Leitsatz

Ein bisher zum Privatvermögen gehörender Gebäudeteil, der nunmehr für fremde gewerbliche Zwecke vermietet wird, bleibt Privatvermögen, auch wenn der Steuerpflichtige einen weiteren, schon vorher für fremde betriebliche Zwecke vermieteten Gebäudeteil dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet hat (Anschluss an BFH, Urteil vom 10.11.2004, XI R 31/03, BStBl II 2005, 334).

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Eigentümer eines mehrgeschossigen nicht in Teileigentum aufgeteilten gemischt genutzten Gebäudes. Einen Teil des Erdgeschosses nutzte er zunächst für seinen Einzelhandel. Später vermietete er diesen Teil an eine Apotheke. Die Wohnungen in den Obergeschossen sind an Arztpraxen und zu privaten Wohnzwecken vermietet.

Eine Wohnung ist ebenfalls an die Apotheke vermietet. Der Kläger bilanzierte lediglich die Gebäudeteile für sein Einzelhandelsgeschäft und für die Apotheke im Erdgeschoss als Betriebsvermögen. Das FA und das FG waren dagegen der Auffassung, wegen der Notwendigkeit der Bilanzierung als einheitliches Wirtschaftsgut seien nicht nur die Apothekenräume im Erdgeschoss, sondern sämtliche fremdvermietete Gebäudeteile, also auch die an die Apotheke vermietete Wohnung im Obergeschoss ebenso wie die Arztpraxen, als gewillkürtes Betriebsvermögen auszuweisen.

 

Entscheidung

Der BFH entschied, die Entnahme- und Einlageregeln seien gegenüber dem Einheitlichkeitsgrundsatz vorrangig. Die fremdbetrieblich vermieteten Räume in den Obergeschossen stellten Privatvermögen dar. Sie dürften nicht aus dem Grund im Weg einer Zwangseinlage dem Betriebsvermögen zugeordnet werden, weil der Kläger die Apothekenräume im Erdgeschoss nicht entnommen, sondern weiterhin als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt habe.

 

Hinweis

Wird ein Gebäude zu unterschiedlichen Zwecken genutzt, z.B. neben eigenbetrieblichen auch zu fremdbetrieblichen Zwecken oder für fremde bzw. eigene Wohnzwecke und ist die Nutzung nicht nur vorübergehend, so stellt nach dem Beschluss des BFH vom 26.11.1973, GrS 5/71 (BStBl II 1974, 132) jeder der verschiedenen Gebäudeteile ein eigenständiges Wirtschaftsgut dar. Wegen der unterschiedlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhänge kann ein gemischt-genutztes Gebäude daher grundsätzlich aus höchstens vier selbstständigen Wirtschaftsgütern bestehen. Eine weitere Aufteilung ist regelmäßig ausgeschlossen. Nur dann, wenn die verschiedenen Räume in Teileigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt sind, kann es sich um mehrere Wirtschaftsgüter handeln.

Der Einheitlichkeitsgrundsatz besagt, dass eine weitere Aufteilung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Mehrere fremdbetrieblich vermietete Teile bilden daher auch bei verschiedenen Mietern ein einheitliches Wirtschaftsgut. Der Einheitlichkeitsgrundsatz verbietet die Aufteilung fremdbetrieblich vermieteter Teile in einen Anteil Privatvermögen und einen Anteil Betriebsvermögen aber nur im Vorhinein, d.h. wenn ein Gebäudeteil erstmalig in das Vermögen des Steuerpflichtigen gelangt. Es ist dann unzulässig, einen fremdbetrieblich genutzten Gebäudeteil von vornherein teilweise dem Betriebs- und teilweise dem Privatvermögen zuzuordnen.

Anders ist es bei einer nachträglichen Nutzungsänderung. Die Nutzungsänderung als solche und auch die Tatsache, dass ein Funktionszusammenhang zu einem vergleichbar genutzten weiteren Gebäudeteil besteht, kann nicht als Entnahme und auch nicht als Einlage eines Gebäudeteils angesehen werden. Die Entnahme- und Einlageregeln werden durch den Einheitlichkeitsgrundsatz nicht verdrängt, sondern gehen diesem vor.

Ein zunächst betrieblich genutzter Gebäudeteil verliert daher seine Eigenschaft als Betriebsvermögen ("Zwangsentnahme") nicht dadurch, dass er zu fremden Wohnzwecken vermietet wird und sich in dem Gebäude ein weiterer zu fremden Wohnzwecken vermieteter Gebäudeteil befindet, der zum Privatvermögen gehört. Ebenso kann ein im Privatvermögen befindlicher fremdbetrieblich vermieteter Gebäudeteil nicht deshalb im Weg einer "Zwangseinlage" dem Betriebsvermögen zugeordnet werden, weil ein anderer bisher eigenbetrieblich genutzter Gebäudeteil nunmehr fremdbetrieblich vermietet und weiterhin im (gewillkürten) Betriebsvermögen gehalten wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 21.4.2005, III R 4/04

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