Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberaterhaftung bei unberechtigtem Vorsteuerabzug des Treugebers bei Tierarzneimittelbezug über Tierärzte in verdeckter Treuhandschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Selbständige Tierärzte, die gegen Provision im eigenen Namen Tierarzneimittel im Interesse und nach Vorgaben eines Dritten beziehen, sind nicht in dessen Unternehmen so eingegliedert, daß sie den Weisungen des Dritten zu folgen verpflichtet sind.

2. Bei verdeckter Treuhandschaft ist Empfänger der Lieferungen eines Unternehmers der Treuhänder, nicht der Treugeber, so daß diesem nicht der Vorsteuerabzug aufgrund der Rechnungen zusteht, die dem Treuhänder erteilt wurden.

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Steuerberater hat seinen Mandanten auf das Risiko hinzuweisen, daß ein Vorsteuerabzug entfällt, wenn er bei Lieferbestellungen Treuhänder zwischenschaltet, von denen er keine Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis erhält.

 

Normenkette

UStG 1980 § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 665, 675; StBerG § 33

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 07.07.1995; Aktenzeichen 25 U 1/94)

LG Bielefeld (Urteil vom 09.11.1993; Aktenzeichen 23 O 37/92)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Juli 1995 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Klage stattgegeben wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die klagende, in Liquidation befindliche GmbH – früher TZ GmbH (fortan: Klägerin) – verlangt von der beklagten Steuerberaterin Schadensersatz wegen einer Umsatzsteuernachforderung.

Die Klägerin handelte mit Tierarzneimitteln. Sie wurde spätestens seit 1977 durch die Beklagte in steuerlichen Angelegenheiten beraten; diese erledigte auch die Buchführung, die Umsatzsteuervoranmeldungen sowie die Jahressteuererklärungen und -abschlüsse für die Klägerin. Am 5. April 1982 unterzeichneten die Parteien einen schriftlichen „Auftrag (Pauschalauftrag)”.

Da die Hersteller von verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln aufgrund einer freiwilligen Vertriebsbeschränkung nur Tierärzte belieferten, verschaffte sich die Klägerin solche Waren aufgrund einer Vereinbarung mit vier – selbständig tätigen – Tierärzten, die – gegen eine Provision von 3 % des Warenwertes nebst Umsatzsteuer – im eigenen Namen Arzneimittel nach Vorgaben der Klägerin bestellten sowie die Lieferungen und Rechnungen der Hersteller entgegennahmen; die Klägerin holte die Waren und Rechnungen bei den Tierärzten ab und bezahlte sie. Die Umsatzsteuer, die in den Rechnungen der Hersteller an die Tierärzte ausgewiesen wurde, zog die Klägerin in den Jahren 1977 bis 1983 als Vorsteuer ab. Insoweit forderte das Finanzamt 1988 Umsatzsteuer von 619.850,97 DM nach.

Gegen die entsprechenden Bescheide erhob die Beklagte für die Klägerin Anfechtungsklage. Das Finanzgericht wies durch Urteil vom 27. September 1990 die Klage ab, ließ aber die Revision zu wegen der grundsätzlichen Frage, ob bei treuhänderischem Erwerb ausnahmsweise eine Direktlieferung an den Treugeber vorliege und dieser zum Vorsteuerabzug aufgrund der den Treuhändern erteilten Rechnungen berechtigt sei. Auftragsgemäß legte die Beklagte Revision ein, begründete diese aber nicht, so daß die Revision durch den Bundesfinanzhof im Mai 1991 als unzulässig verworfen wurde. Im Juni 1991 erhielt das Finanzamt 576.047 DM aus einer Bankbürgschaft, die die Klägerin im September 1989 zur Sicherung einer Umsatzsteuernachforderung bis zum rechtskräftigen Abschluß des Finanzgerichtsprozesses gestellt hatte. Im Juli 1991 trat die Klägerin eine Schadensersatzforderung gegen die Beklagte in Höhe von 960.000 DM an die Bank ab.

Das Landgericht hat die Schadensersatzklage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr – überwiegend – insoweit stattgegeben, als die Klägerin Zahlung von 680.754,82 DM nebst Zinsen an die Bank sowie Freistellung von weiteren Forderungen des Finanzamtes wegen des Vorsteuerabzuges verlangt hat. Mit ihrer Revision beantragt die Beklagte, das Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache, soweit der Klage stattgegeben wurde.

A.

Die zuerkannte Schadensersatzforderung kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf gestützt werden, daß die Beklagte auftragswidrig die zugelassene und beim Bundesfinanzhof eingelegte Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts nicht begründet hat (§ 120 FGO).

I.

Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, die Beklagte habe durch ihr Versäumnis ihren Steuerberatervertrag mit der Klägerin schuldhaft verletzt. Insoweit beanstandet die Revision das Berufungsurteil nicht.

II.

Sie rügt jedoch mit Erfolg die tatrichterliche Feststellung, diese schuldhafte Vertragsverletzung habe den behaupteten Schaden der Klägerin verursacht, weil der Bundesfinanzhof ihr den Vorsteuerabzug zugebilligt hätte und deswegen die Nachforderung des Finanzamtes unberechtigt sei.

Den – vom Geschädigten zu beweisenden – haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhang zwischen Haftungsgrund und geltend gemachtem Schaden hat das Regreßgericht gemäß § 287 ZPO festzustellen; dafür ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Beraters genommen hätten und wie die Vermögenslage des Mandanten wäre, wenn der Berater seine Vertragspflicht erfüllt hätte (vgl. § 249 Satz 1 BGB; BGHZ 123, 311; 126, 217; BGH, Urt. v. 20. Oktober 1994 – IX ZR 116/93, WM 1995, 398, 401). Ist in diesem Zusammenhang der hypothetische Ausgang eines Vorprozesses festzustellen, so ist dafür maßgeblich, wie das Vorverfahren nach Auffassung des Regreßgerichts ohne den Beraterfehler richtigerweise hätte entschieden werden müssen, nicht aber, wie seinerzeit mutmaßlich entschieden worden wäre (u.a. BGHZ 72, 328, 330; 79, 223, 225 f; BGH, Urt. v. 13. Juni 1996 – IX ZR 233/95, WM 1996, 1830 m.w.N.).

Davon ist das Berufungsgericht nach dem Zusammenhang seiner Erwägungen ausgegangen, obwohl es mißverständlich ausgeführt hat, es sei auf den voraussichtlichen Ausgang des Revisionsverfahrens beim Bundesfinanzhof abzustellen. Das Berufungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin sei nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG – in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung 1967/1973/1980 – berechtigt gewesen, die Umsatzsteuer, die in den Rechnungen der Hersteller der Tierarzneimittel an die Tierärzte ausgewiesen worden war, als Vorsteuer abzuziehen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht angenommen, die Tierärzte seien beim Bezug der Arzneimittel verdeckte Treuhänder der Klägerin gewesen und hätten insoweit im Innenverhältnis die Stellung von unselbständigen, weisungsgebundenen Angestellten der Klägerin gehabt; deswegen hätten die Hersteller nach der für das Umsatzsteuerrecht allein maßgeblichen tatsächlichen Abwicklung unmittelbar an die Klägerin als Treugeberin geleistet, ohne daß die Treuhänder in die Lieferkette einbezogen worden seien.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Rechtsfehlerfrei ist der tatrichterliche Ausgangspunkt, die Tierärzte seien verdeckte Treuhänder der Klägerin beim Bezug der Arzneimittel gewesen; diese Feststellung entspricht der Ansicht der Klägerin und der Revision. Die Tierärzte erwarben die Arzneimittel von den Herstellern aufgrund einer treuhänderischen Vereinbarung mit der Klägerin im eigenen Namen, aber in deren Interesse und für deren Rechnung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 55. Aufl. Einf § 164 Rdnrn. 6-8), ohne daß die Tierärzte Kommissionäre waren (§§ 1 Abs. 2 Nr. 6, 383 HGB). Aus diesen Geschäften mit den Herstellern wurden allein die Tierärzte zivilrechtlich berechtigt und verpflichtet (vgl. BGHZ 21, 378, 381 f; BGH, Urt. v. 24. Januar 1980 – III ZR 169/78, NJW 1980, 1572, 1573; v. 22. Oktober 1981 – III ZR 149/80, NJW 1982, 569 f). Nur in deren Innenverhältnis zur Klägerin galt die schuldrechtliche Treuhandabrede. Diese war ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB); danach hatten die Tierärzte die erworbenen Arzneimittel der Klägerin herauszugeben und diese den Kaufpreis zu erstatten (§§ 667, 670, 675 BGB). Selbst wenn dieser Vertrag wegen Umgehung der Vertriebsvereinbarung der Hersteller oder gesetzlicher Bestimmungen unwirksam sein sollte (§§ 134, 138 Abs. 1 BGB), so ist dies für die Besteuerung unerheblich (§ 40 AO).

2. Die Revision rügt jedoch zu Recht die weiteren tatrichterlichen Erwägungen.

a) Mit Erfolg beanstandet die Revision zunächst die Feststellung des Berufungsgerichts, die von der Klägerin eingeschalteten Tierärzte hätten die Stellung von weisungsgebundenen Angestellten der Klägerin, nicht jedoch diejenige selbständiger Unternehmer gehabt, so daß die Klägerin Leistungsempfängerin gewesen sei (vgl. BFHE 150, 459, 465 f).

Nach § 2 Abs. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt; das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Diese wird dann nicht selbständig ausgeübt, wenn die Person einem Unternehmen so eingegliedert ist, daß sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG). Die Abgrenzung, ob jemand als selbständiger Unternehmer oder unselbständig für einen Unternehmer tätig wird, richtet sich nach dem Gesamtbild seiner Rechtsbeziehung zu seinem Auftraggeber. Dafür sind die Umstände, die sich aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen und ihrer tatsächlichen Durchführung ergeben, im Einzelfall gegeneinander abzuwägen. Für die Eingliederung in ein Unternehmen und die daraus folgende Weisungsgebundenheit können die Merkmale der Arbeitnehmereigenschaft sprechen (BFHE 144, 225, 227 f; 150, 459, 463 f; BFH BStBl II 1995, 559, 561 m.w.N.). Hängt mit einer selbständig ausgeübten Haupttätigkeit eine Nebentätigkeit sachlich zusammen, so ist diese im allgemeinen Ausfluß und Teil der selbständigen Tätigkeit; an die Widerlegung dieser tatsächlichen Vermutung sind strenge Anforderungen zu stellen (BFH BStBl III 1966, 443).

Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt. Es hat eine unselbständige Tätigkeit der Tierärzte, deren Umsätze aus selbständiger beruflicher Tätigkeit steuerbar sind (§§ 1, 2, 4 Nr. 14 Satz 4 a UStG), beim Bezug der Arzneimittel angenommen und ausgeführt: Die Tierärzte hätten keine Unternehmerinitiative entfaltet, weil sie bindende Bestellungen der Klägerin gegen ein Entgelt an die Hersteller weitergeleitet hätten; sie hätten kein Unternehmerrisiko getragen, weil die Klägerin die Waren abgeholt, geprüft und bezahlt habe; wegen der damit verbundenen Weisungsbefugnis der Klägerin hinsichtlich der Bestellungen hätten die Tierärzte die Stellung von weisungsgebundenen Angestellten der Klägerin gehabt. Danach hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft von der Bindung der Tierärzte an die Bestellungen der Klägerin auf die Eingliederung in deren Unternehmen geschlossen. Erforderlich ist aber, daß die Weisungsgebundenheit aus der Eingliederung folgt (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG; BFH BStBl II 1968, 193, 194; Wagner StuW 1995, 154, 161). Dafür reicht es entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht aus, daß gemäß §§ 665, 675 BGB der Beauftragte grundsätzlich die Weisungen des Auftraggebers zu beachten hat. Eine Eingliederung ist nicht unter erschöpfender Würdigung aller maßgeblichen Umstände festgestellt worden. Da diese unstreitig sind, kann der Senat die notwendige Prüfung selbst vornehmen.

Die Tierärzte wurden aufgrund eines Vertrages eingeschaltet, der nicht auf ihre Eingliederung in das Unternehmen der Klägerin gerichtet war, sondern auf eine Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB). Diese vertragliche Bindung beeinträchtigte nicht die persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Tierärzte, die durch ihre hauptberufliche selbständige Tätigkeit begründet wurde. In deren Rahmen und ohne Einbindung in die Betriebsorganisation der Klägerin wurden ohne erheblichen Aufwand die Arzneimittel bestellt und der Klägerin – mit den Rechnungen der Hersteller – zur Verfügung gestellt. Das Entgelt bestand in einer vom wechselnden Warenwert abhängigen Provision; übliche Angestelltenbezüge erhielten die Tierärzte nicht. Da der Bezug der Tierarzneimittel mit der selbständigen Haupttätigkeit der Tierärzte sachlich zusammenhing, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß auch diese Nebentätigkeit selbständig ausgeübt wurde. Für eine gemischte – teils selbständige, im übrigen unselbständige – Tätigkeit beruft sich das Berufungsgericht zu Unrecht auf Bunjes/Geist (UStG 4. Aufl. § 2 Anm. 28), nach deren Ansicht eine unselbständige Tätigkeit vorliegt, soweit ein selbständiger Tierarzt nebenberuflich Fleischbeschau aufgrund eines festen Tarifvertrages vornimmt; ein solches Kennzeichen für eine Arbeitnehmertätigkeit ist im vorliegenden Falle nicht gegeben (vgl. Bunjes/Geist, aaO § 2 Anm. 26).

Danach ist davon auszugehen, daß die Tierärzte die Arzneimittel im Rahmen ihrer selbständigen Tätigkeit für die Klägerin bezogen haben.

b) Die Revision wendet sich weiterhin zu Recht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG berechtigt gewesen, die Umsatzsteuer, die in den Rechnungen der Hersteller an die Tierärzte ausgewiesen wurde, als Vorsteuer abzuziehen, weil die Hersteller unmittelbar an die Klägerin geleistet hätten.

Die Revision macht zutreffend geltend, die Klägerin sei – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts, aber gemäß dem Urteil des Finanzgerichts und dem Privatgutachten Dr. R. – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen. Danach ist der Klägerin durch die pflichtwidrige Nichtbegründung der zum Bundesfinanzhof eingelegten Revision kein Schaden entstanden.

aa) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer als Vorsteuer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen abziehen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Der Bundesfinanzhof hat noch nicht abschließend entschieden, ob bei verdeckter Treuhandschaft „Strohmannverhältnis”) die Steuer, die ein anderer Unternehmer in seinen dem Treuhänder ausgestellten Lieferrechnungen ausgewiesen hat, vom Treugeber als Vorsteuer abgesetzt werden darf. Der Senat folgt der herrschenden Meinung, die dies nicht zuläßt; sie wird von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Begriff des vorsteuerabzugsberechtigten Leistungsempfängers gestützt.

Leistender und Leistungsempfänger im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG sind im allgemeinen nach dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis zu bestimmen, so daß Leistungsempfänger grundsätzlich derjenige ist, der aus dem Schuldverhältnis, auf dem die Leistung beruht, als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (BFHE 151, 90, 95 f und 479, 482; 157, 255, 260; BFH NV 1986, 121, 122; 1992, 569, 570; NV 1996, 185, 186; vgl. Wenzel, in: Rau/Dürrwächter/Flick/ Geist, UStG 7. Aufl. § 15 Rdnrn. 225 ff m.w.N.); ausnahmsweise gilt ein Dritter als Leistungsempfänger, wenn an ihn geleistet wurde unter Mißachtung des schuldrechtlichen Anspruchs eines anderen (BFHE 157, 255, 260). Damit ist regelmäßig eine Deckungsgleichheit zwischen zivilrechtlicher Gestaltung und umsatzsteuerrechtlicher Bewertung gewährleistet (BFHE 151, 90, 96). Dies steht im Einklang mit der von § 14 UStG geforderten formgebundenen Abrechnung, die Nebenfolge des dem Leistungsaustausch zugrundeliegenden Schuldverhältnisses ist (vgl. BGH, Urt. v. 11. Dezember 1974 – VIII ZR 186/73, NJW 1975, 310): Der leistende Unternehmer ist berechtigt und, soweit er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt, auf Verlangen des anderen verpflichtet, diesem Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis auszustellen; nur mit einer solchen, ihm erkennbar erteilten Abrechnung kann der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug geltend machen (BFHE 151, 479, 483). Daher ist die Benennung des Leistungsempfängers in der Rechnung ein maßgeblicher Anhaltspunkt für eine Bestimmung des tatsächlichen Leistungsempfängers (BFH NV 1990, 391, 332). Werden Personen vor-, zwischen- oder nachgeschaltet, um bestimmte umsatzsteuerrechtliche Folgen dieser Gestaltungen zu erreichen, so setzt dies eine klare Vereinbarung und deren erkennbare Durchführung voraus (BFHE 151, 479, 483); die Klarheit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung verlangen, daß dafür grundsätzlich das Auftreten einer Mittelsperson nach außen hin entscheidend ist (BFH BStBl III 1967, 719). Aus einer an diesem Offenkundigkeitserfordernis ausgerichteten Sicht bündelt der Treuhänder in seinem Unternehmen fremde und eigene Leistungen und gibt sie als eigenständige Leistung an den Treugeber weiter, schafft damit einen zusätzlichen Mehrwert und wird daher zum eigenständigen Steuersubjekt (Schön, Umsatzsteuerkongreß-Bericht 1991/92, 117, 135, 138, 149). Deswegen wird bei Einschaltung eines Treuhänders in die Umsatzkette ein doppelter Leistungsaustausch ausgeführt. Dabei ist der vom Treugeber dem Treuhänder geleistete Aufwendungsersatz als Entgelt zu werten (vgl. RFHE 26, 18 f; Schön, aaO 150). Danach gewährleistet diese Leistungskette einen durchgängigen Vorsteuerabzug.

Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof (UStR 1966, 113, 114) für Treuhandverhältnisse, bei denen ein Unternehmer als Treuhänder im eigenem Namen auftritt, ausgeführt, daß in der Regel zwei Umsätze getätigt werden, nämlich von dem Dritten an den Treuhänder und von diesem an den Treugeber. Diese zivilrechtliche Betrachtungsweise „Zwei-Unternehmer-Theorie”) hat der Bundesfinanzhof auch in ähnlichen Fällen vertreten (BFHE 151, 479, 482 f: Auftragsvergabe durch einen Ehegatten für Rechnung der Grundstücksgemeinschaft der Eheleute; BStBl II 1985, 21, 22 und UR 1989, 384: Bestellung durch Gesellschafter für Rechnung der Gesellschaft; UR 1991, 168, 169: Kauf von Zertifikaten durch eine Bank für Rechnung ihrer Kunden). Sie wird gebilligt von den Finanzgerichten Schleswig-Holstein (EFG 1977, 570, 571) und Münster (EFG 1983, 146, 147), von der Finanzverwaltung (UStR 1965, 143; BStBl I 1986, 432, 433 – B –; Umsatzsteuer-Richtlinien 1992 und 1996 Abschn. 192 Abs. 13) und einem großen Teil des Schrifttums (Reiß, in: Tipke/Lang, Steuerrecht 15. Aufl. § 13 Rdnr. 125; derselbe StuW 1981, 81, 84 ff; Plückebaum/ Malitzky, UStG 10. Aufl. §§ 1-3 Rdnr. 867/3 für den hier vorliegenden Fall einer entgeltlichen, verdeckten Treuhandschaft; Eggesiecker/Hofmeister DStZ/A 1974, 37, 40; Weiss UR 1985, 36; Widmann, Steuerberaterkongreß-Report 1988, 71, 79; Heidner DStR 1989, 305, 308; Schön aaO 123 ff, 135, 143, 155; Wagner StuW 1995, 154, 155, 160 ff). Die Vorschrift des § 39 AO, die Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem Eigentümer, bei Treuhandverhältnissen jedoch dem Treugeber zurechnet, kann nicht auf Verkehrsvorgänge angewendet und damit auf die Zurechnung von Umsätzen übertragen werden (BFH BStBl II 1969, 451, 452 und UR 1988, 124, 125; Schön aaO 132 m.w.N.; Wagner aaO 155 FN 7).

Der Senat schließt sich dieser Sicht für den hier zu entscheidenden Fall einer verdeckten Treuhandschaft an, so daß die Tierärzte Leistungsempfänger im Sinne der §§ 14, 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG waren. Diese Wertung entspricht der gesetzlichen Regelung für das Kommissionsgeschäft (§ 383 HGB), dem diese Treuhandschaft gleicht „Kommissionstreuhand”); nach § 3 Abs. 3 UStG ist zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung gegeben, wobei der Kommittent bei der Einkaufskommission als Abnehmer gilt. Die Lieferkette mit zwei Leistungsverhältnissen gewährleistet eine einfache und klare Abrechnung sowie einen entsprechenden Vorsteuerabzug. Die Anknüpfung an das Außenverhältnis dient danach der Rechtsklarheit und -sicherheit; unkontrollierbare und oft nur vorgeschobene Vereinbarungen in der Innenbeziehung können nicht zu steuerlichen Manipulationen führen (vgl. BFH BStBl III 1967, 719).

bb) Demgegenüber bestimmt die sogenannte „Ein-Unternehmer-Theorie” den Leistenden und den Leistungsempfänger aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung und nimmt deswegen bei Treuhandverhältnissen mit mittelbarer Stellvertretung an, daß der Dritte eine unmittelbare umsatzsteuerliche Lieferung an den Treugeber vornehme, der letztlich mit der Gegenleistung belastet sei und dem das wirtschaftliche Ergebnis des treuhänderischen Handelns zufließe, so daß der Treuhänder – trotz seiner zivilrechtlichen Stellung als Vertragspartner beider Seiten – nicht in die Lieferkette einbezogen werde und nur bezüglich seines Entgelts für die Geschäftsbesorgung umsatzsteuerpflichtig sei (Stadie, Das Recht des Vorsteuerabzugs 1989 S. 65 ff; derselbe UR 1988, 19; derselbe, in: Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, aaO § 14 Rdnrn. 136.1 ff; Giesberts, in: Rau/Dürrwächter/Flick/ Geist, aaO § 3 Rdnrn. 274, 275; Schöll, in: Sölch/ Ringleb/List, UStG 4. Aufl. § 3 Rdnr. 59; Friedel UR 1987, 65, 68 f, für den Fall, daß ein Nichtunternehmer als Mittelsperson eingeschaltet wird). Auch diese Ansicht kann sich auf Entscheidungen des Bundesfinanzhofs berufen (vgl. dazu Wagner aaO 154, 156). Dieser hat betont, daß der Grundsatz der wirtschaftlichen Zuordnung § 15 UStG beherrsche (BFHE 140, 354, 358), und ausgeführt, Leistender sei zwar regelmäßig der zivilrechtlich zur Leistung Verpflichtete, der diese auch tatsächlich erbracht habe; da das Umsatzsteuergesetz aber tatsächliche Vorgänge besteuere, könne Leistender unabhängig von der zivilrechtlichen Beziehung auch derjenige sein, der einen Umsatz im eigenen Namen ausführe, obwohl er eine Leistung zivilrechtlich nicht schulde (BFHE 149, 313, 315). Dementsprechend hat der Bundesfinanzhof wiederholt bei Einschaltung einer im eigenen Namen handelnden Mittelsperson den Leistenden aufgrund einer wirtschaftlichen Zuordnung von Leistungen bestimmt. (vgl. BFH BStBl III 1954, 120, 121; BFHE 176, 285, 288 mit abl. Anm. Wagner aaO 154).

Die wirtschaftliche Zurechnung von Leistungen unabhängig von den schuldrechtlichen Beziehungen ist nicht zwingend geboten, um das Ziel des Umsatzsteuergesetzes zu erreichen, durch den Vorsteuerabzug grundsätzlich wettbewerbsneutral zu wirken. Für den Unternehmer ist die Umsatzsteuer aus Leistungsbezügen dann kein Kostenfaktor, wenn die Lieferkette ausschließlich aus regelversteuernden Unternehmern besteht; in diesem Falle kann der Unternehmer aufgrund der ihm erteilten Lieferrechnungen den Vorsteuerabzug vornehmen. Steht ein verdeckter Treuhänder in der Umsatzkette, so hat auch er nach Treu und Glauben als Nebenpflicht aus seinem Schuldverhältnis mit dem Treugeber diesem eine Lieferrechnung zu erteilen, die den Vorsteuerabzug ermöglicht (vgl. BGHZ 103, 284, 287; BGH, Urt. v. 11. Dezember 1974 – VIII ZR 186/73, NJW 1975, 310; BFH BStBl II 1982, 309, 311 f). Auf diese Weise wird niemand systemwidrig vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Nur bei Einschaltung eines Nicht- oder Kleinunternehmers (§§ 2, 19 UStG) geht der Vorsteuerabzug verloren; dies muß bei der Kalkulation berücksichtigt werden (vgl. Weiss UR 1985, 36; Wagner aaO 154, 161). Die Sonderfälle eines Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB), eines „unternehmensbezogenen” Geschäfts (vgl. BGHZ 92, 259, 268) oder eines „Geschäfts für den, den es angeht” (vgl. BGHZ 114, 74, 80), für die eine wirtschaftliche Zuordnung des Leistungsverhältnisses erörtert wird (Weiss aaO; Stadie UR 1988, 19; Wagner aaO 154, 158), liegen hier nicht vor.

Außerdem gefährdet eine ausschließlich wirtschaftliche Bestimmung des Leistungsempfängers bei verdeckter Treuhandschaft die steuerliche Rechtsklarheit und -sicherheit. Sie erschwert in der Regel die Abrechnung und den Vorsteuerabzug, weil die wirtschaftliche Zuordnung des Leistungsaustausches im Einzelfall schwierig sein kann und dann regelmäßig einer finanzamtlichen, häufig auch finanzgerichtlichen Beurteilung bedürfte. In zahlreichen Fällen könnte der Treugeber die ausgewiesene Steuer in den Rechnungen, die der Dritte dem ihm allein bekannten Treuhänder ausgestellt hat, nicht ohne Schwierigkeiten als Vorsteuer abziehen; der Treuhänder könnte dies ebenfalls nicht, weil der Umsatz – bei rein wirtschaftlicher Betrachtung – nicht für sein Unternehmen ausgeführt wurde. Stellt der Treuhänder in einem solchen Falle dem Treugeber eine Rechnung aus, so rechnet er wie ein leistender Unternehmer ab, obwohl er – wegen des Direkterwerbs des Treugebers – die Lieferung nicht ausgeführt hat; dann schuldet er selbst gemäß § 14 Abs. 3 UStG die „Straf-”) Umsatzsteuer. Diese Schwierigkeiten werden nicht dadurch behoben, daß der Treugeber – wie die Klägerin – die Gegenleistung unmittelbar an den Dritten erbringt.

3. Die Revisionserwiderung macht vergeblich geltend, die Umsatzsteuer für 1977/78 nebst Säumniszuschlägen und die Kosten des Revisionsverfahrens beim Bundesfinanzhof müsse die Beklagte jedenfalls ersetzen.

Die Revisionserwiderung bezieht sich darauf, daß das Finanzgericht angenommen hat, für die Umsatzsteuer 1977/78 habe nicht die regelmäßige Festsetzungsfrist von vier Jahren ab Ende des Jahres 1979, in dem die Steuererklärungen eingereicht worden waren, gegolten (§§ 169 Abs. 1, 2 Nr. 2, 170 Abs. 1, 2 Nr. 1 AO), sondern die Frist von fünf Jahren wegen leichtfertiger Steuerverkürzung, so daß der Ablauf dieser Frist durch den Beginn der Außenprüfung im August 1984 gehemmt worden sei (§§ 169 Abs. 2 Satz 2, 171 Abs. 4 AO). Diese tatrichterliche Feststellung war rechtsfehlerfrei; daran ändert es nichts, daß die Umsatzsteuersonderprüfung 1983 das Vorgehen der Klägerin nicht beanstandet hat (vgl. BFH BStBl II 1990, 518, 519). Danach hätte die Revision beim BFH auch insoweit keinen Erfolg gehabt.

Die Revisionskosten sind nicht erst durch die Nichtbegründung der Revision nutzlos geworden; vielmehr waren sie dies schon wegen der Aussichtslosigkeit der Revision, mit deren Einlegung die Klägerin die Beklagte beauftragt hatte.

B.

Bisher steht nicht fest, daß der vom Berufungsgericht zuerkannte Klageanspruch aus einem anderen Grunde gerechtfertigt ist (§ 563 ZPO).

I.

1. a) Nach dem unter Beweis gestellten Klagevortrag hat die Beklagte ihre vertragliche Beratungspflicht schuldhaft verletzt, indem sie die Klägerin vor und während des Arzneimittelbezuges nicht darauf hingewiesen hat, daß der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen, die die Hersteller den Tierärzten erteilten, nicht auf einer klaren, sicheren Rechtslage beruhte (GA I 109, 149, II 322, 333).

Im Rahmen seines Auftrags hat der Steuerberater seinen Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Insbesondere muß der Steuerberater seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren und diesen in die Lage versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen wahrzunehmen und eine Fehlentscheidung zu vermeiden (BGHZ 129, 386, 396).

Danach hätte die Beklagte damals von sich aus die Klägerin darüber aufklären müssen, daß ein Vorsteuerabzug aufgrund von Lieferrechnungen, die ein Unternehmer einem anderen ausgestellt hat, nicht dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG entspricht und daß eine solche Berechtigung des Treugebers in einem verdeckten Treuhandverhältnis in Rechtsprechung und Lehre umstritten ist. Die gebotene umfassende Beratung hätte weiterhin den Hinweis enthalten müssen, daß der Vorsteuerabzug Lieferrechnungen des Treuhänders an den Treugeber voraussetzen könnte und gegebenenfalls diese nicht – mit gesondertem Steuerausweis – von Kleinunternehmern ausgestellt werden konnten (§ 19 UStG). Damit hätte die Beklagte der Klägerin das Risiko einer Umsatzsteuernachforderung vor Augen geführt, falls diese sich auf einen Vorsteuerabzug aufgrund der Herstellerrechnungen an die Tierärzte einließ. Es entlastet die Beklagte nicht, daß die Finanzbehörde diesen Vorsteuerabzug jahrelang hingenommen hat (vgl. BGHZ 129, 386, 399).

b) Dagegen hat die Beklagte bisher nur allgemein behauptet, sie habe die Klägerin nie im Zweifel darüber gelassen, daß für den Vorsteuerabzug Rechnungen der Tierärzte mit offenem Mehrwertsteuerausweis vorliegen müßten (GA I 121). Damit hat die Beklagte das ihr vorgeworfene Verhalten lediglich unsubstantiiert bestritten, so daß der Klagevortrag bisher als zugestanden anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO). Zwar hat derjenige, der einen Steuerberater wegen unterlassener Beratung in Anspruch nimmt, die behauptete Pflichtverletzung zu beweisen; die damit verbundenen Schwierigkeiten hat der Berater aber dadurch auszugleichen, daß er zunächst im einzelnen darzulegen hat, in welcher Weise er die Belehrung vorgenommen haben will (BGH, Urt. v. 4. Juni 1996 – IX ZR 246/95, NJW 1996, 2571 m.w.N.). Sollte die Beklagte ihr Vorbringen noch substantiieren, so wären insoweit tatsächliche Feststellungen erforderlich.

c) Zu dem – vom Geschädigten darzulegenden und zu beweisenden – Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beraters und dem geltend gemachten Schaden hat die Klägerin vorgebracht, sie hätte bei pflichtgemäßer Aufklärung die Tierärzte – gemeint sind die vier eingeschalteten Tierärzte – veranlaßt, ihr Rechnungen über Arzneimittellieferungen mit gesondertem Steuerausweis auszustellen (GA II 322, 333). Damit hat die Klägerin klargestellt, daß sie nach Belehrung nicht vom Arzneimittelbezug über vorgeschobene Tierärzte abgesehen hätte. Im Falle einer Abrechnung im Treuhandverhältnis hätte die Klägerin einen berechtigten Vorsteuerabzug vorgenommen und wäre keiner Umsatzsteuernachforderung ausgesetzt gewesen, es sei denn, daß die eingeschalteten Tierärzte – gemäß dem Prüfbericht des Finanzamts – Kleinunternehmer und deswegen nicht zum gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung berechtigt waren (§ 19 UStG). Nach dem Klagevortrag waren die Tierärzte jedoch keine Kleinunternehmer (GA I 130).

Dagegen hat die Beklagte behauptet, die Tierärzte seien Kleinunternehmer gewesen und hätten die Ausstellung von Lieferrechnungen an die Klägerin verweigert (GA I 138 f, II 401; Schriftsatz vom 28. April 1995 S. 3). Danach ist insoweit eine tatsächliche Aufklärung notwendig. Hilfsweise hat die Klägerin – bisher allgemein – geltend gemacht, sie hätte Verträge mit Tierärzten geschlossen, die die Mehrwertsteuer hätten ausweisen können (GA II 343).

Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung kehrt sich die Beweislast für die haftungsausfüllende Kausalität auch bei einem groben Beratungsfehler nicht um (BGHZ 126, 217, 221 ff).

2. a) Die Klägerin hat eine weitere, schadensursächliche und schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten dargelegt mit ihrer unter Beweis gestellten Behauptung, die Beklagte habe, nachdem im Rahmen der Ende August 1984 begonnenen Steuerprüfung Berechtigung zum Vorsteuerabzug aufgrund fremder Rechnungen bezweifelt worden sei, ihr – der Klägerin – nicht geraten, nunmehr Lieferrechnungen der Tierärzte einzuholen, die erteilt worden wären, sondern ihr davon ausdrücklich abgeraten, weil sie – die Beklagte – an ihrer Rechtsauffassung festgehalten habe, der vorgenommene Vorsteuerabzug sei berechtigt (GA I 127 f, 131, 151, II 322, 334 ff, 342). Zu einem Rat, den Vorsteuerabzug auf Lieferrechnungen der Tierärzte zu stützen, war die Beklagte spätestens verpflichtet, nachdem die Rechtmäßigkeit des Vorsteuerabzugs aufgrund der Lieferrechnungen der Arzneimittelhersteller an die Tierärzte seitens der Finanzbehörde in Zweifel gezogen worden war. Einem Fachkundigen mußte dies als erfolgversprechender Weg erscheinen, eine Umsatzsteuernachforderung zu vermeiden und damit den Mandanten vor Schaden zu bewahren; die Beklagte durfte sich nicht darauf verlassen, daß dies dem sachunkundigen Geschäftsführer der Klägerin ohnehin klar sei. Nach tatrichterlicher Feststellung hatte der Prüfer der Finanzbehörde zu einem solchen Vorgehen geraten; dies geschah auch in dem von der Beklagten eingeholten Privatgutachten Dr. P. vom 12. Oktober 1984. Keinesfalls durfte die Beklagte der Klägerin davon abraten. Die Beklagte war von ihren Vertragspflichten gegenüber der Klägerin nicht deswegen befreit, weil sie den Rechtsstandpunkt der Behörde nicht teilte; das Risiko, daß sich ihre eigene Rechtsansicht als falsch erwies, durfte die Beklagte nicht ihrer Auftraggeberin aufbürden.

Die Finanzbehörde hätte einen Vorsteuerabzug der Klägerin aus Lieferrechnungen der Tierärzte, soweit diese nicht Kleinunternehmer waren, anerkennen müssen (§§ 14 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1, 19 UStG). Sie hätte dies nach ihrer Auskunft vom 19. Februar 1993 auch getan. Danach wäre keine Umsatzsteuernachforderung entstanden, soweit die Tierärzte regelversteuernde Unternehmer waren.

b) Die Beklagte hat die behaupteten Beratungsfehler bestritten und behauptet, die Tierärzte seien Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG gewesen und hätten die Ausstellung von Lieferrechnungen an die Klägerin verweigert (GA I 77 ff, 136 ff; Schriftsatz vom 28. April 1995 S. 3).

Danach sind auch insoweit tatsächliche Feststellungen zu treffen. Dabei darf die zu klärende Streitfrage nicht – gemäß dem Urteil des Landgerichts – dahin verkürzt werden, ob die Beklagte der Klägerin abgeraten hat, den Vorsteuerabzug auf Lieferrechnungen der Tierärzte zu stützen.

II.

Für den Fall, daß sich eine Haftung der Beklagten ergeben sollte, erhebt die Revision Einwendungen, die nur zum geringen Teil berechtigt sind.

1. Sie macht geltend, ein Schaden der Klägerin entfalle in Höhe der Umsatzsteuernachforderung, weil die Klägerin auch noch nach Rechtskraft des Urteils des Finanzgerichts einen entsprechenden Vorsteuerabzug aufgrund von Lieferrechnungen der Tierärzte oder deren Erben erlangen könne.

a) Dies ist nicht der Fall, soweit die Tierärzte – gemäß der Behauptung der Beklagten – Kleinunternehmer waren (§ 19 UStG).

b) Waren die Tierärzte regelversteuernde Unternehmer, so ist es nicht ausgeschlossen, daß die Klägerin aufgrund von Lieferrechnungen der Tierärzte einen Vorsteuerabzug erreichen kann.

aa) Die Rechtskraft des Urteils des Finanzgerichts steht nicht entgegen. Nach § 110 Abs. 1 FGO bindet sie, soweit über den Streitgegenstand entschieden wurde. Dafür kommt es darauf an, welchen Sachverhalt das Finanzgericht seiner Entscheidung tatsächlich zugrundegelegt und welche rechtlichen Erwägungen es hierzu angestellt hat (BFH NV 1990, 650, 651). Gemäß § 110 Abs. 2 FGO bleiben die Vorschriften der Abgabenordnung und anderer Steuergesetze über die Rücknahme, den Widerruf sowie die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten unberührt, soweit nicht die Bindungswirkung beeinträchtigt wird. Dies bedeutet, daß die Finanzbehörde neue Entscheidungen treffen kann aufgrund von Tatsachen, über die das Gericht nicht mitentschieden hat, weil sie außerhalb des der Urteilsfindung zugrunde gelegten Sachverhalts lagen (Kühn/Hofmann, AO und FGO, 17. Aufl. § 110 FGO Anm. 2).

Die Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils des Finanzgerichts erstreckt sich darauf, daß die Klägerin die nachgeforderte Umsatzsteuer schuldete, weil sie ihren Vorsteuerabzug zu Unrecht auf Lieferrechnungen gestützt hatte, die von den Arzneimittelherstellern den Tierärzten erteilt worden waren. Kann die Klägerin nunmehr Lieferrechnungen regelversteuernder Tierärzte zur Begründung eines Vorsteuerabzugs vorlegen, so handelt es sich um eine neue Tatsache, über die das Finanzgericht nicht entschieden hat, weil sie nicht Urteilsgegenstand war. Dann kann darauf eine der Klägerin günstige neue Entscheidung der Finanzbehörde gestützt werden.

bb) Die Klägerin kann aus ihrem Vertragsverhältnis mit einem regelversteuernden Tierarzt von diesem oder von dessen Erben (§ 1967 BGB; vgl. BFH BStBl II 1968, 464, 465; 1972, 80) die Ausstellung von Lieferrechnungen im Sinne des § 14 UStG verlangen.

c) Ein von der Beklagten herbeigeführter Vermögensschaden der Klägerin wird nicht ausgeschlossen durch die Möglichkeit eines – teilweisen – anderweitigen Ausgleichs.

Aus § 255 BGB ergibt sich, daß der Geschädigte grundsätzlich auch dann vollen Schadensersatz verlangen kann, wenn ihm zugleich ein Anspruch gegen einen Dritten zusteht. Diese Vorschrift ist – ebenso wie die Regel des Vorteilsausgleichs – Ausdruck des schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots und beruht letztlich auf dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB (BGHZ 60, 353, 358; BGH, Urt. v. 20. November 1992 – V ZR 279/91, NJW 1993, 593, 594; v. 2. Juli 1996 – IX ZR 157/95, WM 1996, 1681, 1683). Für ein Zurückbehaltungsrecht, das die Abtretung einer anderweitigen Ausgleichsforderung nach § 255 BGB geltend macht, genügt die Möglichkeit eines solchen – hinreichend bestimmten – Anspruchs (BGHZ 6, 56, 61).

Es entspricht nach Treu und Glauben dem Grundgedanken dieser Vorschrift, daß die Klägerin von der Beklagten im Haftungsfall vollen Schadensersatz verlangen und diese darauf verweisen darf, einen möglichen anderweitigen Ausgleich zu verfolgen; dafür kann die Klägerin die Beklagte ermächtigen, von den Tierärzten oder deren Erben Lieferrechnungen mit gesondertem Steuerausweis zu verlangen, die auf die Klägerin ausgestellt sind, und der Beklagten einen Erstattungsanspruch gegen die Finanzbehörde wegen eines darauf gestützten Vorsteuerabzugs abtreten. Der Vermögensverlust ist bei der Klägerin bereits eingetreten, weil die Umsatzsteuernachforderung durch Inanspruchnahme der von ihr gestellten Bürgschaft überwiegend erfüllt wurde (§ 774 Abs. 1 Satz 1 BGB); die Möglichkeit eines anderweitigen Ausgleichs ist unsicher und deswegen kein wirtschaftlich vollwertiger Vermögensgegenstand. Die Beklagte hatte die vertragliche Pflicht, einen solchen Schaden der Klägerin zu verhüten. Danach wird die Beklagte mit Rücksicht auf den Zweck des Schadensersatzes nicht unbillig belastet, wenn sie im Haftungsfalle vollen Ersatz zu leisten hat und es ihr überlassen bleibt, aufgrund abgeleiteter Ansprüche einen Ausgleich zu suchen.

2. Entgegen der Ansicht der Revision steht bisher nicht fest, daß die Klägerin ein – von der Beklagten zu beweisendes – schadensursächliches Mitverschulden (§ 254 BGB) trifft, weil versäumt wurde, den Vorsteuerabzug auf Lieferrechnungen der Tierärzte zu stützen. Einem sachunkundigen Mandanten kann in der Regel ein Mitverschulden nicht deswegen angerechnet werden, weil er das, worüber ihn sein Fachberater hätte unterrichten müssen, bei genügender Sorgfalt selbst hätte feststellen können und müssen (BGH, Urt. v. 20. Juni 1996 – IX ZR 106/95, WM 1996, 1832, 1835). Die mitursächliche Verletzung einer aus dem eigenen Verantwortungsbereich der Klägerin stammenden Pflicht zur Schadensverhütung hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

3. Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten ist entgegen der Ansicht der Revision nicht auf 500.000 DM beschränkt gemäß Nr. 9 der „Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften” vom 1. Oktober 1983 – AGB –. Es kann dahinstehen, ob die Parteien gemäß der – bisher unbestrittenen – Behauptung der Beklagten nachträglich vereinbart haben, daß diese AGB ab 1984 entsprechend gelten sollten „für alle zu erledigenden Arbeiten” einschließlich der von der Beklagten übernommenen steuerlichen Beratung, die in der Vertragsurkunde vom 5. April 1982 nicht genannt ist. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, so erfaßte eine Haftungsbeschränkung nicht eine schadensursächliche Pflichtverletzung vor 1984. Die Schadensersatzpflicht infolge einer späteren Pflichtverletzung wurde nicht rechtswirksam beschränkt, weil Nr. 9 der von der Beklagten verwendeten AGB den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligte (§ 9 i.V.b. mit §§ 11 Nr. 7, 24 AGBG; vgl. Brandner, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 7. Aufl. Anh. §§ 9-11 Rdnrn. 954 ff; ZIP 1984, 1186, 1188 ff). Nach Nr. 9 Abs. 1, 2 AGB ist die Haftung gegenüber einem Kaufmann bei leichter Fahrlässigkeit und „grobem Verschulden (ausgenommen eigener Vorsatz des Wirtschaftsprüfers)” auf 500.000 DM begrenzt. Diese – für die klagende GmbH geltende – Regelung ist aus § 323 Abs. 2 HGB (§ 168 Abs. 2 AktG a.F.) abgeleitet; danach beschränkt sich die Haftung eines Abschlußprüfers wegen fahrlässiger Pflichtverletzung auf diese Summe für eine Prüfung. Dieser Sonderfall kann schon nicht allgemein auf die normale Berufstätigkeit, insbesondere die Steuerberatung ausgedehnt werden. Außerdem ist die allgemeine Haftungsbeschränkung selbst bei grobem Verschulden des Wirtschaftsprüfers und Vorsatz seiner Mitarbeiter untragbar. Hinzu kommt, daß die Gesamtregelung unübersichtlich und schwer verständlich ist. Sie bleibt weit hinter den Anforderungen für eine formularmäßige Haftungsbeschränkung nach § 67 a StBerG in der Fassung des Gesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl I 1387) und § 54 a WPO in der Fassung des Gesetzes vom 15. Juli 1994 (BGBl I 1569) zurück.

4. Im Ergebnis erfolglos wendet sich die Revision gegen eine Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten „Bürgschaftsgebühren und -zinsen”. Diese wären adäquate Schadensfolgen aus einem Beratungsfehler der Beklagten (§ 249 Satz 1 BGB). Die Bankbürgschaft wurde bestellt, um eine Umsatzsteuernachforderung der Finanzbehörde bis zum rechtskräftigen Abschluß des Finanzgerichtsprozesses zu sichern. Die dafür angefallenen Kosten der Klägerin wären vermieden worden, wenn bei pflichtgemäßer Beratung durch die Beklagte diese Nachforderung nicht entstanden wäre. Es liegt nach der Lebenserfahrung nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, daß eine Handelsgesellschaft eine umstrittene Steuerforderung bis zur rechtskräftigen Klärung durch eine Bankbürgschaft sichern läßt, um eine sofortige Zahlung zu vermeiden (vgl. §§ 48 Abs. 2, 192, 222, 241 Abs. 1 Nr. 7, 244 AO).

 

Fundstellen

BGHZ, 212

NJW 1997, 1008

NWB 1997, 585

LRE, 187

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