Für jede Handlungsoption wird ein Kapitalkostensatz berechnet

Grundlage der Berechnung des Wertbeitrags einer analysierten Handlungsoption ist die Veränderung des Ertragsrisikos des Unternehmens, womit Risikodiversifikationseffekte im Unternehmenskontext berücksichtigt werden. Im Gegensatz zur traditionellen "kapitalmarktorientierten" Bewertung wird bei der Bewertung von Handlungsoptionen (Projekten) der Kapitalkostensatz unmittelbar aus dem Ertragsrisiko abgeleitet, und nicht etwa aus historischen Aktienrendite-Schwankungen (wie üblicherweise beim Beta-Faktor des CAPM).[1] Auf diese Weise werden die Insiderinformationen der Unternehmensführung, speziell auch über die Risiken eines Projektes, im Entscheidungskalkül berücksichtigt. So wird für jede Handlungsoption ein dazu passender Kapitalkostensatz für die Bewertung berechnet, der die risikogerechte Anforderung an die Rendite zeigt (vgl. Abb. 4).[2]

Ein Kapitalkostensatz (Diskontierungszinssatz) k kann also ausgehend vom "Ertragsrisiko" σErtrag, z. B. der Standardabweichung des Ertrags, als Ergebnis der Risikoaggregation berechnet werden. Mit diesen können die "traditionellen" Ertragswert- oder Discounted-Cashflow-Formeln für die Bewertung von Handlungsoptionen genutzt werden. Dabei wird z. B. vereinfachend nur für ein "repräsentatives" Jahr der Sachverhalt genutzt, dass man den Wert W auf zwei Wegen berechnen kann: Durch Diskontierung mittels risikoadjustiertem Zinssatz k oder über einen Risikoabschlag vom erwarteten Ergebnis (Ertrag (Ee)). Mit einem von der Risikomenge der Erträge oder der freien Cashflows – z. B. σErtrag – abhängigen Risikoabschlag werden Sicherheitsäquivalente berechnet, die sich aus der Replikation ergeben. Sicherheitsäquivalente sind mit dem risikolosen Zinssatz (Basiszinssatz) rf zu diskontieren.[3]

w zeigt die Mindestanforderun-gen an Renditen, λ zeigt das Rendite-Risiko-Profil vor Alternativanlage

Da die Eigentümer nicht unbedingt alle Risiken des Unternehmens σErtrag tragen, muss der Risikodiversifikationsfaktor (d) berücksichtigt werden. (Oft wird angenommen, dass die Korrelation des Ergebnisses zur Rendite des Marktportfolios genauso hoch ist wie die Korrelation zwischen den Aktien des Unternehmens und dem Marktportfolio.[4] Er zeigt den Anteil der Risiken, den der Eigentümer zu tragen hätte, also bewertungsrelevant ist. Im CAPM ist d gerade die Korrelation ρ zum Marktportfolio. Man kann zeigen, dass bei Verwendung der Standardabweichung als Risikomaß λ, der "Marktpreis des Risikos" gerade der bekannten Sharpe-Ratio entspricht.[5] Er ist abhängig von der erwarteten Rendite des Marktindex , deren Standardabweichung und dem risikolosen Basiszins rf

λ ist mit plausiblen Werten etwa 0,25. Es wird deutlich, dass mit diesem Wert nichts ausgesagt wird über den Anteil der Risiken, die nach Diversifikation vom Entscheider in der Bewertung zu berücksichtigen sind (dies drückt der Risikodiversifikationsfaktor d aus). Der Wert von λ ist eine Kennzahl für das Rendite-Risiko-Profil der Alternativinvestition (Opportunitätskosten-Kalkül) und sagt, welche zusätzliche Rendite pro zusätzliche Einheit an Risiko (z. B. gemessen in der Standardabweichung als Risikomaß) zu fordern ist. Mit dem Erwartungswert des "Ertrags" Ee ergibt sich durch Auflösen von (1) folgende Gleichung für den risikogerechten Kapitalkostensatz (als Anforderung an die Rendite):

für .

Verhältnis von Ertragsrisiko σErtrag zum erwarteten Ertrag Ee nennt man Variationskoeffizient

Das Verhältnis von Ertragsrisiko σErtrag zum erwarteten Ertrag Ee, die beide von Chancen und Gefahren abhängig sind, nennt man Variationskoeffizient. Er ist eine Kennzahl für die Planungssicherheit. Diese sogenannte "semi-investitionstheoretische Bewertung"[6] ist nicht aufwändiger als die kapitalmarktorientierte Bewertung, unterstellt (sofern gewünscht) die gleichen Alternativinvestments, hat aber den zentralen Vorteil: die Bewertung ist unmittelbar abhängig vom Risikoumfang des Bewertungsobjekts bzw. der zu beurteilenden Handlungsoptionen (Ertragsrisiko) und nicht von historischen Aktienrenditeschwankungen. Damit sind Kapitalmarktunvollkommenheiten, soweit sie die Aktien des zu bewertenden Unternehmens betreffen, irrelevant.[7] Will man – trotz aller Probleme – den Annahmen des CAPM treu bleiben, kann die "Risikoabschlagvariante des CAPM" genutzt werden, bei der der Risikoumfang ebenfalls über das Ertragsrisiko (Standardabweichung der Gewinne bzw. finanzielle Überschüsse) erfasst wird.[8]

Insolvenzwahrscheinlichkeit p (Rating) wirkt wie eine negative Wachstumsrate

Über die Berechnung der Kapitalkosten mit Gleichung (3) werden somit die Risiken in der Beurteilung von Handlungsoptionen erfasst. Ebenfalls und zusätzlich berücksichtigt werden schon bei der Vorbereitung einer Entscheidung (und nicht erst ex post im Rahmen des Risikoreporting) die möglichen Auswirkungen der Handlungsoption für das zukünftige Rating, das die Insolvenzwahrscheinlichkeit eines Unternehmens beschreibt. Zu beachten ist, dass die Insolvenzw...

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