In Szenario 2 führt der Wunsch der Entscheidungsträger, betriebswirtschaftliche Sachverhalte eigenständig analysieren und auf Informationen unabhängig zugreifen zu können, gepaart mit intuitiv zu bedienenden, leistungsfähigen BI-Tools zum Self-Controlling. Die Hoheit der Controller über steuerungsrelevante, betriebswirtschaftliche Informationen und Analysewerkzeuge gehört der Vergangenheit an. Das Management ist nicht länger bereit, auf Controllingberichte zu warten und drängt auf schnellere Berichtszyklen. Aufgrund des veralteten Informationsgehalts und der Starrheit verlieren Berichte in Papierform an Relevanz.

Die zukünftige, zentrale Aufgabe des Controllers ist die zielgerichtete Informationsbereitstellung in den eingesetzten BI-Tools. Im Gegensatz zum derzeitigen Rollenbild des Sparringspartners wird der Controller in diesem Szenario eher als Zulieferer gesehen und in der standardmäßigen Informationsversorgung auf eine Input-Funktion reduziert, die darüber hinaus schrittweise automatisiert oder in Shared-Service Centern gebündelt wird. Der Controller verliert an Nähe zum Management und an Stellenwert. Komplexe Spezialauswertungen obliegen dem Data Scientist. Als betriebswirtschaftlicher Experte wird der Controller jedoch weiterhin die vorgelagerten Prozesse koordinieren und dabei z. B. die inhaltliche Entwicklung der BI-Systeme in Zusammenarbeit mit dem Data Scientists sowie die visuelle Berichtsgestaltung verantworten.

Dadurch, dass Manager Informationen selbstständig analysieren und aufbereiten, entsteht das Risiko unabgestimmter Berichte mit unterschiedlichen Versionen zu Gunsten ihrer jeweiligen Interessen. Eine klar definierte Data Governance sowie eine starke Koordinationsfunktion durch den Controller ist in diesem Szenario eine wichtige Voraussetzung.[1] Controller sind darüberhinaus aufgefordert, ihre Begrenzungsaufgabe bezüglich subjektiv gefärbter Analysen und Berichte stärker wahrzunehmen.[2] Dies wird jedoch durch die fehlende Nähe zum Management zusehends schwieriger.

Die bisherige Rolle als Partner des Managements nimmt der Controller nur mehr selektiv wahr. Es kommt dabei stark auf die Persönlichkeit des einzelnen Managers an, bis zu welchem Detail- bzw. Komplexitätsgrad er das Self-Service nutzt und ab wann er den Controller als Center of Expertise für Analysen und Entscheidungen heranzieht. Im günstigen Fall des Szenarios wird der Controller hochgeschätzter Partner des Managements für wirklich wichtige, herausfordernde Fragestellungen, der von laufenden Reportingtätigkeiten befreit ist und mit dem Data Scientist ein gutes Team bildet. Im schlechten Fall wird der Controller zum reinen Informationslieferanten im Hintergrund, der bei den wichtigen und entscheidenden Fragestellungen gegenüber dem Data Scientist das Nachsehen hat und Begrenzungsaufgaben kaum noch wahrnehmen kann.

[1] Vgl. IGC, 2017, S. 28.
[2] Vgl. Deinert, 2013, S. 283.

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