Nach der überwiegenden Mehrzahl der deutschen DBA hat für Abfindungen, die anlässlich des Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis gezahlt werden, der Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers das Besteuerungsrecht.

Zieht ein Arbeitnehmer also von Deutschland in ein anderes Land, verlagert sich die Ansässigkeit in den ausländischen Staat u. a. dann, wenn der Wohnsitz bzw. gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland aufgegeben wird. Zahlt der ehemalige Arbeitgeber in Deutschland nach dem Wegzug eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, fällt das Besteuerungsrecht an den ausländischen Staat. Da sich in diesen Fällen der Ansässigkeitsstaat in das Ausland verlagert hat, ist die Abfindung in Deutschland grundsätzlich steuerfrei.[1]

Umgekehrt verhält es sich ähnlich: Zieht ein Arbeitnehmer aus dem Ausland nach Deutschland und erhält er von seinem ehemaligen ausländischen Arbeitgeber eine Abfindung, fällt das Besteuerungsrecht an Deutschland als neuen Ansässigkeitsstaat.

 
Praxis-Beispiel

Abfindung allgemein

Die in Deutschland ansässige B erhält von ihrem ehemaligen Arbeitgeber aus Dänemark eine Entlassungsentschädigung. Gem. Art. 15 Abs. 1 DBA Dänemark liegt das Besteuerungsrecht für die Abfindung im Ansässigkeitsstaat, hier also Deutschland.

Länderspezifische Abweichungen:

Belgien, Großbritannien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Schweiz

Deutschland hat mit diesen Staaten Konsultationsvereinbarungen[2] abgeschlossen.[3] In diesen wird eine vom DBA abweichende Regelung getroffen, obwohl der Wortlaut des DBA ein Besteuerungsrecht für den Ansässigkeitsstaat vorsieht. Nach diesen Vereinbarungen dürfte die Abfindung, die anlässlich der Auflösung des Dienstverhältnisses bezahlt wird, im früheren Tätigkeitsstaat und nicht im neuen Ansässigkeitsstaat besteuert werden.

In Verbindung mit der Schweiz hat der BFH die Konsultationsvereinbarung für die Zuweisung des Besteuerungsrechts von Abfindungen verworfen.[4] Die Regelung im DBA geht der Konsultationsvereinbarung vor. Die Finanzämter wurden angewiesen, alle Konsultationsvereinbarungen nicht anzuwenden, soweit das Besteuerungsrecht für Abfindungen Deutschland zugewiesen wird.[5] Die Konsultationsvereinbarungen sind aber anzuwenden, wenn das Besteuerungsrecht dem ausländischen Staat zugeordnet wird.

Das Besteuerungsrecht für Abfindungen steht demnach bei einer früheren Tätigkeit in Belgien, Großbritannien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich oder der Schweiz dem ausländischen Staat zu. Die Abfindung ist in Deutschland steuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt.

Kommt es durch diese unterschiedliche Auslegung des DBA in beiden Staaten zu einer Steuerfreiheit der Abfindung, wird die Abfindung in Deutschland besteuert (Rückfallklausel).[6] Der Zusammenhang zwischen der Abfindung und dem früheren Tätigkeitsstaat wird damit wieder hergestellt.[7]

Frankreich

Im DBA mit Frankreich wird das Besteuerungsrecht für Abfindungen dem früheren Tätigkeitsstaat zugeordnet.[8] Erhält also ein in Deutschland ansässiger Steuerpflichtiger von seinem ehemaligen Arbeitgeber aus Frankreich eine Abfindung, wird das Besteuerungsrecht für die Abfindung dem früheren Tätigkeitsstaat Frankreich zugeordnet.[9] Das DBA Frankreich[10] sieht für die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit die Freistellungsmethode[11] vor. Eine Abfindung aus Frankreich ist demnach in Deutschland steuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt.[12]

Wurde die Tätigkeit in mehreren Staaten ausgeübt, z. B. teilweise in Deutschland und teilweise in Frankreich, ist die Abfindung im gleichen Verhältnis aufzuteilen. Für den auf Deutschland entfallenden Anteil wird die Abfindung versteuert, der auf Frankreich entfallende Teil steuerfrei gestellt.[13]

Schließt sich an die Tätigkeit eine Arbeitsfreistellung an, soll die Abfindung dem Staat zugeordnet werden, in dem man sich während der Freistellungsphase aufgehalten hat.[14]

Diese Auffassung widerspricht jedoch der allgemein üblichen Zuordnungsregelung von Nachzahlungen für frühere aktive Tätigkeiten, wonach eine Aufteilung im Verhältnis der Beschäftigungsanteile in den jeweiligen Staaten vorzunehmen ist.[15]

Im Hinblick auf das anhängige Verfahren beim BFH (I R 28/21) sollten Fälle offen gehalten werden, wenn die Zuordnung bei Arbeitsfreistellung zum Aufenthaltsstaat ungünstiger ist.

 
Praxis-Beispiel

Abfindung Frankreich

Die in Deutschland ansässige F erhält von ihrem ehemaligen französischen Arbeitgeber eine Entlassungsentschädigung für eine in Frankreich ausgeübte Tätigkeit. Gem. Art. 13 Abs. 1 DBA Frankreich liegt das Besteuerungsrecht in dem Staat, in dem die persönliche Tätigkeit, die den Einkünften zugrunde liegt, ausgeübt wurde. Da F in Frankreich tätig war, hat hier somit der frühere Tätigkeitsstaat Frankreich das Besteuerungsrecht.

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