Die Ausführungen machen deutlich, dass das Merkmal der beruflichen Veranlassung an das Beziehen der Zweitwohnung oder -unterkunft aus beruflichen Gründen geknüpft ist. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte von der Hauptwohnung nicht in zumutbarer Weise arbeitstäglich erreichen kann. Die Wohnung am auswärtigen Beschäftigungsort ist in diesem Fall wegen der auswärtigen Berufstätigkeit des Arbeitnehmers begründet und qualifiziert damit auch die doppelte Haushaltsführung als beruflich veranlasst.[1]

Entscheidend für die berufliche Veranlassung der Zweitwohnung ist, dass sich durch das Beziehen der auswärtigen Unterkunft die Fahrtstrecke oder die Fahrzeit zur ersten Tätigkeitsstätte wesentlich verkürzt.[2] Eine berufliche Wohnung am Beschäftigungsort ist unter diesen Voraussetzungen auch dann gegeben, wenn dieser Zweithaushalt im Einzugsgebiet der Gemeinde begründet wird, in der sich seine auswärtige Arbeitsstätte befindet.

Vereinfachungsregelung "Halbierung der Entfernung"

Um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, wurde im bisherigen Anwendungsschreiben eine entfernungsabhängige Vereinfachungsregelung für die berufliche Veranlassung der Zweitwohnung eingeführt[3], an der die Finanzverwaltung festhält. Sie vergleicht die Wegstrecke von der ersten Tätigkeitsstätte zur Zweitwohnung mit der zur Hauptwohnung. Entscheidend ist das Entfernungsverhältnis der Zweitwohnung zur Hauptwohnung in Bezug auf die erste Tätigkeitsstätte.[4] Das Beziehen einer Zweitwohnung oder -unterkunft im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes steht einer beruflich veranlassten Zweitwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte gleich, wenn der Weg von der Zweitunterkunft oder -wohnung zur ersten Tätigkeitsstätte weniger als 50 % der Entfernung zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte beträgt. Maßgebend für die Entfernungsberechnung ist die jeweils kürzeste Straßenverbindung.

 
Praxis-Beispiel

Zweitwohnung 65 km von Hauptwohnung entfernt

Der Arbeitnehmer wohnt mit seiner Familie in A, seine erste Tätigkeitsstätte liegt in B. Wegen der weiten Entfernung von 250 km (Fahrzeit 1,5 Stunden) übernachtet der Arbeitnehmer in seiner Zweitwohnung in Z. Diese liegt 65 km von der Tätigkeitsstätte in B entfernt.

Zunächst ist zu prüfen, ob sich die Zweitwohnung im Sinne der doppelten Haushaltsführung noch im Einzugsgebiet zur ersten Tätigkeitsstätte am auswärtigen Beschäftigungsort befindet. Auch wenn die Entfernung mehr als 50 km beträgt, dient sie noch dem "Wohnen am auswärtigen Beschäftigungsort", weil der Arbeitnehmer von seiner Zweitwohnung aus seine erste Tätigkeitsstätte bei einer Fahrzeit von weniger als einer Stunde in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Im zweiten Schritt ist die berufliche Veranlassung zu prüfen, indem die Vereinfachungsregelung auf die Wegstreckenerleichterung angewendet wird, die sich durch Einrichtung der Zweitwohnung in Bezug auf die Hauptwohnung ergibt. Im Vergleich zur Strecke Hauptwohnung – Beschäftigungsort (250 km) beträgt die Entfernung zwischen Zweitwohnung in Z und erster Tätigkeitsstätte weniger als 50 %, nämlich nur 65 km. Da sich eine Wegstreckenersparnis von mehr als 50 % ergibt, gilt die Zweitwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte als beruflich veranlasster doppelter Haushalt. Obgleich sie 65 km vom auswärtigen Beschäftigungsort entfernt liegt, ist aufgrund der entfernungsabhängigen Vereinfachungsregelung von einer beruflichen Zweitwohnung im Einzugsgebiet der ersten Tätigkeitsstätte auszugehen.

Die entfernungsbezogene Vereinfachungsregelung ist auch dann anzuwenden, wenn sich der eigene Hausstand und die Zweitwohnung innerhalb derselben poli­tischen Gemeinde oder Stadt befinden.[5] Beträgt die Entfernung zwischen Zweitwohnung und erster Tätigkeitsstätte weniger als die Hälfte der kürzesten Straßenverbindung zwischen Hauptwohnung und erster Tätigkeitsstätte, ist in Bezug auf die Zweitwohnung ein Wohnen am Beschäftigungsort und damit deren beruf­liche Veranlassung zu bejahen, auch wenn diese innerhalb desselben Ortes wie der Haupthaushalt liegt.

Vereinfachungsregelung "Halbierung der Fahrzeit"

Der BFH knüpft die berufliche Zumutbarkeit der Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte im Unterschied dazu im Wesentlichen an die arbeitstägliche Fahrzeit und nicht an die kilometermäßige Entfernung des eigenen Hausstands von der auswärtigen ersten Tätigkeitsstätte. Unter Hinweis auf seine früheren Entscheidungen ist eine tägliche Fahrzeit für die einfache Wegstrecke dem Arbeitnehmer zumutbar, solange diese im Bereich von einer Stunde liegt.[6] Das BMF berücksichtigt diese Entscheidungen und legt jetzt für die berufliche Veranlassung zusätzlich zur entfernungsmäßigen Vereinfachungsregelung eine fahrzeitabhängige Abgrenzung fest.[7]

Wird die Fahrzeit von der Zweitwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte im Vergleich zur Wohnung des Lebensmittelpunktes (= eigener Hausstand) pro Wegstrecke halbiert, kann die berufliche Veranlassung der Begründung einer Zweitwohnung bzw. Zweitunterkunft unabhängig von ihrer...

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