Rz. 119

Der EVATM misst retrospektiv den betrieblichen Übergewinn eines Unternehmens in einer Periode. Ein über den Kapitalkosten liegender Gewinn wird als Übergewinn bezeichnet. Inhaltlich kann der EVA als Bindeglied zwischen einer mehrperiodischen Investitionsrechnung und einer einperiodischen ROI-Betrachtung eingeordnet werden.[1] Die Bestimmung des EVATM kann alternativ gem. der

  • Capital Charge-Formel: EVATM = NOPAT – (CE x WACC)
    oder gem. der
  • Value Spread-Formel: EVATM = (ROCE – WACC) x CE

erfolgen. Grafisch lässt sich der zuerst genannte Zusammenhang durch das in Abb. 10 verwendete rechentechnisch verknüpfte Kennzahlensystem darstellen.

Abb. 10: EVATM-Kennzahlensystem[2]

 

Rz. 120

Zur Ermittlung des EVATM werden als Komponenten der Net Operating Profit After Taxes (NOPAT) als ökonomisch zutreffender Gewinn, das Capital Employed (CE) als ökonomisch relevante Kapitalgröße, die Weighted Average Cost of Capital (WACC) als Gesamtkapitalkostensatz sowie der Return on Capital Employed (ROCE) benötigt, wobei sich Letzterer als Quotient aus NOPAT und CE ergibt.

 

Rz. 121

Bei der Nennergröße des ROCE, dem Capital Employed, handelt es sich um das stichtagsbezogene betriebsnotwendige Nettokapital, dessen tatsächlicher Wert ausgehend von den Buchwerten der Bilanz im Zuge der Aufbereitung der Jahresabschlussdaten über bestimmte Korrekturen bestimmt wird. Dabei werden üblicherweise 4 Arten von Korrekturen vorgenommen: Operating Conversion, Funding Conversion, Comparability Conversion und Shareholder Conversion.[3] Konkret werden dabei zunächst die Aktiva um die Buchwerte der nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände bereinigt, wie z. B. um das Finanzumlaufvermögen. Die so aus der Betrachtung ausscheidenden Vermögenswerte müssen zu Marktwerten bewertet, allerdings später in eine umfassende Betrachtung der Unternehmenssituation und -entwicklung wieder miteinbezogen werden. Des Weiteren werden nicht aktivierte Miet- und Leasingobjekte mit ihrem jeweiligen Barwert einbezogen. Weiterhin erfolgt eine Korrektur zum Zwecke der Konsistenz des Steueraufwands sowie abschließend eine Berücksichtigung von stillen Reserven zum Zwecke der vollständigen Erfassung des Eigenkapitals. Ziel ist die Ermittlung der um bilanzrechtliche Verzerrungen korrigierten Kapitalbasis, wobei es zu Differenzen zwischen der internen Wertermittlung und der Sichtweise des Marktes kommen kann.[4] Zudem wird empfohlen, vom CE die nicht explizit zinstragenden kurzfristigen Fremdkapitalien (Abzugskapital) abzuziehen. Dies ist aber immer nur dann zutreffend, wenn die impliziten Zinsen nicht aus der Erfolgsrechnung korrigiert werden können, wie etwa bei den Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen die in den Einkaufspreisen enthaltenen Zinsbeträge. Rückstellungen sind aufgrund bestehender Risiken aus Gewinnen gebildet worden, die den Eigenkapitalgebern und der Besteuerung vorenthalten wurden. Sie sollten nicht in das Abzugskapital einbezogen werden, wenn die Zinseffekte aus der Erfolgsrechnung korrigiert werden können.[5] Dieses Problem wird umgangen, wenn stattdessen mit dem bereinigten Eigenkapital und der Eigenkapitalverzinsungserwartung gerechnet wird.

 

Rz. 122

Die Zählergröße des NOPAT stellt die mit dem CE korrespondierende Gewinngröße dar. Den Ausgangspunkt der Ermittlung bildet der Operating Profit, verstanden als Betriebsergebnis laut Erfolgsrechnung, wobei analog zur Ermittlung des CE Korrekturen um den Betrag der periodischen Wirkung der vorzunehmenden Anpassungen erfolgen.[6] Dieser Bruttobetrag wird um adjustierte Steuern vermindert.

 

Rz. 123

Der über das WACC-Modell[7] ermittelte Kapitalkostensatz, der als Mindestrendite (Hurdle Rate) benutzt wird, soll aus Kapitalmarktsicht dem nominalen Zinssatz entsprechen, den sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalgeber gem. dem Opportunitätskostenprinzip für alternative Investments von vergleichbarer Dauer und Risikobehaftung mindestens erzielen könnten.[8] Die Eigenkapitalkosten sind letztlich bei der Berechnung in Abhängigkeit des Risikos oder von Vergleichsanlagen zu schätzen. Häufig empfohlene Ermittlungen über das Capital-Asset-Pricing-Modell sind theoretisch nicht haltbar. Die Formel lautet: ZinssatzEK= Zinssatzrisikofrei + β * (ZinssatzEk.-Markt – Zinssatzrisikofrei).[9]

[1] Vgl. Weißenberger/Blome, Ermittlung wertorientierter Kennzahlen unter IFRS, 2005, S. 4.
[2] In Anlehnung an Meyer, Betriebswirtschaftliche Kennzahlen und Kennzahlen-Systeme, 5. Aufl. 2008, S. 166.
[3] Vgl. z. B. Eidel, Moderne Verfahren der Unternehmensbewertung und Performance-Messung, 2. Aufl. 2000, S. 229 ff.
[4] Vgl. z. B. Gebhardt/Mansch, ZfbF-Sonderheft, 2005, S. 96 ff.
[5] Vgl. Müller, Management-Rechnungswesen, 2003, S. 279 ff.
[6] Vgl. z. B. Hahn, Controlling 2002, S. 130; Lorson, DB 1999, S. 1333.
[7] Die Formel lautet: WACC = EK-Quote × ZinssatzEK+ FK-Quote × ZinssatzFK, wobei bei einer Vorsteuerbetrachtung der Zinssatz für das FK um den Steuervorteil durch die Abziehbarkeit als Betriebsausgabe bereinigt werden muss.
[8] Vgl. zu...

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