Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkte Abzugsfähigkeit der Unterhaltszahlungen an den geschiedenen Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Daß der Abzug zwangsläufiger Unterhaltsaufwendungen an den geschiedenen Ehegatten im Veranlagungszeitraum 1980 wahlweise durch ein begrenztes Real-Splitting gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1979 oder den Abzug als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG 1979 geregelt wurde, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Wenn der Gesetzgeber das Real-Splitting u.a. davon abhängig gemacht hat, daß der Unterhaltsempfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, so gibt es hierfür hinreichende sachliche Gründe.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; EStG 1979 § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 33a Abs. 1, § 22 Nr. 1a

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 25.03.1986; Aktenzeichen IX R 4/83)

FG München (Urteil vom 24.11.1982; Aktenzeichen IX 235/82 E)

 

Gründe

1. Der Gesetzgeber hat im Veranlagungszeitraum 1980 den Abzug zwangsläufiger Unterhaltsaufwendungen an den geschiedenen Ehegatten im Einkommensteuergesetz in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise geregelt. Er hat dafür wahlweise zwei Formen der steuerlichen Geltendmachung zur Verfügung gestellt, nämlich zum einen das sogenannte begrenzte Real-Splitting (vgl. §.10 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1979), zum anderen den Abzug als außergewöhnliche Belastung bis zu einem Höchstbetrag von 3 600,– DM (vgl. § 33 a Abs. 1 EStG 1979). Das mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1979 durch das Steueränderungsgesetz 1979 vom 30. November 1978 (BGBl. I S. 1849) eingeführte Real-Splitting erlaubt dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten, Unterhaltsaufwendungen bis zu 9 000,– DM pro Jahr als Sonderausgaben abzuziehen. Beim unterhaltsberechtigten Ehegatten gehören diese Bezüge zu den steuerpflichtigen Einkünften (§ 22 Nr. 1 a EStG „Sonstige Einkünfte”).

Wenn der Gesetzgeber das Real-Splitting u.a. davon abhängig gemacht hat, daß der Unterhaltsempfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, so gibt es hierfür hinreichende sachliche Gründe (vgl. BVerfGE 61, 138 ≪147≫). Ob der Gesetzgeber die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, ist vom Bundesverfassungsgericht hingegen nicht nachzuprüfen (vgl. BVerfGE 68, 237 ≪250≫).

Zutreffend weist der Bundesfinanzhof auf Sinn und Zweck des Real-Splittings hin, nämlich den geschiedenen Ehegatten bezüglich der steuerlichen Geltendmachung von Unterhaltsaufwendungen zu ermöglichen, ein zwischen ihnen bestehendes Progressionsgefälle auszunutzen und damit – insgesamt gesehen – eine niedrigere Steuerbelastung herbeizuführen. § 10 Abs. l Nr. 1 EStG steht in engem sachlichem Zusammenhang mit der gleichzeitig eingefügten Vorschrift in § 22 Nr. 1 a EStG, nach welcher Einkünfte aus Unterhaltsleistungen, soweit sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG vom Geber abgezogen werden können, beim Unterhaltsempfänger als sonstige Einkünfte zu versteuern sind. Die steuerliche Erfassung dieser sonstigen Einkünfte bei beschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen wäre aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Der Gesetzgeber konnte die Wahl des Real-Splittings auch aus finanzpolitischen und steuertechnischen Gründen von der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Unterhaltsempfängers abhängig machen (vgl. BVerfGE 50, 386 ≪392≫; 65, 325 ≪356≫). Er war von Verfassungs wegen zur Einführung des Real-Splittings nicht verpflichtet. Vielmehr blieb es ihm überlassen, in welcher Weise er die steuerliche Berücksichtigung tatsächlich erbrachter unvermeidbarer Unterhaltsaufwendungen steuerlich regeln wollte. Die Vorschrift des § 33 a Satz 1 EStG stellt die Abzugsfähigkeit bereits in ausreichendem Maße sicher. Wenn der Gesetzgeber darüber hinaus Wahlmöglichkeiten eröffnet, so braucht er dabei nicht ausschließlich auf die Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Unterhaltszahlungen des Unterhaltsverpflichteten abzustellen, sondern kann die Inanspruchnahme von zusätzlichen Voraussetzungen wie der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Unterhaltsempfängers abhängig machen.

Schließlich bestehen gegen die Höhe des Höchstbetrages von 3 600,– DM im Veranlagungszeitraum- 1980 (vgl. § 33 a Abs. 1 EStG 1979) im Hinblick auf das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die hinreichende Substantiierung dieser Rüge unterstellt, stellte dieser Betrag 1980 jedenfalls keine realitätsfremde Grenze dar. Bei einem Vergleich mit dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 66, 214 ≪225≫; 67, 290 ≪297≫) als Maßstab für die Sicherung des Existenzminimums herangezogenen bundesdurchschnittlichen Regelsatz für die Hilfe zum Lebensunterhalt eines Haushaltsvorstandes, der sich im Jahre 1980 auf 3 708,– DM belief, und mit dem Grundfreibetrag (vgl. § 32 a Abs. 1 Nr. 1 EStG 1979) in Höhe von 3 690,– DM weicht der Höchstbetrag von diesen Beträgen nicht in einem Maße ab, das den Vorwurf der Realitätsferne bei Zugrundelegung der dem Bundesverfassungsgericht hier gezogenen Grenzen der Beurteilung begründet erscheinen ließe.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 34 Abs. 2 BVerfGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1566277

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