Rz. 42

Ein Gesellschafter kann seiner Gesellschaft ein Darlehen gewähren. Befindet sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung in wirtschaftlichen Schwierigkeiten (in der Krise), so kann die anstelle einer ansonsten erforderlichen Eigenkapitalzufuhr vorgenommene Darlehensgewährung in einen Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterkredit umqualifiziert werden. Wirtschaftlich gesehen liegt statt Fremdkapital dann Eigenkapital vor.[1]

Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008 (MoMiG) wurde das Eigenkapitalersatzrecht durch eine insolvenzrechtliche Regelung für alle Rechtsformen von Gesellschaften ersetzt. Für Darlehen tritt eine Kapitalbindung nicht mehr ein. Allerdings sind Gesellschafterdarlehen im Insolvenzverfahren der Gesellschaft nachrangig zu erfüllen. Der Insolvenzverwalter wird regelmäßig prüfen, ob eine verbotene Rückzahlung des Darlehens vorliegt. In einem solchem Fall muss der Gesellschafter den Darlehensbetrag, den die GmbH bereits an ihn zurückgezahlt hat, wieder an den Insolvenzverwalter herausgeben. Allerdings hat der BGH[2] entschieden, dass dann, wenn ein außenstehender Dritter einem Gesellschafter der späteren Insolvenzschuldnerin ein Darlehen gewährt, welches der Gesellschafter zur Gewährung eines Darlehens an die Gesellschaft verwendet, die Rückzahlung des Darlehens an den Dritten durch die Gesellschaft dem Dritten gegenüber nicht als Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens anfechtbar ist.

Auch ein Bankdarlehen kann als Gesellschafterdarlehen zu werten sein. Allerdings ist die Gleichbehandlung einer Bank mit einem Gesellschafter im Rahmen einer Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 InsO an enge Kriterien gebunden, wird also eine Ausnahme bleiben. Erforderlich ist eine kumulativ gegebene Gesamtwürdigung der drei Kriterien Gewinnbeteiligung. Einfluss auf die Geschäftsführung und gesellschaftergleiche Rechte bei der Bank; die Rechtsposition der Bank muss mit der Rechtsposition eines Gesellschafters vergleichbar sein.[3]

Die Unterscheidung in kapitalersetzende und nicht kapitalersetzende Darlehen ist also entfallen; seit Inkrafttreten des MoMiG sind Gesellschafterdarlehen dem Eigenkapital nicht mehr gleichgestellt. Tilgungen dieser Darlehen sind keine nach § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG verbotenen Auszahlungen von Kapital.

Nachrangigkeit der Gesellschafterdarlehen bedeutet, dass die Gesellschafterdarlehen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 Abs. 4 InsO erst nach Befriedigung aller anderen Insolvenzforderungen befriedigt werden dürfen. Das gilt nicht für Darlehen von Gesellschaftern, die nur bis zu 10 % am Stammkapital beteiligt und nicht als Geschäftsführer tätig sind (§ 32a Nr. 3 Satz 2 GmbHG; sog. Privileg für Minderheitsgesellschafter) und wenn der Gesellschafter als Kreditgeber in der Krise der Gesellschaft zum Zwecke der Überwindung der Krise Gesellschaftsanteile erwirbt (§ 32 Abs. 3 Satz 3 GmbHG; sog. Sanierung- oder Bankenprivileg).

Das Darlehen muss also von dem Gesellschafter in der Krise der Gesellschaft gegeben sein. Entsprechendes gilt auch bei einem der Gesellschaft vor der Krise gewährten Darlehen; hier sind zwei Grundtatbestände zu unterscheiden:[4]

  1. sog. krisenbestimmte Darlehen: Der Gesellschafter hat seiner Gesellschaft (GmbH) ein Darlehen gewährt und mit bindender Wirkung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftsgläubigern erklärt, er werde es auch in der Krise der Gesellschaft stehen lassen.
  2. sog. stehen gelassenes Darlehen: Der Gesellschafter hat seiner Gesellschaft (GmbH) vor der Krise ein Darlehen gewährt, er lässt es "stehen", obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, dass die Rückzahlung gefährdet sein wird.
 

Rz. 43

Nach dem Anwendungsbereich der Regelungen über Eigenkapital ersetzende Gesellschafterdarlehen steht der Anwendungsbereich des sog. Finanzplankredits. Hier haben sich Gesellschafter, z. B. bei der Gründung der GmbH, verpflichtet, neben den Stammeinlagen der Gesellschaft zusätzlich Darlehen zu gewähren, um die Gesellschaft mit weiteren Finanzmitteln auszustatten. Bilanziell handelt es sich um Fremdkapital.[5]

Das Recht zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung eines Finanzplankredites ist, das folgt aus dem Zweck der Darlehensgewährung, regelmäßig ausgeschlossen. Das Darlehen kann aber beim Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft in der Regel ordentlich gekündigt werden; ein Festhalten an einer letztlich unbestimmten Laufzeit widerspricht Treu und Glauben, gerade wenn der Darlehensgeber nicht mehr am Erfolg der Gesellschaft partizipiert ist und keinerlei Einflussmöglichkeit auf die Geschäfte der Gesellschaft besitzt.[6]

 

Rz. 44

Steuerlich sind Eigenkapital ersetzende Darlehen nicht Teil des Kapitalkontos i. S. von § 15a EStG. Sie erfüllen auch nicht die Voraussetzungen des erweiterten Verlustsausgleichs nach § 15a Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG.[7]

Der Ausfall von Gesellschafterdarlehen führte nach ständiger Recht...

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