Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Ersatzzustellung durch Niederlegung bei der Post

 

Leitsatz (amtlich)

Das Recht des Betroffenen, sich im Einspruchsverfahren rechtliches Gehör zu verschaffen, wird durch eine Ersatzzustellung der Strafverfügung gemäß § 182 ZPO nicht in verfassungswidriger Weise beschnitten.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 1-2, Art. 103 Abs. 1; ZPO § 182; StPO § 37 Abs. 1 S. 1, § 44

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Beschluss vom 07.11.1967; Aktenzeichen II Qs 645/67)

AG Bremen (Beschluss vom 26.09.1967; Aktenzeichen 94 Cs (P) 94054/67)

 

Gründe

A.-I.

1. Das Amtsgericht Bremen erließ gegen den Beschwerdeführer wegen einer Übertretung im Straßenverkehr eine Strafverfügung über 60 DM Geldstrafe, ersatzweise zwei Tage Haft. Zuvor war der Beschwerdeführer von der Polizei als Beschuldigter vernommen worden. Die Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer am 28. Juni 1967 gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 182 ZPO durch Niederlegung bei der Post zugestellt. Nach seinen Angaben befand sich der Beschwerdeführer vom 17. Juni 1967 bis 8. Juli 1967 in Urlaub und konnte die Strafverfügung erst am 10. Juli 1967 von der Post abholen. Mit Schriftsatz vom 11. Juli 1967, beim Amtsgericht Bremen eingegangen am 12. Juli 1967, legte der Beschwerdeführer durch seinen Verteidiger Einspruch gegen die Strafverfügung ein und beantragte gleichzeitig wegen Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

2. Mit Beschluß vom 26. September 1967 – 94 Cs (P) 94054/ 67 – wies das Amtsgericht Bremen den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurück, da der Beschwerdeführer die Versäumnisgründe nicht glaubhaft gemacht habe; eine eidesstattliche Versicherung des Beschuldigten selbst reiche zur Glaubhaftmachung nicht aus. Außerdem nahm es an, die Behauptung des Beschuldigten, er sei erst am 8. Juli 1967 aus dem Urlaub zurückgekehrt, sei falsch.

3. Der Beschwerdeführer legte gegen diesen Beschluß sofortige Beschwerde ein. Zur Begründung trug er im wesentlichen vor, daß die vorgelegte eidesstattliche Versicherung nicht nur von ihm, sondern auch von seiner Ehefrau unterzeichnet worden sei; ferner legte er dar, daß er tatsächlich erst am 8. Juli 1967 zurückgekehrt sei.

4. Das Landgericht Bremen verwarf die sofortige Beschwerde mit Beschluß vom 7. November 1967 als unbegründet. Zur Begründung führt das Landgericht aus:

„Die Voraussetzungen des § 44 StPO sind nicht gegeben. Der Beschuldigte hat nicht dargetan, daß er durch einen unabwendbaren Zufall an der Einhaltung der Einspruchsfrist gehindert gewesen sei. Es mag sein, daß er sich vom 17. Juni bis zum 8. Juli 1967 außerhalb Bremens in Urlaub befunden hat. Eine Urlaubsreise ist jedoch grundsätzlich kein Anlaß für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Wer sich – aus welchen Gründen auch immer – für längere Zeit von seinem Wohnort entfernt, ist im eigenen Interesse gehalten, Vorkehrungen zu treffen, um von Zustellungen rechtzeitig Kenntnis zu erlangen und die Einhaltung von Fristen wahren zu können. Zumindest besteht die Möglichkeit, vor einer Urlaubsreise einem anderen entsprechende Empfangs- und gegebenenfalls auch Handlungsvollmachten zu erteilen. Das gilt im vorliegenden Fall um so mehr, da der Beschuldigte offenbar bereits vor Antritt seiner Urlaubsreise gewußt hat, daß wegen der fraglichen Verkehrsübertretung ein Verfahren gegen ihn anhängig war. Aus diesem Grunde hatte er sich auch, wie er glaubhaft hat vortragen lassen, bereits am 7. Juni 1967 zu seinem jetzigen Verteidiger begeben und ihm eine Vollmacht erteilt, ihn zu vertreten. Es wäre ihm deshalb ohne weiteres möglich gewesen, wegen seiner bevorstehenden längeren Abwesenheit dem Stadt- und Polizeiamt mitzuteilen, daß alle Zustellungen in dieser Sache bis auf weiteres zu Händen des Herrn Verteidigers erfolgen sollten. Wenn der Beschuldigte diese Voraussicht nicht hat walten lassen, so sind ihm die Folgen seiner Unterlassung selbst anzulasten. Der Ausnahmecharakter der Vorschrift des § 44 StPO läßt es jedenfalls nicht zu, den Begriff des unabwendbaren Zufalls zugunsten des Beschuldigten großzügig auszulegen. Dies müßte sonst im praktischen Ergebnis dazu führen, daß Zustellungen während der Urlaubszeit kaum noch möglich wären.”

Der Beschluß des Landgerichts Bremen vom 7. November 1967 ging dem Verteidiger des Beschwerdeführers am 14. November 1967 zu.

5. Über den Einspruch selbst wurde bisher noch nicht entschieden.

II.

Mit seiner am 9. Dezember 1967 eingegangenen Verfassungsbeschwerde stellt der Beschwerdeführer den Antrag, unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Bremen vom 7. November 1967 und des ihm zugrunde liegenden Beschlusses des Amtsgerichts Bremen vom 26. September 1967 festzustellen, daß sein Einspruch gegen die Strafverfügung rechtzeitig beim Amtsgericht Bremen eingegangen sei. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 2 und 103 Abs. 1 GG. Zur Begründung führt er aus:

1. Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, weil der Beschwerdeführer keine Möglichkeit gehabt habe, seine Ansicht hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Übertretung einem Richter darzulegen.

2. Eine strafgerichtliche Verurteilung, gegen die es keine Rechtsmittel gebe und der ein rechtliches Gehör nicht vorausgegangen sei, verletze ihn in seiner Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG).

3. Die Anwendung des § 182 ZPO (Zustellung durch Niederlegung bei der Post) bei der Zustellung von Strafverfügungen verstoße gegen die verfassungsmäßige Ordnung und damit gegen Art. 2 Abs. 1 GG; mit rechtsstaatlichen Prinzipien sei ein solches Verfahren nicht vereinbar. Auch Art. 2 Abs. 2 GG sei verletzt, weil die gerichtliche Strafverfügung in Verbindung mit der gesetzwidrigen Zustellung in die Freiheit des Beschwerdeführers eingegriffen habe.

III.

1. Der Senator für Justiz und Verfassung in Bremen ist der Auffassung, daß der Beschluß des Landgerichts Bremen vom 7. November 1967 den Beschwerdeführer in seinem Recht nach Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Wer aus Unkenntnis der Zustellung schuldlos die Einspruchsfrist gegen eine Strafverfügung versäumt habe, müsse Wiedereinsetzung erlangen können, um sich doch noch rechtliches Gehör vor Gericht zu verschaffen. Das Landgericht habe mehr an Vorsorge anläßlich eines Urlaubs verlangt, als dem Beschwerdeführer zuzumuten gewesen sei.

2. Der Generalstaatsanwalt bei dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen hat sich in einer gegenüber dem Senator für Justiz und Verfassung abgegebenen Stellungnahme, die dieser mit seiner Äußerung übersandt hat, dahin geäußert, daß in Strafsachen dann Bedenken gegen die Ersatzzustellung nach § 182 ZPO bestehen, wenn ein Angeklagter verurteilt und die Verurteilung ins Strafregister eingetragen wird, ohne daß er von der Verurteilung Kenntnis erhält. Die Ersatzzustellung durch Niederlegung bei der Post müsse deshalb ausgeschlossen sein bei Strafverfügungen und Strafbefehlen, durch die Freiheitsstrafen mit Strafaussetzung zur Bewährung verhängt würden. In allen anderen Fällen sei die Ersatzzustellung unbedenklich, weil spätestens der Beginn der Strafvollstreckung dem Angeklagten Kenntnis von der Bestrafung verschaffe und er sodann die Möglichkeit habe, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und damit die nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs zu erlangen. Dem Beschwerdeführer sei zu Unrecht die Wiedereinsetzung versagt worden. Das Landgericht Bremen stelle erstens auf einen unabwendbaren Zufall ab, obwohl es nach § 44 Satz 2 StPO nur auf das Verschulden des Betroffenen ankomme, und zweitens lege es den Begriff des Verschuldens zu streng aus. Gleichwohl hielten sich beide Rechtsfehler noch im Rahmen einer – wenn auch falschen – Auslegung, die einem Gericht zugebilligt werden müsse. Die Entscheidung des Landgerichts sei also nicht willkürlich.

3. Der Bundesminister der Justiz, dem ebenfalls Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde, hält die angefochtenen Entscheidungen in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht für bedenkenfrei. Das rechtliche Gehör sei zwar nicht durch die Vornahme einer Ersatzzustellung gemäß § 182 ZPO verletzt worden; die Frage, ob eine Zustellung gemäß § 182 ZPO im summarischen Strafbefehls- oder Strafverfügungsverfahren zulässig sei – so die herrschende Meinung – oder nicht, könne nicht aus verfassungsrechtlichen, sondern nur aus einfach-rechtlichen Erwägungen entschieden werden. Dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs würden nämlich beide Meinungen gerecht; bei unverschuldeter Unkenntnis von der Zustellung werde das rechtliche Gehör durch die Wiedereinsetzungsmöglichkeit nach § 44 StPO gewährleistet. Die Ablehnung der Wiedereinsetzung begegne im vorliegenden Fall Bedenken im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG. Bei der Beurteilung, ob ein Verschulden im Sinne von § 44 Satz 2 StPO vorliege oder nicht, müsse berücksichtigt werden, daß die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Verwirklichung des Anspruchs auf rechtliches Gehör diene; deshalb gälten für die Annahme eines Verschuldens des Betroffenen strenge Maßstäbe. Man werde die Auffassung vertreten müssen, daß die durch eine nur kurzfristige Abwesenheit bedingte verspätete Kenntnisnahme von einer gemäß § 182 ZPO vorgenommenen Ersatzzustellung im Strafverfügungsverfahren als nicht verschuldet im Sinne von § 44 Satz 2 StPO anzusehen sei, sofern der Beschuldigte nicht damit rechnen mußte, daß die Zustellung der Strafverfügung gerade während der nur kurzfristigen Abwesenheit erfolgen werde.

IV.

Am Verfahren ist kein Verfassungsorgan beteiligt. Mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

1. Der Rechtsweg ist erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG), da sich die Verfassungsbeschwerde nur gegen die gerichtlichen Entscheidungen über den Antrag auf Wiedereinsetzung richtet und insoweit ein weiteres Rechtsmittel nicht mehr gegeben ist (§ 310 Abs. 2 StPO).

2. Dem steht auch nicht entgegen, daß über den Einspruch noch nicht entschieden ist und deswegen das Verfahren zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Zustellung zur Eröffnung der Einspruchsfrist noch nicht abgeschlossen ist. Diese Frage ist bei den Entscheidungen im Wiedereinsetzungsverfahren, die hier angefochten sind, zwar nach der Gestaltung des Prozeßrechts nicht formell entschieden; jedoch gehen diese Entscheidungen offensichtlich davon aus, daß die Frist wirksam eröffnet worden ist. Unter diesen Umständen ist dem Beschwerdeführer nicht zuzumuten, abzuwarten, ob dieselben Gerichte diese Einstellung im Einspruchsverfahren ändern werden, und etwa nur vorsorglich zur Fristwahrung Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse im Wiedereinsetzungsverfahren einzulegen.

Die Rüge, daß die Eröffnung der Einspruchsfrist durch die Ersatzzustellung mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, konnte im Wiedereinsetzungsverfahren (das auf der Voraussetzung beruht, daß die Frist lief) sachgemäß nicht angebracht werden. Es ist deshalb in diesem Fall nicht schädlich, daß sie erst mit der Verfassungsbeschwerde vorgetragen wird.

C.

Die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts Bremen vom 7. November 1967 ist begründet.

1. Der Beschluß des Landgerichts Bremen verstößt allerdings nicht schon deshalb gegen Grundrechte des Beschwerdeführers, weil er davon ausgeht, daß die Zustellung der Strafverfügung durch Niederlegung bei der Post die einwöchige Einspruchsfrist gemäß §§ 413 Abs. 4 Satz 1, 409 Abs. 1 Satz 1 StPO in Gang gesetzt und daß der Beschwerdeführer die Einspruchsfrist versäumt habe.

Das summarische Strafverfahren ist mit dem Gedanken des Rechtsstaats nicht unvereinbar. Es ist für die rasche Erledigung einer Vielzahl tatsächlich und rechtlich einfach gelagerter Fälle bestimmt und im Rahmen des deutschen Strafprozeßsystems nicht zu entbehren. Durch die Zulassung des Einspruchs mit anschließender Hauptverhandlung ist der Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör verbürgt (BVerfGE 3, 248 [253]).

Die Aufrechterhaltung des summarischen Strafverfahrens liegt nicht nur im Interesse der staatlichen Strafgerichtsbarkeit, sondern auch im Interesse des Staatsbürgers, dem daran gelegen ist, einfachere Straffälle verhältnismäßig billig und auch diskret, ohne Zeitverlust und Aufsehen erledigen zu können.

Die Durchführbarkeit des summarischen Strafverfahrens hängt jedoch von der Möglichkeit ab, Ersatzzustellungen vorzunehmen. Das Recht des Betroffenen, sich im Einspruchsverfahren rechtliches Gehör zu verschaffen, wird durch eine Ersatzzustellung der Strafverfügung gemäß § 182 ZPO nicht in verfassungswidriger Weise beschnitten. Die prozeßrechtliche Frage, ob in bestimmten Fällen (z. B. § 232 Abs. 4 StPO) eine Ersatzzustellung nach § 181 ZPO durch Übergabe im Hause zulässig, eine Ersatzzustellung nach § 182 ZPO durch Niederlegung bei der Post dagegen nicht zulässig ist, spielt hier keine Rolle. Zwischen den beiden Arten der Ersatzzustellung besteht kein verfassungsrechtlich relevanter Unterschied in dem Sinn, daß der Anspruch auf rechtliches Gehör in einem Falle besser gewahrt sei als im anderen. Bei der Ersatzzustellung nach § 181 ZPO ist nicht einmal eine Benachrichtigung des Empfängers vorgeschrieben; er ist auf die Verständigung durch die Person, der übergeben worden ist, angewiesen.

2. Dagegen verstößt der Beschluß des Landgerichts Bremen vom 7. November 1967 deshalb gegen Art. 103 Abs. 1 GG, weil das Gericht bei der Prüfung der Verschuldensfrage im Wiedereinsetzungsverfahren Bedeutung und Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör verkannt hat (vgl. BVerfGE 7, 198 [LS 3 und S. 207]; 18, 85 [92]; 19, 303 [310]; 22, 93 [98]).

a) Die Unzulänglichkeiten des summarischen Strafverfahrens können verfassungsrechtlich hingenommen werden, weil das rechtliche Gehör für den Betroffenen dadurch verbürgt ist, daß er die Möglichkeit hat, durch Einspruch eine Hauptverhandlung zu erhalten (BVerfGE 3, 248 [253]). Im Falle der Versäumung der Einspruchsfrist hängt diese Möglichkeit davon ab, ob Wiedereinsetzung gewährt wird. Für die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung sind an sich die prozeßrechtlichen Vorschriften maßgebend; jedoch muß dabei beachtet werden, daß Art. 103 Abs. 1 GG für alle gerichtlichen Verfahren, unabhängig von der Ausgestaltung des Verfahrens durch die verschiedenen Verfahrensordnungen, ein Minimum von rechtlichem Gehör gewährleistet (BVerfGE 7, 53 [57]). Es muß weiter beachtet werden, daß es sich in einem Fall wie dem vorliegenden nicht nur um die Wahrung des rechtlichen Gehörs zu einer einzelnen Entscheidungsgrundlage oder in einer Instanz handelt, sondern darum, ob in diesem Verfahren überhaupt rechtliches Gehör gewährt wird. Der Grundsatz, daß die Anforderungen, was ein Prozeßbeteiligter zur Wahrung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör zu tun habe, nicht überspannt werden dürfen (BVerfGE 17, 194 [197]; 18, 147 [150]), muß deswegen gerade in einem solchen Fall besonders sorgfältig angewandt werden.

b) Dieses Verfassungsgebot hat das Landgericht bei den Anforderungen, die es an die Sorgfaltspflicht des Beschwerdeführers in bezug auf eine zu erwartende Zustellung gestellt hat, verkannt. Wer eine ständige Wohnung hat und diese nur vorübergehend – z. B. wie hier während einer dreiwöchigen Urlaubsreise – nicht benutzt, braucht für die Zeit seiner Abwesenheit keine besonderen Vorkehrungen hinsichtlich möglicher Zustellungen zu treffen. Der Staatsbürger muß damit rechnen können, daß er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhalten wird, falls ihm während dieser Zeit eine Strafverfügung durch Niederlegung bei der Post zugestellt werden und er aus Unkenntnis dieser Ersatzzustellung die Einspruchsfrist versäumen sollte. Das gilt freilich nicht, wenn ihm anderes Verschulden zur Last gelegt werden kann, wenn er also z. B. die Abholung vernachlässigt hat oder sich einer erwarteten Zustellung vorsätzlich entziehen wollte.

c) Der angefochtene Beschluß des Landgerichts Bremen beruht auch auf der Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß das Landgericht bei Beachtung von Bedeutung und Tragweite des Art. 103 Abs. 1 GG dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt hätte.

3. Da der Beschluß des Landgerichts Bremen bereits wegen Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG aufgehoben werden muß, brauchen die weiteren Rügen nicht mehr geprüft zu werden (BVerfGE 24, 56 [62]).

Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.

 

Fundstellen

BVerfGE, 158

MDR 1969, 546

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