Die Eröffnungsbilanz eines Geschäftsjahrs[1] muss mit der Schlussbilanz des vorangegangenen Geschäftsjahrs übereinstimmen.[2] Der daraus folgende Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs sowie die daraus abgeleitete erfolgswirksame Korrektur fehlerhafter Bilanzansätze gilt nicht nur für den unzutreffenden Ausweis von Wirtschaftsgütern, sondern erfasst grundsätzlich alle in die Vermögensübersicht (Bilanz) aufgenommenen und unzutreffend ausgewiesenen Bilanzposten und damit z. B. auch den fehlerhaften Ausweis betrieblicher Beteiligungen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (Zweischneidigkeit der Bilanz). Die Erhöhung eines Bilanzansatzes mit entsprechender Gewinnerhöhung hat eine gleich hohe Gewinnermäßigung in der Zukunft zur Folge. Umgekehrt bedingt die Ermäßigung eines Bilanzansatzes mit entsprechender Gewinnermäßigung eine Gewinnerhöhung in der Zukunft.[3] Eine Abweichung ist nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig.[4]

 
Praxis-Beispiel

Zweischneidigkeit der Bilanz

Der Betriebsprüfer erhöht in der Bilanz zum 31.12.2020 den Wertansatz für eine Maschine (mit noch 2-jähriger Restnutzungsdauer) um 10.000 EUR (Gewinnerhöhung im Jahr 2020). Folge: Die AfA der Jahre 2021 und 2022 vergrößert sich um je 5.000 EUR und mindert den Gewinn dieser Jahre entsprechend.

Die Rechtsprechung hat aus der Zweischneidigkeit der Bilanz verfahrensrechtlich gefolgert, dass die Bilanzen an der Bestandskraft der Veranlagung teilnehmen. Ein unrichtiger Bilanzansatz darf für die Vergangenheit berichtigt werden, wenn sich der falsche Bilanzansatz nicht auf Veranlagungen der Vorjahre ausgewirkt hat oder die Veranlagungen der Vorjahre geändert werden können.[5] Die Änderungen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 (rückwirkendes Ereignis) sind für alle Folgejahre durchzuführen. Tritt für ein Zwischenjahr Festsetzungsverjährung ein, ist die Gewinnkorrektur des folgenden Jahrs so durchzuführen, als wäre der Gewinn des Zwischenjahrs zutreffend angepasst worden.[6] Ein Wirtschaftsgut des notwendigen Betriebsvermögens, das rechtsirrig nicht in die Bilanz aufgenommen worden ist, ist in die erste verfahrensrechtlich offene Anfangsbilanz erfolgsneutral mit dem Wert einzubuchen, mit dem es zu Buche stehen würde, wenn die Bilanzierung von Anfang an zutreffend vorgenommen worden wäre.[7] Existieren Bilanzen sowohl eines Berichtigungsjahrs als auch für das Vorjahr, ist ein unrichtiger Bilanzansatz grundsätzlich in derjenigen Schlussbilanz zu berichtigen, in der er erstmals aufgetreten ist.[8] Ansonsten ist der Fehler in der 1. nachfolgenden offenen Schlussbilanz zu berichtigen.[9]

Sind einer Anfangsbilanz ausschließlich Schätzungen vorausgegangen, ist diese Anfangsbilanz wie eine Eröffnungsbilanz zu behandeln. Bei einer nur zwischenzeitlichen Schätzung kann ggf. an den früheren Ausweis angeknüpft werden.[10]

Die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs gelten nur zwischen Bilanzen, die der Steuerpflichtige selbst aufgestellt bzw. berichtigt hat und die der Veranlagung des Vorjahres zu Grunde gelegen haben.[11] Sie gelten auch in Fällen der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils auch gegenüber dem Rechtsnachfolger.[12] Sie gelten auch für eine Personengesellschaft, die das eingebrachte Betriebsvermögen nach § 24 Abs. 2 UmwStG mit dem Buchwert in ihrer Bilanz angesetzt hat.[13]

[1] Steuerrechtlich: Wirtschaftsjahrs.

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