Leitsatz (amtlich)

1. Bei schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte und Interessen der Aktionäre, wie zB der Ausgliederung eines Betriebs, der den wertvollsten Teil des Gesellschaftsvermögens bildet, auf eine dazu gegründete Tochtergesellschaft, kann der Vorstand ausnahmsweise nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sein, gemäß AktG § 119 Abs 2 eine Entscheidung der Hauptversammlung herbeizuführen.

2. Macht ein Aktionär geltend, der Vorstand habe bei einer Betriebsausgliederung die notwendige Zustimmung der Hauptversammlung nicht eingeholt, so kann er auf Feststellung klagen, daß die Maßnahme nichtig oder unzulässig sei.

3. Zur Frage, ob und in welcher Zeit der Aktionär in einem solchen Fall auch auf Unterlassung oder Wiederherstellung des alten Zustands klagen darf.

4. Eine Vermögensübertragung im Sinne des AktG § 361 liegt trotz Ausgliederung des wertvollsten Teilbetriebs nicht vor, wenn die Gesellschaft mit dem zurückbehaltenen Betriebsvermögen noch ausreichend in der Lage bleibt, satzungsmäßige Unternehmensziele, wenn auch in eingeschränktem Umfang, selbst zu verfolgen.

5. Hat der Vorstand den wertvollsten Teil des Betriebsvermögens auf eine zu diesem Zweck errichtete 100%ige Tochtergesellschaft übertragen, so ist die Obergesellschaft jedem ihrer Aktionäre gegenüber verpflichtet, für Kapitalerhöhungen in der Tochtergesellschaft für die Zustimmung ihrer Hauptversammlung mit der Mehrheit einzuholen, die für eine entsprechende Maßnahme in der Obergesellschaft selbst erforderlich wäre. Ob dies auch dann gilt, wenn die Hauptversammlung der Ausgliederung vorher oder nachträglich mit satzungsändernder Mehrheit zugestimmt hat, bleibt offen.

 

Orientierungssatz

Zur Frage der Zulässigkeit der Gründung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien und einer juristischen Person als Komplementär.

 

Tenor

Auf die Revision der Kläger werden die Urteile des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 5. September 1980 und der Kammer 19 für Handelssachen des Landgerichts Hamburg vom 1. Oktober 1979 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Hilfsantrag der Kläger zu 3 b abgewiesen worden ist.

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, für Kapitalerhöhungsmaßnahmen in der H S Kommanditgesellschaft auf Aktien, auch soweit sie in deren Satzung vorgesehen sind, die Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten mit der Mehrheit einzuholen, die für eine entsprechende Maßnahme in der Beklagten selbst erforderlich wäre, und ohne diese Zustimmung die Maßnahme zu unterlassen.

Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.

 

Tatbestand

Der verstorbene Kaufmann R, für den die jetzigen Kläger als Testamentsvollstrecker in den Rechtsstreit eingetreten sind (im folgenden der Einfachheit halber weiter als „der Kläger” bezeichnet), war als Aktionär am Grundkapital der Beklagten in Höhe von 3,2 Mio. DM mit 250.000 DM beteiligt. Unternehmensgegenstand der Beklagten war und ist nach § 2 ihrer Satzung unter anderem der Betrieb einer Umschlag- und Lagerungsanlage für Holz und andere Güter sowie die Vermittlung, Durchführung und Finanzierung von Holzgeschäften. In der ursprünglichen Fassung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung gehörte dazu ferner „die Beteiligung an anderen Unternehmungen der Holz- und ähnlichen Branchen industrieller und/oder kommerzieller Art, gegebenenfalls auch Übernahme bzw. Erwerb solcher Unternehmungen”. Diese Bestimmung wurde durch eine in der Hauptversammlung vom 14. Juli 1972 beschlossene Satzungsänderung, der auch der Kläger zustimmte, wie folgt neu gefaßt (§ 2 Abs. 2):

„Die Aktiengesellschaft ist ferner berechtigt, andere Unternehmen zu errichten und zu erwerben sowie sich an anderen Unternehmen zu beteiligen.

Sie kann ihren Betrieb ganz oder teilweise solchen Gesellschaften überlassen.”

Den Zweck dieser Änderung erläuterte ein Vorstandsmitglied in der Hauptversammlung dahin, sie solle „die Voraussetzungen für eine Ausgliederung des Hafenbetriebes aus der AG und dessen Überführung in eine neu zu gründende KGaA ermöglichen, wobei die AG als Holding das den Hafenbetrieb betreffende Anlagevermögen gegen ein entsprechendes Aktienpaket der neuen KGaA eintauschen würde.”

Dabei bezog sich der Sprecher darauf, daß sich der Seehafenbetrieb W neben dem ursprünglich im Vordergrund stehenden Holzhandels- und Holzmaklergeschäft zu einem organisatorisch selbständigen, von seinen Bindungen an die Holzwirtschaft weitgehend gelösten Unternehmensbereich entwickelt hatte, nachdem die Beklagte für ihn 1967 die vollen Umschlagsrechte erlangt hatte.

Nachdem schon am 22. Juni 1972 die H H- Beteiligungs GmbH gegründet worden war, errichtete diese zusammen mit der Beklagten und drei weiteren Gründern am 13. November 1972 die H S Kommanditgesellschaft auf Aktien (im folgenden: Holzmüller KGaA) mit der vorgenannten GmbH als persönlich haftender Gesellschafterin und einem Grundkapital von 4,8 Mio. DM. Die Beklagte brachte satzungsgemäß den Seehafenbetrieb W mit allen Aktiven und Passiven zum Buchwert gegen Übernahme von 95.997 Aktien im Nennbetrag von je 50 DM ein. Die Holzmüller KGaA wurde am 27. Dezember 1972 in das Handelsregister eingetragen. Die Beklagte hält heute allein sowohl alle Aktien als auch das gesamte Stammkapital der Komplementär-GmbH.

Der Kläger hält die Ausgliederung des Seehafenbetriebs ohne die Zustimmung der Hauptversammlung wegen Verletzung des § 361 AktG, wegen unerlaubter Änderung des Unternehmensgegenstandes und wegen Verstoßes gegen § 138 BGB für unwirksam. Er hat vorgetragen, dieser Betrieb sei das Herzstück des Unternehmens gewesen, dem gegenüber die der Beklagten verbliebenen Vermögensreste, insbesondere der Holzhandel, substanz- und ertragsmäßig nicht ins Gewicht fielen. Die Ausgliederung habe die Möglichkeit schaffen sollen, für den aufstrebenden Hafenbetrieb eine Kapitalerhöhung ohne Beteiligung der Minderheitsaktionäre durchzuführen und so deren Bezugsrecht zu beseitigen. Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Einbringung des Seehafenbetriebs als Sacheinlage in das Vermögen der H KGaA und alle damit zusammenhängenden Rechtsakte nichtig seien;
  2. hilfsweise, die Beklagte in deren Eigenschaft als Alleingesellschafterin der H KGaA zur Rückübertragung des Seehafenbetriebs zu verurteilen;
  3. hilfsweise festzustellen, daß die Beklagte in ihrer vorgenannten Eigenschaft verpflichtet sei,

    1. zu allen Maßnahmen, für die nach dem Gesetz ein Hauptversammlungsbeschluß mit einer Kapitalmehrheit von mindestens 3/4 erforderlich ist, die Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten mit einer entsprechenden Mehrheit einzuholen;
    2. insbesondere für Kapitalerhöhungsmaßnahmen der H KGaA, auch soweit sie in deren Satzung bereits vorgesehen sind, die Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten mit der für die jeweilige Maßnahme nach dem Gesetz erforderlichen Mehrheit einzuholen, anderenfalls die Maßnahme nicht durchgeführt werden könne;
  4. hilfsweise, die Beklagte zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung zu verurteilen, die dem Kläger bei einer Kapitalerhöhung der H KGaA einen Rechtsanspruch auf Aktienerwerb mit demselben wirtschaftlichen Erfolg geben würde, wie wenn der Hafenbetrieb noch zum Vermögen der Beklagten gehörte.

Die Beklagte hat mit ihrem Klagabweisungsantrag die Rechtsansichten des Klägers bekämpft, die Aktiv- und Passivlegitimation der Parteien für die Klageansprüche bezweifelt und in tatsächlicher Hinsicht bestritten, daß der ausgegliederte Seehafenbetrieb das Kernstück ihres Unternehmens gewesen sei; dessen Schwerpunkt liege vielmehr traditionell im Holzgeschäft, das nur seit einigen Jahren unter der schlechten Baukonjunktur leide. Die rechtliche Aufspaltung der beiden Unternehmensteile sei als Folge ihrer tatsächlichen Entwicklung betriebswirtschaftlich und organisatorisch angezeigt gewesen. Eine Kapitalerhöhung sei gegenwärtig nicht notwendig und deshalb auch nicht beabsichtigt.

Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Der Hauptantrag des Klägers, die Nichtigkeit aller Rechtsakte im Zusammenhang mit der Ausgliederung des Seehafenbetriebs W aus dem Vermögen der Beklagten festzustellen, ist nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts zulässig, aber nicht begründet (vgl. den Urteilsabdruck in ZIP 1980, 1000 = JZ 1981, 231 m. Anm. Großfeld; LG-Urt.: AG 1980, 199).

1. Der Antrag betrifft zwar kein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien. Eine Klage nach § 256 ZPO kann aber auch auf Feststellung gehen, daß zwischen der beklagten Partei und einem Dritten ein Rechtsverhältnis bestehe oder nicht bestehe, wenn dies zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist, der Kläger an einer alsbaldigen Klärung dieser Frage ein rechtliches Interesse hat und – was hier hinzukommen muß – das Aktienrecht für die Austragung eines solchen Streits keine abschließende Regelung trifft. Unter keinem dieser Gesichtspunkte bestehen Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags.

Das im Rahmen von § 256 ZPO als richtig zu unterstellende Klagevorbringen geht in erster Linie dahin, die Verpflichtung der Beklagten zur Einbringung aller Aktiva und Passiva des Seehafenbetriebs in die H KGaA und deren dinglicher Vollzug hätten ohne die Zustimmung der Hauptversammlung gemäß § 361 AktG nicht wirksam werden können. In der trotzdem durchgeführten Ausgliederung sieht der Kläger einen gesetzwidrigen Eingriff in die Zuständigkeit der Hauptversammlung und zugleich in die Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Aktionäre, mit dem namentlich deren Bezugsrecht für den Fall einer Kapitalerhöhung habe ausgeschaltet werden sollen. Die von ihm aufgeworfene Frage nach dem rechtlichen Bestand der Ausgliederung berührt demnach seine Stellung als Aktionär und damit sein Rechtsverhältnis zur Beklagten. Denn wenn ihr gegenüber die Nichtigkeit der Ausgliederung festgestellt würde, hätte der Kläger begründete Aussicht, daß die Gesellschaftsorgane hieraus die notwendigen Folgerungen ziehen würden. Wollte die Beklagte aber entgegen einem solchen Urteil den tatsächlich geschaffenen Zustand zum Nachteil des Klägers aufrechterhalten und zu weiteren Maßnahmen, die etwa die Kapitalverhältnisse oder die Gewinnverwendung beträfen, ausnutzen, so könnte dies für ihn die Grundlage konkreter Abwehrrechte oder Schadensersatzansprüche bilden oder mindestens entsprechende Anträge in der Hauptversammlung, z.B. auf Versagung der Entlastung für Vorstand und Aufsichtsrat, rechtfertigen. Hieraus ergibt sich das rechtliche Interesse des Klägers an der gewünschten Feststellung.

Seiner darauf gestützten Klage nach § 256 ZPO stehen besondere aktienrechtliche Gründe nicht entgegen. Die Nichtigkeits- und Anfechtungsvorschriften der §§ 241 ff AktG schließen gewöhnliche Feststellungsklagen, auch von Aktionären, bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses (vgl. BGHZ 76, 191, 198 f) zumal dann nicht aus, wenn es an einem nach jenen Vorschriften angreifbaren Beschluß überhaupt fehlt. Insbesondere braucht sich ein Aktionär nicht entgegenhalten zu lassen, er dürfe seine Mitspracherechte in Angelegenheiten der Gesellschaft nur durch Abstimmung in der Hauptversammlung ausüben (RG JW 1927, 1677 ff), wo es, wie hier, gerade darum geht, ob Rechtsgeschäfte wegen unzulässiger Übergehung der Hauptversammlung nichtig sind. Auch kann dem einzelnen Aktionär, der aus einer solchen Rechtslage wirtschaftliche Nachteile für sich selbst befürchtet, nicht zugemutet werden abzuwarten, bis sich die Nachteile zu einem konkret berechenbaren Vermögensschaden verdichtet haben. Ob dann ein Vorgehen gegen die Verantwortlichen nach § 117 oder § 147 AktG zum Ziele führen würde, ist angesichts der erschwerten Voraussetzungen dieser Vorschriften keineswegs sicher. Ein schon jetzt mögliches Verlangen nach Einberufung der Hauptversammlung müßte nach § 122 AktG die Unterstützung einer Mindestzahl von Aktionären finden und könnte nur darauf hinauslaufen, die Zustimmung der Hauptversammlung zur Vermögensübertragung zu beantragen (vgl. § 83 AktG). Gerade das ist aber nicht das Anliegen des Klägers. Es wäre vielmehr Sache der Verwaltung oder der an einem solchen Beschluß interessierten Aktionäre, ihn, wenn notwendig, ihrerseits herbeizuführen. Eine materiell begründete Rechtsverfolgung darf aber grundsätzlich nicht daran scheitern, daß die dem Aktiengesetz eigenen Rechtsbehelfe tatbestandsmäßig versagen. Vielmehr muß der in seinen Rechten verletzte Aktionär dann auf die Mittel zurückgreifen können, die ihm die allgemeinen Gesetze zur Verfügung stellen, es sei denn, der Sinn einer aktienrechtlichen Bestimmung liege gerade darin, diese Möglichkeit aus besonderen Gründen zu unterbinden; ein solcher Zweck ist dem Gesetz, insbesondere auch dem § 118 Abs. 1 AktG, nicht zu entnehmen.

2. Sachlich fehlt es indessen an den Voraussetzungen für die vom Kläger geltend gemachte Nichtigkeitsfolge.

a) Eine Vermögensübertragung, die nach § 361 AktG ohne die Zustimmung der Hauptversammlung wegen fehlender Vertretungsmacht des Vorstands gegenüber der Beklagten schuldrechtlich nicht wirksam geworden wäre, scheidet aus, weil die Beklagte nicht, wie diese Vorschrift es verlangt, ihr ganzes Vermögen auf die H KGaA übertragen hat. Anders wäre es, wenn im Verhältnis zum Ganzen nur unwesentliche einzelne Vermögensteile bei der Beklagten verblieben wären (RGZ 124, 279, 294 ff; Schilling in Großkomm. AktG 3. Aufl. § 361 Anm. 4). Das ist jedoch nicht der Fall.

Der Revision ist zwar insoweit zuzustimmen, als sie den vom Berufungsgericht angestellten Substanzwertvergleich hier nicht als ausschlaggebend ansieht. In der Tat läßt sich bei dem vorliegenden Sachverhalt die Frage, ob die Beklagte noch ein verhältnismäßig beträchtliches Restvermögen behalten hat, nicht einfach so beantworten, daß man, wie das Berufungsgericht es getan hat, lediglich die Teilreproduktionswerte des übertragenen mit denen des verbliebenen Anlage- und Umlaufvermögens vergleicht und hierbei weder die Passiva noch die jeweiligen Ertragserwartungen berücksichtigt. Denn § 361 AktG hat nicht, wie § 419 BGB, den Zweck, die Gesellschaftsgläubiger gegen die Verflüchtigung von Vollstreckungsobjekten zu schützen, sondern er will die Gesellschafter dagegen sichern, daß die Gesellschaft ohne ihren Willen das Gesellschaftsvermögen als die Grundlage ihrer satzungsmäßigen Unternehmenstätigkeit völlig aus der Hand gibt (Urt. d. Sen. v. 16. 11. 1981 – II ZR 150/80, WM 1982, 86). Ist, wie hier, Gegenstand der Vermögensübertragung ein lebendes Unternehmen, so entfällt daher nach Wortlaut und Zweck der Tatbestand des § 361 AktG nur, wenn die Gesellschaft mit dem zurückbehaltenen Betriebsvermögen noch ausreichend in der Lage bleibt, ihre in der Satzung festgelegten Unternehmensziele weiterhin, wenn auch in eingeschränktem Umfang, selbst zu verfolgen.

Diese Möglichkeit hat die Beklagte behalten. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die sich auf die bei den Akten befindlichen Jahresabschlüsse und das Gutachten eines Wirtschaftsprüfer stützen konnten, war das bei ihr verbliebene Holzgeschäft, das einen selbständigen Unternehmensbereich bildete, zur Zeit der Veräußerung des Seehafenbetriebs für eine weitere eigene Unternehmenstätigkeit geeignet und hierzu auch bestimmt. Zwar sind seitdem die Erträge aus diesem Geschäft stark zurückgegangen oder sogar Verluste entstanden, so daß die ausgewiesenen Jahresüberschüsse schließlich nur noch aus den Gewinnabführungen der Tochtergesellschaften herzurühren scheinen. Mindestens bis zum Zeitpunkt der Vermögensübertragung Ende 1972, auf den es hier ankommt, hat aber das Holzhandelsgeschäft für sich allein noch Gewinn abgeworfen (Schriftsätze der Beklagten v. 21. 6. 1976 S. 3 ff u. v. 20. 12. 1976 S. 9 ff, des Klägers v. 5. 7. 1976 S. 14 ff). Ist ein solcher bei der Obergesellschaft verbliebener Unternehmensteil geeignet und dazu bestimmt, selbständig weitergeführt zu werden, so dürfen zudem bei der Prüfung, ob das „ganze Gesellschaftsvermögen” übertragen worden ist, der Wert einer zurückbehaltenen Beteiligung und die Erträge daraus, wie sie die Beklagte namentlich aufgrund des Ergebnisübernahmevertrags mit der Außenhandelsgesellschaft J. F. M & Sohn GmbH vereinnahmt, nicht außer Betracht bleiben (vgl. RG JW 1929, 1371). Solche Beteiligungen an anderen Unternehmen gehören hier ohnehin, der Satzung (§ 2 alter und neuer Fassung) zufolge, schon geraume Zeit zum überkommenen Gesamtbild der Beklagten.

Auch eine entsprechende Anwendung des § 361 AktG auf den Fall, daß ein wesentlicher oder sogar den Schwerpunkt der bisherigen Unternehmenstätigkeit bildender, aber das Betriebsvermögen nicht erschöpfender selbständiger Vermögensteil ausgegliedert wird (so Timm, Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze, 1980, § 9 D S. 114 ff u. AG 1980, 172, 176 f), hat das Berufungsgericht mit Recht abgelehnt. Sie wäre mit der von § 23 Abs. 2 Nr. 1 GWB („ganz oder zu einem wesentlichen Teil”) deutlich unterschiedenen, von jeher im Sinne einer Gesamtveräußerung verstandenen Gesetzesfassung unvereinbar. Zudem würden die dann auftretenden Abgrenzungsschwierigkeiten zu einer Rechtsunsicherheit führen, die im Hinblick auf die durch § 361 AktG eingeschränkte Vertretungsmacht des Vorstands untragbar wäre.

b) Der Gesichtspunkt der sogenannten „faktischen Satzungsänderung”, d. h. eines Verstoßes gegen die Satzung durch Änderung oder Erweiterung des dort beschriebenen Unternehmensgegenstandes ohne förmlichen Beschluß nach § 179 AktG, vermag die vom Kläger beantragte Nichtigkeitsfeststellung – ganz abgesehen von der fehlenden Außenwirkung eines solchen Verstoßes (§ 82 Abs. 1 AktG) – ebenfalls nicht zu begründen.

Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, deckt die Satzung der Beklagten namentlich in ihrer neuen Fassung von 1972 die Errichtung abhängiger Gesellschaften mit gleichem Unternehmensgegenstand wie der H KGaA mit ihrer Komplementär-GmbH, so daß auf sich beruhen kann, inwieweit es einer dahingehenden ausdrücklichen Bestimmung überhaupt bedurfte. Die so geschaffene neue Unternehmensverbindung änderte insofern nicht den Unternehmensgegenstand in seiner „geschichtlichen Prägung” (Mertens, AG 1978, 309, 311), als die Beklagte mit der Außenhandelsgesellschaft J. F. M & Sohn GmbH, die ihrerseits an zwei ausländischen Tochtergesellschaften maßgeblich beteiligt war, bereits einen Konzern bildete. Fraglich könnte allenfalls sein, ob die Ausgliederung eines so wichtigen Teilbetriebs wie des Seehafens noch im Rahmen der Satzung lag. Das ist aber schon deshalb der Fall, weil es § 2 Abs. 2 n. F. der Beklagten ausdrücklich gestattet, „ihren Betrieb ganz oder teilweise” anderen Gesellschaften zu „überlassen”, die sie errichtet oder erworben hat oder an denen sie beteiligt ist. Die weite Fassung dieser Klausel und ihr Zusammenhang mit dem zugleich geregelten Beteiligungserwerb weisen bei der hier gebotenen objektiven Auslegung deutlich genug darauf hin, daß mit dem Begriff „überlassen” nicht nur die heute verhältnismäßig seltenen „Betriebsüberlassungsverträge” im Sinne von § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG gemeint sein können (vgl. dazu Biedenkopf/Koppensteiner in Köln. Komm. z. AktG § 292 Anm. 23), sondern gerade auch die Übertragung von Betriebsvermögen auf eine Tochtergesellschaft eingeschlossen sein soll.

c) Das bedeutet freilich nur, daß sich eine förmliche Satzungsänderung erübrigte. Ob der Vorstand die Ausgliederung des Seehafenbetriebs von sich aus beschließen durfte, ohne die Aktionäre zu befragen, ist damit noch nicht entschieden. Ist eine Zuständigkeit der Hauptversammlung, wie etwa in § 293 oder § 361 AktG, gesetzlich vorgeschrieben, so ergibt sich von selbst aus dem zwingenden Charakter dieser Vorschriften, daß die Satzung von ihrer Einhaltung nicht entbinden kann (§ 23 Abs. 5 AktG). Aber auch dort, wo die Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht voll erfüllt sind, aber ein ihnen nahekommender oder durch die Satzung nicht gedeckter Sachverhalt gegeben ist, kann für den Vorstand eine Vorlage an die Hauptversammlung ausnahmsweise zur Pflicht werden. Zwar steht es, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, grundsätzlich im Ermessen des Vorstands, ob er nach § 119 Abs. 2 AktG eine Entscheidung der Hauptversammlung herbeiführen will, um seine Verantwortlichkeit zu mindern (§ 93 Abs. 4 Satz 1 AktG). Es gibt jedoch grundlegende Entscheidungen, die durch die Außenvertretungsmacht des Vorstands, seine gemäß § 82 Abs. 2 AktG begrenzte Geschäftsführungsbefugnis wie auch durch den Wortlaut der Satzung formal noch gedeckt sind, gleichwohl aber so tief in die Mitgliedsrechte der Aktionäre und deren im Anteilseigentum verkörpertes Vermögensinteresse eingreifen, daß der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe sie in ausschließlich eigener Verantwortung treffen, ohne die Hauptversammlung zu beteiligen. In solchen Fällen verletzt der Vorstand seine Sorgfaltspflicht, wenn er von der Möglichkeit des § 119 Abs. 2 AktG keinen Gebrauch macht (vgl. Barz in Großkomm. AktG, 3. Aufl., § 119 Anm. 7 a.E.; Timm, Die AG als Konzernspitze, § 16 D S. 175 ff).

Eine Maßnahme von solcher Tragweite für Gesellschaft und Aktionäre, daß der Vorstand die Hauptversammlung nicht übergehen dürfte, war die Abspaltung des Seehafenbetriebs W und seine Verlagerung auf die neu gegründete Tochtergesellschaft. Denn sie spielte sich im Kernbereich der Unternehmenstätigkeit ab, betraf nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den wertvollsten Betriebszweig und änderte die Unternehmensstruktur von Grund auf. Damit ging sie über den gewöhnlichen Rahmen von Handlungen der Geschäftsführung, zu denen gemeinhin auch die Gründung oder der Erwerb einer Tochtergesellschaft und deren Ausstattung mit dem notwendigen Kapital gerechnet werden, weit hinaus. Für die Rechtsstellung der Aktionäre war eine solche „Ausgliederung” von einschneidender Bedeutung, wie im einzelnen noch darzulegen sein wird. Der Vorstand durfte sie daher nicht durchführen, ohne daß ihr die Hauptversammlung der Beklagten zugestimmt hatte.

d) Die Verletzung dieser (internen) Vorlagepflicht beeinträchtigt jedoch nach außen hin nicht die Wirksamkeit der vom Kläger bekämpften Maßnahmen. Denn nach § 82 Abs. 1 AktG ist die Vertretungsmacht des Vorstands nur durch das Gesetz beschränkbar.

Der Gedanke des Berufungsgerichts, dieser Grundsatz entfalle, wo ein Mißbrauch der Vertretungsmacht für den Vertragsgegner erkennbar sei (BGHZ 50, 112) oder das Rechtsgeschäft mit einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft abgeschlossen werde, weil sich in solchen Fällen ein Verkehrsschutz erübrige (Uwe H. Schneider in Festschr. f. Bärmann, 1975, S. 873, 891), kommt hier nicht zum Zuge. Denn das beanstandete Sacheinlageversprechen der Beklagten bildete einen Bestandteil des Vertrags über die Errichtung der H KGaA. Nachdem dieser Gründungsvertrag vollzogen und die Gesellschaft mit ihrem satzungsmäßigen Grundkapital ins Leben getreten ist, kann keine Rede mehr davon sein, die Einbringungsverpflichtung der Beklagten berühre lediglich das interne Verhältnis zu ihrer Tochtergesellschaft und nicht auch den allgemeinen Rechtsverkehr und die Öffentlichkeit. Eine Rückübertragung des Seehafenbetriebs auf die Beklagte ohne Herabsetzung des Grundkapitals (§ 222 ff AktG) oder Auflösung der Gesellschaft ist durch § 57 Abs. 1 in Verbindung mit § 278 Abs. 3 AktG verboten. Die Beklagte könnte sie daher rechtlich auch nicht einfach deshalb beanspruchen, weil ihr Vorstand das Einlageversprechen unzulässigerweise ohne Zustimmung ihrer Hauptversammlung abgegeben und dadurch seine nach außen unbegrenzte Vertretungsbefugnis mißbraucht habe (vgl. Lutter, Die Rechte der Gesellschafter beim Abschluß fusionsähnlicher Unternehmensverbindungen, 1974, S. 30 zu Fn. 73 m.w.N.).

Infolgedessen scheidet die Möglichkeit aus, dem Hauptantrag des Klägers zufolge die Einbringung des Seehafenbetriebs in die H KGaA oder auch nur die Verpflichtung dazu mit der Begründung für nichtig zu erklären, der Vorstand der Beklagten habe seine Organvertretungsmacht pflichtwidrig ausgenutzt oder – wie die Revision weiterhin anführt – gegen die guten Sitten verstoßen (vgl. hierzu BGHZ 21, 378, 382 f; RGZ 124, 279, 287 f).

e) Erstmals mit der Revision macht der Kläger noch geltend, die Gründung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien mit einer juristischen Person, der H H-Beteiligungs GmbH, als persönlich haftender Gesellschafterin sei unzulässig gewesen. Wäre dies richtig, so würde auch dieser Mangel nicht die Gültigkeit der Einbringungszusage berühren. Er hätte höchstens als Verstoß gegen § 281 Abs. 1 AktG eine Klage nach §§ 275, 278 Abs. 3 AktG mit dem Ziel begründen können, daß die Gesellschaft für nichtig erklärt und alsdann gemäß § 277 AktG abgewickelt werde.

II. Den ersten Hilfsantrag des Klägers, die Beklagte in deren Eigenschaft als (wirtschaftliche) Alleingesellschafterin der H KGaA zur Rückübertragung des Seehafenbetriebs auf sich selbst zu verurteilen, hat das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls mit Recht abgewiesen.

1. Aktienrechtlich läßt sich allerdings auch eine solche Klage nicht grundsätzlich ausschließen.

a) Wie jeder Aktionär hat der Kläger einen verbandsrechtlichen Anspruch darauf, daß die Gesellschaft seine Mitgliedsrechte achtet und alles unterläßt, was sie über das durch Gesetz und Satzung gedeckte Maß hinaus beeinträchtigt. Dieser Anspruch wird verletzt, wenn der Vorstand die Hauptversammlung und damit auch die einzelnen Aktionäre bei einer Entscheidung von der nach der Sachlage gebotenen Mitwirkung ausschließt. Will sich ein Aktionär hiergegen wehren, so braucht er sich nicht auf eine Klage gegen den Vorstand verweisen zu lassen, der zu den Gesellschaftern in keinen unmittelbaren Rechtsbeziehungen steht und deshalb von ihnen, abgesehen von den besonderen Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 Satz 2 AktG, nur unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung belangt werden kann (vgl. hierzu Mertens, AG 1978, 309 ff u. in Festschr. f. Robert Fischer, 1979, S. 460, 470). Denn wenn ein Vorstand aufgrund seiner Vertretungsbefugnis eigenmächtig nach außen tätig wird, ohne die Hauptversammlung, wie es seine Pflicht wäre, intern zu beteiligen, tut er dies als Organ der Gesellschaft. Es ist daher deren Sache, durch ihre Organe Abhilfe zu schaffen, den betroffenen Aktionären Genüge zu tun und dafür zu sorgen, daß ihre Mitgliedsrechte künftig nicht mehr verletzt werden.

b) Einer hierauf gestützten Aktionärsklage auf Unterlassung oder Wiederherstellung kann nicht entgegengehalten werden, es sei einem nicht geschäftsführenden Gesellschafter grundsätzlich versagt, durch Weisungen oder Verbote, mögen sie auch auf ein pflichtmäßiges Verhalten abzielen, persönlich in einfache Geschäftsführungsangelegenheiten einzugreifen (so für die KG: BGHZ 76, 160, 167 f). Denn es geht hier nicht um eine gewöhnliche, vom Vertretungsorgan allein zu verantwortende Geschäftsführungsmaßnahme, sondern um den Vorwurf, der Vorstand habe die Aktionäre bei einer von ihnen intern mit zu entscheidenden Angelegenheit übergangen. Ebenso kann schwerlich von einer Störung der aktienrechtlichen Zuständigkeitsordnung gesprochen werden, wo die Klage eines Aktionärs gerade den Zweck haben soll, diese vom Vorstand verletzte Ordnung zu erhalten oder wiederherzustellen und damit zugleich eigene Rechte zu wahren. Der Schutz der innergesellschaftlichen Ordnung ist daher kein Gesichtspunkt, der eine mit solchem Ziel erhobene Leistungs- oder Unterlassungsklage ausschließen könnte. Vielmehr muß ein Aktionär, soll er nicht rechtlos gestellt sein, diese Klage jedenfalls dann erheben können, wenn zur Wahrung seiner Rechte ebenso geeignete aktienrechtliche Behelfe nicht zur Verfügung stehen oder nur auf schwierigen Umwegen zum Ziel führen könnten (ebenso im Ergebnis Knobbe-Keuk in Festschr. f. Ballerstedt, 1975, S. 239, 251 ff; Großfeld, JZ 1981, 234 ff; vgl. auch zur GmbH: BGHZ 65, 15, 21; anders RGZ 115, 246, 251; zweifelnd auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, I. Bd., 1980, § 8 IV 1 c dd S. 463 f; Hommelhoff, ZHR 1979, 288, 310 f; weitere reiche Fundstellennachweise im Berufungsurteil aaO).

Dabei handelt es sich nicht darum, dem einzelnen Aktionär ein „Ersatzaufsichtsrecht”, d. h. das Recht zuzubilligen, für die Gesellschaft gegen das geschäftsführende Organ, das seine Grenzen überschreitet und dadurch die Ordnung des Verbandes stört, durch eine Klage vorzugehen, wenn das hierzu in erster Linie berufene Kontrollorgan versagt (so Lutter AcP Bd. 180 S. 84, 142; Timm, AG 1980, 172, 185). Die Klagebefugnis des Aktionärs beruht vielmehr darauf, daß er, wie hier, geltend macht, durch eine unzulässige Ausschaltung der Hauptversammlung in seiner eigenen Mitgliedsstellung betroffen zu sein.

Daß auf diese Weise die Gesellschaftermehrheit überspielt werden könnte, ist nicht zu befürchten. Denn es bleibt der Gesellschaft unbenommen, der Klage dadurch den Boden zu entziehen, daß sie die fehlende Zustimmung der Hauptversammlung nachträglich herbeiführt. Tut sie dies nicht, so darf sie sich nicht beschwert fühlen, wenn der Aktionär mit seiner Klage durchdringt und sie daraufhin gezwungen ist, die von ihm gerügte Rechtsverletzung zu beseitigen. Die Gefahr aber, sich gegen eine mutwillig erhobene Leistungs- oder Unterlassungsklage verteidigen zu müssen, kann sie kaum stärker belasten als die Möglichkeit, mit unbegründeten Nichtigkeits- oder Anfechtungsklagen überzogen zu werden.

2. Wie jeder Anspruch steht aber auch der Anspruch des Klägers auf Rückübertragung des Seehafenbetriebs unter dem Vorbehalt, daß er nicht mißbräuchlich unter Verletzung der Rücksichtnahme ausgeübt werden darf, die der Aktionär seinerseits der Gesellschaft schuldet. Dazu gehört die Notwendigkeit, ihn ohne unangemessene Verzögerung geltend zu machen. Hat die Hauptversammlung einer Maßnahme des Vorstands zugestimmt und ist der Beschluß gesetz- oder satzungswidrig oder auf Erlangung unzulässiger Sondervorteile gerichtet (§ 243 AktG), so kann ihn ein Aktionär nur innerhalb der Monatsfrist des § 246 AktG anfechten. Dazu darf die Zeit nicht außer Verhältnis stehen, die ein Aktionär bis zur Klageerhebung verstreichen läßt, wenn er sich, wie hier, durch Handlungen des Vorstands in seiner Mitgliedsstellung verletzt oder gefährdet sieht, zu denen die Hauptversammlung keinen Beschluß gefaßt hat. Unter diesem Gesichtspunkt kann der Kläger von der Beklagten die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht mehr verlangen.

Schon in der Hauptversammlung vom 14. Juli 1972 hatte der Vorstand der Beklagten die beabsichtigte Ausgliederung des Seehafenbetriebs und dessen Einbringung in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien angekündigt. Der Zweck der hierzu vorgeschlagenen und mit der Stimme des Klägers beschlossenen Satzungsänderung muß also schon damals den anwesenden Aktionären klar gewesen sein, wenn dies auch nicht die Zustimmung der Hauptversammlung zur Ausgliederung selbst ersetzen konnte. Darüber hinaus hat der Vorstand in seinem Rundbrief an die Aktionäre vom Januar 1973, mit dem er die Durchführung des Vorhabens mit Rückwirkung zum 1. Juli 1972 bekannt gab, auch die vom Kläger als besonders belastend empfundene Möglichkeit einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft angedeutet. Der Kläger hat daraufhin zunächst wegen einer Sicherung seines Bezugsrechts mit der Beklagten korrespondiert (Schrifts. d. Klägers v. 4. 6. 1975 S. 24 u. v. 30. 12. 1975 S. 18). Nach dem Scheitern dieser Verhandlung hat er jedoch erst Anfang Juni 1975, 2 1/2 Jahre nach dem tatsächlichen und rechtlichen Vollzug der Ausgliederung, seine Klage eingereicht. Zwar könnte es der Beklagten als der einzigen Gesellschafterin der H KGaA und ihrer Komplementär-GmbH keine unüberwindbaren Schwierigkeiten bereiten, diese Gesellschaften wieder aufzulösen und das Betriebsvermögen auf sich zurückzuübertragen. Das wäre aber mit empfindlichen Eingriffen in die nunmehr seit Jahren bestehende und weiter ausgebaute rechtliche, geschäftliche und personelle Struktur der Unternehmen, mit einem erheblichen organisatorischen und finanziellen Aufwand und nach der, allerdings vom Kläger bestrittenen, Behauptung der Beklagten auch mit steuerlichen Nachteilen verbunden. Hinzu kommt, daß sich der Seehafenbetrieb seit der Ausgliederung besonders erfolgreich entwickelt hat und dies in Gestalt von Gewinnausschüttungen auch den Aktionären der Beklagten zugute gekommen ist. Unter diesen Umständen war im Juni 1975 der angemessene Zeitraum, innerhalb dessen der Kläger auf Rückgliederung des Seehafens hätte klagen können und müssen, weit überschritten.

III. Der zweite Hilfsantrag des Klägers ist insoweit unbegründet, als eine Verpflichtung der Beklagten festgestellt werden soll, zu allen Maßnahmen in der H KGaA, denen die Hauptversammlung mit einer Kapitalmehrheit von mindestens 3/4 zustimmen muß, die Zustimmung ihrer eigenen Hauptversammlung einzuholen.

1. Mit diesem Antrag greift der Kläger Gedanken auf, mit denen das neuere Schrifttum eine vom Aktiengesetz nicht erfaßte Problematik im Recht der verbundenen Unternehmen aufzeigt und zu lösen versucht.

Verlagert eine Aktiengesellschaft wesentliche Teile ihres Betriebsvermögens auf eine Tochtergesellschaft, so schwächt diese Strukturänderung selbst dann, wenn sämtliche Anteile in den Händen der Obergesellschaft verbleiben, die Rechtsstellung ihrer Aktionäre. Diese verlieren dadurch namentlich die Möglichkeit, im Rahmen der gemäß § 119 AktG der Hauptversammlung vorbehaltenen Befugnisse den Einsatz des abgespaltenen Betriebskapitals, das Risiko seines Verlusts und die Verwendung seiner Erträge unmittelbar zu beeinflussen. Denn alle Gesellschafterrechte im Tochterunternehmen übt bei hundertprozentiger Beteiligung der Vorstand der Obergesellschaft aus, für den hierbei formal – unbeschadet seiner Verantwortlichkeit gemäß § 93 AktG – weder die Satzung der Tochtergesellschaft noch verschärfte Mehrheitserfordernisse ein unüberwindbares Hindernis bilden und der zum Beispiel auch bei der Verwendung des Jahresüberschusses praktisch keinen Beschränkungen unterliegt. Wichtige Entscheidungen werden auf diese Weise mit dem übertragenen Geschäftsvermögen aus der Ober- in die Tochtergesellschaft verlegt. Darüber hinaus besteht die Gefahr, daß der Vorstand namentlich durch Unternehmensverträge mit einem Dritten oder durch Aufnahme fremder Gesellschafter, etwa im Wege einer Kapitalerhöhung, die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre in der Obergesellschaft vollends aushöhlt; damit können zugleich (wie z.B. bei einem zu niedrigen Ausgabekurs für neue Aktien) konkrete Vermögensverluste verbunden sein (vgl. hierzu Urt. d. Sen. v. 16. 11. 1981 aaO; Bericht über die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission, 1980, Tz 1258 ff, 1282 ff, 1290; Lutter in Festschr. f. Harry Westermann, 1974, S. 347, 351 ff).

Gegen solche Eingriffe bietet das Aktienrecht durch seine ausdrücklichen Regelungen den Aktionären des herrschenden Unternehmens nur unzureichenden Schutz. Seine Schutzvorschriften gelten vornehmlich den außenstehenden Aktionären abhängiger Gesellschaften. Zwar ist ihm die Sicherung auch der Gesellschafter des herrschenden Unternehmens gegen rechtliche und wirtschaftliche Nachteile aufgrund konzernmäßiger Verflechtungen nicht fremd, wie § 293 Abs. 2 AktG zeigt: Danach muß einem Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag auch die Hauptversammlung der Obergesellschaft zustimmen, wenn es eine Aktiengesellschaft ist. Dieser Schutz versagt jedoch bei einem nur faktischen Konzernverhältnis, wie es hier zwischen der Beklagten und der H KGaA besteht.

Da dies mit Recht als unbefriedigend empfunden wird, spricht sich ein Teil des Schrifttums dafür aus, der Hauptversammlung der Obergesellschaft „ungeschriebene Mitwirkungsbefugnisse” (Ulmer, AG 1975, 15) einzuräumen, wenn die Aktionäre durch die Auswirkungen strukturändernder Maßnahmen in einer abhängigen Gesellschaft zugleich in ihrer eigenen Rechtsstellung betroffen werden. Damit sollen sich auch in einer Kapitalgesellschaft wie der Aktiengesellschaft, ungeachtet der dort geltenden strengen Zuständigkeitsordnung, unter bestimmten Voraussetzungen die Mitspracherechte der Aktionäre in ähnlicher Weise bis in abhängige Unternehmen „verlängern”, wie in einer Personengesellschaft gewisse Mitverwaltungsrechte der nicht geschäftsführenden Gesellschafter in einen ausgegliederten und rechtlich verselbständigten Unternehmensteil hineinwirken können (vgl. BGHZ 25, 115, 118; Urt. d. Sen. v. 8. 5. 1972 – II ZR 108/70, LM HGB § 116 Nr. 2). Das bedeutet, daß die Aktionäre der Obergesellschaft verlangen dürften, an wichtigen Grundentscheidungen in der Tochtergesellschaft, die sich auf ihre eigene Rechtsstellung nachhaltig auswirken können, in denselben Formen und mit denselben Mehrheiten intern beteiligt zu werden, wie es für entsprechende Entscheidungen in der Obergesellschaft bestimmt ist, bevor sie in der Tochtergesellschaft verwirklicht werden (so im Ergebnis – mit Differenzierungen –: Lutter in Festschr. f. Westermann, S. 364 ff; Uwe H. Schneider in „Der GmbH-Konzern”, 1976, S. 78, 95 ff, in Festschr. f. Bärmann, S. 881 ff u. ZHR 1979, 485, 498 ff betr. die GmbH und die Personengesellschaft als herrschende Unternehmen; Timm, AG 1980, 172, 182 ff u. Die AG als Konzernspitze, §§ 12, 16, S. 135 ff, 165 ff).

2. Der Sachverhalt nötigt den Senat nicht zu umfassenden Erörterungen, inwieweit dieses Modell einer „konzernspezifischen Binnenordnung” nach geltendem Recht begründbar, mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten zu vereinbaren und praktisch durchführbar ist. So ist nicht darüber zu befinden, wie es sich verhält, wenn das Vermögen der Tochtergesellschaft anders als durch eine Abspaltung von Betriebsvermögen entstanden ist, und wie sich dann, wenn an der Tochtergesellschaft außenstehende Gesellschafter beteiligt sind, bei Fehlen eines Unternehmensvertrages ein Mitspracherecht der Aktionäre in der herrschenden Gesellschaft mit der Pflicht der zuständigen Organe vertrüge, auch die Interessen des abhängigen Unternehmens und seiner Gesellschafter mit der gebotenen Sorgfalt zu wahren (vgl. §§ 311 ff AktG). Der Senat hat nur den vorliegenden Fall zu entscheiden, daß die Verwaltung den zur Zeit substanz- und ertragsmäßig bei weitem wertvolleren Teil des Betriebsvermögens auf eine zu diesem Zweck errichtete, zu 100 % beherrschte Tochtergesellschaft übertragen hat und zu befürchten ist, Rechtsakte in der Tochtergesellschaft könnten sich auf die Mitgliedschafts- und Vermögensrechte der Aktionäre in der Obergesellschaft nachteilig auswirken.

Jedenfalls in solcher Lage ist ein Schutz dieser Aktionäre vor der Gefahr, daß der Vorstand die von ihm geschaffene Lage kraft seiner Vertretungsbefugnis dazu ausnutzt, durch grundlegende Entscheidungen in der Tochtergesellschaft die ohnehin schon durch die Ausgliederung verkürzten Aktionärsrechte mittelbar noch weiter zu schmälern, unabweisbar geboten. Sonst wäre nämlich die Betriebsverlagerung für die Verwaltung ein allzu leicht gangbarer Weg, das gesetzlich gesicherte Recht der Aktionäre auf Mitwirkung in bestimmten wichtigen Angelegenheiten auszuschalten. Hier weist das Aktiengesetz in der Tat eine Lücke auf, die es in Anlehnung an seine Systematik und seine Wertungen zu schließen gilt. Die betroffenen Aktionäre auf künftige Gesetzesänderungen oder eine weitere rechtswissenschaftliche Abklärung zu verweisen, wie es das Berufungsgericht im Ergebnis für richtig hält, würde nicht nur einer notwendigen Rechtsfortbildung zu enge Grenzen ziehen. Es widerspräche vor allem der Tendenz bereits des geltenden Aktienrechts, das Minderheitsaktionäre auf mannigfache Weise vor einer Entwertung ihrer Mitgliedschaft durch unmittelbare oder mittelbare Eingriffe der Mehrheit und einer von ihr beeinflußten Verwaltung, gerade auch im Konzernverband, zu schützen sucht. Denn faktische Verschiebungen der Zuständigkeits- und Vermögensordnung mit Hilfe von Konzernbildungen, wie sie hier infrage stehen, betreffen die Minderheit weit stärker als die Mehrheit, die sich gegenüber der Verwaltung, zum Beispiel durch Versagung der Entlastung oder Vertrauensentzug in der Hauptversammlung, viel leichter durchsetzen kann.

3. Der somit schon im geltenden Recht angelegte Schutz der Aktionäre läßt sich bei dem vorliegenden Sachverhalt sinnvoll und wirksam in der Weise erreichen, daß die Aktionäre der Obergesellschaft, wie im Schrifttum vorgeschlagen, Anspruch darauf haben, bei grundlegenden, für ihre Rechtsstellung bedeutsamen Entscheidungen in der Tochtergesellschaft über ihre Hauptversammlung so beteiligt zu werden, wie wenn es sich um eine Angelegenheit der Obergesellschaft selbst handelte. Dieser Anspruch steht aus den zu II 1 erörterten Gründen jedem einzelnen Aktionär gegen seine Gesellschaft zu. Ob er entfällt, wenn die Hauptversammlung vorher oder auch nachträglich der Ausgliederung mit satzungsändernder Mehrheit zugestimmt hat, oder ob diese Rechtsfolge gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, weil ein solcher Beschluß bei der Beklagten bislang nicht vorliegt.

4. Nach Lage des Falles ist es auch nicht notwendig, im einzelnen zu erörtern, welche Entscheidungen hiernach intern an die Zustimmung der Hauptversammlung zu binden sind. Wie das Berufungsgericht im Ergebnis richtig erkannt hat, geht jedenfalls der Antrag des Klägers, sämtliche Maßnahmen einer solchen Zustimmung zu unterwerfen, die in der Tochtergesellschaft mit qualifizierter Kapitalmehrheit zu beschließen sind, in dieser abstrakten Fassung zu weit. Zwar handelt es sich bei solchen Beschlüssen regelmäßig um Angelegenheiten von besonderer Bedeutung für die Aktionäre, deren Gestaltung deswegen vielfach auch in die Obergesellschaft durchschlagen wird; dabei ist neben den schon erwähnten Unternehmensverträgen und Kapitalerhöhungen vor allem an die Weiterübertragung des Gesellschaftsvermögens gemäß § 361 AktG oder an einen Auflösungsbeschluß (§ 262 Abs. 1 Nr. 2, § 289 Abs. 4 AktG) zu denken. Das braucht aber nicht immer der Fall zu sein. So gibt es Satzungsänderungen, die sich nur unwesentlich oder gar nicht auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Obergesellschaft und ihrer Aktionäre auswirken, wie zum Beispiel eine Sitzverlegung, Firmenänderungen oder vielleicht auch die Bindung des Vertretungsorgans an die Zustimmung des Aufsichtsrats bei bestimmten Geschäften (§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG; zur KGaA vgl. Kraft in Köln. Komm. z. AktG § 278 Anm. 84, § 287 Anm. 9), die jedenfalls bei 100 %]X]igem Anteilsbesitz der Obergesellschaft die Machtverhältnisse kaum entscheidend verändert. Insoweit wäre es nicht gerechtfertigt, in die eigenverantwortliche Leitungsmacht des Vorstands (§ 76 Abs. 1 AktG) einzugreifen.

Hieran scheitert der allgemein gefaßte und bei der Fülle möglicher Anwendungstatbestände auch nicht von Gerichts wegen begrenzbare Antrag des Klägers zu 3 a. In diesem Punkt muß es daher ebenfalls bei dem klagabweisenden Urteil verbleiben.

IV. Anders verhält es sich dagegen mit dem zweiten Teil des Hilfsantrags (zu 3 b), der sich auf Kapitalerhöhungen in der H KGaA beschränkt.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts zielt die Klage insoweit nicht darauf ab, den Vorstand der Beklagten unter Eingriff in seine Leitungszuständigkeit im voraus durch allgemeine Verhaltensregeln für künftige, noch ungewisse Situationen festzulegen. Vielmehr geht es darum, einen ganz bestimmten, von der Beklagten bestrittenen Rechtsanspruch festzustellen, der nicht situationsbedingt und für dessen Erfüllung dem Vorstand auch kein Ermessensspielraum eingeräumt ist, nämlich das Recht des Klägers und der anderen Aktionäre darauf, bei Kapitalerhöhungen in der H KGaA an der Entscheidung über die Hauptversammlung der Beklagten beteiligt zu werden.

Diese Feststellung setzt nach Lage der Sache auch nicht, wie das Berufungsgericht meint, voraus, daß eine Kapitalerhöhung bereits beschlossen ist oder unmittelbar bevorsteht. Wie die Beklagte selbst vorgetragen hat, hat sie sich bei der rechtlichen Verselbständigung des Hafenbetriebs auch von dem Gedanken leiten lassen, daß es auf diese Weise leichter sein werde, für diesen Betrieb auch außerhalb der Gesellschaft Geldgeber zu finden, wenn es sich einmal als notwendig erweisen sollte, das Eigenkapital aufzustocken (Schrifts. v. 10. 7. 1975 S. 4, 5). Demgemäß enthält die Satzung der H KGaA in § 6 bereits eine Ermächtigung an den persönlich haftenden Gesellschafter, das Grundkapital der Gesellschaft mit Zustimmung des Aufsichtsrats um 2.400.000 DM zu erhöhen und dabei auch über den Ausschluß des Bezugsrechts zu entscheiden. Diese Ermächtigung war zwar bis zum 30. November 1977 befristet. Doch könnte sie der Vorstand der Beklagten, der diese nicht nur in ihrer Eigenschaft als einziger Kommanditaktionär, sondern zugleich auch als Alleingesellschafterin der geschäftsführenden Komplementär-GmbH bei Beschlüssen nach § 285 Abs. 2 Satz 1 AktG vertritt, im Wege der Satzungsänderung jederzeit erneuern, wenn dies nicht inzwischen schon geschehen sein sollte. Überdies gestattet es § 6 Abs. 4 der Satzung, bei einer Kapitalerhöhung die Gewinnbeteiligung neuer Aktien abweichend von § 60 AktG zu bestimmen; das ist eine für die Aktionäre der Beklagten besonders gefährliche Ermächtigung.

Zwar hat die Beklagte versichert, gegenwärtig eine Kapitalerhöhung nicht zu beabsichtigen, weil sie sich wirtschaftlich erübrige. Das kann sich aber unversehens ändern. In diesem Fall könnte der Kläger mit einer erneuten Klage zu spät kommen (vgl. zu I 2 d). Er hat daher ein schutzwürdiges Interesse daran, schon jetzt die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit von Kapitalerhöhungen in der H KGaA geklärt zu sehen, was auch für die anderen Aktionäre und letztlich die Beklagte selbst von Wert sein könnte.

2. Kapitalerhöhungen in einer durch Ausgliederung wesentlicher Betriebsteile entstandenen Tochtergesellschaft bergen für die Aktionäre der herrschenden Gesellschaft immer besondere Gefahren in sich. Sie können, auch wenn die Obergesellschaft über eine von ihr beherrschte persönlich haftende Gesellschafterin die Geschäftsführung in der Hand behält, mittelbar dazu führen, daß die Mitgliedschaft ihrer Aktionäre beeinträchtigt, der Wert ihrer Beteiligung verwässert und ihre Bezugsrechte ausgehöhlt werden. Aus guten Gründen wird denn auch die Kapitalerhöhung in dem zu III 1 angeführten Schrifttum als ein Hauptfall behandelt, in dem die Gesellschaft, bevor sie eine solche Änderung der Kapitalstruktur in der Tochtergesellschaft herbeiführt oder zuläßt, verpflichtet sein kann, die Zustimmung ihrer Hauptversammlung einzuholen.

In der Tat ist eine solche interne Beteiligung des obersten Beschlußorgans zum Schutz der Aktionäre bei dem hier vorliegenden Sachverhalt unentbehrlich. Dabei läßt sich der Fall, daß die Verwaltung das Bezugsrecht der Obergesellschaft als des einzigen Aktionärs der Tochtergesellschaft voll auszunutzen beabsichtigt, nicht grundsätzlich ausnehmen (abweichend insofern Timm, AG 1980, 183 f sowie in Die AG als Konzernspitze, § 16 C II 4, 5, S. 174 f u. wohl auch Lutter in Festschr. f. Westermann S. 359, 365 f). Denn auch in diesem Fall entgeht den Aktionären infolge der ohne sie durchgeführten Ausgliederung die Chance, ihre Beteiligung quantitativ und wertmäßig dadurch zu verbessern, daß sie selbst weiteres Kapital in „ihrem” Unternehmen anlegen. Statt dessen werden der Obergesellschaft Betriebsmittel, die sie dort investiert haben, entzogen und einem anderen Rechtsträger mit der Folge zugeführt, daß sich Schwergewicht und Risiken des Kapitaleinsatzes und die entsprechenden Machtbefugnisse der Verwaltung noch stärker auf die Tochtergesellschaft verlagern. Zudem bietet ein Kapitalerhöhungsbeschluß, der von einer besonderen Regelung des Bezugsrechts gemäß § 186 Abs. 3 AktG absieht, keine unbedingte Gewähr, daß der Vorstand bei seiner Absicht bleibt und nicht doch noch auf die Ausübung des Bezugsrechts für die Obergesellschaft zugunsten fremder Kapitalzeichner ganz oder teilweise verzichtet. Zumindest wächst mit jeder Kapitalerhöhung quantitativ auch die Möglichkeit, durch spätere Anteilsveräußerungen fremde Gesellschafter aufzunehmen.

Es muß daher der bislang nicht beteiligten Hauptversammlung der Beklagten überlassen bleiben zu entscheiden, ob eine Kapitalerhöhung in der H KGaA unter diesen Bedingungen durchgeführt oder ob etwa das Bezugsrecht der Beklagten ausgeschlossen und stattdessen ihren Aktionären in entsprechender Anwendung des § 186 Abs. 1, 2 und 5 AktG ein Bezugsrecht eingeräumt werden soll. Ist auch dies nicht gewollt, weil zum Beispiel Sacheinlagen erwünscht sind, so kann dem die Hauptversammlung zwar ebenfalls zustimmen; ein solcher Beschluß bedarf aber besonderer sachlicher Rechtfertigung (BGHZ 71, 40, 44 ff). Die hiernach notwendigen Zustimmungsbeschlüsse sind nach den gleichen Regeln und mit denselben Mehrheiten zu fassen, die für entsprechende Kapitalbeschaffungsmaßnahmen in der Beklagten selbst nach den §§ 182 ff AktG zu beachten wären.

3. Damit erweist sich dieser Antrag als begründet. Ihm ist daher entgegen den Urteilen der Vorinstanzen seinem Sinne nach stattzugeben, wobei es der Senat für notwendig hält, durch die Fassung der Urteilsformel klarzustellen, daß die Anforderungen an die Beschlußfassung der Hauptversammlung keine geringeren sind, aber auch nicht weitergehen, als wenn es sich um eine Kapitalerhöhung in der Beklagten selbst handelte, und daß die Pflicht, einen solchen Beschluß herbeizuführen, die Vertretungsmacht des Vorstands unberührt läßt. Im übrigen ist die Revision zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BGHZ, 122

NJW 1982, 1703

NJW 2017, 3084

ZIP 1982, 568

JZ 1982, 602

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