Leitsatz

Vermietet der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber einen Raum, der als Büro zu qualifizieren ist und in dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt, so handelt es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG. Die Abzugsbeschränkung dieser Vorschrift greift deshalb nicht ein.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist als Steuersachbearbeiter für eine Buchstelle tätig. Diese beschäftigt zur Betreuung ihrer Mandanten ca. 150 Außendienstmitarbeiter. Diese verfügen – ebenso wie der Kläger – nicht über einen Arbeitsplatz in den Räumen der Buchstelle. Diese mietet vielmehr für ihre Außendienstmitarbeiter jeweils einen Büroraum an, der sich im räumlichen Bezirk der betreuten Mandanten befindet. Vermieter dieser Räumlichkeiten sind in ca. 50 Fällen – wie im Streitfall – die Außendienstmitarbeiter selbst.

Der im Haus des Klägers gelegene, 35 qm große Büroraum befindet sich im Keller. Die Buchstelle hat den Raum mit der erforderlichen Technik (PC, Drucker, Fax, ISDN-Telefonanlage, DFÜ, Rechenmaschine usw.) ausgestattet. Dort werden auch die Unterlagen der vom Kläger betreuten Mandanten der Buchstelle aufbewahrt.

In der ESt-Erklärung für 1997 machte der Kläger bei seinen Einkünften aus VuV einen Verlust i.H.v. 5.821 DM geltend (Mieteinnahmen: 2.400 DM, Werbungskosten: 8.221 DM). Das FA vertrat die Ansicht, wegen § 21 Abs. 3 EStG stellten die von der Buchstelle gezahlten "Mieten" Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit dar. Für das Arbeitszimmer seien die Aufwendungen auf 2.400 DM beschränkt.

Das FG gab der Klage statt. Das Arbeitszimmer des Klägers bilde im Streitjahr den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Betätigung.

 

Entscheidung

Der BFH befand, es liege von vornherein kein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG vor; vielmehr handele es sich um ein Büro des Arbeitgebers. Der Mietvertrag über das Außendienst-Mitarbeiterbüro sei steuerlich anzuerkennen. Zahlungen der Buchstelle stellten deshalb beim Kläger Einkünfte aus VuV dar. Entgegen der Ansicht des FA sei auch eine Einkunftserzielungsabsicht bei der Vermietungstätigkeit zu bejahen. Die gesetzliche Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG greife im Streitfall nicht.

 

Hinweis

1. Die Besprechungsentscheidung ist auch im Zusammenhang mit dem Urteil des BFH vom 19.10.2001, VI R 131/00, BFH-PR 2002, 56 zu sehen. Dort hatte der BFH zugunsten des hier in Rede stehenden Arbeitgebers bereits entschieden, dass keine LSt-Abzugspflicht bestand. Zwischen dem Arbeitgeber und seinen Mitarbeitern hatten – neben den jeweiligen Arbeitsverhältnissen – gesonderte Rechtsbeziehungen (VuV) bestanden.

2. Eine Vermietung eines im Wohnbereich des Arbeitnehmers gelegenen Zimmers an den Arbeitgeber mit Rücküberlassung an den Arbeitnehmer dürfte regelmäßig rechtsmissbräuchlich sein (Umgehung der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG). Ein Vertrag ist aber anzuerkennen (Folge: Einnahmen aus VuV, Werbungsabzug im Rahmen des § 21 EStG), wenn der Arbeitgeber auswärtige Betriebsstätten benötigt, zu denen er Zutritt hat. In einem solchen Fall handelt es sich um das Büro des Arbeitgebers und deshalb von vornherein nicht um ein häusliches Arbeitszimmer des Arbeitnehmers.

3. Im Urteil VI R 131/00 in BFH-PR 2002, 56 hatte der BFH erwähnt, dass der Arbeitgeber gleichlautende Verträge auch mit fremden Dritten abgeschlossen hatte. Dies war indessen eine Besonderheit des dortigen Falls und nicht zwingende Voraussetzung, damit derartige Anmietungen von Arbeitnehmern anerkannt werden können.

4. Das Besprechungsurteil präzisiert, wann ein Mietverhältnis über Büroräume zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorliegt. Generell wird man sagen können, dass die Intensität der betrieblichen Bedürfnisse für die Anmietung des Raums durch den Arbeitgeber entscheidend ist. Wann dies im Einzelnen der Fall ist, wird die Rechtsprechung noch zu klären haben. Noch nicht entschieden sind auch Fälle mit Heimarbeitern und Telearbeitsplätzen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 20.3.2003, VI R 147/00

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