Leitsatz (amtlich)

§ 112 AktG gilt auch dann, wenn die Gesellschaft gegen ein inzwischen ausgeschiedenes Vorstandsmitglied einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Amtsführung geltend macht.

 

Normenkette

AktG § 112

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf (Urteil vom 16.06.1988)

LG Düsseldorf

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Juni 1988 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger ist von 1950 bis 1984 in verschiedenen Stellungen für die Beklagte, eine mitbestimmte GmbH, tätig gewesen. Seit 1959 war er Prokurist. Als Leiter der Niederlassung D. und des dort betriebenen Industriebaus (Montage) war er für die Durchführung industrieller Bauvorhaben im In- und Ausland zuständig. Mit Wirkung ab 1. Januar 1980 wurde er in den Kreis der Gesellschafter aufgenommen und zugleich unter Beibehaltung seines bisherigen Aufgabengebietes zum Geschäftsführer mit dem Recht berufen, die Gesellschaft gemeinsam mit einem anderen Geschäftsführer oder einem Prokuristen zu vertreten. Am 30. April 1984 ist der Kläger, der sich mit einem eigenen Unternehmen selbständig gemacht hat, aus der Geschäftsführung und nach dem 22. Oktober 1984 auch als Gesellschafter bei der Beklagten ausgeschieden.

Bei der Beklagten bestand die Übung, Mitarbeitern zusätzlich zu ihren Festgehältern teils gewinn-, teils terminbezogene Prämien zu gewähren. Dazu bestimmte eine im Jahre 1974 von den damaligen Gesellschaftern Hubert L. und Hans W. an alle Abteilungen, Niederlassungen und Tochtergesellschaften ergangene Weisung, daß ihnen u.a. sämtliche „Prämien und Zuwendungen, die außerhalb der normalen Lohn- und Gehaltszusagen liegen”, zur Genehmigung vorzulegen seien. Diese Weisung bestätigte der Kläger im selben Jahr, indem er für die von ihm geleitete Niederlassung durch Aushang anordnete, die Gewährung von Vergütungen an Mitarbeiter dürfe allein durch ihn erfolgen, der sie der Geschäftsleitung in S. zur Genehmigung vorlegen werde. Die Beklagte wirft dem Kläger vor, er habe den in seinem Bereich tätigen Mitarbeitern C., P. und K. erhebliche Prämienzusagen gemacht, die er nicht mit den Gesellschaftern abgesprochen habe. Diese Mitarbeiter haben im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Klägers ihre Arbeitsverträge mit der Beklagten gekündigt und gegen diese arbeitsgerichtliche Urteile erwirkt, in denen sie zur Zahlung rückständiger Prämien in Höhe von insgesamt 481.000 DM verurteilt worden ist, und zwar an C. 321.000 DM, an P. 85.000 DM und an K. 75.000 DM. Aufgrund eines vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf geschlossenen Vergleichs hat P. davon später 10.000 DM zurückgezahlt. Da die Beklagte dem Kläger noch vor Beendigung dieser Prozesse mitgeteilt hatte, sie werde ihn im Falle ihres Unterliegens auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, hat der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit zunächst negative Feststellungsklage erhoben, die nach Erhebung der am 2. April 1905 eingereichten, auf Zahlung gerichteten Widerklage über 502.496,98 DM nebst Zinsen (481.000 DM aus Prämienzahlungen und 21.496,98 DM Verfahrenskosten) übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Ein Gesellschafterbeschluß über die Erhebung dieser Widerklage ist am 4. November 1987 in Bestätigung eines mündlichen Beschlusses vom 22. Oktober 1984 gefaßt worden. Am 29. Juni 1984 und am 27. Juni 1985 haben die Gesellschafter der Beklagten ihrer Geschäftsführung Entlastung erteilt.

Der Kläger hat eine Pflichtverletzung bestritten. Die Gesellschafter hätten seine Prämienzusagen an Mitarbeiter ausnahmslos gebilligt. Die Weigerung der Beklagten in den Fällen C., P. und K. sei erst ausgesprochen worden, nachdem diese Mitarbeiter ihre Arbeitsverhältnisse bei der Beklagten als Folge seines eigenen Ausscheidens gelöst hätten. Andernfalls hätte die Beklagte seine Prämienzusagen auch in diesen Fällen nicht beanstandet. Die der Geschäftsführung erteilte Entlastung gelte auch für ihn. Überdies seien die eingeklagten Ersatzansprüche verjährt.

Die Widerklage hatte in 2. Instanz in Höhe von 271.775 DM nebst Zinsen Erfolg.

Mit der Revision, mit der der Kläger auch die Vertretung der Beklagten durch ihren Geschäftsführer anstatt durch ihren Aufsichtsrat rügt, verfolgt der Kläger seinen Klagabweisungsantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Die Beklagte ist im vorliegenden Rechtsstreit, nachdem der Aufsichtsrat nachträglich als gesetzlicher Vertreter in den Prozeß eingetreten ist und die bisherige Prozeßführung des Vorstands genehmigt hat, durch ihren Aufsichtsrat nach Vorschrift der Gesetze (§ 551 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) vertreten.

Dessen ausschließliche Befugnis, die Beklagte zu vertreten, folgt aus § 112 AktG i.V.m. § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG. Zwar ist der Kläger schon vor Beginn des Prozesses aus seinem Amt als Mitglied der Geschäftsführung der Beklagten ausgeschieden. Die ausschließliche Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrats ist aber nicht, worauf der Wortlaut des § 112 AktG hindeuten könnte, auf die im Amt befindlichen Vorstandsmitglieder beschränkt. Der Senat hat diese Bestimmung bereits wiederholt auf Rechtsgeschäfte oder Rechtsstreitigkeiten der Gesellschaft mit solchen Personen angewandt, die dem Vorstand noch nicht oder nicht mehr angehörten. Dies ist, soweit es sich um ausgeschiedene Vorstandsmitglieder handelte, zunächst noch an die Voraussetzung geknüpft gewesen, daß zugleich der Widerruf der Bestellung, und zwar wenigstens noch zu Prozeßbeginn, streitig war (Sen. Urt. v. 11. Mai 1981 – II ZR 126/80, WM 1981, 759 m.w.N.). In seiner Entscheidung vom 9. Oktober 1986 (II ZR 284/85, WM 1986, 1411) hat der Senat die Vertretungszuständigkeit des Aufsichtsrates darüber hinaus auch dann bejaht, wenn ein Vorstandsmitglied nach dem Widerruf seiner Bestellung nur die Unwirksamkeit der gleichzeitig ausgesprochenen Kündigung seines Dienstverhältnisses sowie Rechte aus dem Anstellungsvertrag geltend macht. In der Entscheidung vom 8. Februar 1988 (II ZR 159/87, WM 1988, 413) hat der Senat die Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat darüber hinaus selbst dann angenommen, wenn ausschließlich über Rechte aus dem Anstellungsvertrag gestritten wird und die Organstellung schon vor Klageerhebung durch Zeitablauf erloschen war. Ausschlaggebend war dabei die Erwägung, der gesetzgeberische Zweck des § 112 AktG, den der Senat in allen mit diesem Fragenkreis befaßten Entscheidungen in der Sicherstellung einer unbefangenen Vertretung der Gesellschaft gesehen hat (vgl. die oben genannten Urteile), erfordere eine Auslegung der Vorschrift dahin, daß der Aufsichtsrat die Gesellschaft auch dann vertritt, wenn eine Rückkehr des inzwischen ausgeschiedenen Vorstandsmitglieds in sein früheres Amt nicht mehr in Betracht komme. Außerdem ist, wie der Senat in seinen Urteilen vom 9. Oktober 1986 und 8. Februar 1988 (jeweils a.a.O.) zusätzlich ausgeführt hat, eine solche Regelung der Vertretung nicht nur sinnvoll und zweckmäßig, indem sie dem Aufsichtsrat die Möglichkeit gibt, die von ihm beschlossene und erklärte Kündigung auch selber vor Gericht zu vertreten, sondern dient zugleich dem Gebot der Rechtsklarheit, weil sie die Kontinuität der Vertretung der Gesellschaft in Auseinandersetzungen mit einem ausgeschiedenen Vorstandsmitglied unabhängig davon wahrt, ob ein die gesetzliche Vertretung bei engerer Auslegung des § 112 AktG ändernder Umstand vor Beginn oder während des Rechtsstreits eintritt.

Diese Erwägungen, an denen der Senat festhält, haben jedenfalls auch dann im wesentlichen Gültigkeit, wenn Gegenstand des Rechtsstreits nicht die Berechtigung der fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages, sondern ein von der Gesellschaft gegen ihr ehemaliges Vorstandsmitglied geltend gemachter Schadensersatzanspruch aus fehlerhafter Amtsführung ist. Dies gilt insbesondere für den den Kerngehalt des § 112 AktG darstellenden Gesichtspunkt, eine unbefangene Vertretung der Gesellschaft sicherzustellen. Die Entscheidung, ein Vorstandsmitglied auf Schadensersatz wegen seiner Amtsführung in Anspruch zu nehmen, ist in vielfältiger Weise geeignet, auch seine im Amt verbliebenen Vorstandskollegen zu tangieren. Dies kann darauf beruhen, daß Zeitdauer und Intensität der Zusammenarbeit im Vorstand zu persönlichen Beziehungen und Bindungen geführt haben, mehr aber noch auf, daß die Vorwürfe, auf die sich das Schadensersatzbegehren der Gesellschaft stützt, zugleich die Amtsführung der im Amt verbliebenen Vorstandsmitglieder in ein kritisches Licht rücken können. Dies kann bis zu einer Mithaftung neben dem ausgeschiedenen Vorstandskollegen und damit bis zur Entstehung eines Rückgriffsanspruchs im Falle seines Unterliegens (§ 93 AktG und § 43 GmbHG) gehen. In beiden Fällen bestünde bei Vertretung durch den amtierenden Vorstand die Gefahr, der allein durch die Wahrnehmung der Kontrollpflicht des Aufsichtsrates nicht unter allen Umständen hinreichend vorgebeugt werden kann, daß die mangelnde Unbeteiligtheit der amtierenden Vorstandsmitglieder an dem Prozeßstoff und gegenüber der Person des Prozeßgegners die Prozeßführung beeinflussen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Vorstandsmitglieder gegenüber ihrem ehemaligen Vorstandskollegen Schadensersatzansprüche aus unternehmerischen Entscheidungen oder sonstigen Geschehnissen geltend machen sollen, die sie möglicherweise selber mitzuverantworten haben. Es verhält sich insoweit bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen nicht wesentlich anders als bei einem Streit über die Berechtigung einer fristlosen Kündigung. Nicht selten wird beides sogar eng, wenn nicht untrennbar, miteinander verbunden sein, indem die Gründe, die zum Widerruf der Bestellung und zur Kündigung des Anstellungsvertrages geführt haben, mit denjenigen identisch sind, die zur Begründung des Schadensersatzbegehrens dienen. Angesichts der Gleichheit der Interessenlage in solchen Fällen kann die Antwort auf die Frage, wer zwecks Wahrung einer objektiven und unbefangenen Vertretung der Gesellschaft hierzu berufen sein soll, in beiden Fällen nur einheitlich ausfallen. § 112 AktG unterscheidet auch bei Prozessen gegen amtierende Vorstandsmitglieder aus solchen Gründen nicht danach, ob die Gesellschaft mit einzelnen ihrer Vorstandsmitglieder über Schadensersatzpflichten oder Rechte oder Pflichten aus dem Anstellungsvertrag streitet, sondern überträgt generalisierend in beiden Fällen die Vertretung der Gesellschaft gleichermaßen auf den Aufsichtsrat, und zwar auch unabhängig davon, ob der dieser Bestimmung zugrundeliegende Gesetzeszweck im Einzelfall erfüllt ist und ob noch weitere für sich allein vertretungsberechtigte Vorstandsmitglieder vorhanden sind. Die Erkenntnis, daß der § 112 AktG zugrundeliegende Gesetzeszweck auch auf Streitigkeiten mit ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern zutreffen kann, gebietet es, auf eine solche Unterscheidung auch im Bereich der erweiternden Anwendung des § 112 AktG zu verzichten und auch hier eine einheitliche Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat unabhängig davon anzunehmen, ob im konkreten Einzelfall tatsächlich eine Gefährdung der unbefangenen Vertretung der Gesellschaft vorhanden ist. Letzteres ist bereits ein Gebot der Rechtssicherheit. Die Praxis muß vor allem – und zwar von Anfang an – Klarheit darüber haben, wer im Falle eines Rechtsstreits mit einem ausgeschiedenen Vorstandsmitglied als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft zu gelten hat.

Für die Vertretungszuständigkeit des Aufsichtsrats auch in Schadensersatzprozessen mit einem ehemaligen Vorstandsmitglied spricht des weiteren, daß sie ein Höchstmaß an Rechtssicherheit und Kontinuität bei der Vertretung der Gesellschaft gewährleistet. Dem engen inneren Zusammenhang zwischen den Gründen, auf die sich solche Schadensersatzansprüche stützen, und den Gründen, die zur Abberufung und Kündigung eines Vorstandsmitglieds geführt haben, entspricht häufig ein ebenso enger prozessualer Zusammenhang. Dies wird z.B. deutlich, wenn ein entlassenes Vorstandsmitglied auf Feststellung der Unwirksamkeit seiner Kündigung und Weiterzahlung seiner Bezüge oder auf Schadensersatz klagt und die Gesellschaft mit Schadensersatzansprüchen wegen der angeblichen oder wirklichen Pflichtverletzungen, die sie zur Lösung ihrer Beziehung zu diesem Vorstandsmitglied bewogen haben, aufrechnet und wegen des überschießenden Schadens Widerklage erhebt. In diesen Fällen ermöglicht die Zuständigkeit des Aufsichtsrats auch für die Schadensersatzklage eine einheitliche und gleichbleibende Vertretung der Gesellschaft. Darüber hinaus stellt sie die Klarheit und Kontinuität der Vertretung der Gesellschaft etwa auch dann sicher, wenn ein zunächst nur auf Schadensersatz verklagtes Vorstandsmitglied während des Prozesses ausscheidet oder sein Ausscheiden unstreitig wird.

Ohne entscheidende Bedeutung ist demgegenüber, daß der Gesichtspunkt, der Aufsichtsrat erhalte durch seine Vertretungszuständigkeit zugleich die Möglichkeit, eine von ihm selbst getroffene Maßnahme auch vor Gericht zu vertreten, auf Schadensersatzprozesse gegen ausgeschiedene Vorstandsmitglieder nicht zutrifft. Soweit sich der Senat in seinen bisherigen Entscheidungen, die die Vertretung der Gesellschaft in einem Rechtsstreit über die Berechtigung einer ausgesprochenen Kündigung betreffen, auch auf diesen Gesichtspunkt bezogen hat, handelte es sich dabei nur um eine zusätzliche, diese Entscheidungen nicht tragende Erwägung. Aus der Sicht einer am Gesetzeszweck des § 112 AktG ausgerichteten Auslegung kann das dort normierte Vertretungsrecht des Aufsichtsrats schon deshalb nicht als reine Annexkompetenz zu seinem Recht (§ 84 AktG), den Vorstand zu bestellen und abzuberufen (einschließlich Abschluß und Kündigung des Dienstvertrages), verstanden werden, weil dieses Vertretungsrecht des Aufsichtsrats nicht auf die Verteidigung von Maßnahmen, die der Aufsichtsrat selber getroffen hat, beschränkt ist, sondern alle Rechtsstreitigkeiten der Gesellschaft mit Vorstandsmitgliedern umfaßt. Sieht man in der dem Aufsichtsrat in § 112 AktG übertragenen Funktion, eine unbefangene Vertretung der Gesellschaft in Prozessen mit Vorstandsmitgliedern sicherzustellen, zugleich einen Ausfluß seines Rechts und seiner Pflicht, die Amtsführung des Vorstandes zu kontrollieren, so stellt sich die gerichtliche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen pflichtwidriger, die Gesellschaft schädigender Amtsführung aus dieser Sicht als noch vom Gesetzeszweck umfaßte Nachwirkung dieser Kontrollaufgabe dar.

Für die mitbestimmte GmbH kann, was ihre Vertretung durch den Aufsichtsrat in Schadensersatzprozessen gegen ausgeschiedene Geschäftsführer angeht, insoweit nichts anderes gelten. Zwar kann nach heute wohl überwiegender Ansicht (vgl. dazu Scholz/K. Schmidt, GmbHG 7. Aufl. § 46 Rdnr. 167 m.w.N.) der Gefahr einer nicht unbefangenen Führung derartiger Prozesse durch Bestellung eines besonderen Prozeßvertreters der Gesellschaft durch die Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 8 GmbHG vorgebeugt werden (zu einer ähnlichen, den Verhältnissen bei der AG angepaßten Regelung vgl. § 147 AktG). Dabei handelt es sich jedoch lediglich um ein Recht der Gesellschafter, das die gesetzliche Vertretung durch die amtierende Geschäftsführung unberührt läßt, wenn die Gesellschafter von ihm keinen Gebrauch machen (vgl. K. Schmidt a.a.O. Rdnr. 168 m.w.N.). In jedem Falle dürfen solche Überlegungen keinen Einfluß auf die Auslegung des § 112 AktG haben. Sie kann nur einheitlich sein und darf angesichts der in § 25 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG ausgesprochenen uneingeschränkten Verweisung auf § 112 AktG nicht verschieden ausfallen, je nachdem, ob die mitbestimmte Gesellschaft AG oder GmbH ist.

II. 1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Kläger sowohl in seiner Eigenschaft als Prokurist als auch später ab 1. Januar 1980 als Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer der Beklagten gehalten, Prämienzusagen an Mitarbeiter der von ihm geleiteten Abteilung nur nach vorheriger Absprache mit der Geschäftsleitung in S. oder in Ermangelung einer solchen unter einem entsprechenden Vorbehalt zu machen. Dieser ihm im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft obliegenden Beschränkung seiner Geschäftsführungsbefugnis habe er zuwidergehandelt, indem er den genannten Mitarbeitern zusätzliche Vergütungen „verbindlich zugesagt” habe, ohne darauf hinzuweisen, daß die erbetene und von ihm zugesagte Erhöhung der Bezüge noch der Zustimmung der Geschäftsleitung in S. bedürfe. Auf diese Weise habe er über die Erhöhung dieser Mitarbeitervergütungen selbst im Sinne einer die Rechtslage ändernden und die Beklagte bindenden Entscheidung befunden und der Beklagten schuldhaft pflichtwidrig die Möglichkeit einer eigenen Entscheidung über die angemeldeten Gehaltserhöhungswünsche genommen. Bei der Feststellung des Schadens sei nicht darauf abzustellen, wie die Geschäftsleitung entschieden hätte, wenn ihr der Kläger die Gehaltswünsche pflichtgemäß unterbreitet hätte, sondern darauf, ob die beklagte Gesellschaft unter Berücksichtigung der bestehenden arbeitsvertraglichen Regelungen gehalten gewesen wäre, den angemeldeten Wünschen der Mitarbeiter in dem vom Kläger bewilligten oder vorgeschlagenen Umfang stattzugeben. Der danach von dem Kläger zu ersetzende Schaden betrage im Falle C. 140.000 DM, weil der Kläger diesem Mitarbeiter im Jahre 1979 eine Prämie von 50.000 DM für dieses Jahr und 60.000 DM für jedes folgende Jahr zugesagt habe, obwohl die Beklagte ihm nur die bereits 1978 gewährte Prämie von jährlich 30.000 DM bewilligt hätte (1 × 20.000 DM und 4 × 30.000 DM für die Jahre 1980–1983). Bei dem Mitarbeiter Pechhacker belaufe sich der von dem Kläger verursachte und zu ersetzende Schaden auf die diesem Mitarbeiter am 8. November 1982 und am 11. Januar 1984 zugesagten Pauschalen von 50.000 DM und 20.000 DM, da dieser Mitarbeiter keinen Anspruch auf solche Zulagen gehabt habe. Der Gesamtschaden vermindere sich jedoch auf 60.000 DM, weil Pechhacker aufgrund des mit der Beklagten vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleichs 10.000 DM zurückgezahlt habe. Im Falle des Mitarbeiters K. decke sich der vom Kläger zu ersetzende Schaden mit dem von ihm am 9. Juni 1983 als Bonus zugesagten Betrag von 60.000 DM. Hinzu kämen die auf diese Beträge jeweils anteilig entfallenden von der Beklagten zu tragenden Kosten der arbeitsgerichtlichen Prozesse in Höhe von 4.215 DM für C., 3.621 DM für P. und 3.939 DM für Kästner.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nur teilweise stand.

2. Die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe bei Abgabe der fraglichen Vergütungszusagen pflichtwidrig und schuldhaft gegen die ihm sowohl als Prokurist als auch später als Mitgeschäftsführer seitens der Beklagten auferlegten Beschränkungen verstoßen, läßt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision hingenommen.

3. a) Aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist es ferner, wenn das Berufungsgericht in bezug auf die dem Mitarbeiter C. gegebenen Zusagen weiter ausführt, der Kläger habe durch sie entgegen der am 10. Januar 1974 erteilten internen Weisung eine unmittelbare rechtliche Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der versprochenen Beträge begründet, die ihr die Möglichkeit zu einer eigenen Entscheidung genommen und ihr einen Schaden in Höhe der Differenz zwischen der von dem Kläger in ihrem Namen eingegangenen Verbindlichkeit und dem Betrag zugefügt habe, den sie bei pflichtgemäßem Vorgehen des Klägers als Prämie an C. zu zahlen gehabt hätte. Die Zusagen an diesen Mitarbeiter hat der Kläger gegen Ende des Jahres 1978 oder zu Beginn des Jahres 1979, also zu einer Zeit gemacht, als er noch Einzelprokurist der Beklagten war. Diese Erklärungen waren für die Beklagte nach §§ 49, 50 HGB unmittelbar verpflichtend und begründeten damit ohne weiteres einen Anspruch dieses Mitarbeiters gegen die Beklagte auf Prämienzahlung in der vom Kläger zugesagten Höhe.

b) Die von der Beklagten gefaßten Entlastungsbeschlüsse sind für diesen Schadensersatzanspruch von vornherein ohne Bedeutung, weil er nicht aus der Geschäftsführung des Klägers, sondern aus seiner früheren Tätigkeit als Prokurist der Beklagten hergeleitet wird. Aus demselben Grunde bedarf es zur Geltendmachung dieses Schadensersatzanspruches auch keines Beschlusses nach § 46 Nr. 8 GmbHG.

c) Entgegen der Ansicht der Revision ist dieser Anspruch auch nicht verjährt. Schadensersatzansprüche gegen einen Prokuristen aus der Verletzung seines Dienstvertrages unterliegen, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, der 30jährigen Regelverjährung des § 195 BGB. Der Umstand, daß der Gesetzgeber in § 43 Abs. 4 GmbHG für den Geschäftsführer einer GmbH eine kürzere Verjährungsfrist vorgesehen hat, vermag es nicht zu rechtfertigen, gegen einen Prokuristen gerichtete Schadensersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung seines Dienstverhältnisses generell ebenfalls einer 5jährigen Verjährung zu unterwerfen. Die nach dem Willen des Gesetzes für Pflichtverletzungen von Geschäftsführern generell geltende kurze Verjährungsfrist mag ihren Grund darin haben, dem Geschäftsführer in zeitlicher Hinsicht einen Ausgleich für die mit seinem Amt übernommene umfassende Verantwortung und im Ergebnis häufig strengere Haftung nach § 43 Abs. 13 GmbHG zuzubilligen. Jedenfalls steht einer allgemeinen Übertragung dieser Regelung auf die Haftung des Prokuristen aus positiver Vertragsverletzung schon der sondergesetzliche Ausnahmecharakter des § 43 Abs. 4 GmbHG entgegen. Aus der Tatsache, daß der Kläger nach seiner Tätigkeit als Prokurist der Beklagten zu ihrem Geschäftsführer bestellt worden ist, kann der Kläger keinen Anspruch herleiten, für schuldhafte Verletzungen des für ihn als Prokuristen geltenden Dienstvertrages nur nach den für einen Geschäftsführer geltenden Verjährungsregeln behandelt zu werden.

d) Dagegen beanstandet die Revision im Ergebnis zu Recht, daß das Berufungsgericht bei seinen Feststellungen zur Schadenshöhe den Prozeßstoff nicht ausgeschöpft, insbesondere wesentliches Parteivorbringen übergangen hat. Die Überzeugung des Berufungsgerichts, wonach die Beklagte an C. in den Jahren 1979–1983 nur jährliche Prämien in Höhe von 30.000 DM gezahlt hätte, stützt sich auf die Annahme, dies sei der Betrag, den C. schon in der Zeit von 1976–1978 erhalten habe. Da C. sich bewährt habe, was auch in seiner Beförderung zum technischen Direktor und Leiter der venezolanischen Tochterfirma zum Ausdruck gekommen sei, hätte die Beklagte ihm diese im Anstellungsvertrag zunächst bis 1979 vorgesehene Pauschale auch weitergezahlt. Damit läßt das Berufungsgericht jedoch den Vortrag des Klägers unberücksichtigt, C. habe schon für das Jahr 1978 nicht 30.000 DM, sondern eine auf 50.000 DM erhöhte Prämie erhalten. Diese Prämienerhöhung will der Kläger für C. erbeten und von der Beklagten bewilligt erhalten haben, um ihn nach seiner Beförderung zum technischen Direktor mit seinem Vorgänger und seinem kaufmännischen Mitdirektor gleichzustellen. Zwar hat die Beklagte vorgetragen, der Vorschlag des Klägers sei von ihr nicht genehmigt worden (GA II 241). Es spricht jedoch vieles dafür, daß sich dieses Bestreiten nur auf den Mitarbeiter B., für den der Kläger eine entsprechende Prämienerhöhung beantragt hatte, sowie auf die Genehmigung generell erhöhter Prämienzahlungen auch in künftigen Jahren bezog, während die Zahlung einer auf 50.000 DM erhöhten Prämie an C. für das Jahr 1978 in Wahrheit nicht bestritten werden sollte. Ein Indiz dafür ist, daß auf dem von der Beklagten selber eingereichten handschriftlichen Schreiben des Klägers, das die Prämienvorschläge enthält, nur der Vorschlag für B. durchgestrichen und durch die Zahl „30.000” ersetzt ist, während alle anderen Vorschläge, darunter auch derjenige für C. – anscheinend von einem Mitglied der Geschäftsleitung der Beklagten – abgehakt sind (GA II 271). In dieselbe Richtung weist der Umstand, daß die Zahlung einer Prämie von 50.000 DM an C. für das Jahr 1978 in dem Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf in der Sache … gegen die Beklagte vom 22. November 1984 (BA 1 Ca 4656/84 S. 3), das auch das Berufungsgericht zu Beweiszwecken herangezogen hat, als unstreitig aufgeführt ist. Eine solche Zahlung hätte jedoch nicht ohne Zustimmung der Beklagten erfolgen können, da der Kläger keinen Einfluß auf die Lohnbuchhaltung der Beklagten besaß. Die Beklagte hat dazu u.a. selber vorgetragen, es seien zu keiner Zeit Prämien, Boni u.a. ausgezahlt worden, die nicht den Genehmigungsvermerk der Geschäftsleitung getragen hätten (GA II 239). Da die Ausführungen des Berufungsgerichts, die Beklagte hätte C. bei pflichtgemäßem Vorgehen des Klägers in den Jahren 1979–1983 jährliche Prämien von 30.000 DM gezahlt, auf der Annahme beruhen, dies sei die Summe, die er auch in der vorangegangenen Zeit erhalten habe, läßt es sich zumindest nicht ausschließen, daß das Berufungsgericht zu einer für den Kläger günstigeren Würdigung gelangt wäre, wenn es festgestellt hätte, daß C. zuletzt im Jahre 1978 – insbesondere in der Folge seiner Beförderung – eine auf 50.000 DM erhöhte Jahresprämie gezahlt bekommen hatte. Dies gilt vor allem dann, wenn die Prämienerhöhung – wenn auch zunächst nur für das laufende Jahr – auch unter dem Gesichtspunkt bewilligt worden wäre, C. mit anderen leitenden Mitarbeitern, mit denen er durch seine Beförderung gleichgezogen hatte, gleichzustellen. Unter diesem Gesichtspunkt hat das Arbeitsgericht die Klage C. auch aus dem Gesichtspunkt des § 315 BGB für begründet erachtet. Bei dieser Sachlage durfte das Berufungsgericht – auch bei Berücksichtigung des ihm nach § 287 ZPO bei der Feststellung der Schadenshöhe zustehenden Ermessensspielraums – den dahingehenden Vortrag des Klägers nicht übergehen. Es hätte sich vielmehr mit ihm auseinandersetzen und erforderlichenfalls durch Ausübung des richterlichen Fragerechts klären müssen, ob er von der Beklagten bestritten werden sollte. In diesem Falle wäre dem Kläger Gelegenheit zu geben gewesen, seine Behauptung unter Beweis zu stellen. Insoweit ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die fehlende Würdigung nachholen und gegebenenfalls nach Erörterung mit den Parteien ergänzende Feststellungen treffen kann.

4. a) Das Berufungsgericht verkennt, wie die Revision zu Recht rügt, ferner, daß die Prämienzusagen, die der Kläger den Mitarbeitern P. und K. gemacht hat, nicht dazu geeignet waren, eine unmittelbare rechtliche Bindung der Beklagten zu bewirken. Diese Zusagen hat der Kläger nicht als Einzelprokurist der Beklagten, sondern erst nach dem 1. Januar 1980 in seiner Eigenschaft als (Mit-)Geschäftsführer der Beklagten abgegeben. Bei Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer sieht schon § 35 Abs. 2 Satz 2 GmbHG vorbehaltlich einer abweichenden Regelung in der Satzung vor, daß alle Geschäftsführer die Gesellschaft nur gemeinschaftlich vertreten können. Da dem Kläger keine Einzelvertretungsbefugnis erteilt worden war – eine solche besaß nach § 6 Abs. 4 der Satzung nur der Gesellschafter und Geschäftsführer W., später auch Dr. Kurt Li., S. –, war er nach § 6 Abs. 4 der Satzung zur Vertretung nur gemeinschaftlich mit einem anderen Geschäftsführer oder einem Prokuristen berechtigt. So ist es auch am 4. Februar 1980 ins Handelsregister eingetragen worden. Diese Regelung der Vertretungsverhältnisse der Beklagten muß sich jeder Außenstehende entgegenhalten lassen. Für Arbeitnehmer der Beklagten kann insoweit nichts anderes gelten. Damit waren die Zusagen, die der Kläger den Mitarbeitern P. und K. erteilt hatte, in Ermangelung der Zustimmung oder Genehmigung einer weiteren für die Beklagte vertretungsberechtigten Person ebensowenig bindend, als wenn der Kläger sie mit einem ausdrücklichen Genehmigungsvorbehalt versehen hätte, so daß durch sie der Beklagten in der Tat kein Schaden in Gestalt der Begründung einer im Außenverhältnis wirksamen Verpflichtung gegenüber den genannten Mitarbeitern entstanden ist. Der Schaden ist vielmehr erst dadurch eingetreten, daß das Arbeitsgericht Düsseldorf den genannten Mitarbeitern die streitigen Beträge aufgrund der ihnen von dem Kläger gemachten Zusagen in der irrigen Annahme, der Kläger habe die zu ihrer Erteilung erforderliche Vertretungsmacht für die Beklagte besessen, zugesprochen hat.

b) Entgegen der Ansicht der Revision ist dieser Umstand jedoch nicht dazu geeignet, die Abweisung der Klage zu rechtfertigen. Auch dann, wenn der Schaden erst durch die arbeitsgerichtlichen Urteile entstanden ist, kann kein Zweifel an einem adäquaten Verursachungszusammenhang zwischen den pflichtwidrigen Zusagen des Klägers und dem eingetretenen Schaden bestehen. Beide Gerichtsurteile stützen die Verurteilung der Beklagten ausdrücklich auf die den klagenden Mitarbeitern von dem Kläger gegebenen, von ihm im Prozeß als Zeuge bestätigten Zusagen. Es lag auch nicht jenseits jeder Lebenswahrscheinlichkeit, daß derartige Zusagen eines verantwortlichen Leiters eines Geschäftsbereiches eines großen Unternehmens, der zudem Mitgesellschafter und Mitgeschäftsführer der unternehmenstragenden Gesellschaft war, von den dadurch begünstigten Angestellten erfolgreich, wenn auch unter Mitwirkung gerichtlicher Fehlbeurteilungen hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit, geltend gemacht werden würden. Ein solcher Erfolg kann mithin nicht als völlig entfernte Schadensmöglichkeit gelten, die bei Beurteilung des erforderlichen Zurechnungszusammenhanges außer Betracht zu bleiben hätte. Zu den Pflichten des Klägers, der bei Führung der Geschäfte der Beklagten die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anzuwenden hatte (§ 43 Abs. 1 GmbHG), gehörte es, jede Unklarheit über die Verbindlichkeit seiner im Namen der Gesellschaft abgegebenen Willenserklärungen zu vermeiden. Durch seine ohne jeden Vorbehalt gemachten Zusagen hat er die Beklagte der vermeidbaren Gefahr ausgesetzt, von den durch sie Begünstigten in Anspruch genommen zu werden. Damit rechtfertigt es auch der Schutzzweck der von dem Kläger verletzten Pflicht, daß er ungeachtet der mitwirkenden Fehler des Gerichts bei der Beurteilung der Verbindlichkeit seiner Zusagen für die Folgen seiner Pflichtverletzung einstehen muß (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 8. Dezember 1981 – VI ZR 164/80, NJW 1982, 572 zu einer von einem Notar zu verantwortenden Unklarheit und Urt. v. 24. März 1988 – IX ZR 114/87, WM 1988, 987, 992 ff. für die Mitverursachung einer fehlerhaften Gerichtsentscheidung durch einen Rechtsanwalt). Der Kläger müßte auch dann für die gerichtliche Verurteilung der Beklagten zur Erfüllung seiner pflichtwidrigen Zusagen haftungsrechtlich einstehen, wenn die Rechtsanwälte, die die Beklagte in den arbeitsgerichtlichen Prozessen mit P. und K. vertreten haben, das Gericht nicht nachdrücklich genug auf die Vertretungsverhältnisse der Beklagten und die Unwirksamkeit der von dem Kläger abgegebenen Zusagen hingewiesen haben sollten. Der Zurechnungszusammenhang wird durch das Fehlverhalten von Personen, die der Geschädigte zur Schadensabwendung hinzuzieht, grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Etwas anderes kann lediglich dann gelten, wenn das Fehlverhalten, was vorliegend nicht der Fall ist, so ungewöhnlich kraß ist, daß der Eintritt des Schadens schlechterdings nicht mehr auf die ursprüngliche Verletzungshandlung, sondern auf das Verhalten der von dem Verletzten später hinzugezogenen Fachleute zurückzuführen ist (so schon RGZ 140, 1, 9; BGH, Urt. v. 19. Mai 1988 – III ZR 32/87, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 „Zurechnungszusammenhang 1”).

c) Die Einstandspflicht des Klägers wird auch nicht durch die von der Gesellschafterversammlung der Beklagten am 29. Juni 1984 und am 27. Juni 1985 gefaßten Entlastungsbeschlüsse ausgeschlossen. Die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts, wonach der Beschluß vom 29. Juni 1984, durch den der Geschäftsführung für alle Handlungen bis einschließlich Dezember 1983 Entlastung erteilt wurde, diese Wirkung nicht gehabt hat, läßt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision hingenommen. Der Entlastungsbeschluß gemäß § 46 Nr. 5 GmbHG hat die ihm eigentümliche Verzichtswirkung nur hinsichtlich derjenigen Ersatzansprüche, die der Gesellschafterversammlung bei Beschlußfassung bekannt waren oder bei sorgfältiger Prüfung bekannt sein konnten (vgl. zuletzt Sen. Urt. v. 14. Dezember 1987 – II ZR 53/87, BGHR BGB § 27 Abs. 3 „Entlastung 2” für einen eingetragenen Verein m.w.N.). Das Berufungsgericht hat dazu unangefochten festgestellt, es sei am 29. Juni 1984 lediglich bekannt gewesen, daß einige Mitarbeiter Prämiennachforderungen, teilweise auch unter Berufung auf Zusagen aus dem Bereich der Niederlassung D., angemeldet hatten, daß aber zu diesem Zeitpunkt jeder konkrete Anhalt für ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Klägers fehlte. Das Berufungsurteil läßt aber auch insoweit keinen Rechtsfehler erkennen, als es eine Verzichtswirkung des Entlastungsbeschlusses vom 27. Juni 1985 verneint. Für diesen Zeitpunkt steht zwar die Kenntnis der Gesellschafterversammlung von den dem Kläger im vorliegenden Rechtsstreit zum Vorwurf gemachten Vorgängen außer Frage. Der Kläger hatte die von ihm gemachten Zusagen bereits im Herbst 1984 als Zeuge in den arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen bestätigt. Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten hatten ihre Gesellschafter schon am 22. Oktober 1984 mündlich beschlossen, die in dem vorliegenden Rechtsstreit eingeklagten Schadensersatzansprüche gegen den Kläger gerichtlich geltend zu machen. Entlastung ist Billigung der Amtsführung des Geschäftsführers für die Vergangenheit und zugleich Ausspruch des Vertrauens für die Zukunft (BGHZ 94, 324, 326 und ständig). Die sich daran im Recht der GmbH knüpfende Verzichtswirkung beruht letztlich darauf, daß der entlastete Geschäftsführer darauf vertrauen darf, die Gesellschafter würden sich nicht mit der von ihnen selbst ausgesprochenen Billigung seiner Geschäftsführungsmaßnahmen in Widerspruch setzen, indem sie gleichzeitig oder später die von ihnen gebilligten Maßnahmen als pflichtwidrig bezeichneten und zum Anlaß von gegen den Geschäftsführer gerichteten Schritten nähmen. Die Verzichtswirkung reicht mithin nicht weiter als der von den Gesellschaftern durch den Entlastungsbeschluß geschaffene Vertrauenstatbestand. Sowohl in zeitlicher als auch in gegenständlicher Hinsicht sind deshalb von der Geltendmachung ausgeschlossen nur Ersatzansprüche der Gesellschaft aus solchen Vorgängen, die der Geschäftsführer nach dem Inhalt des Entlastungsbeschlusses und den Begleitumständen seines Zustandekommens als von den Gesellschaftern gebilligt betrachten darf. Im vorliegenden Fall erscheint es bereits außerordentlich zweifelhaft, ob der Kläger den unmittelbar nur für das abgelaufene Geschäftsjahr 1984 gefaßten Entlastungsbeschluß auch als Billigung seiner in den davorliegenden Jahren abgegebenen Zusagen hätte auffassen dürfen. Jedenfalls aber fehlt es in gegenständlicher Hinsicht an einer Billigung seiner Geschäftsführung, auf die der Kläger hätte vertrauen können. Zwar enthielt der Entlastungsbeschluß vom 27. Juni 1985 keine ausdrückliche inhaltliche Einschränkung. In Anbetracht des zwischen den Parteien schwebenden Rechtsstreits, in dem die Beklagte erst kurze Zeit zuvor im Wege der Widerklage Ersatzansprüche gegen den Kläger erhoben hatte, bestand für den Kläger jedoch kein berechtigter Anlaß, darauf zu vertrauen, die Gesellschafter der Beklagten wollten mit der allgemein enthaltenen Entlastung auch das Verhalten des Klägers billigen, das den eingeklagten Schadensersatzansprüchen zugrunde lag. Ein solches Vertrauen des Klägers konnte sich entgegen der Ansicht der Revision auch nicht darauf gründen, daß der zu den materiellen Anspruchsvoraussetzungen gehörende Gesellschafterbeschluß nach § 46 Nr. 8 GmbHG in diesem Zeitpunkt noch ausstand. Da ein Entlastungsbeschluß, der die Billigung der von dem Kläger während seiner Amtszeit gemachten Prämienzusagen eingeschlossen hätte, die Weiterverfolgung der Ansprüche, über die die Parteien zur gleichen Zeit miteinander prozessierten, ausgeschlossen hätte, hätte ein solches Vertrauen allenfalls berechtigt sein können, wenn der Kläger Grund zu der Annahme gehabt hätte, die Gesellschafter hätten durch ihren Beschluß auch der gegen ihn gerade erst erhobenen Widerklage den Boden entziehen wollen. Ein solcher Anlaß ist aber auch aus dem Vortrag des Klägers nicht erkennbar.

d) Rechtsfehlerfrei sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es eine Verjährung der Widerklageforderung aus den Komplexen P. und K. verneint. Die Widerklage ist noch in unverjährter Zeit eingereicht worden. Der Schadensersatzanspruch der Beklagten ist, soweit er auf die den genannten Mitarbeitern gegebenen Zusagen gestützt wird, entgegen der Ansicht der Revision auch nicht etwa deshalb verjährt, weil der zu seiner Geltendmachung nach § 46 Nr. 8 GmbHG erforderliche Gesellschafterbeschluß erst nach Erhebung der Widerklage und bereits in verjährter Zeit gefaßt worden ist. § 209 BGB setzt für die Unterbrechungswirkung lediglich voraus, daß die Klage durch den „Berechtigten” erhoben wird. Die Forderungsberechtigung in diesem Sinne steht mit und ohne den Beschluß nach § 46 Nr. 8 GmbH stets der GmbH zu, wie schon daraus erhellt, daß der Beschluß keinerlei Änderung der Rechtsinhaberschaft oder der Zuständigkeit zur gerichtlichen Geltendmachung bewirkt. Der Beschluß ist lediglich materielle Anspruchsvoraussetzung, ohne deren Vorliegen die Klage als unbegründet abgewiesen werden müßte (Sen. Urt. v. 21. April 1986 – II ZR 165/85 m.w.N., WM 1986, 790, 792). Die Unterbrechung nach § 209 BGB erfordert jedoch lediglich eine nach Maßgabe von § 253 ZPO erhobene, nicht einmal eine zulässige und noch weniger eine im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits begründete Klage.

e) Das Berufungsurteil muß jedoch auch hinsichtlich der Verurteilung des Klägers zum Schadensersatz wegen der gegenüber P. und K. gegebenen Zusagen aufgehoben werden, weil sich das Berufungsgericht nicht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob sich die Beklagte nicht ein Mitverschulden an dem Zustandekommen der sie zur Erfüllung dieser Zusagen verurteilenden arbeitsgerichtlichen Urteile einschließlich des im Falle Pechhacker in der Berufungsinstanz geschlossenen Vergleichs entgegenhalten lassen muß. Nach §§ 254 Abs. 2, 278 BGB muß sich der Geschädigte auch ein Mitverschulden derjenigen Personen anrechnen lassen, die er zur Schadensabwendung oder -minderung heranzieht. Zu diesen Personen zählen, wenn der Schaden im drohenden Verlust eines Rechtsstreits besteht, auch die von dem Verletzten mit seiner Prozeßvertretung beauftragten Rechtsanwälte. Da dieser Gesichtspunkt bisher in den Tatsacheninstanzen mit den Parteien überhaupt noch nicht erörtert worden ist und es für die Entscheidung, ob zu der Verurteilung der Beklagten eine fehlerhafte Prozeßführung beigetragen hat, und damit für die Bewertung eines möglichen Mitverschuldensanteils der Beklagten noch ergänzender tatsächlicher Feststellungen bedarf, ist die Sache auch insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

5. Die damit insgesamt erforderliche Zurückverweisung der Sache gibt dem Berufungsgericht zugleich Gelegenheit, sich mit den weiteren Angriffen der Revision gegen sein Urteil auseinanderzusetzen. Dies gilt insbesondere für die Rüge, das Berufungsgericht habe, wie die Ausführungen auf Seite 19 unten/20 oben des Berufungsurteils zeigten, bei der Feststellung der Schadenshöhe in rechtlich fehlerhafter Weise nicht darauf abgestellt, ob und in welchem Umfang die Geschäftsleitung bei pflichtgemäßem Vorgehen des Klägers seinem Vorschlag unter Berücksichtigung der betrieblichen Übung zugestimmt hätte, sondern darauf, ob sie unter Berücksichtigung der bestehenden arbeitsvertraglichen Regelungen zur Zahlung der Prämien an die betreffenden Mitarbeiter verpflichtet gewesen sei. Eine solche rechtlich bedenkliche Ansicht des Berufungsgerichts könnte zwar aus den von der Revision beanstandeten Ausführungen entnommen werden. Andererseits hat sich das Berufungsgericht jedoch bei der Erörterung des im Einzelfall durch die Zusagen des Klägers entstandenen Schadens teilweise sogar recht eingehend damit auseinandergesetzt, welche Prämien die Beklagte dem jeweiligen Mitarbeiter gezahlt hätte, wenn entsprechende Bitten an sie herangetragen worden wären. Das Berufungsgericht wird diesen – möglicherweise nur scheinbaren – Widerspruch noch auszuräumen haben. Die neue mündliche Verhandlung gibt dem Berufungsgericht zugleich Gelegenheit zur Überprüfung der Revisionsrüge, es habe bei Berechnung des der Beklagten zugesprochenen Anspruchs auf Ersatz anteiliger Kosten der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen übersehen, daß die vorsteuerabzugsberechtigte Beklagte im Wege der Vorteilsausgleichung die in den anwaltlichen Honorarrechnungen enthaltene Mehrwertsteuer abzusetzen habe (vgl. BGH, Urt. v. 16. Juni 1972 – VI ZR 49/71, NJW 1972, 1460 u.st.). Des weiteren wird das Berufungsgericht auch über den vom Kläger gestellten Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO zu befinden haben.

 

Unterschriften

Boujong, Dr. Hesselberger, Röhricht, Dr. Henze, Stodolkowitz

 

Fundstellen

Haufe-Index 1779109

BB 1989, 1442

NJW 1989, 2055

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1989, 497

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