Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsrecht nach Tod eines Gesellschafters

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung zwischen einem grundsätzlich sittenwidrigen Ausschließungsrecht nach freiem Ermessen und einem wirksamen, an ein festes Tatbestandsmerkmal – den Tod eines Mitgesellschafters – anknüpfendes, Kündigungsrecht.

 

Orientierungssatz

1. Das eigentlich Anstößige eines Kündigungsrechts nach freiem Ermessen besteht darin, daß es von dem oder den berechtigten Gesellschaftern willkürlich ausgeübt und als Machtinstrument eingesetzt werden kann. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn das Kündigungsrecht an den Tod eines Mitgesellschafters anknüpft und auf eine angemessene Zeitspanne nach dem Tod des Mitgesellschafters beschränkt ist.

2. Ein gesellschaftsvertraglich vereinbartes unbefristetes Kündigungsrecht in Anknüpfung an den Tod eines Mitgesellschafters kann in entsprechender Anwendung des BGB § 139 als zeitlich begrenztes Ausschließungsrecht aufrechterhalten werden.

 

Normenkette

BGB § 138

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin wirksam aus der H. W. GmbH & Co KG ausgeschlossen worden ist. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien waren ursprünglich zusammen mit ihrer Mutter, E. W., und ihrer Schwester, T. S., Kommanditisten der 1965 gegründeten H. W. KG; ihr Vater, H. W., war deren einziger Komplementär. Die Kommanditeinlagen hatten die drei Geschwister von ihrem Vater geschenkt bekommen. Seit 1965 war der Beklagte als Prokurist für die KG tätig. Zuvor hatte er in dem von seinem Vater betriebenen Handelsunternehmen als Angestellter gearbeitet. Im Jahre 1975 äußerte der Beklagte seinem Vater gegenüber, daß er aus der Gesellschaft ausscheiden und ein eigenes Unternehmen gründen wolle, falls er nicht spätestens nach dessen Tod den Familienbetrieb ohne seine beiden Geschwister weiterführen könne. Vor diesem Hintergrund kam es am 26. Februar 1976 zur Gründung der H. W. GmbH & Co KG.

Nach dem GmbH-Vertrag wurde der Beklagte zusammen mit seinem Vater zu gleichen Anteilen Gesellschafter und wie dieser alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der H.-W. Verwaltungsgesellschaft mbH. Sowohl in § 10 Nr. 1 der GmbH-Satzung wie in § 21 Nr. 2a des neu gestalteten Kommanditgesellschaftsvertrages ist festgelegt, daß der Beklagte die Beteiligungen seines Vaters unter Ausschluß von Ausgleichsansprüchen übertragen erhält, die Übertragung aber erst mit dessen Tod wirksam wird. Ferner sieht § 21 Nr. 2b des Kommanditvertrages für den Fall des Erwerbs der Beteiligungen vor, daß der Beklagte berechtigt sein soll, seine beiden Schwestern auszuschließen. Dazu heißt es wörtlich:

„Nach dem Ausscheiden des Gesellschafters H. W. ist der Mitgesellschafter W. W. (Beklagter) berechtigt, den Kommanditisten I. M. (Klägerin) und T. S. unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Geschäftsjahres zu kündigen. Die Kündigung kann auch einzelnen Gesellschaftern gegenüber erklärt werden. Sie ist an keine Frist gebunden.

Die gekündigten Gesellschafter scheiden mit dem Wirksamwerden der Kündigung aus der Gesellschaft aus”.

Mit Erbvertrag vom 5. August 1981 setzten die Eheleute W. hinsichtlich der Beteiligungen des H. W. den Beklagten zum Erben ein.

Ein Jahr nach dem Tod von E. W. verstarb am 27. April 1986 auch H. W.. Mit Schreiben vom 14. Mai 1986 kündigte der Beklagte daraufhin der Klägerin deren Kommanditbeteiligung zum 31. Mai 1986. Am 20. Juni 1986 kündigte der Beklagte nochmals, und zwar jetzt zum 31. Dezember 1986. Ferner hat der Beklagte am 2. Juni 1986 auch die Kommanditbeteiligung seiner Schwester T. S. zum Ende des Geschäftsjahres 1986 gekündigt.

Die Klägerin vertritt die Ansicht, daß § 21 Nr. 2b des Gesellschaftsvertrages wegen Sittenwidrigkeit nichtig und demgemäß die allein ordnungsgemäße Kündigung vom 20. Juni 1986 zum 31. Dezember 1986 als „Hinauskündigung ohne wichtigen Grund” unwirksam sei.

Das Landgericht hat der auf Feststellung der Nichtigkeit der Kündigungsvereinbarung sowie der Kündigungen vom 14. Mai und 20. Juni 1986 gerichteten Feststellungsklage stattgegeben. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit bezüglich der Kündigung vom 14. Mai 1986 in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt ist.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das Berufungsgericht hält die in § 21 Nr. 2b des Gesellschaftsvertrages vom 26. Februar 1976 getroffene Kündigungsabrede für wirksam. Es begründet dies damit, daß nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Vereinbarung eines Kündigungsrechts ohne Begründung (nach freiem Ermessen) nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten i.S. des § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei, wenn die gesellschaftsvertragliche Regelung aufgrund außergewöhnlicher Umstände sachlich gerechtfertigt erscheine. Vom Vorliegen derartiger besonderer Umstände müsse im gegebenen Streitfall ausgegangen werden. Hierfür spreche, daß das Kündigungsrecht nicht frei im Raum stehe und zu jedem beliebigen Zeitpunkt ausgeübt werden könne, sondern an den Tod des Vaters der Parteien geknüpft sei. Im Hinblick darauf, daß der Tod eines Gesellschafters ein besonderes, möglicherweise sogar die Grundfesten der Gesellschaft erschütterndes Ereignis sein könne, sei die Vertragsgestaltung schon insoweit sachlich gerechtfertigt. Außerdem sei sie auch deshalb legitim, weil sie dem Umstand Rechnung trage, daß der Beklagte bereits der H. W. KG von Anfang an seine ganze Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe, während für die Klägerin die im Wege der Schenkung erworbene Kommanditbeteiligung weder Existenzgrundlage noch Lebensmittelpunkt gewesen sei. Vor diesem Hintergrund bringe die in § 21 des Gesellschaftsvertrages getroffene Gesamtregelung hinreichend deutlich zum Ausdruck, daß die Gesellschafterstellung der Klägerin und ihrer Schwester nur bis zum Tod ihres Vaters habe bestehen bleiben sollen. Als sittenwidrig erachtet das Berufungsgericht allerdings die in § 21 Nr. 2b Satz 3 getroffene Regelung, nach der die Kündigung an keine Frist gebunden ist, weil durch sie die Gefahr einer Willkürherrschaft begründet werde. Gemäß § 139 BGB führe dies aber nicht zur Gesamtnichtigkeit der Kündigungsklausel, da anzunehmen sei, daß diese auch ohne die zu beanstandende Fristenregelung vereinbart worden wäre. Indem der Beklagte, wie in der restlichen Vertragsbestimmung vorgesehen, von seinem Ausschließungsrecht im unmittelbaren Anschluß an den Tod seines Vaters Gebrauch gemacht habe, sei die Klägerin aufgrund der Kündigung vom 20. Juni 1986 zum Ende des Geschäftsjahres 1986 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Gegen diese Ausführungen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

Zwar ist die vom Berufungsgericht zu Recht für sittenwidrig erachtete Fristenregelung gemäß § 21 Nr. 2b Satz 3 des Gesellschaftsvertrages untrennbarer Bestandteil der umstrittenen Kündigungsklausel, so daß für eine unmittelbare Anwendung des § 139 BGB kein Raum besteht. Die Klausel ist aber, wie noch im einzelnen darzulegen sein wird, in entsprechender Anwendung des § 139 BGB mit dem Inhalt aufrechtzuerhalten, daß die Hinauskündigung der vom Ausschließungsrecht betroffenen Gesellschafter nur innerhalb einer kurzen (angemessenen) Zeitspanne nach dem Tod des Vaters der Parteien durchgeführt werden kann.

1. Nach der neueren – gefestigten – Rechtsprechung des erkennenden Senats geht eine gesellschaftsvertragliche Regelung, durch die der Gesellschaftermehrheit, einer bestimmten Gesellschaftergruppe oder einem einzelnen Gesellschafter das Recht eingeräumt wird, einen Mitgesellschafter ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes aus der Personengesellschaft auszuschließen, grundsätzlich über den Rahmen des rechtlich und sittlich Erlaubten (§ 138 Abs. 1 BGB) hinaus. Ausschlaggebend ist hierfür, daß nach einer derartigen Vereinbarung die das gemeinsame Unternehmen mittragenden Gesellschafter aus sachfremden – eventuell nur emotional bedingten – Gründen ausgeschlossen werden können, und damit einer Willkürherrschaft in der Gesellschaft insgesamt Vorschub geleistet werden kann. Die Macht, Mitgesellschafter nach Gutdünken auszuschließen, setzt diese einem ihre Entscheidungsfreiheit beeinflussenden Druck aus, der die Gefahr begründet, daß sie unter dem Eindruck, der Willkür des ausschließungsberechtigten Gesellschafters ausgeliefert zu sein, von den ihnen nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag zustehenden Rechten keinen Gebrauch machen und ihren Gesellschafterpflichten nicht nachkommen, sich vielmehr den Wünschen des oder der berechtigten Gesellschafter beugen (BGHZ 81, 263, 266ff). Diesem Umstand ist besondere Bedeutung beizumessen, weil das Gesellschaftsverhältnis im Unterschied zum reinen Austauschvertrag auf ein gedeihliches Zusammenwirken der Gesellschafter zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels angelegt ist (vgl. Sen.Urt. v. 25. März 1985 – II ZR 240/84, WM 1985, 772, 773). Zwar schließt dies nicht aus, daß Fallgestaltungen denkbar sind, die die Aufnahme einer gesellschaftsvertraglichen Regelung über die Hinauskündigung nach freiem Ermessen als gerechtfertigt erscheinen lassen. Da das Kündigungsrecht die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zusammenarbeit im Kern trifft, können aber nur außergewöhnliche Umstände eine andere Beurteilung der Sittenwidrigkeit rechtfertigen (vgl. BGHZ 68, 212, 215; 81, 263, 269). Welche Umstände im einzelnen geeignet sind, den Ausschluß als sachlich gerechtfertigt erscheinen zu lassen, und ob die sachliche Rechtfertigung schon aus dem Gesellschaftsvertrag hervorgehen muß, hat der Senat allerdings noch nicht abschließend entschieden. Auf diese nicht formelhaft zu beantwortende Frage kommt es auch im gegebenen Streitfall nicht an, weil nach der entsprechend § 139 BGB aufrechtzuerhaltenden Vertragsklausel kein Kündigungsrecht nach freiem Ermessen besteht, dieses vielmehr an ein festes Tatbestandsmerkmal – den Tod des Vaters der Parteien – anknüpft.

2. a) Namentlich bei kleineren Gesellschaften mit beschränkter Haftung, aber auch im Bereich der handelsrechtlichen Personengesellschaften legt der Gesellschaftsvertrag nicht selten fest, daß bei dem Tod eines Gesellschafters und dem darauf erfolgten Eintritt eines Erben in die Gesellschaft diesem durch einen oder mehrere Gesellschafter wieder gekündigt werden kann (zur Häufigkeit derartiger Klauseln im Recht der GmbH vgl. Niemeier, Rechtstatsachen und Rechtsfragen der Einziehung von GmbH-Anteilen, 1982, S. 62, 63). Ob es sich dabei um ein im allgemeinen wegen Verletzung wesentlicher Grundwerte unserer Rechtsordnung nach § 138 Abs. 1 BGB nichtiges Kündigungsrecht nach freiem Ermessen handelt, oder ob dieses an ein festes Tatbestandsmerkmal anknüpft, hängt von der weiteren Vertragsgestaltung ab:

Sieht die gesellschaftsvertragliche Bestimmung ausdrücklich vor, oder ist ihr im Wege der Vertragsauslegung (§ 157 BGB) zu entnehmen, daß die Hinauskündigung des Erben binnen kurzer Frist nach seinem Eintritt in die Gesellschaft durchgeführt werden muß, so knüpft das Ausschließungsrecht an ein festes Tatbestandsmerkmal an. Gegen eine solche Vertragsgestaltung bestehen nicht die gegenüber einer Kündigungsregelung nach freiem Ermessen anzumeldenden Bedenken. Der entscheidende Grund hierfür liegt darin, daß sich die ausschlußberechtigten Gesellschafter angesichts des zeitlich begrenzten Ausschließungsrechts zügig darüber Klarheit verschaffen müssen, ob man sich mit dem neuen Mitgesellschafter abfinden will oder nicht. Nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung ist daher ausgeschlossen, daß es zu einer willkürlichen und mißbräuchlichen Handhabung des Kündigungsrechts und damit zu einer nicht hinzunehmenden Gefährdung der für ein gedeihliches Zusammenwirken erforderlichen freien Willensbildung aller Gesellschafter kommen kann. Eine andere Beurteilung ergibt sich hingegen, wenn die Kündigungsklausel ein zeitlich unbefristetes Ausschließungsrecht gegenüber dem Erben enthält. Unter diesen Umständen steht nicht ein an feste Tatbestandsmerkmale anknüpfendes Ausschlußrecht zur Diskussion; vielmehr handelt es sich um ein Kündigungsrecht nach freiem Ermessen, weil es in das Belieben der ausschlußberechtigten Gesellschafter gestellt ist, ob überhaupt und aufgrund welcher Überlegungen es zum Ausschluß kommt. Der Erbe muß daher stets mit einer grundlosen Hinauskündigung rechnen. Seine Gesellschafterstellung ist demzufolge mit den Ungewißheiten verbunden, die die Kündigungsregelung grundsätzlich als sittenwidrig erscheinen läßt, weil sie die beschriebenen Gefahren heraufbeschwört (zu dieser Unterscheidung siehe auch Grunewald, Der Ausschluß aus Gesellschaft und Verein, 1987, S. 212, 213).

b) Für die im vorliegenden Streitfall zu beurteilende Vertragsgestaltung gilt dieselbe Unterscheidung. Zwar besteht zu der vorgenannten Kündigungsregelung insoweit ein Unterschied, als das Ausschließungsrecht Gesellschafter betrifft, die bei seiner Festlegung bereits der Gesellschaft angehörten. Dieser Umstand ist nicht ohne Bedeutung, da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die betroffenen Gesellschafter unter dem Eindruck des künftigen Ausschließungsrechts auf die Wahrnehmung ihrer Kontrollbefugnisse oder sonstigen Rechte verzichten und den ihnen obliegenden Gesellschafterpflichten nicht nachkommen. Diese Gefahr reicht jedoch nicht aus, die Kündigungsabrede als sittenwidrig anzusehen. Eine gegenteilige Beurteilung ließe unberücksichtigt, daß das eigentliche Anstößige eines Kündigungsrechts nach freiem Ermessen darin besteht, daß es von dem oder den berechtigten Gesellschaftern willkürlich ausgeübt und als Machtinstrument eingesetzt werden kann. An dieser Voraussetzung fehlt es aber, wenn das Kündigungsrecht an den Tod eines Mitgesellschafters anknüpft, weil die betroffenen Gesellschafter hier nicht befürchten müssen, daß ihr Verhalten in oder außerhalb der Gesellschaft zu einer unberechtigten Einziehung ihrer Beteiligung führen kann. Im Gegensatz zum Kündigungsrecht nach freiem Ermessen ist daher keine psychologische Zwangslage gegeben, die eine freie Entscheidung der vom Kündigungsrecht betroffenen Gesellschafter praktisch unmöglich macht.

Danach wäre die in § 21 Nr. 2b des Gesellschaftsvertrages getroffene Kündigungsvereinbarung wirksam, wenn sie – sei es auch nur konkludent – vorschreiben würde, daß die Ausschließung nur im unmittelbaren Anschluß an den Tod des Vaters der Parteien durchgeführt werden kann. Hieran würde sich auch dann nichts ändern, falls der Gesellschaftsvertrag keine angemessene Abfindung vorsehen sollte. Das Berufungsgericht hat dieser Frage zu Recht keine Bedeutung geschenkt. Wie der erkennende Senat wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, sind weder die Kündigungsvereinbarung noch die Hinauskündigung selbst von der Wirksamkeit der gesellschaftsvertraglichen Abfindungsregelung abhängig (vgl. u.a. Urt. des Senats v. 7. Mai 1973 – II ZR 140/71, WM 1973, 842, 843). Zwar betrifft diese Aussage Fälle, in denen das Kündigungsrecht nach freiem Ermessen noch grundsätzlich als wirksam angesehen wurde. Durch die neuere Rechtsprechung des Senats zur Sittenwidrigkeit des Ausschließungsrechts hat sich aber nichts an dem Grundsatz geändert, daß über die Wirksamkeit der Abfindungsregelung notfalls in einem getrennten Verfahren entschieden werden muß. Dies gilt erst recht, wenn dem berechtigten Gesellschafter nach der Ausgestaltung der Kündigungsklausel kein unbegrenztes, sondern ein an ein festes Tatbestandsmerkmal anknüpfendes Ausschließungsrecht zusteht.

3. a) Nach der vorliegenden Kündigungsabrede handelt es sich allerdings insofern um ein unbegrenztes Ausschließungsrecht nach freiem Ermessen, als die Hinauskündigung gemäß § 21 Nr. 2b Satz 3 des Gesellschaftsvertrages an keine Frist gebunden ist. Zwar wäre hiergegen nach der Rechtsprechung des Senats nichts einzuwenden, wenn es außergewöhnliche Umstände gäbe, die geeignet sind, diese Regelung als gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Vom Vorliegen derartiger Umstände geht aber selbst der Beklagte nicht aus; vielmehr hält er die Kündigungsvereinbarung für wirksam, weil sie an den Tod seines Vaters anknüpfte, und die Ausschließung seiner beiden Geschwister auch grundsätzlich im unmittelbaren Anschluß an den Erbfall erfolgen sollte.

b) Das vertraglich vereinbarte unbefristete Kündigungsrecht ist aber in entsprechender Anwendung des § 139 BGB als zeitlich begrenztes Ausschließungsrecht aufrechtzuerhalten.

Seinem Wortlaut nach erfaßt die Vorschrift des § 139 BGB nur die Fälle, daß ein Rechtsgeschäft bei Nichtigkeit eines Teils völlig nichtig oder unter Abtrennung des nichtigen Teils gültig ist, wenn die Parteien nach ihrem hypothetischen Willen das Rechtsgeschäft auch ohne den nichtigen Teil geschlossen hätten. Nicht erwähnt wird dagegen der Fall, daß die Parteien anstelle der vereinbarten nichtigen Regelung eine andere, auf das noch zulässige Maß reduzierte Regelung vereinbart hätten. Nur hierum kann es sich im gegebenen Streitfall handeln. Denn die Kündigungsklausel enthält neben der nichtigen Fristenregelung keine weitere ungeschriebene Abrede, nach der die Hinauskündigung im unmittelbaren Anschluß an den Tod des Vaters der Parteien durchgeführt werden muß. Der Revision ist daher nicht zu widersprechen, wenn sie darauf verweist, daß die Fristenregelung nicht von der übrigen Klausel getrennt werden könne. Dies bedeutet aber nicht, daß die Kündigungsvereinbarung nichtig ist. Nach Sinn und Zweck des § 139 BGB, ein teilweise nichtiges Rechtsgeschäft nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten, wenn dies dem hypothetischen Parteiwillen entspricht, ist es vielmehr gerechtfertigt, in begrenztem Umfang auch eine quantitative Teilbarkeit und eine entsprechende Teilnichtigkeit anzuerkennen (vgl. Soergel-Hefermehl, BGB 12. Aufl. § 139 Rdnr. 29). Eine übermäßig lang bemessene und deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrige Laufzeit bestimmter Verträge führt nach gefestigter Rechtsprechung nicht zu deren Nichtigkeit; vielmehr sind sie nach Möglichkeit in entsprechender Anwendung des § 139 BGB mit einer nicht zu beanstandenden Bindungsdauer aufrechtzuerhalten (vgl. u.a. BGHZ 68, 1, 5 m.w. Nachw.). Dem steht hier nicht entgegen, daß ein wegen Sittenwidrigkeit unwirksamer Vertrag grundsätzlich nicht in ein gültiges Rechtsgeschäft umgedeutet werden darf (vgl. BGHZ 68, 204, 206f.). Vorliegend handelt es sich nur darum, daß eine Kündigungsregelung, die allein im Hinblick auf ihre zeitlich unbegrenzte Geltung anstößig ist, die indessen bei einer zeitlich begrenzten Geltung nicht zu beanstanden wäre, auf eine nach dem Grundsatz von Treu und Glauben angemessene Geltungsdauer beschränkt wird. Gegen die übrigen Vertragsteile ist nichts einzuwenden.

Auch ist entgegen der Ansicht der Revision nichts gegen die Wertung des Berufungsgerichts zu erinnern, nach der sich die Vertragsparteien auf ein zeitlich eng befristetes Ausschließungsrecht geeinigt hätten, wenn ihnen die Nichtigkeit der getroffenen Kündigungsabrede bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages bekannt gewesen wäre. Das Berufungsurteil läßt insoweit einen Rechtsfehler nicht erkennen.

c) Nicht zu entscheiden ist, welchen Inhalt die Fristenregelung haben muß, damit das Ausschließungsrecht an ein festes Tatbestandsmerkmal anknüpft. Nach Grunewald (aaO S. 212) bietet sich an, dem ausschlußberechtigten Gesellschafter insoweit eine Entscheidungsfrist von ca. einem Jahr zuzugestehen. Ob dem gefolgt werden könnte, bedarf hier keiner Entscheidung, weil der Beklagte von seinem Kündigungsrecht zum frühestmöglichen Termin Gebrauch gemacht hat. Aus alldem ergibt sich, daß die Klägerin aufgrund der Kündigung vom 20. Juni 1986 gemäß § 21 Nr. 2b des Gesellschaftsvertrages zum Ende des Geschäftsjahres 1986 aus der Gesellschaft ausgeschieden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 649117

BGHZ 105, 213

BGHZ, 213

NJW 1989, 834

ZIP 1989, 36

DNotZ 1989, 512

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