Rz. 1

In Deutschland ist die Verordnung (EG) 1606/2002

[1] durch das Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (sog. Bilanzrechtsreformgesetz; BilReG) umgesetzt worden. Im Einzelnen ergibt sich daraus für die Relevanz der IFRS-Rechnungslegung folgendes Bild:

  • Eine Konzernabschlusspflicht besteht für Mutterunternehmen, deren Wertpapiere am Bilanzstichtag in einem beliebigen Mitgliedstaat zum Handel in einem geregelten Markt zugelassen sind (kapitalmarktorientierte Gesellschaften), bereits unmittelbar aufgrund von Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002.[2]
  • Eine Konzernabschlusspflicht nach § 315e Abs. 2 HGB besteht darüber hinaus für Mutterunternehmen, wenn für sie bis zum jeweiligen Bilanzstichtag die Zulassung eines Wertpapiers i. S. d. § 2 Abs. 1 des Wertpapierhandelsgesetzes zum Handel an einem organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 des Wertpapierhandelsgesetzes im Inland beantragt worden ist.
  • Weiterhin können alle übrigen (nicht unter § 315e Abs. 1, 2 HGB fallenden) Mutterunternehmen ihren Konzernabschluss nach den IFRS aufstellen (§ 315e Abs. 3 HGB).
  • Zudem besteht für große Kapitalgesellschaften (bzw. Personenhandelsgesellschaften i. S. des § 264a HGB) i. S. von § 267 Abs. 3 HGB die Möglichkeit, anstelle eines HGB-Jahresabschlusses einen IFRS-Einzelabschluss offenzulegen (§ 325 Abs. 2a HGB), für den jedoch die in diesem Absatz im Einzelnen aufgeführten handelsrechtlichen Normen zu beachten sind.[3] Unberührt von diesem Wahlrecht bleibt jedoch weiterhin die Verpflichtung bestehen, einen HGB-Jahresabschluss aufzustellen und diesen auch nach § 325 Abs. 2b Nr. 3 HGB gemeinsam mit dem Bestätigungsvermerk oder dem Vermerk über dessen Versagung nach § 325 Abs. 1 und 1a Satz 1 HGB an die das Unternehmensregister führende Stelle elektronisch zu übermitteln. Während der IFRS-Einzelabschluss im Unternehmensregister offenzulegen ist und von jedermann eingesehen werden kann, muss der handelsrechtliche Jahresabschluss innerhalb der gesetzlichen Frist der das Unternehmensregister führenden Stelle elektronisch zur Einstellung in das Unternehmensregister durch dauerhafte Hinterlegung übermittelt werden.[4]

    Nach § 9 Abs. 6 Satz 3 HGB erfolgt die Einsichtnahme in die beim Unternehmensregister zur dauerhaften Hinterlegung eingestellten Daten nur auf Antrag durch die Übermittlung einer Kopie, welche kostenpflichtig ist[5]

 

Rz. 2

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass mit der Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses bzw. der Offenlegung eines IFRS-Einzelabschlusses nicht sämtliche Informationspflichten des Handelsrechts entfallen. So hat ein IFRS-Konzernabschluss nur dann befreiende Wirkung für die Aufstellung eines HGB-Konzernabschlusses, wenn insbesondere die Vorschriften des § 294 Abs. 3 HGB, § 297 Abs. 1a, 2 Satz 4 HGB, § 298 Abs. 1 HGB i. V. m. §§ 244 und 245 HGB sowie § 313 Abs. 2, 3 HGB, § 314 Abs. 1 Nrn. 4, 6, 8,9 und Abs. 3 HGB sowie die Bestimmungen zum Konzernlagebericht (Neunter Titel) beachtet werden.[6]

Ähnlich sind bei Offenlegung des Einzelabschlusses nach IFRS mit befreiender Wirkung für die Offenlegung eines HGB-Jahresabschlusses zusätzlich die handelsrechtlichen Vorschriften der §§ 243 Abs. 2, 244, 245, 257, 264 Abs. 1a, 2 Satz 3, 285 Nrn. 7, 8 Buchst. b), Nrn. 911a, 14–17 sowie 286 Abs. 1 und 3 HGB zu beachten. Weiterhin haben diese Unternehmen – unverändert – einen Lagebericht aufzustellen, der allerdings dann auf den Einzelabschluss nach IFRS Bezug nimmt.[7]

Der IASB veröffentlichte 2010 ein Practice Statement "Management Commentary – A Framework for Presentation", das jedoch nicht verpflichtend anzuwenden ist.[8]

 

Rz. 3

Trotz einer Vielzahl von insbesondere in der Zeit der Verabschiedung und Umsetzung der erstmaligen Anwendung bzw. Umsetzung der EU-Verordnung erschienenen Monografien und Beiträgen zu den Bilanzierungs- und Bewertungsunterschieden zwischen HGB und IFRS[9] widmet sich die Literatur dem Problem des Übergangs von einer HGB-Rechnungslegung, die im Jahresabschluss – auf absehbare Zeit – insbesondere als Grundlage für die Ausschüttungsbemessung und die steuerliche Gewinnermittlung fortbesteht, zur IFRS-Rechnungslegung wenig[10]

[1] Verordnung v. 11.9.2002, ABl. L 243/2002.
[2] Vgl. auch den unmittelbaren Verweis in § 315e Abs. 1 HGB.
[3] Vgl. Rz. 2.
[4] Vgl. BT-Drucks. 19/28177 S. 102.
[5] Vgl. Justizverwaltungskostengesetz i. d. F. des DiRUG vom 5.7.2021, BGBl 2021 I S. 3338, Anlage (Kostenverzeichnis), Teil 1: Gebühren, Gebührentatbestand Nr. 1440.
[8] Vgl. zu den Inhalten und der möglichen Weiterentwicklung durch das ED/2021/6 Kirsch, Einführung in die internationale Rechnungslegung nach IFRS, 13. Aufl. 2021, S. 569 ff.
[9] Vgl. z. B. KPMG, Rechnungslegung nach internationalen Vorschriften, 3. Aufl. 2004; Born, Rechnungslegung International, 5. Aufl. 2007; Hayn/Graf Waldersee, IFRS/HGB/HGB-BilMoG im Vergleich, 7. Aufl. 2008.
[10] Vgl. z. B. Lüdenbach, IFRS: Der Ratgeber...

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