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Die Formulierung von Rechnungslegungsnormen erfolgt bei den inzwischen weltweit anerkannten IFRS ebenso wie bei den US-GAAP über ein Standardsetting. Hier erarbeitet eine privatwirtschaftlich organisierte Institution unter Beteiligung von Personen aus der Rechnungslegung, Prüfung, weiteren Praxis und der Theorie unter Nutzung von Rückkopplungen in die interessierte Öffentlichkeit Standards, die dann entweder aus sich heraus oder über den Umweg der Anerkennung einer staatlichen Institution praktische Relevanz entfalten. Die Vorteile eines derartigen Standardsettings im Vergleich zu Gesetzgebungsverfahren können in realitätsnäheren, transparenteren und flexibleren Normen gesehen werden, wobei es in der Vergangenheit etwa im Bereich der Ersetzung des IAS 17 (Leasing) durch den IFRS 16 durchaus auch Beispiele für eine über 10 Jahre andauernde Diskussion gibt und auch der Ersatz von DRS 14 durch DRS 25 im Bereich der Währungsumrechnung sehr lange dauerte.[1] Nachteile sind die Kosten eines Standardsetters, die auf freiwilliger Basis oder durch Umlage von den Unternehmen oder aber durch den Vertrieb kostenpflichtiger Veröffentlichungen erbracht werden müssen, sowie die fehlende parlamentarische Legitimierung der Einzelstandards, was zu Akzeptanzproblemen und ggf. mangelnder Durchsetzbarkeit führen kann. Letzteres ist durch die zusätzliche Kontrolle des Kapitalmarkts und mit den zusätzlich eingerichteten Institutionen, wie etwa der Börsenaufsicht und dem Enforcement (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) im Wesentlichen gebannt. Für nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen bleibt dies gleichwohl ein Problem. Das Finanzierungsmodell über die Publikationen führt zu einer erhöhten Dynamik der Standardsetzung, da lediglich neue oder überarbeitete Standards den Absatz der Publikationen ankurbeln und somit die Finanzierung sicherstellen. Da die Entscheidungen des Standardsetters politisch legimitiert werden müssen, kann es zu offenen Widersprüchen kommen, wenn etwa der Standardsetter eine Lösung vorschlägt, die aber nicht von der Politik übernommen wird. Dies diskreditiert den gesamten Prozess und die Beteiligten, wie etwa zu beobachten bei der nur teilweise erfolgten Bekanntmachung von DRS 23, Kapitalkonsolidierung, durch das BMJ und der bis heute nicht angegangenen Lösung des Konfliktes ggf. durch eine gesetzliche Klarstellung.

Dennoch hat der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27.4.1998 die §§ 342 und 342a im HGB ergänzt, die auch in Deutschland die Einbindung interessierter Kreise in die Entwicklung von Grundsätzen der Konzernrechnungslegung ermöglichen sollten.[2] Gemäß § 342 Abs. 1 HGB kann das Bundesministerium der Justiz eine privatrechtlich organisierte Einrichtung durch Vertrag anerkennen und ihr die Aufgaben übertragen,

  • Empfehlungen zur Anwendung der Grundsätze über die Konzernrechnungslegung zu entwickeln,
  • das Bundesministerium der Justiz bei Gesetzgebungsverfahren zu Rechnungslegungsvorschriften zu beraten,
  • die Bundesrepublik Deutschland in internationalen Standardisierungsgremien zu vertreten und
  • Interpretationen der internationalen Rechnungslegungsstandards im Sinn des § 315e Abs. 1 HGB zu erarbeiten.[3]

Soweit das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) eine privatrechtlich organisierte Einrichtung nach § 342 Abs. 1 HGB anerkennt, unterbleibt die Bildung eines Rechnungslegungsbeirats nach § 342a HGB, der somit als eine Auffangnorm fungiert. Mit Vertrag vom 3.9.1998 wurde das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) anerkannt. Nach Kündigung des Vertrags im Juni 2010 erfolgte nach einer Reorganisation des DRSC im Dezember 2011 ein erneuter Vertragsabschluss.

Bereits vor der Einführung wurde intensiv über die Ausgestaltung des Auftrags diskutiert.[4] Zunächst wurde eine generelle Zuständigkeit für die Auslegung der GoB für Kapitalgesellschaften durch Verankerung in § 264 HGB vorgesehen,[5] im Gesetzgebungsverfahren dann aber auf die Zuständigkeit bei der Standardsetzung einzig auf die Konzernrechnungslegung beschränkt, da verhindert werden sollte, dass der Standardsetter über die Maßgeblichkeit Einfluss auf die steuerliche Gewinnermittlung nehmen könnte. Allerdings kommt es nun häufig zu Empfehlungen für den Jahresabschluss, da viele konzernrechnungslegungsrelevante Themen auch für die Rechnungslegung der Einzelunternehmen von Relevanz sind. Zudem ist der zweite Aufgabenteil, die Beratung des BMJ bei Gesetzgebungsverfahren zur Rechnungslegung (§ 342 Abs. 1 Nr. 2 HGB), bewusst wieder allgemein gehalten, sodass hier eine Verantwortung auf die Rechnungslegung aller Kaufleute vorliegt.[6] Die DRS haben aufgrund der Erarbeitung durch ein privates Gremium keinen zwingenden Rechtsnormcharakter im Sinne eines Gesetzes oder einer Verordnung. Bis zu der Veröffentlichung eines vom DRSC verabschiedeten DRS durch das BMJ hat dieser lediglich die Bindungswirkung entsprechend der Verlautbarung einer berufsst...

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