Rz. 80

Auswirkungen auf die Kapitalrücklage nach IFRS können sich insbesondere ergeben:

  • durch die Erfassung von Eigenkapitalbeschaffungskosten,
  • durch die Bilanzierung des Eigenkapitalanteils aus einer Wandel- oder Optionsschuldverschreibung und/oder
  • durch anteilsbasierte Vergütungen mit echten Eigenkapitalinstrumenten.

Erfassung von Eigenkapitalbeschaffungskosten

 

Rz. 81

Nach IAS 32.35 Satz 3 sind die Eigenkapitalbeschaffungskosten unmittelbar gegen das Eigenkapital zu verrechnen, sofern die Eigenkapitalbeschaffungstransaktion erfolgreich war und die Kosten andernfalls hätten vermieden werden können. Zu den unmittelbar gegen das Eigenkapital zu verrechnenden Eigenkapitalbeschaffungskosten gehören nur die im Rahmen einer erfolgreichen Eigenkapitalbeschaffungstransaktion anfallenden direkten Kosten, z. B. Registerkosten und behördliche Gebühren sowie an Rechtsberater, Wirtschaftsprüfer und Unternehmensberater gezahlte Beträge, Druckkosten, Börsenumsatzsteuer sowie die Kosten für die Inanspruchnahme von Finanzintermediären.[1]

 

Rz. 82

Falls die Eigenkapitalbeschaffungskosten steuerlich abzugsfähig sind, ist der aus den Eigenkapitalbeschaffungskosten gezogene steuerliche Vorteil ergebnisneutral abzusetzen.[2] IAS 32.35 Satz 3 enthält in Ermangelung einer explizit vorgegebenen Gliederung für das Eigenkapital auch keine Vorschrift, mit welcher Position des Eigenkapitals eine Verrechnung der Eigenkapitalbeschaffungskosten vorzunehmen ist. Hier empfiehlt sich eine Verrechnung mit der Kapitalrücklage,[3] da in diesem Fall das im Rahmen der Eigenkapitalbeschaffung eingeworbene Kapital um die hierfür benötigten Eigenkapitalbeschaffungskosten gekürzt ausgewiesen wird.

Bilanzierung des Eigenkapitalanteils aus einer Wandel- oder Optionsschuldverschreibung

 

Rz. 82a

Ein Finanzinstrument, das eine finanzielle Verbindlichkeit eines Unternehmens begründet und seinem Inhaber eine Option auf Umwandlung in ein Eigenkapitalinstrument garantiert, sind nach IAS 32.29 in die Eigenkapital- und die Fremdkapitalkomponente zu zerlegen. Dies gilt für alle zusammengesetzten Finanzinstrumente, insbesondere für Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen.

 
Praxis-Beispiel

[4] Ein Unternehmen emittiert 100.000 Stück einer Wandelschuldverschreibung zu je 1.000 EUR (Emissionsvolumen: 100 Mio. EUR). Der Nominalzins beträgt 2 % p. a. (jeweils nachschüssig), die Laufzeit 4 Jahre. Eine Wandlung der Anleihe in 10 Stammaktien je 1.000 EUR Schuldverschreibung ist zum Ende der Laufzeit möglich. Der im Emissionszeitpunkt marktübliche Zinssatz für Schuldverschreibungen dieses Unternehmens beträgt 4 % p. a.

Da der beizulegende Zeitwert der finanziellen Schuldkomponente leichter zu ermitteln ist, wird der Wert der Eigenkapitalkomponente ausgehend vom Gesamtwert des zusammengesetzten Finanzinstruments (100 Mio. EUR) abzüglich des Zeitwerts der finanziellen Schuldkomponente ermittelt (vgl. IAS 32.32):

 
  Barwert des Kapitalbetrags (Abzinsung 4 Jahre, 4 % p. a.) 85.480.419 EUR
+ Barwert der nachschüssigen Zinszahlungen von jährlich 2 Mio. EUR 7.259.790 EUR
  (Abzinsung mit 4 % p. a., 4 Jahre)  
= Wert der finanziellen Schuldkomponente 92.740.209 EUR

Damit beträgt zum Zeitpunkt der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung der Wert der Eigenkapitalkomponente 7.259.791 EUR. Für den Ausweis dieses "Agios" innerhalb des Eigenkapitals bietet sich die Erfassung in der Kapitalrücklage an. Bei Wandlung wird die finanzielle Verbindlichkeit in das Eigenkapital (Aufteilung in gezeichnetes Kapital und Kapitalrücklage) umgebucht.[5]

 

Rz. 83

Bilanzierung der anteilsbasierten Vergütung mit echten Eigenkapitalinstrumenten

Sofern das Unternehmen für die Erlangung von nicht-finanziellen Gütern oder Dienst(leistung)en Aktien oder Optionen (sog. echte Eigenkapitalinstrumente) gewährt, spricht man von anteilsbasierter Vergütung mit echten Eigenkapitalinstrumenten. Dabei können die ausgegebenen Eigenkapitalinstrumente sowohl aus einer hierfür durchgeführten Kapitalerhöhung als auch aus der (Wieder-)Ausgabe eigener Aktien stammen.

Die die Güter bzw. Dienste erbringenden Begünstigten erhalten im Austausch für die Güter bzw. Leistungen keine Zahlungsmittel, sondern Eigenkapitalinstrumente. Der Wert der Transaktion bestimmt sich stets nach der Komponente, deren beizulegender Zeitwert verlässlicher messbar ist. Die buchhalterische Erfassung der Gegenleistung richtet sich nach den allgemeinen IFRS-Rechnungslegungsvorschriften.[6]

Im Falle der Gewährung von Eigenkapitalinstrumenten gegen Erbringung von Arbeitsleistungen ist dies regelmäßig der beizulegende Zeitwert der gewährten Eigenkapitalinstrumente. Das Eigenkapital (Zerlegung in gezeichnetes Kapital in Höhe des Nennwerts der gewährten Aktien und in die Kapitalrücklage für den Differenzbetrag aus beizulegendem Zeitwert und dem Nennwert der Aktien) erhöht sich durch die Gewährung von Aktien. Da die empfangenen Arbeitsleistungen im Regelfall kein aktivierungsfähiges Gut darstellen, ist der beizulegende Zeitwert der für die Arbeitsleistungen gewährten Eige...

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