Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktienerwerb mittels Bezugsrechten führt zu Substanzabspaltung bei Altaktien

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Substanzabspaltungstheorie, wonach eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen bei den bestehenden Anteilen zu einer Wertabgabe zugunsten der aufgrund der Bezugsrechte erworbenen neuen Anteile führt, ist nicht willkürlich i. S. von Art. 3 Abs. 1 GG.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 2 S. 1, § 6 Abs. 1 Nrn. 1-2; HGB § 255 Abs. 1

 

Verfahrensgang

BFH (Urteil vom 21.01.1999; Aktenzeichen IV R 27/97)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Tatbestand

I.

Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Entscheidung des Bundesfinanzhofs -BFH- betrifft u.a. die Frage, wie der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 17 EStG zu berechnen ist, wenn nach einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen und mit Bezugsrechten für die Gesellschafter lediglich Altaktien veräußert werden. Nach Auffassung des BFH führt die Kapitalerhöhung bei der Altaktie zu einer Substanzabspaltung zugunsten des Bezugsrechts, die es rechtfertigt, einen Teil der ursprünglichen Anschaffungskosten der Altaktie auf das Bezugsrecht zu übertragen. Daraus folgt bei alleiniger Veräußerung von Altaktien eine der Minderung der Anschaffungskosten entsprechende Gewinnerhöhung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

Der der angefochtenen BFH-Entscheidung zu Grunde liegende Gedanke, dass ein ursprünglich angeschaffter Vermögensgegenstand durch einen oder mehrere andere ersetzt werden könne (Surrogation, Auf- oder Abspaltung), ist nicht willkürlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG. Hinsichtlich der Beteiligungs- und Stimmrechtsverhältnisse verschlechtert eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen die Position der Altaktionäre; Bezugsrechte dienen dem Ausgleich solcher Nachteile. Deshalb erscheint es sachgerecht, in dem zur Altaktie hinzutretenden Bezugsrecht einen Ersatzvermögensgegenstand zu sehen, in dem sich ein Teil der auf den ursprünglich angeschafften Vermögensgegenstand entfallenden Anschaffungskosten fortsetzt. Da die Annahme von Ersatzvermögensgegenständen nicht dem Begriff der Anschaffungskosten (§ 6 EStG, § 255 Abs. 1 HGB) widerspricht, liegt auch der Gedanke an eine gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verstoßende unzulässige Rechtsfortbildung (vgl. BVerfGE 87, 273 ≪279 f.≫ m.w.N.) fern. Soweit die Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall nicht zu einer Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht führt, ist sie der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫).

Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Hassemer, Osterloh, Mellinghoff

 

Fundstellen

HFR 2003, 292

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