Leitsatz (amtlich)

Ist das Urteil eines Kollegialgerichts von einem Richter mitunterschrieben, der an der Beschlußfassung und an dem Erlaß des Urteils nicht beteiligt war, und enthält das Urteil weiter bei der Angabe der mitwirkenden Richter auch die unrichtige Angabe, daß dieser Richter an dem Erlaß des Urteils mitgewirkt habe, so können diese Mängel dadurch beseitigt werden, daß die Unterschrift des Richters gestrichen und die unrichtige Angabe über die Mitwirkung dieses Richters im Wege der Berichtigung richtiggestellt wird.

Diese Mängel können auch dann noch behoben werden, wenn die Revision eine Verfahrensrüge auf solche Mängel eines Berufungsurteils gestützt hat.

  1. Ist ein Gesellschafter rechtskräftig aus einer Kommanditgesellschaft ausgeschlossen worden und wird später das Ausschließungsurteil in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben, so können bei der erneuten Entscheidung über die Ausschließungsklage unter Umständen auch Ausschließungsgründe berücksichtigt werden, die in der Person des auszuschließenden Gesellschafters in der Zeit zwischen dem Erlaß des zunächst rechtskräftigen Ausschließungsurteils und der späteren Aufhebung dieses Urteils eingetreten sind.
  2. Bei einer kapitalistisch organisierten Kommanditgesellschaft kann die Möglichkeit der Ausschließung eines Kommanditisten nicht wegen der kapitalistischen Struktur dieser Gesellschaft von vornherein verneint werden. Dies gilt auch dann, wenn die Gesellschaft zunächst eine Aktiengesellschaft gewesen war und nur aus steuerlichen Gründen in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt worden ist.
  3. Für die Ausschließung eines Kommanditisten kann nicht auf Vorfälle zurückgegriffen werden, die in eine Zeit fallen, als die Kommanditgesellschaft noch eine Aktiengesellschaft war.
 

Normenkette

ZPO §§ 319, 315; HGB § 161 Abs. 2, § 140

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 09.07.1955)

LG Tübingen (Teilurteil vom 30.11.1942)

 

Tenor

Die Anschlußrevision der Kläger gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Stuttgart vom 9. Juli 1955 wird zurückgewiesen.

Auf die Revision des Beklagten wird das oben bezeichnete Urteil des Oberlandesgerichts in Stuttgart insoweit aufgehoben, als es der Klage der Kläger stattgegeben hat.

Auf die Berufung des Beklagten wird das an Verkündungsstatt zugestellte Teilurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts in Tübingen vom 30. November 1942 auch in dem bisher noch bestehengebliebenen Umfang abgeändert. Die Klage der Kläger auf Ausschließung des Beklagten aus der Firma … KG in … wird abgewiesene Ferner wird die Klage der Kläger auf Feststellung, daß der Beklagte gemäß § 9 Ziff. 2–4 des Gesellschaftsvertrages nur mit dem Buchwert seines Kapitalkontos abzufinden sei, abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits des 2. und 3. Rechtszuges zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien sind Gesellschafter der Firma … KG in …. Diese Gesellschaft ist eine Familiengesellschaft, die zunächst die Form einer offenen Handelsgesellschaft hatte, sodann im Jahre 1922 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde und schließlich im Jahre 1937 – im Zusammenhang mit der damaligen steuerlichen Begünstigung von Personalgesellschaften – die Form einer Kommanditgesellschaft erhielt.

An der Gesellschaft sind der Stamm E. F. zu etwa 2/3 und der Stamm P. F. zu etwa 1/3 beteiligt. Vorstand der Aktiengesellschaft war zunächst E. F. und stellvertretender Vorstand P. F. Nach dem Tode des E. F. im Jahre 1922 wurde P. F. Vorstand, während der Sohn des Verstorbenen, der Beklagte, stellvertretender Vorstand wurde. Im Jahre 1927 trat P. F. von der Leitung des Unternehmens zurück, und nunmehr wurde der Beklagte der alleinige Vorstand der Gesellschaft. Bei der Umwandlung der Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft wurden der Beklagte und P. F. jun. persönlich haftende vertretungsberechtigte Gesellschafter, während die übrigen an der Gesellschaft beteiligten Familienmitglieder Kommanditisten wurden.

Im Jahre 1939 wurde der Beklagte wegen Devisenvergehens zu einem Jahr sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Daraufhin erhoben die übrigen Gesellschafter gegen ihn eine Ausschließungsklage. Dieses Verfahren wurde durch einen Vergleich zwischen den Parteien beigelegt. Danach trat der Beklagte von der Geschäftsleitung zurück und erhielt die Stellung eines Kommanditisten mit einer Einlage von 1.149.839,34 RM. Im Jahre 1941 (Urt. des Sondergerichts Stuttgart v. 26./28. Februar 1941) wurde der Beklagte erneut wegen Devisenvergehens verurteilt, und zwar diesmal zu drei Jahren sechs Monaten Zuchthaus und 500.000 RM Geldstrafe. Diese Verurteilung des Beklagten bildete den Anlaß für eine neue Ausschließungsklage gegen den Beklagten. Dieses Verfahren führte zunächst zu der rechtskräftigen Ausschließung des Beklagten, wobei das Reichsgericht in seinem Urteil von 29. Juli 1943 von den geltend gemachten zahlreichen Ausschließungsgründen die Ausschließung des Beklagten allein auf seine Verurteilung zu einer Zuchthausstrafe stützte.

Nach dem Zusammenbruch leitete der Beklagte ein Wiederaufnahmeverfahren gegen seine Verurteilung durch das Sondergericht in Stuttgart ein. Dieses Wiederaufnahmeverfahren führte zu einer Aufhebung des Urteils des Sondergerichts Stuttgart vom 26./28. Februar 1941 und zu einem Freispruch des Beklagten wegen Mangels an Beweisen von der seinerzeit gegen ihn erhobenen Anklage. Daraufhin betrieb der Beklagte die Wiederaufnahme des gegen ihn rechtskräftig abgeschlossenen Ausschließungsverfahrens. Das Berufungsgericht erklärte durch Urteil vom 8. März 1951 die erhobene Restitutionsklage für zulässig und hob sodann durch sein weiteres Urteil vom 31. Januar 1952 die gegen den Beklagten ergangenen Ausschließungsurteile des Oberlandesgerichts in Stuttgart und des Reichsgerichts auf.

In dem nunmehr wieder anhängig gewordenen Ausschließungsverfahren haben die Kläger auf ihre schonfrüher geltend gemachten Ausschließungsgründe – es handelt sich dabei einmal um Vorfälle aus den Jahren 1922/26 und sodann um Vorgänge aus der Zeit der alleinigen Geschäftsführung des Beklagten – zurückgegriffen und ihr Ausschließungsbegehren außerdem u.a. darauf gestützt, daß der Beklagte mittels falscher Angaben im Jahre 1945 versucht habe, die damalige Geschäftsleitung mit Hilfe der französischen Militärregierung zu verdrängen und die Geschäftsleitung an sich zu reißen.

Das Berufungsgericht hat den zuletzt erwähnten Ausschließungsgrund als durchgreifend, die auf die früheren Vorfälle gestützten Ausschließungsgründe dagegen als unbegründet erachtet. Es hat demgemäß unter Anwendung einer entsprechenden Bestimmung im Gesellschaftsvertrag die Ausschließung des Beklagten aus der Gesellschaft mit der Maßgabe ausgesprochen, daß der Beklagte mit dem Buchwert seines Kapitalkontos auf Grund einer auf den 31. Dezember 1944 aufzustellenden Bilanz abzufinden sei. Dem weitergehenden Antrag der Kläger, daß die Abfindung des Beklagten auf Grund einer auf den 31. Dezember 1941 aufzustellenden Bilanz zu erfolgen habe, hat es nicht entsprochen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Ausschließungsklage weiter, während die Kläger neben der Zurückweisung der Revision im Wege der unselbständigen Anschlußrevision den Ausspruch erstreben, daß die Abfindung des Beklagten entsprechend ihrem in der Vorinstanz gestellten Antrag zu erfolgen habe. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Anschlußrevision.

 

Entscheidungsgründe

A. die Revision des Beklagten.

I. Die Revision erhebt zunächst eine prozessuale Rüge, Nach der Sitzungsniederschrift vom 25. Juni 1953 nahm an der letzten mündlichen Verhandlung vor Erlaß des Berufungsurteils u.a. als Richter der Amtsgerichtsrat … teil. Nach dem Wortlaut des Berufungsurteils ist dieses dagegen u.a. unter Mitwirkung des Landgerichtsrats … beschlossen und sodann auch von diesem und nicht von Amtsgerichtsrat … unterschrieben worden. Die Revision erblickt hierin eine Verletzung des § 309 ZPO, die nach § 551 Nr. 1 ZPO einen absoluten Revisionsgrund darstelle. Nachdem diese Revisionsrüge erhoben worden war, hat das Berufungsgericht das zunächst verkündete, unterschriebene und zugestellte Urteil durch Beschluß dahin berichtigt, daß das Urteil nicht unter Mitwirkung des Landgerichtsrats … sondern unter Mitwirkung des Amtsgerichtsrats … beschlossen worden sei und daß an die Stelle der Unterschrift des Landgerichtsrats … unter die Unterschrift des Vorsitzenden die Worte „zugleich für den ausgeschiedenen Amtsgerichtsrat …” treten. Die Revision hält diesen Berichtigungsbeschluß für unzulässig und damit für unbeachtlich; jedenfalls hätte er, so meint die Revision, nicht mehr gefaßt werden dürfen, nachdem die Revision eine prozessuale Rüge auf den ursprünglichen Wortlaut des Berufungsurteils gestützt hatte.

1.) Der Mangel des zunächst verkündeten, unterschriebenen und zugestellten Urteils bestand darin, daß es einmal von einem Richter unterschrieben war, der an der Beschlußfassung und an dem Erlaß des Urteils nicht beteiligt war, und des weiteren darin, daß nach dem ursprünglichen Wortlaut des Urteils dieser nicht beteiligte Richter an dem Erlaß des Urteils mitgewirkt habe. Es ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, daß jeder dieser beiden Mängel später noch wieder beseitigt werden kann. Hat ein Richter, der nach dem Wortlaut des Urteils an diesem nicht mitgewirkt hat, das Urteil versehentlich unterschrieben, so kann dieser Fehler dadurch behoben werden, daß die Unterschrift des nicht beteiligten Richters gestrichen und statt dessen die Unterschrift des an dem Erlaß des Urteils tatsächlich beteiligten Richters gesetzt wird (RGZ 150, 148; Stein-Jonas-Schönke § 315 Bern II, 2 b; Baumbach-Lauterbach § 315 Bem. 1 C; Rosenberg § 56 II 4 c). Des weiteren kann durch eine Berichtigung des Urteils eine unrichtige Angabe im Kopf des Urteils über die Person der mitwirkenden Richter wieder beseitigt werden (RGZ 58, 122; 90, 173; Stein-Jonas-Schönke § 319 Bem. I 4; Baumbach-Lauterbach § 319 Bem. 2 A). Es kann in dieser Hinsicht im Ergebnis nichts anderes gelten, wenn die genannten zwei Mängel in einem Urteil gemeinsam auftreten. Denn immer muß die Möglichkeit offenbleiben, daß die Unterschrift des an einem Urteil nicht beteiligten Richters von diesem wieder gestrichen und statt dessen die Unterschrift des am Erlaß des Urteils tatsächlich beteiligten Richters gesetzt wird. Daran ändert auch nichts, daß ein solches Urteil äußerlich betrachtet mängelfrei ist, also den Anschein eines ordnungsgemäßen Urteils erweckt und daher nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 58, 118; 82, 422; 142, 197; vgl. auch RGZ 159, 25) bei Zustellung die Rechtsmittelfristen in Lauf setzt. Denn diese Frage ist wie bei jeder Berichtigung eines Urteils völlig unabhängig davon, ob noch eine Berichtigung oder eine anderweite Beseitigung eines vorhandenen Mangels erfolgen kann. Demgemäß werden auch im Schrifttum, soweit ersichtlich, gegen die Zulässigkeit, in einem Falle der vorliegenden Art die Unterschrift des tatsächlich nicht beteiligten Richters durch die Unterschrift des an der Beschlußfassung beteiligten Richters zu ersetzen, keine Bedenken erhoben. Die Zulässigkeit einer Berichtigung des Urteils, soweit es sich um die Bezeichnung der mitwirkenden Richter im Kopf des Urteils handelt, ist sodann eine notwendige Folgerung, um nämlich die sodann gegebene offenbare Unrichtigkeit des vorliegenden Urteils wieder zu beseitigen. Die Rechtslage ist hier dann nicht anders, als wenn von vornherein der am Erlaß des Urteils tatsächlich beteiligte Richter das Urteil unterschrieben hätte und nur im Kopf des Urteils nicht als mitwirkender Richter bezeichnet worden wäre. Zusammenfassend ergibt sich somit, daß das Berufungsgericht an sich berechtigt war, die vorhandenen Mängel des Urteils durch die Ersetzung der Unterschrift des tatsächlich beteiligten Richters und sodann durch eine Berichtigung in der Bezeichnung der mitwirkenden Richter im Kopf des Urteils zu beseitigen.

2.) Eine andere Frage ist es, ob das Berufungsgericht dies auch dann noch tun konnte, nachdem die Revision auf den zunächst bestandenen Mangel des Urteils eine Verfahrensrüge gestützt hatte. Die Revision verneint diese Frage; sie beruft sich dabei auf die Rechtsprechung des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, der die Zulässigkeit einer Berichtigung der Sitzungsniederschrift verneint, sobald die Revision auf die Sitzungsniederschrift eine Verfahrensrüge gestützt hat und dieser Rüge durch die Berichtigung die Grundlage entzogen werden würde (BGHSt 2, 125; BGH JZ 1952, 281). Es kann in diesem Zusammenhang offenbleiben, ob der Auffassung des 3. Strafsenats gefolgt werden kann, eine Auffassung, die jedenfalls auch heute noch im zivilprozessualen Schrifttum unter Hinweis auf die entgegenstehenden Entscheidungen in RGSt 70, 241 und RGZ 164, 359 (vgl. dazu auch Niethammer SJZ 1948, 194; DRZ 1949, 451) abgelehnt wird (Stein-Jonas-Schönke § 159 Bern III; Baumbach-Lauterbach § 159 Bern 1 B; Rosenberg § 65 III 4 a.E.). Denn im vorliegenden Falle handelt es sich nicht um die Berichtigung der Sitzungsniederschrift, sondern um die Berichtigung eines Urteils. Diesen beiden Sachverhalten liegt nicht die gleiche Rechtsfrage im Sinne des § 136 GVG (dazu BGHZ 9, 180) zugrunde, so daß eine abweichende Beurteilung bei der Urteilsberichtigung auch nicht zu einer Vorlage an die Vereinigten Großen Senate des Bundesgerichtshofs nötigt. Der rechtliche Unterschied dieser beiden Fragen ergibt sich daraus, daß der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs seine Rechtsmeinung zu einem wesentlichen Teil auf die weitergehende Beweiskraft der Sitzungsniederschrift (§ 274 StPO; ebenso § 164 ZPO) stützt und daß eine solche Beweiskraft einem Urteil gerade nicht zukommt. Dem entspricht es, daß der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in einem zeitlich später liegenden Urteil die Zulässigkeit einer Urteilsberichtigung auch in einem Fall bejaht hat, in dem durch die Berichtigung einer bereits erhobenen Sachrüge der Revision die Grundlage entzogen wurde (BGH NJW 1952, 797), und daß der 1. Strafsenat angesichts der vorausgegangenen Entscheidung des 3. Strafsenats in BGHSt 2, 125 gleichwohl keinen Anlaß gesehen hat, eine Entscheidung des Großen Strafsenats herbeizuführen (ebenso Urteil des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 14. Januar 1954 – 3 StR 752/53).

Der Grundgedanke des § 319 ZPO, der die Berichtigung eines Urteils zeitlich unbeschränkt zuläßt, erfordert es, daß eine solche Berichtigung auch dann noch zulässig ist, wenn die Revision auf die unrichtige Fassung des Urteils eine Rüge gestützt hat. Der Zweck einer Urteilsberichtigung besteht darin, das beschlossene und erlassene Urteil in der Außenwelt so in Erscheinung treten zu lassen, wie es von dem Berufungsgericht offensichtlich auch beschlossen und erlassen worden ist. Das berichtigte Urteil ist mit anderen Worten allein das ergangene Urteil, also auch allein das Urteil, das durch ein eingelegtes Rechtsmittel angegriffen wird. Die Berichtigung enthält nur eine Klarstellung, führt aber nicht zu einem neuen Urteil. Hieraus folgt zwingend, daß eine solche Berichtigung nicht ausgeschlossen sein kann, wenn zwischenzeitlich ein Rechtsmittel eingelegt und dieses u.a. auch auf die offenbare Unrichtigkeit des Urteils gestützt ist. Durch eine solche Rechtsmittelrüge erhält der Rechtsmittelkläger keine schutzwerte Position etwa mit der Folge, daß nun eine Berichtigung des Urteils, nämlich die Beseitigung der offenbaren Unrichtigkeit, nicht mehr möglich wäre. Das wäre ein leerer Formalismus, der gerade mit dem Zweck einer jeden Urteilsberichtigung in einem unaufhebbaren Widerspruch stehen, nämlich dem offenbar unrichtigen Urteil einen Eigenwert einräumen würde, der ihm gerade nicht zukommt (im Ergebnis ebenso Jonas JW 1935, 2813; Baumbach-Lauterbach § 315 Bem. 1 C).

II. Die Revision wendet sich sodann mit einer Reihe von rechtlichen Erwägungen gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß das Verhalten des Beklagten im Sommer 1945 seine Ausschließung aus der Kommanditgesellschaft rechtfertige.

1.) In diesem Zusammenhang meint die Revision zunächst, das Verhalten des Beklagten im Sommer 1945 könne aus Rechtsgründen schon deshalb nicht zur Entscheidung über den Ausschließungsgrund herangezogen werden, weil der Beklagte in dieser Zeit tatsächlich nicht Kommanditist der Gesellschaft gewesen sei. Zu dieser Zeit sei er nämlich noch rechtskräftig aus der Gesellschaft ausgeschlossen gewesen, weil damals das Ausschließungsurteil des Reichsgerichts noch rechtlichen Bestand gehabt habe. An dieser Rechtslage könne sich dann später auch dadurch nichts geändert haben, daß das Urteil des Reichsgerichts im Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben worden sei. Denn dieser erst später eingetretene Umstand berühre die Tatsache nicht, daß der Beklagte im Jahre 1945 tatsächlich ausgeschlossen gewesen sei, sich in dieser Zeit auch nicht als Gesellschafter gefühlt und deshalb auch keine gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten gehabt habe.

Diesen Ausführungen der Revision kann für den vorliegenden Fall nicht gefolgt werden. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, daß die Aufhebung eines rechtskräftigen Urteils im Wiederaufnahmeverfahren rückwirkende Kraft hat, also im Rechtssinn dazu führt, daß ein solches Urteil von Anfang an als nicht existent betrachtet wird. Diese rechtliche Wirkung enthält in einem gewissen Umfang eine rechtliche Fiktion, nämlich insofern, als sie den tatsächlichen Zustand, so wie er sich für die Beteiligten während des Bestandes des rechtskräftigen, später aber wieder aufgehobenen Urteils darstellte, nicht einfach als nicht vorhanden gewesen wieder beseitigen kann. Die rückwirkende Kraft des Aufhebungsurteils kann nur dahin gehen, daß die tatsächlichen Verhältnisse im Rechtssinn so behandelt werden, also ob das aufgehobene Urteil niemals bestanden hätte und niemals in Rechtskraft erwachsen wäre. Sie kann aber nicht dahin gehen, daß alle Maßnahmen, die damals im Vertrauen auf den Bestand des rechtskräftigen Urteils ergriffen worden sind, genau so zu beurteilen seien, als ob das Urteil überhaupt nicht vorgelegen hätte. Die rückwirkende Kraft des Aufhebungsurteils bedeutet also, daß vom Zeitpunkt seines Erlasses ab nunmehr rückwirkend die Verhältnisse im Rechtssinn so angesehen werden, als ob das aufgehobene Urteil niemals bestanden hätte, nicht aber, daß die Beteiligten schon während des Zeitraumes bis zum Erlaß des Aufhebungsurteils das aufgehobene Urteil überhaupt nicht zu beachten brauchten und auch nicht beachten durften. Das Aufhebungsurteil gestaltet erst selbst die zurückliegenden Verhältnisse im Rechtssinn und stellt sie nicht etwa in dem Sinn klar, wie sie schon während der ganzen Zeit bestanden hatten.

Diese Wirkung des Aufhebungsurteils zwingt bei einer zunächst rechtskräftigen, später aber rückwirkend wieder aufgehobenen Ausschließung eines Gesellschafters dazu, daß bei der Beurteilung von Ausschließungsgründen, die in den Zeitraum zwischen dem Erlaß des rechtskräftigen Ausschließungsurteils und dem Erlaß des Aufhebungsurteils fallen, der Umstand nicht außer Betracht bleiben kann, daß während dieses Zeitraums die Ausschließung zunächst rechtlichen Bestand gehabt hatte. Die rechtliche Wirkung der rückwirkenden Kraft kann zwar zu der rechtlichen Annahme führen, daß während des genannten Zeitraums der zunächst ausgeschlossene Gesellschafter doch Gesellschafter mit allen Rechten, aber auch mit allen Pflichten geblieben ist, sie kann aber nicht die Folge haben, daß bei der tatsächlichen Beurteilung von Ausschließungsgründen, die in diesen Zeitraum fallen, der Umstand der zunächst erfolgten Ausschließung völlig außer Betracht bleiben müsse, die notwendige umfassende Würdigung der gesamten Verhältnisse unter gerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen also an der Tatsache der zwischenzeitlich ausgesprochenen Ausschließung völlig vorbeigehen könne. Die rückwirkende Kraft des Aufhebungsurteils führt mit anderen Worten zwar zu dem Ergebnis, daß die gesellschaftlichen Pflichten des Ausgeschlossenen fortbestanden haben, kann aber bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten ein schwerwiegender, insbesondere ein grob schuldhafter Verstoß gegen die gesellschaftsrechtlichen Pflichten darstellt, die Tatsache der zunächst bestandenen Ausschließung nicht einfach beseitigen. Das führt zusammenfassend zu dem Ergebnis, daß im Hinblick auf die rückwirkende Kraft des Aufhebungsurteils zwar auch das Verhalten des zunächst ausgeschlossenen Gesellschafters in der Zeit zwischen dem rechtskräftigen Ausschließungsurteil und dem Aufhebungsurteil als weiterer Ausschließungsgrund herangezogen werden kann, daß aber bei der Würdigung eines solchen Ausschließungsgrundes die tatsächlich bestandenen Verhältnisse während dieser Zeitspanne, so wie sie sich für die Beteiligten zu dieser Zeit tatsächlich darstellten, eine sachgerechte Berücksichtigung erfordern.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen erkennen, daß sich das Berufungsgericht im Ergebnis dieser besonderen Rechtslage bei der Beurteilung des hier in Frage stehenden Ausschließungsgrundes bewußt gewesen ist. Es hat nämlich bei der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse darauf abgehoben, daß das beanstandete Verhalten des Beklagten in die Zeit nach dem Zusammenbruch fällt, in eine Zeit, da der Beklagte in unmittelbaren Verhandlungen mit dem zuständigen Oberstaatsanwalt die ersten Maßnahmen zur Beseitigung seiner rechtskräftigen Verurteilung im Strafverfahren vor dem Sondergericht in Stuttgart eingeleitet hatte. Weiterhin hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang berücksichtigt, daß das beanstandete Verhalten des Beklagten gerade darauf abzielte, mit unlauteren Mitteln nicht nur seine alte gesellschaftliche Stellung zu erlangen, sondern sich darüber hinaus auch der Geschäftsleitung der Gesellschaft zu bemächtigen. Mit der Berücksichtigung dieser beiden Umstände sind die entscheidenden Gesichtspunkte hervorgehoben, die im vorliegenden Fall für die Beurteilung des in das Jahr 1945 fallenden Ausschließungsgrundes maßgeblich sind. Denn aus diesen beiden Umständen ergibt sich, daß der Beklagte mit der Aufhebung des gegen ihn ergangenen Urteils rechnete und rechnen konnte, und daß sein beanstandetes Verhalten in einem engen Zusammenhang gerade mit seiner Absicht stand, wieder in seine alte Stellung als Gesellschafter der Kommanditgesellschaft zu gelangen. Bei dieser Sachlage ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht bei der Würdigung der damals gegebenen Umstände zu dem Ergebnis gelangte, daß sich hierbei der Beklagte ungeachtet des damals noch nicht aufgehobenen rechtskräftigen Urteils so hätte verhalten müssen, daß sich seine Handlungsweise nicht als ein grober Verstoß gegen die von ihm wieder angestrebte Stellung als Gesellschafter der Kommanditgesellschaft darstellte. Das konnte von ihm auch subjektiv erwartet werden, wollte er nicht selbst das wiederherzustellende gesellschaftliche Verhältnis mit den übrigen Mitgliedern der Kommanditgesellschaft von vornherein einer unerträglichen Belastung aussetzen. Bei dieser Sachlage kann daher aus Rechtsgründen nichts dagegen eingewendet werden, wenn das Berufungsgericht nach Aufhebung des rechtskräftigen Ausschließungsurteils, nachdem also die erfolgte Ausschließung des Beklagten rückwirkend beseitigt worden war und er demzufolge im Rechtssinn Gesellschafter mit allen Rechten und Pflichten geblieben war, diesen Vorfall als Ausschließungsgrund herangezogen hat.

2.) Des weiteren meint die Revision, daß das Berufungsgericht bei seiner Würdigung nicht beachtet habe, daß es sich bei der Kommanditgesellschaft um eine kapitalistisch organisierte Gesellschaft handele. Diese Gesellschaft sei eine Aktiengesellschaft gewesen und sodann im Jahre 1937 nur aus steuerlichen Gründen in eine Kommanditgesellschaft umgeformt worden, ohne daß sich dabei der Aufbau und die Organisation der Gesellschaft und ohne daß sich dabei das Verhältnis der Gesellschafter zueinander entscheidend geändert hätten. Auch mit diesem Gesichtspunkt kann die Revision nicht durchkommen. Zwar darf bei der Beurteilung einer Ausschließungsklage der besondere Charakter und Aufbau der im Einzelfall in Frage stehenden Gesellschaft nicht außer Betracht bleiben. Das ergibt sich schon daraus, daß nach der gefestigten Rechtsprechung das Vorliegen eines Ausschließungsgrundes nur unter einer umfassenden Würdigung aller im Einzelfall gegebenen Umstände bejaht werden kann, und daß es im Rahmen einer solchen Würdigung naturgemäß von rechtlicher Bedeutung ist ob die Gesellschaft und damit die Beziehungen der Gesellschafter untereinander in einem stärkeren oder schwächeren Maß persönlich gestaltet sind. Eine solche Beurteilung kann aber niemals bei einer sog, kapitalistischen Kommanditgesellschaft, mag sie auch aus einer Aktiengesellschaft hervorgegangen und nach dem Jahre 1934 nicht aus gesellschafts-rechtlichen, sondern nur aus steuerrechtlichen Gründen umgeformt worden sein, dazu führen, daß nun bei ihr im Hinblick auf ihre innere Organisation die Möglichkeit der Ausschließung eines Gesellschafters in Anlehnung an das Recht der Aktiengesellschaft überhaupt verneint wird. So wie auch in anderer Hinsicht, etwa bei der Vertretungsbefugnis, der persönlichen Haftung, der Auseinandersetzung usw. die für die Kommanditgesellschaft geltenden Vorschriften zur Anwendung kommen müssen, so muß das auch bei der Frage nach der Zulässigkeit einer Ausschließung geschehen. Es ist insoweit nicht möglich, die Tatsache der Umgestaltung der Gesellschaft von einer Kapitalgesellschaft in eine Personalgesellschaft bei der rechtlichen Beurteilung überhaupt außer acht zu lassen. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, daß im vorliegenden Fall die Ausschließung des Beklagten aus der Gesellschaft aus Rechtsgründen überhaupt nicht möglich wäre. Der kapitalistische Charakter und Aufbau der Gesellschaft können vielmehr nur insoweit Berücksichtigung finden, daß ihnen bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen bei der Frage, ob angesichts der zutage getretenen Zerwürfnisse doch noch eine andere, für alle zumutbare Lösung möglich ist, die ihnen gebührende sachgerechte Beachtung zuteil wird.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen erkennen, daß sich das Berufungsgericht bei der Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände bewußt gewesen ist, daß es hierbei auch den besonderen Charakter und Aufbau der Gesellschaft zu berücksichtigen habe. Es hat sich in diesem Zusammenhang eingehend mit der Organisation der Gesellschaft und der Rechtsstellung des Beklagten, seiner gesellschaftlichen Befugnisse und seiner nur mittelbaren Einwirkungsmöglichkeit auf die Geschäftsführung der Gesellschaft auseinandergesetzt. Insoweit sind irgendwelche rechtliche Bedenken gegen das Berufungsurteil unbegründet.

Unter Würdigung des besonderen Charakters der hier in Betracht kommenden Gesellschaft erwägt das Berufungsgericht sodann auch die Frage, ob im vorliegenden Fall noch eine andere weniger schwerwiegende Möglichkeit gegeben sei, um die durch das Verhalten des Beklagten hervorgerufenen Spannungen einer sinnvollen, den schutzwerten Belangen beider Parteien gerecht werdenden Lösung zuzuführen. Das Berufungsgericht erwägt diese Frage aus zutreffenden Gründen, weil die Ausschließung eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft nach der feststehenden Rechtsprechung gleichsam nur das letzte Mittel darstellt, um die aus dem Verhalten des verklagten Gesellschafters drohenden Gefahren zu bannen, und weil demgemäß eine Ausschließung nicht ausgesprochen werden kann, wenn insoweit eine andere weniger hart treffende, aber doch ausreichende Maßnahme in Betracht kommt. Im Rahmen dieser Erwägung hat das Berufungsgericht geprüft, ob durch eine Übertragung des dem Beklagten zustehenden Kommanditanteils auf einen oder auf beide Söhne des Beklagten den schutzwerten Belangen der Kläger in ausreichendem Umfang Rechnung getragen werden kann. Das Berufungsgericht hat im Rahmen dieser tatsächlichen Erwägungen eine solche Möglichkeit nur deshalb als nicht ausreichend erachtet, weil in einem solchen Falle die Gefahr nicht ausgeschlossen werden könne, daß der Beklagte auch dann noch mittelbar Einfluß auf die Geschicke der Gesellschaft und auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Gesellschafter nehmen könne, indem er auf seinen Sohn oder auf seine beiden Söhne bei der Ausübung des Stimmrechts einwirke. Das Berufungsgericht hat somit die Übertragung des dem Beklagten gehörenden Gesellschaftsanteils auf einen seiner Söhne oder auf seine beiden Söhne nur deshalb als eine geeignete, die Ausschließung für nicht erforderlich erscheinende Maßnahme nicht angesehen, weil damit eine Beeinflussung der Söhne durch den Beklagten bei Ausübung des Stimmrechts nicht ausgeschlossen werden könne. Daraus folgt zugleich, daß nach der tatsächlichen Würdigung des Berufungsgerichts eine solche Maßnahme ausreichend sein würde, wenn dabei sichergestellt werden könnte, daß dem Beklagten eine Beeinflussung seiner Söhne bei der Stimmrechtsausübung unmöglich sein würde.

Unter Berücksichtigung dieser auch das Revisionsgericht bindenden tatrichterlichen Würdigung hat der erkennende Senat den Parteien einen Vergleichsvorschlag dahin gemacht, daß der Beklagte seinen Kommanditanteil auf einen seiner Söhne oder auf seine beiden Söhne übertrage, wobei das Stimmrecht aus diesem Kommanditanteil für Lebzeiten des Beklagten ruhen solle. Eine solche Regelung wäre nach der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts geeignet gewesen, den schutzwerten Belangen beider Parteien Rechnung zu tragen; sie hätte auch ausgereicht, um die durch das Verhalten des Beklagten hervorgerufene Gefahr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaftern zu bannen. Der Beklagte hat diesem Vergleichsvorschlag zugestimmt und damit von seiner Seite rechtlich die Möglichkeit eröffnet, daß die ihn weniger hart treffende, aber auch ausreichende Maßnahme ergriffen wird, die im Hinblick auf sein gesellschaftswidriges Verhalten zur Wahrung der notwendigen Zusammenarbeit der Gesellschafter erforderlich geworden war. Die Kläger dagegen haben diesen Vergleichsvorschlag abgelehnt und damit eine solche Regelung unmöglich gemacht. Auf ihr Verhalten geht es also zurück, daß diese als ausreichend zu erachtende Maßnahme gegen den Beklagten nicht ergriffen werden kann. Daraus folgt aber zugleich, daß sie nunmehr die Ausschließung des Beklagten auf Grund des festgestellten Sachverhalts nicht mehr verlangen können, weil die Ausschließung nur das äußerste Mittel zur Wahrung des Friedens unter den Gesellschaftern ist und weil die weniger hart treffende, aber doch ausreichende Maßnahme nur infolge ihrer ablehnenden Haltung nicht durchgeführt werden kann.

Nach Ansicht des erkennenden Senats bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, daß selbst noch in der Revisionsinstanz dieses Verhalten der Kläger bei Ablehnung des Vergleichsvorschlags im Zusammenhang mit der gesamten rechtlichen Beurteilung berücksichtigt wird. Denn diese rechtliche Beurteilung beruht auf der vom Berufungsgericht vorgenommenen tatrichterlichen Würdigung der gesamten Umstände, sie enthält also nicht eine neue tatrichterliche Würdigung, die dem Revisionsgericht allerdings nicht möglich wäre. Gegenüber dieser entscheidenden Erwägung, die dem Unterschied zwischen den Aufgaben des Tatrichters und des Revisionsrichters Rechnung trägt, kann dem Umstand, daß die Ablehnung des Vergleichsvorschlags erst in der Revisionsinstanz erfolgt ist, keine entscheidende und selbständige Bedeutung beigemessen werden.

Zusammenfassend ergibt sich somit, daß der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt über das Verhalten des Beklagten im Herbst 1945 nicht ausreicht, die Ausschließung des Beklagten zu rechtfertigen, nachdem die Kläger durch die Ablehnung des gerichtlichen Vergleichsvorschlags eine anderweite, und zwar zur Herstellung des Gesellschaftsfriedens ausreichende Regelung ihrerseits vereitelt haben.

B. Die Anschlußrevision der Kläger.

Die Anschlußrevision der Kläger wendet sich gegen den Teil der Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen dieses darlegt, daß die weiteren von den Klägern geltend gemachten Ausschließungsgründe die Ausschließung des Beklagten aus der Gesellschaft nicht rechtfertigen. Da diese Ausschließungsgründe zeitlich wesentlich früher liegen, erstreben die Kläger mit ihrer Anschlußrevision, daß für die Auseinandersetzung mit dem Beklagten die Bilanz der Gesellschaft zum 31. Dezember 1941 maßgeblich sei.

1.) Soweit sich diese Ausschließungsgründe auf Vorfälle stützen, die in die. Zeit vor der Umwandlung der Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft fallen, erübrigt es sich, auf die zahlreichen Verfahrens- und Sachrügen der Anschlußrevision näher einzugehen. Denn diese Vorfälle können aus Rechtsgründen nicht als Ausschließungsgründe gegen den Beklagten herangezogen werden, Solange das Gesellschaftsunternehmen als eine Aktiengesellschaft betrieben wurde, war eine Ausschließung des Beklagten nicht möglich. Denn nach der Organisation der Aktiengesellschaft bestehen zwischen den einzelnen Gesellschaftern (Aktionären) keine rechtlichen Beziehungen persönlicher Art, die die Grundlage für die Ausschließung eines einzelnen Aktionärs geben könnten. Das kann sich auch dann nicht ändern, wenn die Gesellschaft in eine Personalhandelsgesellschaft (Kommanditgesellschaft) umgewandelt wird. Denn die rechtliche Beurteilung des Verhaltens eines Aktionärs bleibt auch in einem solchen Fall dieselbe. Erst mit der Umwandlung der Gesellschaft, also erst mit der Errichtung der Kommanditgesellschaft treten die Gesellschafter zueinander in unmittelbare gesellschaftsrechtliche Beziehungen die ein gesellschaftstreues Verhalten erfordern und die bei einem gesellschaftswidrigen Verhalten eines einzelnen Gesellschafters seinen Ausschluß aus der Gesellschaft rechtfertigen können. Soweit dagegen ein anstößiges Verhalten eines einzelnen Gesellschafters in die Zeit vor der Errichtung der Kommanditgesellschaft fällt, kann es nicht als ein Verstoß gegen die durch die Kommanditgesellschaft begründeten gesellschaftsrechtlichen Pflichten betrachtet und zur Begründung einer Ausschließungsklage herangezogen werden. Ob und inwieweit ein solches Verhalten in der Zeit vor der Errichtung der Kommanditgesellschaft nach allgemeinen Grundsätzen zu einer Anfechtung wegen Irrtums wegen wesentlicher Eigenschaften dieses Gesellschafters berechtigen und nach den Grundsätzen über die faktische Gesellschaft zu einer Auflösung der Gesellschaft führen könnte, braucht hier nicht erörtert zu werden. Penn ein solches Ziel verfolgen die Kläger hier nicht. Zudem würde bei der hier gegebenen Sachlage unter Umständen zu erwägen sein, ob nicht in einem Fall der vorliegenden Art die Gesellschafter nur zu einer Aufhebung des damaligen Umwandlungsbeschlusses berechtigt wären. Denn nach allgemeinen Grundsätzen könnte die rechtliche Beachtung ihres Irrtums nur dazu führen, daß sie – bei den Besonderheiten der Personalgesellschaften freilich nur mit der Wirkung ex nunc – so gestellt werden, wie sie ohne ihren Irrtum gestanden haben würden. Das aber würde im günstigsten Fall bedeuten, daß die Gesellschafter seinerzeit im Hinblick auf das Verhalten des Beklagten die Umwandlung der Gesellschaft in eine Kommanditgesellschaft nicht vorgenommen haben würden, es also bei der Rechtsform der Aktiengesellschaft für das Gesellschaftsunternehmen geblieben wäre.

2.) Weiter wendet sich die Anschlußrevision dagegen, daß das Berufungsgericht das Verhalten des Beklagten in dem gegen ihn gerichteten Sondergerichtsverfahren nicht als Ausschließungsgrund gewertet habe. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts habe der Beklagte hier in unschöner Weise bei seinem Schlußwort vor dem Sondergericht objektiv wahrheitswidrig den Versuch unternommen, seinen Onkel P. F. sen, mit der Straftat zu belasten. Was hier die Anschlußrevision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts vorbringt, liegt auf tatsächlichem Gebiet. Das Berufungsgericht mußte bei der Würdigung dieses Ausschließungsgrundes auch die besonderen Verhältnisse des Beklagten, insbesondere seine schwierige Situation in dem Strafverfahren, berücksichtigen; wenn es dabei diesen Umständen zugunsten des Beklagten entscheidendes Gewicht beilegte, so ist das eine tatsächliche Beurteilung, die aus Rechtsgründen nicht angegriffen werden kann.

3.) Ferner rügt die Anschlußrevision noch, daß das Berufungsgericht zwei der geltend gemachten Ausschließungsgründe gar nicht erörtert habe. Die Kläger hätten ihr Ausschließungsbegehren auch darauf gestützt, daß der Beklagte im Jahre 1939 versucht habe, einmal seine Mutter und sodann auch seine Schwestern aus der Gesellschaft hinauszudrängen. Diese Auffassung der Anschlußrevision, ist jedoch nicht richtig. Die Kläger haben vielmehr in ihrem Schriftsatz vom 8. Januar 1952 (S 34) nur dargelegt, daß die Bestimmung im Gesellschaftsvertrag, wonach ein ausscheidender Gesellschafter lediglich mit dem Buchwert seines Kapitalkontos abzufinden sei, auf Veranlassung des Beklagten aufgenommen worden sei, und zwar in der offensichtlichen Absicht, die Angehörigen seiner Familie, insbesondere seine Mutter, gegebenenfalls billig abfinden zu können. Als Ausschließungsgrund ist dagegen diese angebliche Maßnahme des Beklagten von den Klägern nicht verwertet worden. Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision ist das dann auch nicht in dem Schriftsatz der Kläger vom 2. März 1953 (S 10) geschehen. Hier verteidigen sich die Kläger vielmehr nur gegen den vom Beklagten erhobenen Vorwurf, seine Schwestern versuchten sich durch seinen Ausschluß zu bereichern, machen aber nicht ihrerseits einen neuen selbständigen Ausschließungsgrund gegen den Beklagten aus dem Jahre 1939 geltend. Bei dieser Sachlage hatte das Berufungsgericht keinen Anlaß, auf die von der Anschlußrevision angezogenen Vorfälle noch besonders einzugehen.

4.) Wenn die Anschlußrevision schließlich noch bemängelt, das Berufungsgericht lasse eine Gesamtwürdigung aller geltend gemachten Ausschließungsgründe insgesamt vermissen, so entfällt dieser Vorwurf schon nach den Ausführungen unter Ziff. 1. Da die zeitlich vor dem Jahre 1937 liegenden Ausschließungsgründe schon aus Rechtsgründen die begehrte Ausschließung ohnehin nicht rechtfertigen konnten und von den späteren Vorfällen nur das Verhalten des Beklagten in dem Sondergerichtsverfahren in Betracht gezogen zu werden brauchte, entfiel insoweit ohne weiteres die Notwendigkeit einer Gesamtwürdigung aller geltend gemachten Ausschließungsgründe.

Somit erweist sich die Anschlußrevision als unbegründet. Das hat im Zusammenhang mit der rechtlichen Würdigung zur Revision des Beklagten zur Folge, daß sämtliche von den Klägern geltend gemachten Gründe die von den Klägern erstrebte Ausschließung des Beklagten nicht zu rechtfertigen vermögen. Es ist deshalb nicht nur die Anschlußrevision der Kläger als unbegründet zurückzuweisen, sondern auch auf die Revision des Beklagten das Berufungsurteil insoweit aufzuheben, als es die Berufung des Beklagten zurückgewiesen hat. Auf die Berufung des Beklagten ist weiterhin das Urteil des Landgerichts insoweit abzuändern, als es, der Klage stattgegeben hat.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 97 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Selowsky, Dr. Haidinger, Dr. Fischer, Dr. Kuhn, Artl

 

Fundstellen

BGHZ, 350

NJW 1955, 1919

Nachschlagewerk BGH

MDR 1957, 342

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