Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenvorstellung. Frist

 

Leitsatz (amtlich)

Gegenvorstellungen gegen einen eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts, deren Statthaftigkeit der Senat offen lässt, können jedenfalls nur innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG erhoben werden.

 

Normenkette

VwGO § 133 Abs. 5 S. 3; BVerfGG § 93 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Urteil vom 01.04.2004; Aktenzeichen 2 A 547/97)

 

Tenor

Die Gegenvorstellung der Kläger gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juli 2000 wird verworfen.

 

Gründe

Die Gegenvorstellung der Kläger vom 23. Oktober 2000 ist unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Senats sind Gegenvorstellungen gegen einen Beschluss, durch den die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen ist, aus Rechtsgründen ausgeschlossen (BVerwG, Beschlüsse vom 12. September 1989 – BVerwG 5 B 57.88 – ≪Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 273≫ und vom 23. Februar 2000 –BVerwG 5 B 102.99 –; ebenso BVerwG vom 8. September 2000 – BVerwG 1 B 37.00 –). Denn mit der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde wird die Entscheidung der Vorinstanz rechtskräftig (§ 133 Abs. 5 Satz 3 VwGO) und ein durch rechtskräftige Entscheidung beendetes Verfahren kann nur mit den außerordentlichen Rechtsbehelfen wieder aufgenommen werden, die § 153 VwGO hierfür vorsieht.

Ob hiervon in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Beschluss vom 8. Juli 1986 –2 BvR 152/83 – BVerfGE 73, 322 ≪326 ff.≫) Ausnahmen zuzulassen und auchrechtskräftige Entscheidungen auf Antrag im Wege der Selbstkontrolle zu beseitigen sind, wenn sie unter eindeutiger Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Januar 1984 – BVerwG 9 B 689.81 – ≪NVwZ 1984,450≫, vom 22. November 1993 – BVerwG 11 C 24.93 – ≪NJW 1994,674≫, vom 25. August 1997 – BVerwG 4 B 85.97 – ≪in Buchholz 310§ 60 VwGO Nr. 214 insoweit nicht abgedruckt≫ und vom 28. Oktober 1997 – BVerwG 3 B 188.97 – ≪SGb 1999, 358 LS≫) oder unter Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (vgl. BFH, Beschlüsse vom 21. April 1997 – V R 22, 23/93 –≪BFH/NV 1998,32≫, vom 22. März 1999 –V S 3/99 – ≪BFH/NV 1999, 1235≫ und vom 27. Juli 1999 – VII B 300/98 – ≪BFH/NV 2000, 67 f.≫) zustande gekommen sind oder sie jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehren (vgl. neben den vorzitierten Beschlüssen des Bundesfinanzhofs BGH, Beschluss vom 20. Juni 1995 – XI ZB 9/95 – ≪BGHZ 130,97, 99≫), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn selbst wenn Gegenvorstellungen unter den vorgenannten Voraussetzungen auchgegen den eine Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückweisenden Beschluss erhoben werden könnten, wären sie jedenfalls nur binnen Monatsfrist nach Bekanntgabe des Beschlusses zulässig.

Die Gegenvorstellung soll in diesen Fällen das Verfassungsbeschwerdeverfahren dadurch entlasten, dass es der Fachgerichtsbarkeit ermöglicht, Grundrechtsverstöße trotz eingetretener Rechtskraft selbst zu bereinigen. Folglich gilt die in § 93 Abs. 1 BVerfGG für die Verfassungsbeschwerde vorgesehene Monatsfrist nach ihrem Sinn und Zweck gleichsam kraft Vorwirkungauch für das der Verfassungsbeschwerde vorgelagerte fachgerichtliche Selbstbereinigungsverfahren (vgl. BSG, Beschluss vom 18. Februar 1992 – 10 BAr 8/91 –; BFH, Beschluss vom 19. November 1998 – X B 5/98 –; BGH, Beschluss vom 23. Februar 1988– KVR 6/87 – ≪WuW/E BGH 2478≫; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 1. 1. Kammer des 1. Senats vom 24. Juli 1995 –1 BvR 1822/94 – ≪NJW 1995, 3248≫ unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 2. 23. Juni 1987 – 2 BvR 826/83 – ≪BVerfGE 76, 107, 115 f.≫;Kummer, Die Gegenvorstellung, in: Festschrift für Krasney,1997, S. 277 ≪290≫; Meyer-Ladewig, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Vorb § 124 Rn. 20 f.; Offerhaus/Schmid, in:Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 10. Aufl. 1995, Vor § 115 FGORn. 49; a.A. – unbefristet – Albers, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl. 2000, Übers § 567 Rn. 8; Happ,in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 124 Rn. 6). Der Beschluss des Senats ist den Bevollmächtigten der Kläger im August 2000 bekannt gemacht worden. Die erst am 30. Oktober 2000 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangene Gegenvorstellung ist dem nach verfristet. Dies gilt –ebenso wie bei der Verfassungsbeschwerde – auch dann, wenn über diese Frist nicht belehrt wurde (BSG,Beschluss vom 18. Februar 1992 – 10 BAr 8/91 –).

Abgesehen davon sind die Angriffe der Kläger gegen den Beschluss unzutreffend. Der Beschluss entspricht aus den in ihm genannten Gründen der Rechtslage. Zu weiteren Ausführungen geben die Darlegungen der Kläger keinen Anlass.

 

Unterschriften

Dr. Säcker, Prof. Dr. Pietzner, Dr. Rothkegel

 

Fundstellen

NJW 2001, 1294

FamRZ 2001, 995

NVwZ 2001, 673

DÖV 2001, 789

SGb 2001, 502

ZfSH/SGB 2001, 242

DVBl. 2001, 917

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