Interessenkonfliktpotenziale können Im Vertrieb aus unterschiedlichen Gründen bestehen.

Ein Problemfeld ist die Neigung engagierter Vertriebsmitarbeiter, ihre Kunden eher als "persönliches Eigentum" denn als Aktivposten des Unternehmens zu betrachten. Hieraus können Situationen entstehen, in denen der Kundenbetreuer im Konfliktfall die Kundenbelange über die Regeln des eigenen Unternehmens stellt, finanzielle Interessen des Kunden wie auch eigene über die Interessen des Unternehmens stellt. Unternehmen versuchen deshalb, diesen Entwicklungen durch Provisionsabreden oder andere Incentivierungsmaßnahmen entgegenzuwirken, die allerdings aus dem Compliance-Blickwinkel zu weiteren Interessenkonflikten führen können. Im Folgenden hierzu einige Stichworte:

 
Thema Rechtliche Vorgaben – Problem- oder Fragestellung – Lösungsvorschlag
Beteiligungen

Problem: Beteiligungen von Vertriebsmitarbeitern oder Partnern an Kunden, Wettbewerbern oder Dienstleistern für den Vertrieb bergen das Risiko, dass der Vertrieb zum eigenen Vorteil für Kundenvorteile sorgt, die nicht wettbewerbsbedingt sind, zwischen den Interessen des eigenen Unternehmens und dem Interesse von Wettbewerbern abwägen muss oder zum eigenen Vorteil an Vertriebsaufwänden partizipiert.

Lösungsvorschlag: Nicht vermeidbares Risiko. Im "Verhaltenskodex" Melde- und Genehmigungspflichten vorsehen.
Inkassotätigkeiten Siehe Risikobeurteilung des Kunden und finanzielle Vertragsabwicklung.
Konkurrenztätigkeiten

Problem: Unmittelbare Aktivitäten für Wettbewerber sind für Handelsvertreter und Vertriebspartner aufgrund des Interessenwahrnehmungsgebotes in der Regel unzulässig oder können vertraglich ausgeschlossen werden. Allerdings können begleitende Maßnahmen zur Absicherung von Vertriebssystemen, wie z. B. Direktlieferungs- und Reimportverbote oder Regionalschutzgebote, unzulässige Wettbewerbsbeschränkungen darstellen.

Lösungsvorschlag: Maßnahmen und Absprachen zur Absicherung von Vertriebssystemen nur nach kartellrechtlicher Prüfung treffen.
Risikobeurteilung des Kunden und finanzielle Vertragsabwicklung

Problem: Wer Vertriebsmitarbeiter oder Vertriebspartner in die Risikobeurteilung des Kunden, die Beschaffung von Sicherheiten, wie z. B. die Einholung von Garantieerklärungen, oder die finanzielle Vertragsabwicklung einschaltet, muss damit rechnen, dass der Vertrieb Kunden und Zielkunden hilft, die unternehmensinternen Anforderungen zu überspielen oder Zahlungsmodalitäten im Interesse des Kunden auszunutzen.

Lösungsvorschlag: Nicht vermeidbares Risiko. Kundenaufnahme- und Risikobeurteilungsverfahren sowie Zahlungsabwicklung auf Missbrauchsmöglichkeiten untersuchen und kontrollieren.
Scheinkunden und Scheinbestellungen

Problem: Incentives (Superboni, Neugewinnungsprovisionen), Erfolgsprämien oder Provisionen sind so ausgestaltet, das die Fabrizierung von Scheinbestellungen oder Scheinkunden allein oder in Zusammenarbeit mit dem Kunden lohnt.

Lösungsvorschlag: Incentives, Erfolgsprämien und Provisionsabreden dürfen nie so ausgestaltet sein, dass solche Täuschungen lohnen. In erster Linie eine Frage der Vertriebssteuerung, sollte aber vom Compliance-Beauftragten nachgefragt werden.
Subvertriebsnetze

Problem: Selbständige Handelsvertreter oder Vertriebspartner richten sich eigene Vertriebsnetze ein, die nicht den vereinbarten Vertriebsstandards entsprechen und dadurch zu Compliance-Risiken führen. Solche Vertriebsnetze oder Verkaufsförderungsmaßnahmen können außerdem auf unzulässigen Schneeball- oder Pyramidensystemen beruhen (Anlage Nr. 14 zu § 3 Abs. 3 UWG).

Lösungsvorschlag: Vertriebsleistung mit den offiziell bekannten Vertriebskapazitäten abgleichen. In erster Linie eine Frage der Vertriebssteuerung, sollte aber vom Compliance-Beauftragten nachgefragt werden.
Vertrieb anderer Nichtwettbewerberprodukte Problem: Auf den ersten Blick unschädlich. Kann aber zu Reputationsrisiken führen, wenn weitere Produkte nicht zur eigenen Produktlinie passen oder risikobehaftet sind (z. B. abweichendes Produktimage, unterschiedliche Qualitätsstandards, erlaubnispflichtige und nicht erlaubnispflichtige Finanzgeschäfte).

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