Rz. 26

Werden Buchführungsverstöße im Rahmen einer Unternehmenskrise begangen, so kommt es für die Einordnung der Strafbarkeit maßgeblich auf den Zeitpunkt der betreffenden Handlung an. Befindet sich das Unternehmen bereits in der Krisensituation, kommt eine Strafbarkeit nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 bzw. 6 StGB in Betracht. Dies gilt nach § 283 Abs. 2 StGB auch, wenn das Unternehmen gerade durch die Verletzung der Buchführungspflicht in die Krisensituation getrieben wird. War das Unternehmen hingegen noch "gesund", so kann eine Verletzung der Buchführungspflicht nur zu einer Strafbarkeit nach § 283b StGB führen.

 

Rz. 27

Als Krise hat der Gesetzgeber dabei die Überschuldung bzw. die eingetretene oder drohende Zahlungsunfähigkeit[1] definiert. Ihr gleichgestellt ist die Herbeiführung der Krise (§ 283 Abs. 2 StGB).

 

Rz. 28

Für alle Insolvenzdelikte gemeinsam gilt, dass das Verhalten letztlich aber nur dann strafbar ist, wenn der Schuldner entweder seine Zahlungen eingestellt hat, über das Vermögen des Täters das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist bzw. der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist, § 283 Abs. 6 StGB; sog. objektive Bedingung der Strafbarkeit. Zwischen der betreffenden Handlung und der Zahlungseinstellung bzw. Insolvenzeröffnung muss ein zeitlicher und tatsächlicher Zusammenhang bestehen, welcher unterbrochen ist, wenn der Schuldner zwar während einer Krise den Buchführungsverstoß begeht, diese Krise dann in der Folge aber überwindet und es erst später aus anderen Gründen zum Unternehmenszusammenbruch kommt.[2]

Fallen der in der Krise Befindliche und der strafrechtlich Haftbare auseinander, z. B. wenn der Geschäftsführer der insolventen GmbH einen Buchführungsverstoß begeht, so ist die Vorschrift des § 283 Abs. 6 StGB trotz der Verwendung des Wortes "Täter" so zu verstehen, dass es auf den Eintritt der Strafbarkeitsbedingung bei dem Krisenbefangenen, d. h. bei der GmbH, und nicht bei dem strafrechtlich haftbaren Handelnden, hier dem Geschäftsführer, ankommt.[3]

[2] Fischer, StGB, 2011, Vor § 283 Rn. 17.
[3] Fischer, StGB, 2011, Vor § 283 Rn. 21.

2.2.1 Bankrott

 

Rz. 29

Der Straftatbestand des § 283 StGB soll den Gläubiger davor schützen, dass der Schuldner durch unterlassene bzw. mangelhafte Buchführung den Zugriff des Gläubigers auf tatsächlich vorhandenes Schuldnervermögen vereitelt, weil mangels aussagekräftiger Buchführungsunterlagen die bestehende Masse nicht vollständig festgestellt werden kann.

 

Rz. 30

Im Einzelnen macht sich der Täter strafbar, wenn er Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, nicht führt (unterlassene Buchführung) oder so führt oder verändert, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird (mangelhafte Buchführung; § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB).

 

Rz. 31

Eine unterlassene Buchführung liegt nur dann vor, wenn der Täter dauerhaft oder für einen Zeitraum, der nicht nur als vorübergehende Unterbrechung der Buchführungstätigkeit anzusehen ist, überhaupt keine Aufzeichnungen über seine Handelsgeschäfte fertigt. Geringfügige Buchungsrückstände erfüllen den Tatbestand noch nicht.[1] Wurden die Buchungsbelege zwar geordnet und kontiert, aber nicht mehr weiter verarbeitet, so liegt bereits eine unterlassene Buchführung i. S. v. § 283 StGB vor. Fehlen lediglich einzelne Buchungen, kann jedenfalls nicht von einer insgesamt unterlassenen Buchführung gesprochen werden.

Ein Unterlassen ist grundsätzlich nur dann strafbar, wenn der Täter auch die Möglichkeit hat, die betreffende Pflicht zu erfüllen. In diesem Sinne hat der BGH[2] auch für § 283 StGB entschieden, dass die rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit zur fristgerechten Aufstellung der Bilanz, und der dafür erforderlichen buchhalterischen Vorarbeiten, die Tatbestandsmäßigkeit entfallen lasse. Einige Instanzgerichte sowie Vertreter des Schrifttums sind hingegen der Auffassung, dass der Pflichtige nicht entlastet werde, dem es zwar dauerhaft unmöglich sei, die Buchführungspflicht persönlich oder durch Dritte zu erfüllen, der aber dennoch die buchführungspflichtige Tätigkeit nicht aufgegeben habe.[3]

 

Rz. 32

Eine mangelhafte Buchführung liegt dann vor, wenn das Rechnungswesen durch die Art der Eintragungen (oder Nichteintragungen) oder durch nachträgliche Veränderungen ursprünglich richtiger Buchungen nur eine erschwerte Übersicht über den Vermögensstand zulässt. Eine Buchführung ist z. B. mangelhaft, wenn Eintragungen in Büchern nicht vollständig, richtig, zeitgerecht oder geordnet vorgenommen werden, etwa Handelsgeschäfte nicht fortlaufend und Geschäftsvorfälle nicht nach der Zeitfolge binnen kurzer Zeit nach den Vorgängen, sondern erst am Ende längerer Zeiträume gebucht werden oder Vermögensgegenstände willkürlich bewertet oder für sie Werte eingesetzt werden, die falsch sind.[4]

Die Übersicht über den Vermögensstand ist dabei dann erschwert, wenn auch ein sachverständiger Dritter nicht in der Lage ist, sich innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über d...

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