Leitsatz

Der Grundsatz, dass es "in keinem Fall" zu einer verfassungswidrigen doppelten Besteuerung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge kommen darf, gilt allein dann, wenn eine Doppelbesteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen auf einem "Webfehler" des Gesetzes bzw. dessen mangelnder Ausdifferenzierung beruht. Verfassungsgemäß ist eine Doppelbesteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen, wenn sie darauf beruht, dass der Steuerpflichtige die im Gesetz - zur Vermeidung von Doppelbelastungen - vorgesehene Möglichkeit, Beiträge zum Versorgungswerk in der Beitragsphase als Sonderausgaben in Abzug zu bringen, tatsächlich nicht in Anspruch nimmt.

 

Sachverhalt

Im ESt-Bescheid für das Jahr 2015 berücksichtigte das Finanzamt unter anderem die aus der Rentenbezugsmitteilung des berufsständischen Versorgungswerks ersichtliche Altersrente mit einem Betrag in Höhe von 522,50 EUR. Nach Abzug eines mit 157 EUR angesetzten steuerfreien Anteils ermittelte das Finanzamt einen steuerpflichtigen Rentenanteil in Höhe von 232 EUR. Im Einspruchsverfahren wiesen die Kläger daraufhin, dass die im Jahr 2005 an das Versorgungswerk entrichteten Beiträge des Klägers in Höhe von 3.650,40 EUR bei ihrer ESt-Veranlagung für 2005 nicht steuermindernd berücksichtigt worden seien, mit der Folge, dass wegen der gleichzeitigen Erfassung der Rentenauszahlungen im Rahmen der Steuerfestsetzung für 2015 im Ergebnis eine Doppelbesteuerung vorliege. Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück, da der Kläger die Beitragszahlungen des Jahres 2005 nicht als Sonderausgaben geltend gemacht habe. Mit der Klage berufen sich die Kläger weiter auf die nach ihrer Ansicht vorliegende Doppelbesteuerung.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des Finanzgerichts kann es für die Annahme einer unzulässigen Doppelbesteuerung dahingestellt bleiben, ob der im Jahr 2005 unterbliebene Abzug der Beitragszahlungen als Sonderausgaben bei gleichzeitiger Erfassung der Rentenzahlung als Einnahmen im Streitjahr tatsächlich zu einer Doppelbelastung des Klägers geführt hat. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, könnte eine etwaige Doppelbelastung nicht in der von den Klägern begehrten Art und Weise durch eine Änderung ihrer Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr beseitigt werden. Das Gesetz sehe diese mit der Klage beantragte Rechtsfolge nicht vor. Im Streitfall beruhe die bei den Klägern (möglicherweise) eintretende Doppelbelastung indes nicht auf einem "Webfehler" des Gesetzes. Ursächlich für eine etwaige doppelte Besteuerung sei vielmehr der Umstand, dass die Kläger die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit, die Beiträge zum Versorgungswerk als Sonderausgaben in Abzug zu bringen, im Jahr 2005 tatsächlich nicht in Anspruch genommen haben.

 

Hinweis

Das Finanzgericht wies in dem Urteil außerdem darauf hin, dass soweit die Kläger auf ihren erfolglos gebliebenen Antrag, die bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzung für 2005 zu ändern und den Sonderausgabenabzug für die Beitragszahlungen des Klägers nachträglich zu gewähren, hinweisen und hinsichtlich der unterbliebener Geltendmachung als Vorsorgeaufwendungen eine Verletzung der dem Beklagten gemäß §§ 88 und 89 AO obliegenden Hinweis- und Fürsorgepflicht beanstanden hätte, sei ihnen entgegenzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden Klage die Anfechtung der Einkommensteuerfestsetzung für 2015 sei. Vom Finanzgericht sei nicht zu prüfen, ob das Finanzamt den Antrag der Kläger auf Änderung des Einkommensteuerbescheids 2005 zu Recht wegen Eintritts der Festsetzungsverjährung abgelehnt hat. Lediglich klarstellend weist das FG darauf hin, dass eine gerichtliche Überprüfung der Antragsablehnung auch nicht möglich wäre, nachdem die den diesbezüglichen Einspruch zurückweisende Rechtsbehelfsentscheidung bestandskräftig geworden sei.

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil v. 04.11.2019, 11 K 2132/18

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