BMF, 19.09.1994, IV C 6 - S 1301 Schz - 60/94

Zur einheitlichen Anwendung und Auslegung des Art. 15 a des deutsch-schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) in der Fassung des Protokolls vom 21. Dezember 1992 (BStBl I 1993 S. 927) haben die zuständigen Behörden, gestützt auf Art. 26 Abs. 3 und Art. 15 a Abs. 4 DBA, das nachstehende Einführungsschreiben vereinbart, das hiermit veröffentlicht wird:

 

Ansässigkeit und Arbeitsort

 

Grundzüge der Ansässigkeit

01

Nach Art. 15 a Abs. 1 Satz 1 DBA werden Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen bei unselbständiger Tätigkeit des Grenzgängers in dem Staat besteuert, in dem er ansässig ist. Der Ansässigkeitsstaat ist nach Art. 4 Abs. 1 und 2 DBA zu bestimmen. Die in Art. 15 a Abs. 2 Satz 1 DBA enthaltene Definition des Grenzgängerbegriffes schränkt den Begriff der Ansässigkeit nicht ein. Die Ansässigkeit ergibt sich in den nachfolgenden Randziffern (Rz) durch die Voranstellung "schweizerischer" oder "deutscher" Grenzgänger.

02

Ist eine Person in beiden Staaten unbeschränkt steuerpflichtig, kann die in Art. 15 a Abs. 2 Satz 1 DBA genannte Grenzgängereigenschaft nur gegeben sein, wenn Ansässigkeitsstaat und Tätigkeitsstaat nicht zusammenfallen.

Beispiel:

Eine Person besitzt in beiden Staaten eine Wohnung. Der Arbeitsort befindet sich in der Schweiz.

  1. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt in der Bundesrepublik Deutschland.

    Da Ansässigkeits- und Tätigkeitsstaat auseinanderfallen, kann die Person grundsätzlich Grenzgänger sein.

  2. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt in der Schweiz.

    Art. 15 a DBA ist nicht anwendbar.

03

Sind in einem Ansässigkeitsstaat mehrere Wohnsitze bzw. mehrere Orte des gewöhnlichen Aufenthalts gegeben, bleibt die Grenzgängereigenschaft erhalten, gleichgültig zu welchem Wohnsitz/Ort des gewöhnlichen Aufenthalts die regelmäßige Rückkehr erfolgt.

Beispiel:

Eine Person hat den Familienwohnsitz in Hamburg, daneben besitzt sie einen weiteren Wohnsitz in Deutschland in der Nähe der Grenze, von dem sie regelmäßig zu ihrem Arbeitsort in der Schweiz pendelt. Lediglich an den Wochenenden kehrt sie an den Familienwohnsitz zurück.

Die Grenzgängereigenschaft ist gegeben.

 

Ansässigkeitsbescheinigung

04

Der Tätigkeitsstaat kann von den Vergütungen eine Quellensteuer erheben (Art. 15 a Abs. 1 Satz 2 DBA). Diese Steuer darf 4,5 v. H. des Bruttobetrags der Vergütungen nicht übersteigen, wenn die Ansässigkeit durch eine amtliche Bescheinigung der zuständigen Finanzbehörde des Ansässigkeitsstaats nachgewiesen wird (Art. 15 a Abs. 1 Satz 3 DBA). Die Quellensteuer wird nicht begrenzt, wenn dem Arbeitgeber eine solche Bescheinigung nicht vorgelegt wird. Handelt es sich in diesem Fall jedoch um einen Grenzgänger im Sinne des Art. 15 a Abs. 2 DBA, erfolgt die Besteuerung im Ansässigkeitsstaat unabhängig von der Erhebung der Abzugsteuer nach Art. 15 a Abs. 3 DBA (vgl. Rz 22).

05

Handelt es sich bei dem Grenzgänger um eine in der Schweiz ansässige natürliche Person, die nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt und die in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war (sog. Abwanderer), ist Art. 4 Abs. 4 DBA zu beachten (vgl. Rz 41).

06

Über die amtliche Bescheinigung haben sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten zu verständigen (Art. 15 a Abs. 4 DBA, Verhandlungsprotokoll vom 18. Dezember 1991 zu Art. 15 a DBA, Tz. I). Die derzeit gültige Fassung des Vordrucks (Gre-1) ist als Anlage 1 abgedruckt. Der Antrag auf Erteilung einer Ansässigkeitsbescheinigung ist vom Grenzgänger persönlich zu unterschreiben.

07

Die Ansässigkeitsbescheinigung gilt jeweils für ein Kalenderjahr, bei Beschäftigungsaufnahme während des Jahres bis zum Ablauf des jeweiligen Kalenderjahrs. Die Bescheinigung für das jeweilige Folgejahr (Gre-2 in der derzeit gültigen Fassung vgl. Anlage 2) wird dem Grenzgänger ohne Antrag von der zuständigen Steuerbehörde erteilt. Bei Arbeitgeberwechsel ist eine neue Bescheinigung zu beantragen.

Der Ansässigkeitsstaat kann die Erteilung der Ansässigkeitsbescheinigung nur dann verweigern, wenn die Person die Voraussetzungen des Art. 15 a DBA nicht erfüllt.

Beispiel:

Eine in Deutschland wohnende Person arbeitet in Frankreich für einen schweizerischen Arbeitgeber. Die Zahlung des Arbeitslohns erfolgt durch den Arbeitgeber.

Eine Ansässigkeitsbescheinigung ist nicht zu erteilen.

 

Arbeitsort

08

Arbeitsort ist regelmäßig der Ort, an dem der Arbeitnehmer in den Betrieb seines Arbeitgebers eingegliedert ist. Übt der Arbeitnehmer nicht nur an diesem Ort seine Tätigkeit aus (z. B. Berufskraftfahrer, Außendienstmitarbeiter), sind die Tage der auswärtigen Tätigkeit als Geschäftsreisen im Rahmen der Ermittlung der Nichtrückkehrtage zu würdigen (vgl. Rz 11 ff.). Ist der Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag in mehr als einem Betrieb seines Arbeitgebers eingegliedert, so ist Arbeitsort der Ort, an dem er seine Arbeit überwiegend auszuüben hat.

Beispiel:

Ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer ist nach seinem Arbeitsvertrag ...

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