Rz. 27

Das Steuerrecht kennt die abgeleitete (derivative) Buchführungspflicht, sowie die originäre Buchführungspflicht.

 

Rz. 28

Die sog. abgeleitete steuerrechtliche Buchführungspflicht gem. § 140 AO besagt, dass jeder, der nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, die Verpflichtungen, die ihm nach den anderen Gesetzen obliegen, auch im Interesse der Besteuerung zu erfüllen hat. Dies bedeutet, dass jegliche Buchführungspflicht, insbesondere die handelsrechtliche, stets auch zur steuerrechtlichen Buchführungspflicht führt. Auch ausländische Rechtsnormen können "andere Gesetze" i. S. d. § 140 AO darstellen und somit eine Buchführungspflicht begründen.[1]

 

Rz. 29

Wer nicht bereits nach anderen Gesetzen zur Buchführung verpflichtet ist, kann nach § 141 AO der originären steuerrechtlichen Buchführungspflicht unterliegen.

 

Rz. 30

Buchführungspflichtig sind danach alle Gewerbetreibenden und Land- und Forstwirte, die für den einzelnen Betrieb

  • Umsätze einschließlich der steuerfreien Umsätze, ausgenommen die Umsätze nach § 4 Nr. 8–10 UStG, von mehr als 600.000 EUR im Kalenderjahr oder
  • selbstbewirtschaftete land- und forstwirtschaftliche Flächen mit einem Wirtschaftswert von mehr als 25.000 EUR oder
  • einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 60.000 EUR im Wirtschaftsjahr oder
  • einen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 60.000 EUR im Kalenderjahr

hatten. Diese Schwellenwerte gelten erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen.[2]

 

Rz. 31

Die Vorschriften zur steuerlichen originären Buchführungspflicht korrespondieren hinsichtlich der Größenmerkmale mit der handelsrechtlichen Befreiungsvorschrift (vgl. Rz. 26) des § 241a HGB, sodass zwischen Handelsrecht und Steuerrecht i. d. R. Übereinstimmung besteht. Im Einzelfall kann es jedoch durchaus zu einer unterschiedlichen Beurteilung oder zu einer zeitlichen Verschiebung des Beginns oder Endes der Buchführungspflicht kommen. Die steuerrechtliche Buchführungspflicht ist vom Beginn des Wirtschaftsjahrs an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn dieser Verpflichtung hingewiesen hat. Die Verpflichtung endet mit dem Ablauf des Wirtschaftsjahrs, das auf das Wirtschaftsjahr folgt, in dem die Finanzbehörde feststellt, dass die Voraussetzungen für die steuerrechtliche Buchführungspflicht nicht mehr vorliegen.[3]

 

Rz. 32

Sollte beispielsweise gem. § 141 AO keine steuerrechtliche Buchführungspflicht vorliegen, wohl aber nach den handelsrechtlichen Vorschriften, führt § 140 AO zur steuerrechtlichen und damit zur allgemeinen Buchführungspflicht.

 

Rz. 33

Falls ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb die Größenmerkmale des § 141 AO überschreitet, kann er bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen gem. § 3 HGB auch handelsrechtlich zur Buchführung – und Bilanzierung optieren.

Durch § 141 AO werden vor allem die Kannkaufleute i. S. d. §§ 2, 3 HGB erfasst, die bisher nicht zur Buchführungspflicht optiert haben.

[1] Vgl. R 4.1 Abs. 4 Satz 2 EStÄR 2012; Kritik vgl. Stellungnahme der BStBK v. 7.6.2012; IDW, Schreiben v. 6.6.2012 "pauschaler Verweis nicht sachgerecht".

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge