Leitsatz (amtlich)

1) Veräußert der Käufer die Ware weiter und überläßt er die Untersuchung der Ware dem Abnehmer, so hat er dafür Sorge zu tragen, daß der Abnehmer ihn sobald als möglich von dem Ergebnisse der Untersuchung benachrichtigt (Bestätigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts – RGZ 55, 210, [211]).

2) Maßgebender Zeitpunkt des arglistigen Verschweigens eines Mangels im Rahmen des § 377 Abs. 5 HGB ist bei Schadensersatzansprüchen aus Gattungskauf der Zeitpunkt der Lieferung der Ware.

 

Normenkette

HGB § 377; BGB § 480 Abs. 2

 

Verfahrensgang

OLG Bremen (Urteil vom 23.01.1953)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 23. Januar 1953 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine Ein- und Ausfuhr-Großhandelsfirma, bot der Beklagten zu 1), einer offenen Handelsgesellschaft, deren persönlich haftende Gesellschafter die Beklagten zu 2) sind, mit Schreiben vom 15. Juli 1950 je 200 kg „Pfefferminzöl, amerikanisch und japanisch”, zum Preise von je 50,50 DM per kg an und übersandte der Beklagten zu 1) auf deren Schreiben vom 17. Juli 1950, worin diese um verbindliches Ausfallmuster von je 100 g gebeten hatte, am 20. Juli 1950 diese Muster.

Am 27. Juli 1950 schlossen die Parteien fernmündlich einen durch Schreiben der Klägerin vom folgenden Tage bestätigten Kaufvertrag über 200 kg „Pfefferminzöl amerik. lt. Muster” zum Preise von 50,50 DM per kg. Der Kaufpreis sollte am 15. Oktober und 15. November 1950 je zur Hälfte gezahlt werden.

Am 2. August 1950 stoppte die Beklagte zu 1) telegrafisch diesen Auftrag und teilte der Klägerin im Schreiben vom gleichen Tage mit, eine nochmalige Untersuchung der Probe habe ergeben, daß die Ware mit ca. 30% Glykol verschnitten und deshalb für den von ihrem Kunden vorgesehenen Zweck (Kaugummiproduktion) unmöglich zu verwenden sei. Diesen Bescheid hatte die Beklagte zu 1) von der Firma Dr. L. in M., an die sie die Ware am 29. Juli 1950 weiter verkauft hatte, erhalten. Diese hatte das ihr schon vorher abgegebene Muster durch den Dipl. Chemiker Dr. H. in H. untersuchen lassen, dessen Gutachten vom 29. Juli 1950 zu dem Ergebnis kommt, daß das Öl zu 25 bis möglicherweise 40% mit einem glykolartigen Zusatz vermischt sei. In ihren Erwiderungsschreiben vom 4. und 10. August 1950 erklärte die Klägerin der Beklagten zu 1), das Öl sei nach ausdrücklicher Angabe ihres Lieferanten glykolfrei. Da die Beklagte zu 1) der Klägerin den von dieser in ihren beiden vorgenannten Schreiben erbetenen Untersuchungsbefund nicht übersandt von dessen Einsichtsnahme sie die Annullierung des Kaufvertrages abhängig gemacht hatte, ließ die Klägerin ihrerseits durch die Staatl. Chem. Untersuchungsanstalt in Bremen eine Untersuchung des Öls vornehmen. Nach diesem Befund, den die Klägerin der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 18. August 1950 mitteilte, enthielt das Öl keinen Glykolzusatz, jedoch die Beimischung von Triacetin, einer unschädlichen, aber ergiebigkeitsmindernden Streckmittel, im Verhältnis von schätzungsweise 1:4 bis 1:3. In einem Ferngespräch vom 18. August 1950 teilte ein Angestellter der Klägerin dem Beklagten zu 2a) mit, die Untersuchung habe kein Glykol ergeben. Nach der Behauptung der Beklagten hat dieser Angestellte weiter erklärt, das Öl enthalte nach dem Untersuchungsbefund Triacetin im Verhältnis 1:4 bis 1:3. Die Klägerin bestreitet, daß dabei ein Beimischungsverhältnis angegeben worden sei.

Im Anschluß an dieses Ferngespräch erbat die Beklagte zu 1) mit Telegramm vom 18. August 1950 und Schreiben vom nachfolgenden Tage sofortigen Versand der Ware sowie Übersendung des Analysenbefundes. Am 21. August 1950 versandte die Klägerin das Öl in vier Kanistern an die Beklagte zu 1), die daselbst am 1. September 1950 eintrafen, davon einer in stark beschädigtem Zustande. Dafür kam die Versicherung der Beklagten zu 1) auf, die an die Klägerin einen Betrag von 2.291,75 DM gezahlt hat. Die drei unbeschädigten Kanister lieferte die Beklagte zu 1) sogleich an die Firma Dr. L. weiter. Mit Schreiben vom 1. September 1950 teilte die Beklagte zu 1) der Klägerin mit, daß aus den Kanistern unter Zeugen Muster entnommen und einem Sachverständigen zur Untersuchung zugeleitet worden seien. Der insoweit von der Fa. Dr. L. beauftragte Sachverständige gelangte in seinem Gutachten vom 8. September 1950 zu dem Ergebnis, der Triacetingehalt des untersuchten Öles liege zwischen 25 und 35, z.T. noch höher. Diesen Befund übermittelte die Firma Dr. L. der Beklagten zu 1) und verlangte mit Schreiben vom 14. September 1950 zunächst Minderung des Kaufpreises von der Beklagten zu 1). Mit Schreiben vom 16. September 1950 setzte die Beklagte zu 1) die Klägerin davon in Kenntnis und kündigte für den Fall, daß diese nicht ihrerseits den Kaufpreis entsprechend ermässige, die Erhebung von Schadensersatzansprüchen an. Die Klägerin lehnte eine Herabsetzung des Kaufpreises ab. Das gleiche geschah seitens der Beklagten zu 1) gegenüber der Firma Dr. L..

Nunmehr erhob die Beklagte zu 1) unter dem 29. September 1950 gegen ihre Abnehmerin, die Firma Dr. L., Klage auf Zahlung des Kaufpreises (11 0 247/50 des Landgerichts München I). Diese Klage wurde durch das inzwischen rechtskräftig gewordene Urteil vom 13. April 1951, gegen das Rechtsmittel nicht eingelegt worden sind, auf Grund der Wandlungseinrede der Firma Dr. L. als unbegründet abgewiesen. Der die Wandlung rechtfertigende Mangel des gelieferten Öls wird darin erblickt, daß dieses mindestens 34,5% Triacetin enthalte, während die jetzige Beklagte zu 1) der Firma Dr. L. ein Mischungsverhältnis von 1:4 bis 1:3 zugesagt habe. Da beide Parteien nach ihren Erklärungen unter diesen Verhältniszahlen irrtümlicherweise 25 bis 30% Triacetingehalt angenommen hätten, sei dieser Prozentsatz der Lieferung zugrundezulegen. Mit einer derartigen Lieferung sei die Firma Dr. L. auch einverstanden gewesen. In dem Münchener Rechtsstreit hatte die jetzige Beklagte zu 1) der jetzigen Klägerin mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1950 den Streit verkündet. Diese ist jedoch dem Prozeß nicht beigetreten.

Mit der vorliegenden, unter dem 7. März 1951 erhobenen Klage nimmt die Klägerin die Beklagten als Gesamtschule auf Zahlung des restlichen Kaufpreises in Höhe von 7.868 DM nebst 8% Zinsen in Anspruch.

Die Beklagten haben um Klageabweisung gebeten. Sie haben gegenüber der Klageforderung eine diese übersteigende Schadensersatzforderung zur Aufrechnung gestellt. Zu ihrer Begründung haben sie vorgetragen, dem gelieferten habe es an einer zugesicherten Eigenschaft, nämlich der Reinheit des Öls, gefehlt, und diesen Mangel habe die Klägerin auch arglistig verschwiegen. In Fachkreisen werde unter Pfefferminzöl nur reines, unverfälschtes Öl verstanden, derart, daß der Verkauf einer Ware unter dieser Bezeichnung ohne einschränkenden Zusatz auch die Zusicherung der Reinheit enthalte. Das von der Klägerin übersandte Muster habe nur Bedeutung für Geschmack und Duft. Die Beimischung von Triacetin habe der Reinheitszusicherung widersprochen. In dem Ferngespräch vom 18. August 1950 sei das Beimischungsverhältnis mit 1:4 bis 1:3 angegeben worden. Damit habe die Beklagte zu 1) sich einverstanden erklärt. Von einer weiteren Beimischung habe die Beklagte zu 1) erst durch den Untersuchungsbefund vom 8. September 1950 erfahren. Da die Klägerin ihrem Lieferanten nicht den Streit verkündet habe und dem Münchener Rechtsstreit nicht beigetreten sei, sei anzunehmen, daß sie keine Regreßansprüche habe. Daraus sei der Schluß zu ziehen, daß sie das Öl selbst vermischt und mindestens beim Verkauf an die Beklagte zu 1) von der Vermischung gewußt habe. Diesen Mangel habe die Beklagte arglistig verschwiegen.

Die Klägerin hat erwidert, sie habe das auch von ihr nach Muster gekaufte und so weiterverkaufte Öl schon wegen seines niedrigen Preises selbstverständlich als verschnitten angesehen. Für jeden Fachmann und auch für den Beklagten sei das ohne weiteres klar gewesen. Weiter hat die Klägerin bestritten, daß das Muster nur für Geschmack und Duft verbindlich gewesen sei. Nach Auffassung des Handels sei dieses vielmehr auch für die chemische Zusammensetzung des Öls maßgeblich gewesen. Über die beabsichtigte Verwendung des Öls sei ihr nichts bekannt gewesen. Außerdem habe am 28. Juli 1950 ihr Prokurist bei einem – unstreitigen – Besuch den Beklagten zu 2a) anhand zweier Proben noch ausdrücklich dahingehend beraten, daß er sich beim Kauf einer reinen, unverschnittenen Qualität, trotz des höheren Preises besser stehe. Darauf habe er die Antwort erhalten, die Kunden verlangten nun einmal die bestellte Qualität. Außerdem sei schon aus dem Ergebnis der ersten, von der Abnehmerin der Beklagten veranlaßten Untersuchung hervorgegangen, daß das Öl nicht rein, sondern mit einer Beimischung von 25 – 40% versehen gewesen sei. Das sei dem Beklagten also bekannt gewesen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Beklagten nach dem Klageantrage verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist zurückgewiesen worden.

Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter, während die Klägerin um Zurückweisung der Revision bittet.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Landgericht zur Verneinung des von den Beklagten der der Höhe nach unstreitigen Klageforderung gegenüber zur Aufrechnung gestellten, aus § 480 Abs. 2 BGB hergeleiteten Schadensersatzanspruchs gelangt, wobei es in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen ist, daß die streitige Öllieferung eine Beimischung von mindestens 34,5% Triacetin enthalten habe.

In rechtlicher Hinsicht nimmt das Berufungsgericht, wie aus dem Zusammenhalt der Gründe des angefochtenen Urteils hervorgeht, in Übereinstimmung mit dem Landgericht und dem vorbezeichneten Münchener Urteil an, daß es sich bei dem streitigen Geschäft um einen Kauf nach Probe im Sinne des § 494 BGB handle. Das ist rechtlich unbedenklich. Die der Beklagten zu 1) übersandten Muster des Pfefferminzöls hatten nicht nur den Zweck, der Beklagten zu 1) einen ungefähren Anhalt über die Beschaffenheit der zu liefernden Ware zu geben. Die Beklagte hatte vielmehr diese Muster als verbindlich angefordert und sie sind ihr von der Klägerin auch in diesem Sinne übersandt worden, also zum Vertragsinhalt geworden. Nach der genannten gesetzlichen Bestimmung sind die Eigenschaften des Musters als zugesichert anzusehen. Es steht aber nichts im Wege, einzelne Eigenschaften der Probe vertraglich auszuschliessen oder weitere auszubedingen (RGZ 27, 19; RG in LZ 26, 632). Eine derartige Beschränkung des Musters haben die Beklagten eingewendet. Nach ihrer Behauptung kommt bei dem Handel mit ätherischen Ölen dem Muster lediglich die Bedeutung eines sog. Geschmacksmusters zu. Ob dieses Einwandsvorbringen der Beklagten zutrifft, hat das Landgericht dahingestellt sein lassen. Es hat den Beklagten entgegengehalten, daß eine solche etwaige Beschränkung der Zusicherung auf die Geschmackseigenschaft (auch Geruchseigenschaft) durch die eigene Erklärung der Beklagten, eine Vermischung des Pfefferminzöls mit Triacetin im Verhältnis 1:4 bis 1:3 nicht als fehlerhafte Eigenschaft der Sache geltend machen zu wollen, gegenstandslos geworden wäre. Im Münchener Urteil wird insoweit der Standpunkt vertreten, daß das Muster im Ölhandel nur für Geschmack und Geruch ausschlaggebend sei. Das Berufungsgericht hat zu dieser Frage keine Ausführungen gemacht. Es hat sich offenbar der Auffassung der Münchener Vorentscheidung angeschlossen. Andernfalls wäre es nicht erforderlich gewesen, daß sich das Berufungsgericht mit dem weiteren Einwand der Beklagten auseinandersetzte, in Fachkreisen werde unter Pfefferminzöl nur reines Öl derart verstanden, daß in dieser Bezeichnung auch eine entsprechende Zusicherung liege. Da das Berufungsgericht sonach zugunsten der Beklagten die Beschreibung des Musters auf Geschmack und Geruch des Pfefferminzöls unterstellt hat, erledigt sich die von der Revision erhobene Prozeßrüge aus § 286 ZPO, die auf die Nichterhebung der von den Beklagten über die Beschränkung des Musters auf Geruch und Geschmack angebotenen Sachverständigenbeweise gestützt wird.

Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Beklagten, daß in Fachkreisen unter Pfefferminzöl nur reines Öl verstanden werde derart, daß in dieser Bezeichnung auch eine entsprechende Zusicherung der Reinheit des Öls liege, für unerheblich erachtet. Es führt insoweit unter Hinweis auf RGZ 114, 241 und RGZ 54, 253 aus, die Zusicherung einer Eigenschaft im Sinne des § 480 Abs. 2 BGB gegenüber der vertragsmäßigen Voraussetzung einer bestimmten Beschaffenheit im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB sei ein vom Gesetz deutlich unterschiedenes Mehr. Eine Zusicherung liege nur dann vor, wenn kraft besonderer Erklärung für eine Eigenschaft der Kaufsache eingestanden werden solle, wobei der Erklärende damit rechnen müsse, daß der andere Teil diese Erklärung seinen Entschließungen zugrunde legen wolle. Wenn in Fachkreisen unter Pfefferminzöl allgemein nur reines Öl und außerdem eine entsprechende Zusicherung verstanden werden sollte, so beruhe dies möglicherweise auf einer irrigen Rechtsansicht. Diese könnte daher nicht ausschlaggebend sein. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum. Mit Recht macht die Revision geltend, daß die Zusicherung einer Eigenschaft auch stillschweigend abgegeben werden könne (RGZ 103, 77, [78]; 114, 239, [240]). Wenn bestimmte Erklärungen handels- und verkehrsüblich im bestimmten Sinne verstanden werden, so muß der Erklärende sie in diesem Sinne gegen sich gelten lassen, er muß ihren verkehrsüblichen Sinn als erklärten eigenen Willen hinnehmen (RGZ 103, 401, [405]; 129, 347 [349]). Soweit ein Handelsbrauch eine Parteierklärung auslegt, erlangt er die volle Wirkung erklärten Parteiwillens, es sei denn, daß ein derartiger Handelsbrauch eindeutig von den Parteien ausgeschlossen wird, was hier nicht in Betracht kommt. Der Ansicht der Revisionsbeklagten, die von den Beklagten geltend gemachte Handelsübung könne es schon denkgesetzlich nicht geben, da in der bloßen Warenbezeichnung keine Zusicherung einer Eigenschaft enthalten sein könne, kann nicht beigetreten werden. Unter Umständen kann die Verwendung des bloßen Warennamens als Zusicherung der dieser Ware innewohnenden Eigenschaften angesehen werden (vgl. RGRKomm BGB 10. Aufl. Anm. III 5 b zu § 459; RGZ 103, 77, andererseits RG in JW 1920, 831). Das Vorbringen der Beklagten über den angeblichen Handelsbrauch hinsichtlich der Zusicherung der Eigenschaft der Reinheit war daher an und für sich beachtlich. Dagegen ist diese Frage nicht entscheidungserheblich, da die Verneinung des von den Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruches in jedem Falle von der weiteren Erwägung des Berufungsgerichts getragen wird, daß die Lieferung des streitigen Öls wegen verspäteter Mängelanzeige seitens der Beklagten zu 1) als genehmigt zu gelten habe (§ 377 HGB).

Unstreitig handelt es sich bei dem in Rede stehenden Kaufgeschäft um ein beiderseitiges Handelsgeschäft. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist das gelieferte Öl der Beklagten zu 1) am 1. September 1950 abgeliefert worden und diese hat am 16. September 1950 Mängelrüge erhoben, nachdem ihre Abnehmerin ihr gegenüber am 14. September 1950 auf Grund des von dieser veranlaßten Untersuchungsbefundes entnommener Proben vom 8. September 1950 bei ihr eingegangenen am folgenden Tage, Mängelrüge erhoben hatte. Die Mängelrüge der Beklagten zu 1) hält das Berufungsgericht für verspätet mit der Begründung, die Beklagte zu 1) hätte sich darum bemühen müssen, das Ergebnis der vorgenannten Untersuchung möglichst schnell zu erhalten. Hätte sie das getan, so hätte sie den Untersuchungsbefund spätestens, ebenso wie ihre Abnehmerin, am 9. September 1950 erhalten und auch bereits an diesem Tage rügen können. Keinesfalls habe sie warten dürfen, bis ihre Abnehmerin mit Schreiben vom 14. September 1950 selbst Mängelrüge erhoben habe. Diese Ausführungen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Das Erfordernis der Unverzüglichkeit der Mängelanzeige ist streng auszulegen (RGZ 106, 360; 64, 159 [162]). Hat der Käufer die Ware weiterverkauft und die Untersuchung der Ware dem Abnehmer überlassen, so muß er dafür sorgen, daß der Abnehmer ihn, sobald als möglich, von dem Ergebnisse der Untersuchung benachrichtigt (RGZ 55, 210 [211]). Diese Sorgfaltspflicht bei Erstattung der Mängelanzeige hat die Beklagte zu 1) nicht beobachtet. Aus der darauf zurückzuführenden, vermeidbar gewesenen Verzögerung der Mängelanzeige der Beklagten zu 1) hat das Berufungsgericht daher ohne Gesetzverstoß die Verspätung dieser Mängelrüge gefolgert.

Die Revision vermißt bei Prüfung der Frage des Umfanges der vorzunehmenden Untersuchung und der Rechtzeitigkeit der Mängelrüge ein Eingehen des Berufungsgerichts auf die im Ölhandel geltenden Auffassungen. Sie bemängelt in erster Linie aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der richterlichen Fragepflicht, daß die Beklagten nach dieser Richtung nicht befragt worden seien. Andernfalls hätten sie vorgetragen, daß mit Rücksicht auf die Schwierigkeit der Analyse ätherischer Öle es dem regelmäßigen Geschäftsgang entspreche, wenn die erste Untersuchung sich nur auf Geschmack und Geruch beschränke, was ein Gutachter bestätigt haben würde. Weiter würden die Beklagten unter Berufung auf Sachverständigengutachten vorgetragen haben, daß mit Rücksicht auf die Gepflogenheiten und Schwierigkeiten im Handel mit ätherischen Ölen die Mängelanzeige der Beklagten zu 1) vom 16. September 1950 als rechtzeitig anzusehen sei. In der Nichtberücksichtigung der vorgenannten Gepflogenheiten im Ölhandel erblickt die Revision außerdem einen Verstoß gegen § 286 ZPO. Diese Rügen können nicht durchgreifen und zwar die die Schwierigkeiten der Ölanalyse betreffende schon deshalb nicht, weil das Berufungsgericht bei Prüfung der Frage der Unverzüglichkeit der Mängelanzeige nur auf Zeitpunkt nach Erstattung des Gutachtens abgestellt, aus etwa verspäteter Durchführung der Untersuchung also keine Nachteile für die Beklagten hergeleitet hat. Die in das Wissen des Sachverständigen gestellte Behauptung, die vorliegende Mängelanzeige der Beklagten zu 1) sei nach den im Ölhandel herrschenden Auffassungen als rechtzeitig anzusehen, betrifft eine reine Rechtsfrage, die nicht Gegenstand des Sachverständigenbeweises sein kann.

Auf die Verspätung der Mängelanzeige der Beklagten zu 1) könne sich die Klägerin allerdings nicht berufen, wenn wie die Beklagten eingewendet haben, die Klägerin den in der Nichtreinheit des Öls liegenden Mangel der Kaufsache der Beklagten zu 1) arglistig verschwiegen hätte (§ 377 Abs. 5 HGB). Das hat das Berufungsgericht nicht als dargetan angesehen. Es hat dabei erwogen, die Klägerin habe zwar nach ihrem eigenen Vortrag als selbstverständlich angenommen, daß es sich bei der verkauften Ware nicht um reines Pfefferminzöl gehandelt habe. Daraus ergäben sich aber für die Beklagten schon allein keine Rechte, weil die Beklagte zu 1) nach ihrem eigenen Vorbringen die Nichtreinheit des Öls gekannt habe. Insbesondere habe bei der fernmündlichen Unterredung vom 18. August 1950 der betreffende Angestellte der Klägerin der Beklagten zu 1), wie diese behauptet hat, auch eine Vermischung mit Triacetin im Verhältnis 1:4 bis 1:3 mitgeteilt. Daß die Klägerin darüber hinaus auch den Grad der vorhandenen Beimischung entgegen dem Analysenbefund vom August 1950 gekannt habe, sei von den Beklagten nicht schlüssig behauptet. Die aus dem Nichtbeitritt der Klägerin im Münchener Prozeß und aus ihrer Unterlassung der Streitverkündung an ihren Lieferanten gezogene Folgerung der Beklagten, die Klägerin habe selbst das Öl vermischt, gehe fehl. Die Klägerin habe selbst vorgetragen, sie habe das Öl als vermischt gekauft, und zwar nach einem zugesandten Muster. Dieses Vorbringen hätten sich die Beklagten zu eigen gemacht und daraus geschlossen, die Klägerin habe gewußt, daß es sich um nicht reines Öl handle. Dafür, daß die Klägerin als bloße Zwischenhändlerin das Öl ihrerseits noch vermischt hätte oder daß sie von vornherein oder nach weiterer Vermischung Kenntnis von einem vom Analysenergebnis vom August 1950 abweichenden Beimischungsverhältnis Kenntnis gehabt habe, bestehe keinerlei Anlaß.

Wenn das Berufungsgericht bei dem angeführten Sachverhalt ein arglistiges Verschweigen der Nichtreinheit des Öls durch die Klägerin nicht als festgestellt erachtet hat, so kann dem aus Rechtsgründen nicht entgegengetreten werden. Die Revision hat hierzu in der Revisionsverhandlung noch geltend gemacht, das Berufungsgericht habe verkannt, daß auch im Rahmen des § 377 HGB für die Frage des der Klägerin vorgeworfenen arglistigen Verschweigens der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entscheidend sei. Habe in diesem Zeitpunkt ein arglistiges Verschweigen seitens der Klägerin hinsichtlich der Reinheit des Öls vorgelegen, so sei die in § 377 Abs. 5 HGB bestimmte Arglistwirkung ausgelöst und bleibe weiter bestehen. Deshalb sei es unerheblich, ob der Beklagten zu 1) nachträglich die Nichtreinheit des verkauften Öls durch die Klägerin mitgeteilt worden sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Bei dem streitigen Geschäft handelt es sich um einen Gattungskauf, so daß Grundlage des von den Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruches nur § 480 Abs. 2 BGB sein kann, was auch die Beklagten annehmen. Danach kommt grundsätzlich nur eine bei Lieferung der Ware vorhandene Arglist des Verkäufers in Betracht. Es ist kein innerer Grund dafür ersichtlich, daß im Rahmen des § 377 HGB etwas anderes getan solle. § 377 Abs. 1 HGB stellt die Rügepflicht des Käufers auf den Zeitpunkt der „Ablieferung” der Ware ab. Wenn § 377 Abs. 5 HGB den Käufer bei arglistigem Verschweigen des Mangels von der Rügepflicht befreit, so ist diese Besserstellung des Käufers nur sinnvoll, wenn das arglistige Verschweigen auch noch im Zeitpunkt der Ablieferung bestand und der Käufer dadurch von einer näheren Untersuchung der Ware arglistig zurückgehalten wurde. Daher kann der Einwand des arglistigen Verschweigens eines Mangels an § 377 Abs. 5 HGB vorliegendenfalls auch nur durchgreifen, wenn im Zeitpunkt der Lieferung der Ware ein arglistiges Verschweigen eines Mangels seitens der Klägerin gegeben wäre. Das Berufungsgericht konnte somit dahingestellt sein lassen, ob bereits bei Kaufabschluß ein Mangel des Öls seitens der Klägerin arglistig verschwiegen worden ist. Den Beweis, daß ein solches arglistiges Verschweigen des Mangels der Kaufsache bei Erfüllung des Kaufvertrages vorgelegen habe, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum nicht als geführt angesehen. Da für dieses Einwandsvorbringen die Beklagten beweispflichtig sind, hat das Berufungsgericht mit Recht die Bestimmungen der Absätze 14 des § 377 HGB seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Danach hat die streitige Öllieferung wegen verspäteter Mängelrüge seitens der Beklagten zu 1) als genehmigt zu gelten, so daß ein etwaiger Schadensersatzanspruch der Beklagten nicht in Betracht kommt.

An dieser Rechtslage würde sich auch nichts ändern, wenn die Klägerin, was die Beklagten behauptet haben, das Berufungsgericht aber nicht für erwiesen angesehen hat, der Beklagten zu 1) beim Ferngespräch am 18. August 1950 anstelle der Reinheit des Öls eine bestimmte Beimischungsgrenze, 1:4 bis 1:3, zugesichert hätte. Denn das diese Grenze übersteigende Beimischungsverhältnis von mindestens 34,5% Triacetin, das die streitige Lieferung aufwies, hätte wegen verspäteter Mängelanzeige seitens der Beklagten zu 1) ebenfalls als genehmigt zu gelten. Einer Erörterung der Revisionsangriffe, die sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts richten, eine spätere Vereinbarung eines bestimmten Beimischungsverhältnisses zwischen den Parteien sei nicht dargetan, bedarf es daher nicht.

Da schon wegen verspäteter Mängelrüge seitens der Beklagten zu 1) der von den Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch entfällt, erübrigt sich auch ein Eingehen auf die Frage, ob bei dem gegebenen Sachverhalt ein Verzicht der Beklagten zu 1) gemäß § 464 BGB auf etwaige Gewährleistungsansprüche anzunehmen ist.

Die verspätete Mängelrüge der Beklagten zu 1) hat die Folge, daß die Beklagten mit sämtlichen Gewährleistungsansprüchen, also auch mit etwaigen Wandlungs- oder Minderungsanspruch, ausgeschlossen sind. Dadurch erledigen sich auch die in diesem Zusammenhange erhobenen verfahrensrechtlichen Rügen der Revision, die dahingehen, das Berufungsgericht habe unter Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht die Beklagten nicht befragt, ob sie im Falle der Verneinung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs auch noch weitere Sachmängelgewährleistungsansprüche geltend machen wollen, und das Berufungsgericht hätte sich auch mit dem Recht der Beklagten auf Wandlung und Minderung auseinandersetzen müssen. Dazu erscheint aber der Hinweis angebracht, daß das Berufungsgericht die Beklagten ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils (S 6) ausdrücklich im vorbezeichneten Sinne befragt hat, und daß diese daraufhin erklärt haben, nur einen Schadensersatzanspruch geltend machen zu wollen.

Nach alledem war die Revision der Beklagten als unbegründet mit der Kostenfolge aus §§ 97, 100 ZPO zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Wilde, Bock, Krüger-Nieland, Christoph, Nörr

 

Fundstellen

MDR 1955, 31

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