Für die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG anzusetzende Nutzungsdauer "kann" für die in Rn. 2 ff. des BMF-Schreibens aufgeführten materiellen Wirtschaftsgüter "Computerhardware" sowie die in Rn. 5 näher bezeichneten immateriellen Wirtschaftsgüter "Betriebs- und Anwendersoftware" eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden.[1]

Das BMF[2] stellt klar, dass die betroffenen Wirtschaftsgüter weiterhin § 7 Abs. 1 EStG (also der AfA) unterliegen. Die "Möglichkeit", eine kürzere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zugrunde zu legen, stellt keine besondere Form der Abschreibung, keine neue Abschreibungsmethode und keine Sofortabschreibung dar; bei der Anwendung der kürzeren Nutzungsdauer handelt sich zudem nicht um ein Wahlrecht i. S. d. § 5 Abs. 1 EStG.

Auch bei angenommener Nutzungsdauer von einem Jahr beginnt die Abschreibung im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung. Die Wirtschaftsgüter müssen in das nach R 5.4 EStR 2012 zu führende Bestandsverzeichnis aufgenommen werden. Der Steuerpflichtige kann von der "Annahme" der einjährigen Nutzungsdauer abweichen und andere steuerlich zulässige Abschreibungsmethoden anwenden.[3]

Es wird nicht beanstandet, wenn abweichend von § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorgenommen wird.[4]

 
Praxis-Beispiel

Unterjährig angeschaffter PC

Gewerbetreibender A erwarb Anfang April 2022 einen PC für 1.500 EUR. Die Anschaffungskosten müssen nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG in Höhe von 9/12 (1.125 EUR) auf 2022 und 3/12 (375 EUR) auf das Jahr 2023 verteilt werden. Verwaltungsseitig wird nicht beanstandet, wenn die Anschaffungskosten in voller Höhe im Jahr der Anschaffung (2022) im Wege der AfA abgesetzt werden.

 
Hinweis

Vornahme von AfA auf Wirtschaftsgüter mit einer Nutzungsdauer von nicht mehr als einem Jahr

Die Auffassung der Finanzverwaltung, dass bei einer anzunehmenden Nutzungsdauer von einem Jahr die AfA-Vorschriften anwendbar sind, erstaunt. Denn nach der Rechtsprechung des BFH[5] sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts nur dann nach § 7 EStG zu verteilen, wenn die gesamte Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts einen Jahreszeitraum i. S. eines Zeitraums von mehr als 365 Tagen überschreitet. Derartige kurzlebige Wirtschaftsgüter unter­liegen nicht der AfA, sondern stellen in voller Höhe sofort abziehbare Betriebs­aus­gaben (§ 4 Abs. 4 EStG) dar. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von kurzlebigen Wirtschaftsgütern sind auch dann in voller Höhe im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung abzuziehen, wenn sie in der 2. Hälfte des Wirtschaftsjahrs angeschafft oder hergestellt werden und ihre Nutzungsdauer über den Bilanzstichtag hinausreicht. Die Ansicht der Finanzverwaltung kann daher nur als Billigkeitsregelung angesehen werden, die einen sofortigen Abzug von Aufwendungen für die in Rede stehenden sog. digitalen Wirtschaftsgüter ermöglichen soll.

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