Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährungsunterbrechung trotz unzulässiger Aufrechnung im Prozeß. Hinweispflicht des Steuerberaters auf etwaige verdeckte Gewinnausschüttungen und deren Folgen. Beweislast für erfolgte Hinweise

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verjährung eines Anspruchs wird auch dann durch die Geltendmachung der Aufrechnung im Prozeß unterbrochen, wenn die Aufrechnung aus prozessualen oder materiell-rechtlichen Gründen unzulässig ist.

2. Die Vorschrift des § 209 Abs. 2 Nr. 3 BGB findet im Zweifel auf Klauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine Ausschlußfrist für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen vorschreiben, entsprechende Anwendung.

3. Ein steuerlicher Berater (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter) ist seinem Mandanten gegenüber verpflichtet, darauf zu achten, daß verdeckte Gewinnausschüttungen vermieden werden (hier entschieden für einen Fall aus den Jahren 1971 bis 1973).

4. Ist ein steuerlicher Berater seinem Mandanten zu einem bestimmten Hinweis oder zu einer Empfehlung verpflichtet, so ist er dafür beweispflichtig, daß er diese Pflicht erfüllt hat.

 

Normenkette

BGB § 209 Abs. 2 Nr. 3, § 675; ZPO § 282; StBerG §§ 33, 68; KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 03.07.1980; Aktenzeichen 8 U 212/79)

LG Düsseldorf (Urteil vom 14.09.1979; Aktenzeichen 40 O 48/79)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. Juli 1980 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Beklagte zu 1) hat jahrelang, unter anderem auch in den Jahren 1971 und 1973, die Jahresabschlüsse der Klägerin geprüft, darüber Berichte gefertigt, die Steuererklärungen entworfen und die Klägerin steuerlich beraten. Sie und ihr persönlich haftender Gesellschafter, der Beklagte zu 2), werden wegen Fehler, die bei dieser Tätigkeit unterlaufen sein sollen, im vorliegenden Rechtsstreit auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Die Klägerin ist persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft in Firma T Bau GmbH & Co KG. Bei einer Betriebsprüfung für die Kalenderjahre 1971 bis 1973, deren Schlußbesprechung nach der Behauptung der Klägerin am 27. Mai 1977/13. Juni 1977 stattfand, wurde der Klägerin eröffnet, daß die Gehaltszahlungen an ihren Gesellschafter und Geschäftsführer H, der auch Kommanditist der Kommanditgesellschaft war, zu 75 % als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt würden, weil 75 % seiner Tätigkeit auf die Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Komplementärin der Kommanditgesellschaft entfallen sei und sie keine Vergütung dafür erhalten habe.

Die Klägerin behauptet, daß ihr dadurch eine Steuermehrbelastung von 70.353,– DM entstanden sei.

Die Beklagten haben geltend gemacht, die Kommanditgesellschaft habe gegen die Klägerin wegen der Mitbenutzung ihres Büros Ansprüche gehabt, die der Höhe nach der anteiligen Geschäftsführervergütung mindestens entsprochen hätten; deswegen sei die Behandlung eines Teils des Geschäftsführergehalts als verdeckte Gewinnausschüttung nicht richtig gewesen. Überdies treffe die Klägerin ein Mitverschulden. Wegen Ablaufs vertraglich vereinbarter Fristen könnten im übrigen etwaige Schadensersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden; außerdem seien diese verjährt.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 70.353,– DM nebst 8 % Zinsen seit 1. August 1978 gerichtete Klage abgewiesen. Die von der Klägerin eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

1. Nach der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Umstand, daß die Beklagte zu 1) der Klägerin nicht den Abschluß einer Vergütungsvereinbarung mit der Firma T Bau GmbH & Co für ihre Tätigkeit als persönlich haftende Gesellschafterin in dieser Gesellschaft empfohlen hat, eine Schadensersatzpflicht nicht begründen; denn die die Klägerin belastende Steuerschuld wäre auch bei Abschluß einer solchen Vergütungsvereinbarung entstanden. Es könne unterstellt werden, daß in einer Vergütungsvereinbarung für die Tätigkeit der Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin und in deren Erfüllung durch die Kommanditgesellschaft eine Gegenleistung gelegen hätte, die die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung an den Kommanditisten der Kommanditgesellschaft ausgeschlossen hätte. Demgemäß wären dann zwar die Vergütungen, die die Klägerin an Herrn H für dessen Tätigkeit als ihr Geschäftsführer zu zahlen hatte, nicht nur in Höhe von 25 %, sondern bis zur vollen Höhe als Betriebsausgaben anzuerkennen gewesen; dies hätte zur Folge gehabt, daß sich das von der Klägerin zu versteuernde Einkommen um diese Beträge vermindert hätte. Andererseits hätten jedoch die von der Kommanditgesellschaft an die Klägerin zu zahlenden Vergütungen die Betriebseinnahmen der Klägerin und damit deren zu versteuerndes Einkommen erhöht. Beide Wirkungen hätten sich aufgehoben; eine Ersparnis an Körperschaftssteuer, Ergänzungsabgabe und Stabilitätszuschlag wäre nicht zu erzielen gewesen.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Bis zum Inkrafttreten des Körperschaftssteuerreformgesetzes (Bundesgesetz vom 31. August 1976 – BGBl I, 2597) wurden die Einkünfte, die durch die Tätigkeit von Kapitalgesellschaften erzielt wurden, steuerlich doppelt erfaßt. Der von der Gesellschaft erzielte Gewinn unterlag der Körperschaftssteuer; soweit er an die Gesellschafter ausgeschüttet wurde, mußte er von diesen als Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuert werden. Um die sich daraus ergebenden Härten zu mildern, aber auch, um einer übermäßigen Thesaurierung der Gesellschaftsgewinne vorzubeugen, wurde bei der Steuerreform des Jahres 1953 (Bundesgesetz vom 24. Juni 1953 – BGBl I 413, 418 f.) ein gespaltener Körperschaftssteuersatz eingeführt: Die ausgeschütteten Gewinne wurden gemäß § 19 des Gesetzes mit einer erheblich niedrigeren Steuer (ursprünglich 30 %, zuletzt 51 %) belegt als die nicht ausgeschütteten (ursprünglich 60 %, zuletzt 15 %). Die Steuervergünstigungen wurden jedoch nicht für ausgeschüttete Gewinne schlechthin, sondern nur für solche gewährt, die aufgrund eines ordnungsgemäßen Gewinnverteilungsbeschlusses den Gesellschaftern zuflossen. Ein ordnungsgemäßer Gewinnverteilungsbeschluß setzte aber wiederum voraus, daß der Gewinn als solcher in der Bilanz ausgewiesen war; auf verdeckte Gewinnausschüttungen kam daher der ermäßigte Steuersatz nicht zur Anwendung (Körperschaftssteuerrichtlinien für das Kalenderjahr 1955 vom 11. Mai 1956 – BAnz Nr. 94, Beilage – Nr. 47 Abs. 1 Satz 1 und 2, ebenso in den folgenden Jahren; BFH Urteil vom 16. November 1965 – I 302/61 S – BFH 84, 268, 276 ff.; Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften 1975, Seite 82; Lenski/Schmidt, Körperschaftssteuer 6. Aufl. Seite 167; Sporbeck, Körperschaftssteuer 1974 § 19 Anm. 19.09; Lueb/Singbartl Körperschaftssteuer 1975 § 19 Anm. 36; Blümich/Klein/Steinbring/Stutz Körperschaftssteuergesetz 4. Aufl. § 19 Anm. 19 Abs. 1; Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen 4. Aufl. Rdn. 113).

Verdeckte Gewinnausschüttungen hatten somit, wenn sie aufgedeckt wurden, für den Steuerpflichtigen erhebliche Nachteile zur Folge: Sie wurden auf der Ebene der Gesellschaft mit dem gleichen Steuersatz belegt wie nicht ausgeschüttete Gewinne, waren aber von den Gesellschaftern in der Regel (wegen der Ausnahmen vgl. Lange aaO Rdn. 113) wie ausgeschüttete Gewinne, zu versteuern. Nachdem eine verdeckte Gewinnausschüttung aufgedeckt war, war eine Umwandlung in eine offene Gewinnausschüttung durch nachträgliche Gewinnverteilungsbeschlüsse nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur in Ausnahmefällen zulässig (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 24. Juni 1957 – I 143/56 U –, vom 10. April 1962 – I 65/61 U – und vom 30. November 1966 – I 310/62 – BFH 65, 433; 74, 690; 87, 394 = BStBl 1957 III 400, 1962 III 255, 1967 III 152). Für einen steuerlichen Berater ergab sich daraus die Verpflichtung, seinen Mandanten auf die Gefahren der verdeckten Gewinnausschüttung hinzuweisen und der aus ihr entstehenden Steuermehrbelastung durch geeignete Maßnahmen und Empfehlungen entgegenzuwirken.

3. Hätte die Klägerin mit der Firma T Bau GmbH & Co KG eine Vereinbarung getroffen, nach der die Kommanditgesellschaft der GmbH (Klägerin) eine Vergütung für deren Tätigkeit als persönlich haftende Gesellschafterin zahlte, so hätte sich entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung eine geringere Steuerbelastung für die Klägerin oder ihre Gesellschafter ergeben. Richtig ist zwar der Ansatzpunkt des Berufungsgerichts: Wäre eine Vergütungsvereinbarung getroffen worden, so hätte das Geschäftsführergehalt nicht zu 75 % als verdeckte Gewinnausschüttung aufgefaßt werden können. Auf der anderen Seite hätte die Vergütung, die die KG an die GmbH zu zahlen gehabt hätte, deren Gewinn um den gleichen Betrag erhöht. Es ist demnach in der Tat so, wie das Berufungsgericht annimmt, daß der Abschluß einer Vergütungsvereinbarung an der Höhe des Gewinns zunächst nichts geändert hätte. Dennoch wäre die Steuerlast eine geringere gewesen:

a) Über die Verwendung des in der Bilanz ausgewiesenen Gewinnes hatte die Gesellschaft zu befinden. Wenn in ordnungsgemäßer Weise eine Ausschüttung an die Gesellschafter beschlossen wurde, kam der Gesellschaft (hier: der Klägerin) der ermäßigte Steuersatz zugute. Wurde dagegen von einer Ausschüttung abgesehen, dann entfiel die steuerliche Belastung der Gesellschafter mit Einkünften aus Kapitalvermögen. Anders wäre es lediglich gewesen, wenn der aus der Bilanz ersichtliche, also offen ausgewiesene Gewinn ohne ordnungsgemäße Beschlußfassung an die Gesellschafter ausgeschüttet worden wäre. Dafür, daß so verfahren worden wäre, fehlt es jedoch an jedem Anhaltspunkt. Die Parteien gehen stillschweigend davon aus, daß über die Verwendung des Gewinnes, der tatsächlich in der Bilanz erschien, ordnungsgemäß befunden wurde; es werden insoweit von der Klägerin keine Vorwürfe gegen die Beklagten erhoben. Hätte nun die Gesellschaft (Klägerin) den zusätzlichen Gewinn, der durch die Vergütungszahlungen der Kommanditgesellschaft entstand, in die Gewinnverteilungsbeschlüsse einbezogen, dann hätte sie insoweit nicht mit dem hohen Steuersatz für nicht (ordnungsgemäß) ausgeschüttete Gewinne, sondern nur mit dem ermäßigten Steuersatz für ausgeschüttete Gewinne zur Körperschaftssteuer herangezogen werden können. Entsprechend hätten sich die zusätzlichen, ihrer Höhe nach von der Körperschaftssteuer abhängigen Belastungen der Klägerin gemindert.

b) Hätte die Gesellschaft beschlossen, den durch die Zahlung der Vergütung seitens der KG entstandenen Mehrgewinn nicht zu verteilen, so wäre er allerdings mit dem hohen Steuersatz für nicht ausgeschüttete Gewinne zu belegen gewesen. Dennoch hätte sich die Gesamtsteuerlast vermindert. Zwar hätte der Geschäftsführer H sein Geschäftsführergehalt in gleicher Weise, wie dies tatsächlich geschehen ist, als Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit versteuern müssen. Bei der Feststellung der gemeinschaftlichen Einkünfte aus der Kommanditgesellschaft wäre jedoch die Vergütung, die die Kommanditgesellschaft an die GmbH zu zahlen gehabt hätte, gewinnmindernd zu berücksichtigen gewesen; das hätte zur Folge gehabt, daß den Gesellschaftern der KG – d. h. also dem Geschäftsführer H und der Klägerin – geringere Einkünfte aus Gewerbebetrieb entstanden wären.

Ob die Klägerin bei Abschluß einer Vergütungsvereinbarung mit der KG den hierdurch erhöhten Bilanzgewinn ausgeschüttet oder thesauriert hätte, ist eine Frage, die gemäß § 287 ZPO entschieden werden muß. Es könnte naheliegen, daß in diesem Falle die Ausschüttung gewählt worden wäre. Auf jeden Fall muß dies zugunsten der Revisionsklägerin im Revisionsverfahren unterstellt werden.

II.

Unter Ziffer 2 der Entscheidungsgründe führt das Berufungsgericht aus: Der Vorwurf, die Beklagte habe versäumt, ihr, der Klägerin, zu empfehlen, der Gesellschafterversammlung ordnungsgemäße Gewinnverteilungsbeschlüsse hinsichtlich derjenigen Beträge vorzuschlagen, die sich später als verdeckte Gewinnausschüttungen herausstellten, werde von der Klägerin nicht erhoben. Er wäre auch nicht begründet. Nach der Darstellung der Beklagten habe die „Geschäftsführung” der Klägerin erklärt, die Kommanditgesellschaft habe an die GmbH Leistungen erbracht, die dem Wert der Geschäftsführertätigkeit der Klägerin entsprächen. Aus diesem Grunde habe die Klägerin die Empfehlung der Beklagten zu 1), die Kommanditgesellschaft solle der Klägerin für die genannten Leistungen Rechnungen erteilen, nicht befolgt. Unter solchen Umständen sei eine Pflicht der Beklagten zu 1), der Klägerin Gewinnverteilungsbeschlüsse zu empfehlen, nicht gegeben gewesen, da nach den erteilten Informationen wegen der bestehenden Verrechnungsmöglichkeiten verdeckte Gewinnausschüttungen nicht zu befürchten gewesen seien. Für ihren gegenteiligen Vortrag sei die Klägerin beweispflichtig; Beweis habe sie jedoch nicht angeboten. Es bestehe auch kein Anlaß, sie auf den fehlenden Beweisantritt hinzuweisen.

Da das Berufungsurteil schon aus den unter Ziffer I dargelegten Gründen aufgehoben werden muß, bedarf es für die vom Revisionsgericht zu treffende Entscheidung einer Auseinandersetzung mit diesen Ausführungen nicht. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß sie im weiteren Verlauf des Verfahrens Bedeutung gewinnen können. Es sei deshalb hierzu folgendes bemerkt:

1. Das Berufungsgericht hält es möglicherweise für denkbar, daß die Gesellschaft einen steuerrechtlich beachtlichen Gewinnverteilungsbeschluß hinsichtlich derjenigen Beträge faßt, die zwar nicht in der Bilanz als Gewinn ausgewiesen waren, die aber möglicherweise später vom Finanzamt als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt werden konnten. Es glaubt, daß durch eine solche Beschlußfassung der Gesellschaft der ermäßigte Steuersatz gemäß § 19 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 2, Abs. 3 des Körperschaftssteuergesetzes in der damals geltenden Fassung gesichert werden konnte. Eine solche Auffassung wäre unzutreffend. Ein ordnungsgemäßer Gewinnverteilungsbeschluß setzt die Ausweisung des Gewinns in der Bilanz voraus (vgl. dazu die Ausführungen unter I sowie die dortigen Rechtsprechungs- und Schrifttumsnachweise). Bedingte Gewinnverteilungsbeschlüsse brauchte demnach die Beklagte zu 1) der Klägerin deshalb nicht vorzuschlagen, weil sie steuerlich nichts genutzt hätten.

2. Irrig ist die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse die Behauptung der Beklagten, sie hätten eine Rechnungsstellung für die Leistungen der Kommanditgesellschaft an die GmbH empfohlen, widerlegen müssen. Wenn die Beklagte aufgrund des Steuerberatungsvertrags zu einem solchen Hinweis verpflichtet gewesen sein sollte, wenn also tatsächlich von der Kommanditgesellschaft entsprechende Gegenleistungen an die GmbH (Klägerin) erbracht worden sein sollten, dann trägt die Beklagte die Beweislast dafür, daß sie diese Hinweispflicht erfüllt hat; dies gilt auch dann, wenn aus einer Nichterfüllung Schadensersatzansprüche hergeleitet werden (Baumgärtel/Striedel, Handbuch der Beweislast im Privatrecht Bd. 1 § 362 Rdn. 4; Weber in BGB RGRK § 362 Rdn. 50; beide m.w.N.).

3. Mit der bloßen Erklärung der Klägerin, der Tätigkeit des Geschäftsführers H für die Kommanditgesellschaft stünden gleichwertige Leistungen der Kommanditgesellschaft an die GmbH gegenüber, – falls eine solche überhaupt abgegeben worden sein sollte – durfte sich die Beklagte zu 1) nicht begnügen. Sie mußte vielmehr darauf dringen, daß die steuerrechtlich wesentlichen Umstände so festgehalten wurden, daß sie bei einer Betriebsprüfung ohne Schwierigkeit belegt werden konnten. Gerade wenn die Kommanditgesellschaft der GmbH bestimmte Leistungen erbracht hatte, war es ein Gebot ordnungsgemäßer Buchführung, diese Leistungen auch in der Buchhaltung und in der Bilanz erscheinen zu lassen; dazu war eine Rechnungsstellung durch die Kommanditgesellschaft erforderlich.

III.

Die Revision kann auch nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 563 ZPO).

1. Die Klage kann nicht mit der Begründung abgewiesen werden, die Klägerin habe die in Ziffer 9 Abs. 4 der Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vorgesehenen Ausschlußfristen versäumt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die genannten Bedingungen in wirksamer Weise Bestandteil des Steuerberatungsvertrages geworden sind. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, hätte die Klägerin keine Frist versäumt.

a) Nach Ziffer 9 Abs. 4 Satz 1 der Bedingungen kann ein Schadensersatzanspruch nur innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht werden, nachdem der Anspruchsberechtigte von dem Schaden und von den anspruchsbegründenden Ereignissen Kenntnis erlangt hat, spätestens aber innerhalb von fünf Jahren nach dem anspruchsbegründenden Ereignis. Da die Auftragsbedingungen in Ziffer 9 Abs. 4 Satz 2 eine besondere Frist für die Klageerhebung vorsehen, kann unter dem in Ziffer 9 Abs. 4 Satz 1 verwandten Ausdruck „geltend machen” nicht die gerichtliche Geltendmachung zu verstehen sein. Es genügt vielmehr jede, (auch) für den Wirtschaftsprüfer bestimmte Mitteilung, aus der dieser entnehmen kann, daß sein Mandant von ihm wegen eines bestimmten Sachverhalts Schadensersatz verlangt. In dem Vorprozeß Dr. B KG ./. T Bau – 6 O 203/77 LG Düsseldorf – hat der Prozeßbevollmächtigte der jetzigen Klägerin dem Prozeßbevollmächtigten der jetzigen Beklagten zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 1977 (Bl. 37 d.A.) den Schriftsatz vom 4. Juli 1977 (Bl. 28 d.A.) übergeben, in dem gegenüber der Honorarforderung der jetzigen Beklagten zu 1) die Aufrechnung mit den Schadensersatzansprüchen der jetzigen Klägerin erklärt und die Gegenforderung im einzelnen begründet wurde. Damit war der Anspruch im Sinne von Ziffer 9 Abs. 4 Satz 1 der Allgemeinen Auftragsbedingungen geltend gemacht. Die jetzige Beklagte zu 1) hat im Vorprozeß die Geltendmachung auch nicht für verspätet gehalten; sie hat im Gegenteil in ihrem Schriftsatz vom 27. September 1977 auf den Seiten 11-13 (Bl. 49-51 d.A.) ausgeführt, ein Schadensersatzanspruch sei bislang weder entstanden noch fällig. Erst im vorliegenden Rechtsstreit vertreten die Beklagten die Ansicht, die Geltendmachung im Schriftsatz vom 4. Juli 1977 sei verspätet, weil die Klägerin bereits Ende 1976 von dem Schaden und dem anspruchsbegründenden Ereignis Kenntnis gehabt habe (Schriftsatz vom 18. Mai 1979 S. 3 Bl. 41 d.A.).

Tatsächlich war jedoch am 5. Juli 1977 die Frist aus Ziffer 9 Abs. 4 Satz 1 der Allgemeinen Auftragsbedingungen noch nicht abgelaufen. Diese Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Anspruchsberechtigte „von dem Schaden und von dem anspruchsbegründenden Ereignis Kenntnis erlangt hat”. Der Schaden selbst konnte nicht vor der Schlußbesprechung über das Ergebnis der Betriebsprüfung entstanden sein; denn solange die Betriebsprüfung noch andauerte, stand es noch nicht fest, wie die Prüfer die Gehaltszahlung an den Geschäftsführer H bewerten würden. Solange kein Schaden entstanden war, konnte die Klägerin auch keine Kenntnis von dem Schaden haben. Die Schlußbesprechung hat nach dem – nicht substantiiert bestrittenen – Vortrag der Klägerin am 27. Mai und 13. Juni 1977 stattgefunden (Schriftsatz vom 2. Juli 1979 S. 3 Bl. 77 d.A.). Die Frist zur Anmeldung des Schadensersatzanspruches lief daher frühestens im November 1977 ab; sie ist durch die Übergabe des Schriftsatzes vom 4. Juli 1977 an den Prozeßbevollmächtigten der jetzigen Beklagten zu 1) gewahrt worden.

b) Nach Ziffer 9 Abs. 4 Satz 2 der Allgemeinen Auftragsbedingungen erlischt der Schadensersatzanspruch, wenn nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit der schriftlichen Ablehnung der Ersatzleistung Klage erhoben wird. Das Landgericht hat angenommen, daß die Klägerin diese Frist versäumt habe. Es sieht im Schriftsatz der jetzigen Beklagten im Vorprozeß vom 27. September 1977 eine solche Ablehnung. Dagegen bestehen Bedenken. Die jetzige Beklagte hatte in dem genannten Schriftsatz u.a. zum Ausdruck gebracht, daß sich ihrer Auffassung nach noch nicht übersehen lasse, ob der Klägerin durch das Verhalten der Beklagten zu 1) überhaupt ein Schaden erwachsen werde; sie war also wohl der Ansicht, daß im damaligen Zeitpunkt die Erhebung einer Schadensersatzklage verfrüht gewesen wäre.

Es erscheint zweifelhaft, ob durch eine solche Äußerung der Mandant zu einer alsbaldigen Klageerhebung gezwungen werden kann. Darauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Auch wenn durch den Schriftsatz vom 25. September 1977 die Klagefrist in Lauf gesetzt worden wäre, wäre sie von der Klägerin durch die im Vorprozeß abgegebene Aufrechnungserklärung gewahrt worden. Die allgemeinen Auftragsbedingungen sprechen in Ziffer 9 Abs. 4 Satz 2 allerdings nur von der Klageerhebung. Nach der für die Unterbrechung der Verjährung geltenden Vorschrift des § 209 Abs. 2 Nr. 3 steht jedoch die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozeß der Erhebung der Klage gleich. Diese Vorschrift ist im Zweifel auch auf solche Fristen entsprechend anzuwenden, die in allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Geltendmachung von Ansprüchen gesetzt werden.

Daß im Vorprozeß die Aufrechnung mit der Schadensersatzforderung rechtskräftig für unzulässig erklärt worden ist, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Nach der im Schrifttum herrschenden Lehre, der sich der Senat anschließt, fällt unter § 209 Abs. 2 Nr. 3 BGB auch die aus prozessualen oder materiell-rechtlichen Gründen unzulässige Aufrechnung (Planck/Knoke, BGB 4. Aufl. § 209 Anm. 2 a; Oertmann Allgemeiner Teil 2. Aufl. § 209 Anm. 2 b gamma; Goldmann/Lilienthal, BGB Bd. 1 S. 261; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil 15. Aufl. 1. Bd. 2. Halbbd. S. 1427; Palandt/Heinrichs, BGB 40. Aufl. § 209 Anm. 3 d; Feldmann in MünchKomm § 209 Rdn. 20; wohl auch Erman/Hefermehl, BGB 6. Aufl. § 209 Rdn. 13; anders für die prozessual – und wohl auch für die materiell – unzulässige Aufrechnung Staudinger/Dilcher, BGB 12, Aufl. § 209 Rdn. 31, nur für die materiell-rechtlich unzulässige und auch insoweit nur mit Einschränkungen Jauernig, BGB 2. Aufl. §§ 208 bis 217 Anm. 3 d; offen gelassen in BGHZ 80, 222, 226).

3. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung ist unbegründet.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte – wie es im Tatbestand des Berufungsurteils festgestellt wird – eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft ist, oder – wie es nach dem Rubrum und den Briefköpfen der Gesellschaft den Anschein hat – eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die erlaubterweise (§ 3 Nr. 2 StBerG, § 2 Abs. 2 WPO) auch steuerberatend tätig ist. Im ersteren Fall würde sich die Verjährung nach § 68 StBerG, im letzteren nach § 51 a WPO richten (BGHZ 78, 335). Der Lauf der Verjährungsfrist begann jedenfalls mit der Schlußbesprechung über das Ergebnis der Außenprüfung (BGHZ 73, 363), d. h. also mit dem 13. Juni 1977. Im Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsbefehls (9. Februar 1979) wäre selbst die dreijährige Verjährungsfrist aus § 68 StBerG noch nicht abgelaufen gewesen.

 

Fundstellen

BGHZ, 260

NJW 1982, 1516

ZIP 1982, 1219

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