Rz. 30

Bilanzierungsverstöße können auch zur Strafbarkeit nach nicht spezifisch bilanzrechtlichen Tatbeständen führen. Zunächst ist denkbar, dass sie begangen werden, um eine bestimmte andere Straftat zu ermöglichen, z. B. durch Vorlage gefälschter Bilanzen einen sonst unerreichbaren Kredit zu erhalten. Umgekehrt kann der Bilanzierungspflichtige aber auch deshalb einen Verstoß gegen Bilanzierungsvorschriften begehen, weil er damit eine vorausgegangene andere strafbare Handlung, wie z. B. die Entnahme von zum Vermögen des Unternehmens gehörenden Gegenständen, verdecken will.

2.1.2.1 Betrug durch Bilanzierungsverstöße

 

Rz. 31

Die Vorlage gefälschter Bilanzen oder anderer Rechenwerke kann bei Vorliegen folgender Voraussetzungen einen Betrug im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB darstellen:

  • Täuschungshandlung in Form der Vorspiegelung falscher oder Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen (z. B. durch Vorlage eines manipulierten Jahresabschlusses; auch durch Unterlassen kann getäuscht werden, wenn eine Garantenpflicht zur Aufklärung, wie z. B. unter Gesellschaftern oder beim Kauf eines Unternehmens, bestand),
  • Irrtumserregung/-unterhaltung (durch die Täuschung muss bei dem Getäuschten eine Fehlvorstellung, z. B. über die tatsächliche Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens, erzeugt oder aufrechterhalten worden sein),
  • Vermögensverfügung (durch den Irrtum des Getäuschten muss dessen Vermögensverfügung, wie z. B. der Kauf/Verkauf des Unternehmens oder Anteile an demselben, der Verzicht auf die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen etc., veranlasst worden sein),
  • Vermögensschaden (das Ergebnis der Vermögensverfügung muss unmittelbar als Vermögensschaden des Getäuschten oder eines anderen, z. B. aufgrund eines zu niedrigen Verkaufspreises beim Anteilsverkauf oder eines zu hohen Kaufpreises beim Unternehmenskauf, zu bewerten sein),
  • Vorsatz (der zumindest bedingte Vorsatz muss sich auf alle Tatbestandsmerkmale sowie den Ursachenzusammenhang zwischen diesen beziehen; der für den Jahresabschluss Verantwortliche muss also wissen, dass er täuscht, dass das Opfer sich irrt und dass durch die Verfügung ein Vermögensschaden eintreten wird),
  • Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen (erforderlich ist der auf diesen Erfolg zielgerichtete Wille; der erstrebte Vorteil muss dabei dem zugefügten Schaden entsprechen, gleichsam seine Kehrseite bilden (so genannte Stoffgleichheit); dafür ist jedoch ausreichend, dass Vorteil und Schaden auf derselben Vermögensverfügung beruhen und der Vorteil zu Lasten des geschädigten Vermögens geht; rechtswidrig ist der Vermögensvorteil, wenn der Täter auf ihn keinen Anspruch hat).

Vollendet ist der Betrug, wenn der Vermögensschaden – sei es auch nur teilweise – eintritt. Der Vermögensvorteil hingegen braucht nicht bzw. noch nicht erreicht zu sein. § 263 Abs. 2 StGB stellt auch den Versuch unter Strafe.

Als Strafdrohung sieht § 263 Abs. 1 StGB Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe, in besonders schweren Fällen Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren (§ 263 Abs. 3 StGB) vor.

2.1.2.2 Subventionsbetrug durch Bilanzierungsverstöße

 

Rz. 32

Der Subventionsbetrug nach § 264 StGB ist (mit Ausnahme des § 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB) ein so genanntes abstraktes Gefährdungsdelikt, das für einen bestimmten Bereich (Subventionsvergabe[1]) im Vorfeld des § 263 StGB liegt.[2] Der Subventionsbetrug ist bereits vollendet, sobald die falschen Angaben dem Subventionsgeber gegenüber gemacht sind. Nicht erforderlich ist, dass die Täuschung des Subventionsgebers gelingt.

 

Rz. 33

Im Zusammenhang mit Bilanzierungsverstößen kommt hier insbesondere die Tatbestandsalternative des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Betracht (bei unterlassener Aufklärung unter Umständen auch § 264 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Danach macht sich strafbar, wer

  • einem Subventionsgeber (d. h. einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person),
  • über subventionserhebliche Tatsachen (d. h. über Tatsachen, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind oder von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich abhängig ist, § 264 Abs. 9 StGB),
  • unrichtige oder unvollständige Angaben macht (z. B. durch Vorlage eines unrichtigen Jahresabschlusses),
  • die für den Subventionsnehmer vorteilhaft sind (d. h. die Aussicht verbessern, dass die Subvention in der angestrebten Weise bewilligt wird; dabei sind nach der Rechtsprechung des BGH[3] unrichtige Angaben sogar auch dann "vorteilhaft" und durch sie erlangte Subventionen ungerechtfertigt, wenn "schon aufgrund von anderen Tatsachen die Subventionsvoraussetzungen erfüllt sind").
 

Rz. 34

Der Täter muss hinsichtlich aller Tatbestandsmerkmale mit Vorsatz gehandelt haben. Bedingter Vorsatz ist jedoch ausreichend. Nach § 264 Abs. 5 StGB ist auch leichtfertiges Handeln strafbewehrt. Leichtfertig handelt der Täter unter and...

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