Die EU-Kommission hat am 18.12.2020 einen Vorschlag zur Änderung der MwStSystRL vorgelegt, mit der der EU-Kommission Durchführungsbefugnisse zur Definition der Bedeutung bestimmter in der MwStSystRL verwendeter Begriffe übertragen werden sollen.[1]

Die EU-Kommission hat bisher keinerlei Durchführungsbefugnisse in Bezug auf die MwStSystRL. Das einzige bestehende Instrument der Kommission zur Förderung der einheitlichen Anwendung der EU-Mehrwertsteuervorschriften ist der gem. Art. 398 bestehende sog. MwSt-Ausschuss, der ein beratender Ausschuss (und kein Regelungsausschuss, wie z. B. der Ausschuss im Agrarbereich) ist. Deshalb kann der MwSt-Ausschuss derzeit nur unverbindliche Leitlinien für die Anwendung bzw. Interpretation der MwStSystRL erlassen, während verbindliche Durchführungsmaßnahmen nur auf Vorschlag der EU-Kommission vom Rat angenommen werden können.[2]

Die EU-Kommission hält in ihrem Richtlinienvorschlag die bisherige Tätigkeit des MwSt-Ausschusses für unbefriedigend, die Leitlinien des MwSt-Ausschusses gewährleisteten nicht immer eine einheitliche Anwendung des EU-Mehrwertsteuerrechts. Deshalb schlägt die EU-Kommission vor, einen MwSt-Ausschuss zur Überwachung der Annahme von Durchführungsrechtsakten in bestimmten Bereichen der MwSt durch die EU-Kommission zu schaffen.

Der Richtlinienvorschlag sieht einen neuen Art. 397a MwStSystRL i. V. m. dem neu gefassten Art. 397 MwStSystRL vor sowie einen neuen Art. 398a MwStSystRL.

Nach dem neugefassten Art. 397 MwStSystRL soll der Rat auf Vorschlag der EU-Kommission beschließen können:

  1. alle Maßnahmen, die zur Durchführung der Bestimmungen der Titel I, VIII, XIII und der Anhänge III, IV, V und X MwStSystRL erforderlich sind;
  2. alle Maßnahmen, die zur Durchführung der nicht unter Buchstabe a genannten Bestimmungen der Titel und Anhänge der MwStSystRL erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen keine Definition der darin verwendeten Begriffe beinhalten.

Nach dem neuen Art. 397a MwStSystRL soll die EU-Kommission durch Durchführungsrechtsakte die Bedeutung der in den folgenden Bestimmungen der MwStSystRL verwendeten Begriffe definieren können:

  1. in Bezug auf die Steuerpflichtigen für die Zwecke der MwSt die Bestimmungen in Titel III und Anhang I;
  2. in Bezug auf die für die Zwecke der MwSt steuerbaren Umsätze die Bestimmungen in Titel IV;
  3. in Bezug auf den Ort der steuerbaren Umsätze die Bestimmungen in Titel V und in Anhang II;
  4. in Bezug auf den Steuertatbestand und den Steueranspruch die Bestimmungen in Titel VI;
  5. in Bezug auf die Steuerbemessungsgrundlage die Bestimmungen in Titel VII;
  6. in Bezug auf die Mehrwertsteuerbefreiung die Bestimmungen in Titel IX;
  7. in Bezug auf die Vorsteuerabzüge die Bestimmungen in Titel X;
  8. in Bezug auf die Pflichten der Steuerpflichtigen und bestimmter nichtsteuerpflichtiger Personen die Bestimmungen in Titel XI und Anhang VI;
  9. in Bezug auf die steuerlichen Sonderregelungen die Bestimmungen in Titel XII und den Anhängen VII, VIII und IX.

Die Möglichkeit des Erlasses von Durchführungsrechtsakten soll nicht gelten für:

  1. Bestimmungen, die es den Mitgliedstaaten erlauben, eine Option auszuüben, sofern die Entscheidung zur Ausübung dieser Option betroffen ist;
  2. Bestimmungen, die einen ausdrücklichen Verweis auf von den Mitgliedstaaten zu definierende Begriffe enthalten, soweit es um die Definition dieser Begriffe geht;
  3. Bestimmungen, bei denen die Bedingungen, Verfahren und Regeln von den Mitgliedstaaten festzulegen sind, sofern diese Bedingungen, Verfahren und Regeln betroffen sind;
  4. Bestimmungen über die Verfahren für die von den Mitgliedstaaten zu erteilenden Anerkennungen und Ermächtigungen, soweit diese Verfahren betroffen sind;
  5. Bestimmungen über die Steuerregisternummer in Art. 239.

Die Durchführungsrechtsakte sollen gemäß dem in Art. 398a Abs. 2 MwStSystRL genannten Prüfverfahren erlassen werden. Haben die Bestimmungen der angenommenen Durchführungsrechtsakte der EU-Kommission denselben Anwendungsbereich wie die Bestimmungen von Durchführungsmaßnahmen, die der Rat nach Art. 397 MwStSystRL in der durch die RL (EU) 2020/285[3] geänderten Fassung angenommen hat, streicht der Rat die entsprechenden Bestimmungen in seinen Durchführungsmaßnahmen.

Nach dem neuen Art. 398a MwStSystRL soll Folgendes gelten:

„1. Die EU-Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.[4]

2. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.”

Nach Art. 291 Abs. 1 AEUV ergreifen die EU-Mitgliedstaaten alle zur Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union erforderlichen Maßnahmen nach innerstaatlichem Recht. Bedarf es einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union, werden nach Art. 291 Abs. 2 AEUV mit diesen Rechtsakten der EU-Kommission oder, in entsprechend begründeten Sonderfällen und in den in den Art. 24 und 26 EUV vorgesehenen Fällen, dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen. Art. 291 AEUV sieht somit als allgemeine Rege...

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