.000 EUR.

 
Gemeiner Wert des V-Anteils vor der Kapitalerhöhung 400.000 EUR
./. gemeiner Wert des V-Anteils nach der Kapitalerhöhung ./. 300.000 EUR
Wert des Bezugsrechts für den neuen Anteil 100.000 EUR

Daher gehen von den Anschaffungskosten des V-Anteils (50.000 EUR) insgesamt 25 % (100.000 EUR/400.000 EUR) auf den S-Anteil über. Die Anschaffungskosten des V für seinen Anteil betragen daher nach der Kapitalerhöhung nur noch 37.500 EUR (50.000 EUR × 0,75). Die Anschaffungskosten des S für seinen Anteil belaufen sich auf 212.500 EUR (200.000 EUR + (50.000 EUR × 0,25)).

Schenkungsteuer: Durch die Übernahme eines Gesellschaftsanteils im Wert von 300.000 EUR für eine Einlage i. H. v. 200.000 EUR wird S auf Kosten des V bereichert, so dass eine Schenkung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. H. v. 100.000 EUR vorliegt. Eine Begünstigung nach § 13a ErbStG kommt nicht in Betracht.

 
Praxis-Beispiel

nach Rdnr. 22.43 UmwSt-Erlass

Das Stammkapital der X-GmbH soll im Jahr 2022 von 50.000 EUR auf 100.000 EUR erhöht werden. Der gemeine Wert der GmbH vor Kapitalerhöhung beläuft sich auf 400.000 EUR. Den neu gebildeten Geschäftsanteil von nominell 50.000 EUR übernimmt S gegen Bareinlage von 100.000 EUR. Die Altanteile von ebenfalls nominell 50.000 EUR werden von V, dem Vater des S, gehalten, der sie im Jahr 2021 gegen Sacheinlage seines Einzelunternehmens (gemeiner Wert: 400.000 EUR) zum Buchwert erworben hatte. Die Anschaffungskosten des V nach § 20 Abs. 3 UmwStG betragen 40.000 EUR.

Lösung:
Durch die Einlage steigt der gemeine Wert der GmbH (von 400.000 EUR um 100.000 EUR) auf 500.000 EUR. Davon entfallen 50 % = 250.000 EUR auf den jungen Geschäftsanteil des S, der jedoch nur 100.000 EUR für seinen Anteil aufgewendet hat. Die Wertverschiebung ist darauf zurückzuführen, dass von den Anteilen des V insgesamt 150.000 EUR stille Reserven unentgeltlich auf den Geschäftsanteil des S übergegangen sind. Dementsprechend ist der Anteil des S zu 60 % (150.000 EUR/250.000 EUR) gem. § 22 Abs. 1 UmwStG steuerverstrickt.

Da ein (teilweise) unentgeltlicher Vorgang vorliegt, werden S anteilig die Anschaffungskosten seines Rechtsvorgängers V zugerechnet i. H. v. 15.000 EUR (40.000 EUR × 150.000 EUR/400.000 EUR), so dass sich bei V die zu berücksichtigenden Anschaffungskosten entsprechend auf 25.000 EUR mindern.

Veräußern V und S ihre Anteile im Jahr 2022 für jeweils 250.000 EUR, löst dies bei V rückwirkend in 2021 eine Besteuerung des Einbringungsgewinns I nach § 22 Abs. 1 UmwStG i. H. v. 400.000 EUR./. 40.000 EUR = 360.000 EUR aus. In gleicher Höhe erhöhen sich nachträglich die Anschaffungskosten von S und V. Bei V von 25.000 EUR um 360.000 EUR × 250.000 EUR/400.000 EUR = 225.000 EUR auf 250.000 EUR. Bei S von 115.000 EUR um 360.000 EUR × 150.000 EUR/400.000 EUR auf 250.000 EUR. Damit ergibt sich bei S und V in 2022 ein Veräußerungsgewinn aus den Anteilen nach § 17 EStG von jeweils 0 EUR.

Im Ergebnis hat V die im eingebrachten Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven von 360.000 EUR versteuert, während die Anteilsveräußerung mangels weiterer stiller Reserven ohne Steuerfolgen bleibt.

Hinweis:

Das Beispiel in Rdnr. 22.43 UmwSt-Erlass geht offensichtlich davon aus, dass die Veräußerung der Anteile an der X-GmbH vor Ablauf eines Zeitjahres (also noch im Jahr 2022) nach der Einbringung des Einzelunternehmens des V erfolgt. Denn bei V erfolgt keine Kürzung des Einbringungsgewinns um 1/7 für jedes abgelaufene Zeitjahr seit der Einbringung. Im Übrigen unterstellt das Beispiel, dass der Einbringungsgewinn I nur bei V versteuert wird. Die Auffassung, wonach eine Versteuerung nur beim tatsächlich Einbringenden und nicht beim ggf. abweichenden Anteilseigern der mitverstrickten Anteile erfolgt, ist um Schrifttum umstritten.[2] Sieht man auch S als Einbringender i. S. des § 22 Abs. 7 UmwStG, so wäre auch dem S ein anteiliger Einbringungsgewinn I zuzuordnen. Geht man davon dagegen aus, dass die Veräußerung z. B. zwei Zeitjahre nach der Einbringung erfolgt, ergibt sich auf der Basis der Verwaltungsauffassung die folgende Lösung:

 
Der Einbringungsgewinn I für V beträgt:  
gemeiner Wert des eingebrachten Betriebsvermögens 400.000 EUR
bei der Einbringung angesetzter Buchwert ./. 40.000 EUR
Einbringungsgewinn I vor Siebtelung 360.000 EUR
Kürzung um 2/7 ./. 102.857 EUR
Einbringungsgewinn I 257...

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