Entscheidungsstichwort (Thema)

Sittenwidrigkeit der Bürgschaft eines mittellosen Kindes zugunsten eines Elternteils

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Veranlassen Eltern hauptsächlich aus eigenem Interesse ihre geschäftsunerfahrenen Kinder, eine Bürgschaft zu leisten, die deren voraussichtliche finanzielle Leistungsfähigkeit bei weitem übersteigt, so verletzen die Eltern in der Regel ihre familienrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (BGB § 1618a) und handeln wider die guten Sitten. Hat die Gläubigerbank ein solches Handeln der Eltern gekannt oder grob fahrlässig außer acht gelassen, kann die Bürgschaft nach BGB § 138 Abs 1 nichtig sein.

2. Leisten geschäftsunerfahrene Kinder zugunsten ihrer Eltern eine Bürgschaft, die ihre voraussichtliche finanzielle Leistungsfähigkeit bei weitem übersteigt, kann der Vertrag nach BGB § 138 Abs 1 nichtig sein, wenn ein Angestellter des Kreditinstituts dem Bürgen gegenüber vor Unterzeichnung der Urkunde Tragweite oder Risiko der Verpflichtung verharmlost hat.

 

Orientierungssatz

Zitierungen: Festhaltung BGH, 1957-10-10, VII ZR 419/56, BGHZ 25, 318 ≪321≫; BGH, 1984-12-06, IX ZR 115/83, NJW 1985, 848 und BGH, 1992-01-16, IX ZR 113/91, ZIP 1992, 233 sowie Aufgabe BGH, 1989-01-19, IX ZR 124/88, BGHZ 106, 269 und BGH, 1991-05-16, IX ZR 245/90, NJW 1991, 2015.

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1, §§ 607, 765, 1618a

 

Verfahrensgang

BVerfG (Entscheidung vom 19.10.1993; Aktenzeichen 1 BvR 1044/89)

BGH (Entscheidung vom 16.03.1989; Aktenzeichen IX ZR 171/88)

OLG Celle (Entscheidung vom 15.06.1988; Aktenzeichen 3 U 272/87)

LG Stade (Entscheidung vom 29.09.1987; Aktenzeichen 3 O 88/87)

 

Fundstellen

Haufe-Index 542291

BB 1994, 813

NJW 1994, 1341

ZIP 1994, 614

DNotZ 1994, 537

ZBB 1994, 181

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