Die Zweitwohnung oder -unterkunft am auswärtigen Ort der ersten Tätigkeitsstätte muss dazu dienen, den Ort der ersten Tätigkeitsstätte in zumutbarer Weise arbeitstäglich erreichen zu können. Dies ist immer dann der Fall, wenn der doppelte Haushalt deshalb eingerichtet wurde, weil der Arbeitnehmer von der auswärts begründeten Zweitwohnung seinen Arbeitsplatz besser erreichen kann. Eine Wohnung am Beschäftigungsort ist auch gegeben, wenn dieser 2. Haushalt im Einzugsgebiet der Gemeinde begründet wird, in der sich seine auswärtige Arbeitsstätte befindet.[1]

Entfernungsbezogene Abgrenzung des Einzugsbereichs durch 50 km-Grenze

War schon bisher eine Wohnung am Beschäftigungsort zu bejahen, wenn der Zweithaushalt im Bereich liegt, von dem aus auch andere Arbeitnehmer üblicherweise die Fahrt zur Arbeit in Kauf nehmen, hat der BFH diesen Einzugsbereich deutlich erweitert.[2] Eine Zweitwohnung am auswärtigen Beschäftigungsort liegt ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen vor, wenn sie es dem Arbeitnehmer ermöglicht, seine Arbeitsstätte arbeitstäglich aufzusuchen. Sie dient dem "Wohnen am Beschäftigungsort", wenn der Arbeitnehmer von dort in zumutbarer Weise täglich seine Arbeitsstätte aufsuchen kann. Eine feste Kilometergrenze lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, legt die Finanzverwaltung deshalb in dem aktualisierten BMF-Schreiben zur Anwendung der Reisekostenvorschriften eine entfernungsabhängige Vereinfachungsregelung fest.[3]

Die Zweitwohnung ist noch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte belegen, wenn die Entfernung nicht mehr als 50 km (kürzeste Straßenverbindung) beträgt.

 
Praxis-Beispiel

Zweitwohnung im Einzugsgebiet des Beschäftigungsorts

Der Arbeitnehmer A mit Familienwohnsitz in Freiburg ist bis auf Weiteres an einer unselbstständigen Betriebsstätte in Heidelberg beschäftigt, die der Arbeitgeber als erste Tätigkeitsstätte festlegt. Während dieser Zeit hat er ein Zimmer in der 21 km entfernten Stadt Schwetzingen.

A hat einen Familienhausstand und eine Zweitwohnung am auswärtigen Beschäftigungsort. Im Rahmen der 50 km-Grenze ist davon auszugehen, dass sich die Zweitwohnung im Sinne der beruflichen Veranlassung noch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte befindet. Neben den Kosten für diese doppelte Haushaltsführung sind ggf. auch die arbeitstäglichen Fahrten mit dem eigenen Pkw von Schwetzingen nach Heidelberg zu berücksichtigen. Die Fahrtkosten sind mit der Entfernungspauschale anzusetzen.

Abgrenzung des Einzugsbereichs durch zumutbare Fahrzeit von 1 Stunde

Ergibt sich aufgrund der Lage der Zweitwohnung eine Entfernung von mehr als 50 km zur ersten Tätigkeitsstätte, ist für die Bestimmung des Einzugsbereichs die bisher hierzu ergangenene Rechtsprechung zu berücksichtigen. Bei einer einfachen Wegstrecke von mehr als 50 km muss danach geprüft werden, ob der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte von der Zweitunterkunft in zumutbarer Weise arbeitstäglich erreichen kann. Der BFH bejaht dies bis zu einer Fahrzeit von einer Stunde je Wegstrecke.[4] Beträgt die Entfernung der Zweitwohnung zur ersten Tätigkeitsstätte z. B. 150 Kilometer, kann bei Anwendung der Vereinfachungsregelung nicht mehr von einer Zweitwohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte ausgegangen werden. Die steuerliche Anerkennung richtet sich in diesem Fall nach den von der ­BFH-Rechtsprechung aufgestellten Kriterien. Die Entscheidung, ob der Arbeitnehmer von der Zweitwohnung aus seinen Arbeitsort täglich in zumutbarer Weise aufsuchen kann, sodass diese als Wohnung am auswärtigen Beschäftigungsort im Sinne der doppelten Haushaltsführung anzusehen ist, muss nach den Umständen des Einzelfalls getroffen werden. Dabei sind insbesondere die Entfernung sowie die individuelle Verkehrsverbindung zwischen der (Zweit-)Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte die entscheidenden Merkmale. Die Sachverhaltswürdigung obliegt in erster Linie dem jeweiligen Finanzgericht als Tatsacheninstanz.[5] Im zitierten Urteilsfall betrug die Entfernung zwischen Zweitwohnung und Beschäftigungsort 141 km. Die Entscheidung dafür, dass trotz der großen Entfernung noch von einer Wohnung im Einzugsbereich des Beschäftigungsorts auszugehen war, begründete der BFH mit der günstigen Zuganbindung. Mit dem ICE betrug die Fahrzeit zur Arbeitsstätte etwa eine Stunde. Mit Blick auf die steigende Mobilitätsanforderung ist ein solcher Zeitaufwand für die arbeitstäglichen Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht unüblich, weil Arbeitnehmer auch größere Entfernungen in Kauf nehmen, wenn die Arbeitsstätte verkehrsgünstig zu erreichen ist. Andererseits hat der BFH die doppelte Haushaltsführung bei einer 62 km vom Beschäftigungsort entfernten Zweitwohnung angesichts deren individuellen, für die Fahrt zum Arbeitgeber ungünstigen Lage verneint.[6] Der BFH hat in 2 Urteilen seine Rechtsauffassung bestätigt und das Vorliegen einer "Zweitwohnung am auswärtigen Beschäftigungsort" davon abhängig gemacht, ob der Arbeitnehmer von seinem doppelten Haushalt aus sein...

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