Unter Bilanzpolitik versteht man die Gestaltung und Beeinflussung der Bilanz unter Berücksichtigung der Ziele des Unternehmens im Rahmen der gesetzlichen Regelungen. Während es im Hinblick auf die Steuerbelastung regelmäßiges Ziel sein wird, einen möglichst niedrigen Jahresüberschuss auszuweisen, kann es zur Vorbereitung einer Kreditaufnahme geboten sein, ein möglichst positives Bild des Unternehmens mit hohem Gewinnausweis zu vermitteln. Die Interessen gehen nicht nur in betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Hinsicht auseinander, sondern können insbesondere bei Kapitalgesellschaften auch innerhalb des Gesellschafterkreises differieren. So kann ein Gesellschafter daran interessiert sein, alljährlich eine möglichst hohe Gewinnausschüttung zu erhalten, während für den anderen Gesellschafter die Stärkung des Unternehmens durch Gewinnthesaurierung und Reinvestitionen im Vordergrund steht.

Je nachdem, welches Ziel angestrebt wird, können Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte insbesondere handelsrechtlich in unterschiedlicher Weise ausgeübt werden. Schließlich entscheidet die Handelsbilanz über die Höhe einer Gewinnausschüttung. Gilt es, den Gewinn zur Vermeidung von hohen Ausschüttungen zu begrenzen, ist z. B. daran zu denken,

  • die Herstellungskosten für die fertigen und unfertigen Erzeugnisse gem. § 255 Abs. 2 HGB nur auf Basis der Fertigungskosten, also ohne allgemeine Verwaltungskosten sowie Kosten für soziale Einrichtungen und freiwillige soziale Leistungen anzusetzen,
  • ein Disagio sofort als Aufwand zu erfassen, statt es nach § 250 Abs. 3 HGB über die Kreditlaufzeit zu verteilen,
  • außerplanmäßige Abschreibungen bei nur vorübergehender Wertminderung von Finanzanlagen vorzunehmen,
  • eine kürzere als die von der Finanzverwaltung geforderte Nutzungsdauer für die abnutzbaren Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen und dementsprechend höhere Abschreibungen anzusetzen.

Soll dagegen ein möglichst hoher Gewinn ausgewiesen werden, ist der umgekehrte Weg einzuschlagen. Allerdings darf es dann nicht zu einer Überbewertung kommen, da sonst im Insolvenzfall haftungsrechtliche Risiken drohen.

 
Praxis-Tipp

Bilanzpolitik nur bei getrennten Bilanzen

Wird Bilanzpolitik im vorstehenden Sinne betrieben, müssen getrennte Handels- und Steuerbilanzen erstellt werden, da das Steuerrecht viele dieser handelsrechtlichen Wahlrechte nicht akzeptiert.

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