Das OECD-Musterabkommen enthält eine Regelung zur Zuordnung des Besteuerungsrechts von Ruhegehältern und ähnlichen Vergütungen.[1] Ruhegehälter im Sinne dieser Regelung sind nur solche Leistungen, die aufgrund einer früheren nichtselbstständigen Tätigkeit von einem privaten Arbeitgeber geleistet werden. Für Ruhegehälter aus dem öffentlichen Dienst, wie Pensionen, besteht eine gesonderte Regelung.[2]

Ruhegehälter können laufende Bezüge aus Sozialversicherungsrenten (gesetzliche Altersrente, Witwen- und Waisenrenten) oder Renten aus der betrieblichen Altersversorgung sein (in Deutschland sind dies Leistungen aus einer Pensionskasse, einem Pensionsfonds, einer Direktversicherung, Unterstützungskasse oder Unternehmerkasse). Einmalzahlungen, wie z. B. zur Abfindung einer Rente, sind als "ähnliche Vergütungen" einzuordnen.

Grundsätzlich ordnet das OECD-Musterabkommen das Besteuerungsrecht für Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen dem Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen zu.

4.4.1.1 Besonderheit Sozialversicherungsrente

In vielen DBA ist für Sozialversicherungsrenten eine Sonderregelung enthalten, die dem Kassenstaat das Besteuerungsrecht zuordnet.

Existiert eine solche aber nicht, sind für die Zuordnung des Besteuerungsrechts die allgemeinen Grundsätze des OECD-Musterabkommens anzuwenden. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung fallen grundsätzlich unter die Regelung des Art. 18 OECD-MA.[1] Hiergegen hat Deutschland einen Vorbehalt im MA-Kommentar geltend gemacht. Nach der Auffassung Deutschlands unterliegen Sozialversicherungsrenten immer der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat nach Art. 21 OECD-MA, wenn sich die Höhe der Rente nach vom Arbeitnehmer bezahlten Beiträgen richtet[2] und keine Sonderregelung vereinbart wurde.

Die Zuordnung des Besteuerungsrechts einer Sozialversicherungsrente hängt von folgenden Grundsätzen ab[3]:

  • Wurde im jeweiligen anzuwendenden DBA eine gesonderte Regelung getroffen, ist diese Regelung anzuwenden.
  • Wurde das DBA mit dem Wortlaut des OECD-MA, also ohne Sonderregelung, abgeschlossen, ist die Regelung des Kommentars zum OECD-MA maßgebend. Das Besteuerungsrecht wird gem. Art. 18 OECD-MA einem Staat zugeordnet, wenn das DBA ab 2005 abgeschlossen wurde.
  • Wurde das DBA mit dem Wortlaut des OECD-MA vor 2005 geschlossen, ist Art. 21 DBA-MA anzuwenden.
 
Praxis-Beispiel

Ausländische Sozialversicherungsrente

Der in Deutschland ansässige T bezieht aus einer früheren Berufstätigkeit in Österreich eine österreichische Sozialversicherungsrente. Für Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung hat gem. Art. 18 Abs. 2 DBA Österreich der Kassenstaat, hier also Österreich, das Besteuerungsrecht. Die Renteneinkünfte aus Österreich sind gem. Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA Österreich in Deutschland steuerfrei (Freistellungsmethode).

Variante:

Die Renteneinkünfte stammen aus Belgien. Das DBA Belgien trat im Jahr 1969 in Kraft und enthält keine Sonderregelung zu Sozialversicherungsrenten. Die Zuweisung des Besteuerungsrechts der Renteneinkünfte erfolgt daher nach Art. 21 DBA Belgien. Das Besteuerungsrecht hat demnach der Ansässigkeitsstaat, also Deutschland.

[1] Art. 18 MA-Komm., Rz. 24.
[2] Art. 18 MA-Komm., Ziff. 71.
[3] Ismer, in Vogel/Lehner, DBA, 7. Aufl., Art. 18 Rz. 29b.

4.4.1.2 Besonderheit: Schweiz

In Verbindung mit Sozialversicherungsrenten aus der Schweiz, also Leistungen aus der AHV (Alters- und Hinterbliebenenversorgung) und der IV (Invalidenversorgung), ist Art. 21 DBA Schweiz anzuwenden.

Zudem besteht in der Schweiz eine sog. Pensionskasse als betriebliche Altersversorgung. Anders als in Deutschland ist diese in der Schweiz aber gesetzlich vorgeschrieben. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind verpflichtet, Beiträge in die Pensionskasse zu leisten. Das Schweizer Pensionskassensystem entspricht daher dem System einer gesetzlichen Rentenversicherung.[1] Das Besteuerungsrecht für Leistungen aus dieser Pensionskasse wird daher nach Art. 21 DBA Schweiz dem Ansässigkeitsstaat Deutschland zugeordnet.

4.4.1.3 Besonderheit: Türkei

Im Verhältnis zur Türkei ist das Besteuerungsrecht für Ruhebezüge, ähnliche Vergütungen und Sozialversicherungsrenten zwischen dem Ansässigkeits- und Quel­lenstaat geteilt, wenn der Bruttowert der Rente (d. h. steuerpflichtiger und steuerfreier Teil der Rente zusammengerechnet) 10.000 EUR übersteigt.[1] Demnach hat der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht bis zu einem Rentenbetrag von 10.000 EUR. Für den Teil der Rente, der 10.000 EUR übersteigt, hat der Quellenstaat das Besteuerungsrecht. Die Besteuerung im Quellenstaat darf maximal 10 % der Bruttorente betragen. Bei beschränkter Steuerpflicht in Deutschland ist die anteilige Einkommen- bzw. Lohnsteuer zusammen mit dem Solidaritätszuschlag auf 10 % der Bruttorente begrenzt. Das BMF hat zur Anwendung dieser Regelung im DBA Türkei ausführlich Stellung genommen.[2] Die Berechnung des vom BMF aufgeführten Beispiels, im Fall der beschränkten Einkommensteuerpflicht in Deu...

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