Daten, Daten, Daten

Wir leben in einer Dekade, in der uns viele strukturierte und noch mehr unstrukturierte Datenbestände zur Verfügung stehen. Ein Ende des Wachstums ist nicht abzusehen. Um dieser komplizierten digital-analogen Komplexität Herr zu werden, überlassen wir immer mehr Steuerungsprozesse Automaten und Algorithmen. Damit in Unternehmen weiterhin operative oder strategische Entscheidungen getroffen werden können, wurden analytische Konzepte und Business-Intelligence-Systeme entwickelt, die vor allem strukturierte Daten über das eigene Unternehmen und den Markt sammeln und analysieren. Zunehmend werden diese Anwendungen auch eingesetzt, um Muster und Abhängigkeiten in Datensätzen zu identifizieren, um damit Vorhersagen oder Handlungsempfehlungen zu erhalten.

Predictive Analytics

Predictive Analytics[1] oder Predictive Modeling bedient sich statistischer Methoden und des Data Minings, um aus Daten Informationen zu extrahieren und damit Trends sowie Muster zu prognostizieren. Die Ergebnisse hängen stark vom Modell, den Daten und den Annahmen ab. Um unbekannte Ergebnisse zu prognostizieren, werden die Verhältnisse zwischen erklärenden Variablen und vorhergesagten Variablen auf Basis vergangener Daten beurteilt. Man lernt also aus bekannten Daten und bleibt damit mit den Ergebnissen eng im System. Strukturbrüche, wie im Fall der Naturkatastrophe in Fukushima, sind damit natürlich nicht vorhersagbar. Abb. 2 führt dafür generische Einsatzfelder auf.

Abb. 2: Einsatzfelder von Prädiktiver Analyse

Zu diesen Einsatzfeldern einige illustrative Beispiele.

 
Praxis-Beispiel

Trendanalyse im operativen Controlling

Ein in Unternehmen üblicher Anwendungsfall ist die Fortschreibung betrieblicher Kennzahlen. Im Beispiel von Abb. 3 werden Kostenarten im Unternehmen (dargestellt als Farben) der letzten Jahre durch Zeitreihen, die zyklisch mit einer Periode von 12 Monaten verlaufen modelliert. Die Daten stammen aus dem ERP-System des Unternehmens und haben alle einen Zeitbezug. Liegen ausreichend Daten aus mehreren Jahren vor, lassen sich daran Zeitreihenmodelle anpassen. Üblicherweise werden die Zeitreihendaten in eine Trendkomponente und Saisonkomponente und zufällige Anteile zerlegt. Diese Komponenten werden aus den Daten geschätzt. Damit ist dann eine Prognose des aktuellen Jahresverlaufes nach Monaten mit Vertrauensbereichen und des saisonbereinigten Trends möglich. Analog kann man aus den historischen Daten im Unternehmen den zu erwartenden Gewinn, Umsätze, Personalbedarf etc. prognostizieren.

Abb. 3 Kostenprognose[2]

Solche ökonomische Zeitreihenmodelle, die äußere Einflüsse eher nicht berücksichtigen, sind seit Jahrzehnten methodisch "State of the Art", dennoch werden sie in ERP- und FiBu-Software erstaunlicherweise nur selten angewendet.

 
Praxis-Beispiel

Predictive Analytics: Lernen aus Unternehmensdaten

Ein international tätiges Logistikunternehmen wickelt Aufträge über See-, Luftfracht und Straße ab und verfügt allein in Deutschland über mehrere Standorte. Das Volumen der abgewickelten Aufträge sowie die Betriebsergebnisse sind stark von der internationalen Wirtschaftslage abhängig. Im Detail sind zahlreiche weitere externe Einflussgrößen wie Kunde, Standorte, Transportwege, Art und Anzahl der Artikel sowie deren Verpackung im Unternehmen bekannt.

CART-Algorithmus

Insofern ist es naheliegend, sich diese Einflussfaktoren auf den Profit im Detail und in ihrer Wechselwirkung anzusehen, um ggf. defizitäre Aufträge im Vorfeld zu erkennen und vielleicht gar nicht anzunehmen oder bestimmte Prozesse, die Profite schmälern, zu ändern. Dazu werden die Auftragsdaten des Logistikunternehmens über mehrere Jahre mittels "Classification and Regression Trees" (CART), einem Algorithmus, der zur Entscheidungsfindung dient, analysiert. Zielgröße in unserem Beispiel ist der Profit, der nach den im Modell berücksichtigten Einflussgrößen partitioniert wird.

Im Ergebnis entsteht ein Entscheidungsbaum, aus dem ersichtlich wird, welche Aufträge, Kunden etc. lohnend oder defizitär sind (vgl. Abb. 4). Im Mittel erzielt das Unternehmen demnach 194 EUR Profit pro Auftrag, wobei der Transport auf der Straße durchschnittlich lediglich 34 EUR Gewinn bringt. Jedoch spielen dabei die Standorte DUS und MIL deutlich höhere Gewinne beim Straßentransport bei deutlich geringerer Auftragszahl als FRA ein, linker Zweig des Entscheidungsbaums.

Man kann nun die Daten nach weiteren Faktoren (Kunden, Artikel, usw.) splitten[3] und so detaillieren, dass daraus ein valides Regressionsmodell für Vorhersagen entsteht. Damit lassen sich neue eingehende Anfragen auch hinsichtlich des zu erwartenden Profits bewerten, bevor sie zu Aufträgen werden. Das Unternehmen hat damit gute Möglichkeiten, sich strategisch entsprechend zu positionieren und gezielt um profitable Aufträge zu bemühen. Der vorgestellte CART-Algorithmus (oder ähnliche Algorithmen) sind heute fester Bestandteil von kommerzieller Software (wie z. B. von JMP, mit der die Analyse des Beispiels gerechnet wurde) oder...

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