Rz. 9

Mit der Verabschiedung von Deutschen Rechnungslegungsstandards (DRS) durch das DRSC kommt diesen zunächst lediglich der Charakter einer Empfehlung zu. Daran ändert sich erst etwas, wenn die Bekanntmachung seitens des BMJV im Bundesanzeiger erfolgt, da sie nach dem Wortlaut des § 342 Abs. 2 HGB dazu führt, dass bei Anwendung der derart verlautbarten DRS die Beachtung der die Konzernrechnungslegung betreffenden GOB vermutet wird, allerdings, ohne dass ihnen Gesetzescharakter zukommt. Die Anwendbarkeit der verabschiedeten Regelungen beschränkt sich – entsprechend dem in § 342 Abs. 1 Nr. 1 HGB niedergeschriebenen gesetzlichen Auftrag eines privaten Rechnungslegungsgremiums – auf die Konzernrechnungslegung. Diskutiert wird, ob und inwieweit die bekannt gemachten Standards rechtsverbindlich sind, zumal keine gesetzlich verankerten Sanktionsvorschriften bei Nichtbeachtung der Standards bestehen.[1] Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer hat den Standards mehrfach eine "faktische Durchsetzungskraft" verliehen. Eine Übertragung auf die Rechnungslegung von Einzelunternehmen kann daher lediglich Empfehlungscharakter haben. Im IDW PS 201 wird jedoch stärker formuliert, dass wenn gesetzliche Anforderungen an die Rechnungslegung durch einen DRS konkretisiert werden und es sich um Auslegungen der allgemeinen gesetzlichen Grundsätze handelt, diese auch Bedeutung für den Jahresabschluss und Lagebericht haben. Eine Nichtbeachtung hat dann die den nach allgemeinen Grundsätzen zu beurteilenden Sanktionen, die bis hin zur Einschränkung oder gar zum Versagen des Bestätigungsvermerks reichen können, zur Folge (IDW PS 201, Rz. 12). Wird hingegen mit dem DRS ein gesetzliches Wahlrecht im Konzernabschluss eingeschränkt, begründet eine vom DRS abweichende Bilanzierung nach Auffassung des IDW in diesem Fall keine Einschränkung des Bestätigungsvermerks im Konzernabschluss, wohl aber einen Hinweis im Prüfungsbericht (IDW PS 201, Rz. 12 sowie IDW PS 450, Tz. 134). Somit unterscheidet IDW PS 201 "Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze für die Abschlussprüfung" folgende Bindungsintensitäten bzw. Verbindlichkeitsgrade:[2]

  • Werden gesetzliche Anforderungen an die Rechnungslegung durch einen DRS konkretisiert und handelt es sich hierbei um eine Auslegung von allgemeinen gesetzlichen Grundsätzen, so haben diese auch Bedeutung für die Rechnungslegung im Jahresabschluss und Lagebericht. Hierbei spricht man auch von einer Ausstrahlungswirkung auf die GoB für die Rechnungslegung im Jahresabschluss.[3] Allerdings betont Ernst im Zusammenhang mit den Auswirkungen der DRS auf die Rechnungslegung im Jahresabschluss, dass die Entwicklung von Empfehlungen zur Anwendung der Konzern-GoB (§ 342 Abs. 1 Nr. 1 HGB) sich kraft des Gesetzes ausdrücklich auf die Konzernrechnungslegung beschränkt. Diese Beschränkung wurde bewusst getroffen, da es im Hinblick auf die Maßgeblichkeit der Rechnungslegung in der Handelsbilanz für die steuerliche Gewinnermittlung (§ 5 Abs. 1 EStG) problematisch wäre, wenn einem privaten Gremium Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten betreffend die Rechnungslegung im Jahresabschluss eingeräumt würden.[4] Gelangt der Abschlussprüfer zu dem Urteil, dass solche Auslegungen vom rechnungslegenden Unternehmen nicht beachtet worden sind, so hat dieser es nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen, ob sich aus diesem Sachverhalt Konsequenzen für die Rechnungslegung des Unternehmens bis hin zum Bestätigungsvermerk ergeben.
  • Liegt im Konzernabschluss die Ausübung eines gesetzlichen Wahlrechtes abweichend von einem durch das BMJV bekannt gemachten DRS vor, so begründet dies zwar keine Einwendung des Abschlussprüfers gegen die Ordnungsmäßigkeit der Konzernrechnungslegung. Jedoch ist der Abschlussprüfer in diesem Fall dazu angehalten, im Prüfungsbericht auf eine solche Abweichung hinzuweisen.[5]

IDW PS 201 n. F. enthält keine Ausführungen zu dem Fall, dass ein DRS ein Übersoll fordert. Indes wird dessen Verbindlichkeit in Zweifel gezogen. Folglich führt deren Nichtbeachtung grundsätzlich zu keinen Konsequenzen für den Bestätigungsvermerk[6] und den Prüfungsbericht.[7] Jedoch sollte auch eine solche Nichtbeachtung von Angabepflichten gemäß DRS aufgrund von "gesetzlichen Regelungen" oder "bisher gefestigter Literaturmeinung" in den Prüfungsbericht aufgenommen werden.[8]

Der IDW PS 350 n. F. sieht bezüglich der Prüfung des Lageberichts explizit neben den gesetzlichen Regelungen die Anforderungen des DRS 20 als vom Prüfer zu beachten an (z. B. in Tz. 20 l).

Aufgrund der im Gesetz somit nicht eindeutig geklärten rechtlichen Bindungswirkung der Empfehlungen ist das DRSC bei seiner Arbeit dennoch vor allem auf die Akzeptanz durch das BMJ sowie die an der Rechnungslegung beteiligten Kreise angewiesen.[9] Im Zusammenhang mit der Rechtsverbindlichkeit der Standards wurden in der Literatur häufig verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, dass der Gesetzgeber seine Gesetzgebungsbefugnis an ein privates Gremium abgibt.[10] Letztlich entscheiden nur Gerich...

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