Aufgrund des Zeitfaktors sowie der Unternehmensgröße wurde eine top-down Risikoanalyse in Form von Einzelgesprächen gewählt. Zunächst wurde das rechtliche und regulatorische Umfeld des Unternehmens analysiert und in einem unternehmensspezifischen Pflichtenkatalog zusammengetragen. Dann wurden gemeinsam mit der Geschäftsführung die relevanten Ansprechpartner, allesamt in Führungspositionen, identifiziert. Innerhalb von zwei Tagen wurden dann 10 ca. einstündige Interviews mit Personen aus den Bereichen Vertrieb, Einkauf, Produktion, Finanzen, Qualitätsmanagement und IT geführt. Die Interviews wurden dabei so strukturiert, dass alle Gespräche die in der Branche zu erwartenden Compliance-Bereiche zum Inhalt hatten. Zudem wurden einzelne Interviewpartner zu Spezialthemen ihres Fachbereichs befragt. Basierend auf der Einschätzung der Compliance-Risiken durch die Interviewpartner wurde dann eine Verifizierung der qualitativen Bewertung durch die Geschäftsführung vorgenommen.

Bei der gewählten Vorgehensweise wurde bewusst auf eine quantitative Bewertung der Compliance-Risiken verzichtet. Folgende Vorteile ergaben sich aus diesem pragmatischen Ansatz:

  • Das Erläutern der gewählten Vorgehensweise stieß auf Verständnis bei den Interviewpartnern, da sie keinen unnötigen oder übertriebenen Aufwand für die Risikoanalyse sahen.
  • Die vollständige Risikoanalyse inkl. Verifizierung durch die Geschäftsführung konnte innerhalb von drei Tagen durchgeführt werden.
  • Die einstündigen Einzelinterviews waren sehr ressourcenschonend, verursachten also einen geringen Aufwand für das Unternehmen.

Zu beachten bei dieser Form der Risikoanalyse ist jedoch, dass die Interviewführenden ein hohes Maß an compliance-spezifischen und branchenspezifischen Fachwissen benötigen, um tatsächlich die relevanten Risiken zu identifizieren und auf "Augenhöhe" mit den Interviewpartnern zu diskutieren. Nach wie vor gilt, dass Unternehmensmitarbeiter nicht immer einen Blick für Risiken, schon gar nicht in ihrem Bereich, haben oder zumindest nicht gerne darüber hören. Daher ist für die erfolgreiche Interviewdurchführung mindestens ebenso wichtig, ein Vertrauensverhältnis zu dem Gesprächspartner aufzubauen, kurz, das notwendige Maß an Empathie zu zeigen.

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