Leitsatz (amtlich)

Stellt sich der Pensions-Sicherungs-Verein nach Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers auf den Standpunkt, er brauche nicht nach § 7 BetrAVG zu leisten, so muß er einen etwa auf ihn übergegangenen Versorgungsanspruch gegen den Arbeitgeber oder sonstige Verpflichtete (z.B. einen Vermögensübernehmer) auf Verlangen des Versorgungsberechtigten auf diesen zurückübertragen.

a) Hat ein Gesellschafter der GmbH Darlehen gegeben und mit ihr vereinbart, eine Kündigung solle ausgeschlossen sein, solange die GmbH die Darlehen zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt, so ist eine Rückgewähr der Darlehen gemäß § 30 GmbHG unzulässig, wenn und solange sie verlorenes Stammkapital oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdecken.

b) Ein Gesellschafter, der durch Vertrag das ganze Vermögen der GmbH übernommen und dann weiterveräußert hat, darf sich aus dem Erlös nicht vorab wegen eines der GmbH gegebenen Darlehens befriedigen, dessen Rückgewähr durch § 30 GmbHG verboten ist.

 

Normenkette

BetrAVG § 9; GmbHG § 30; BGB § 419

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 09.03.1981)

LG Essen

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. März 1981 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung von mehr als 64.656 DM mit 4 % Zinsen von 1.080 DM seit dem 31. Mai 1974 und von jeweils weiteren 2.160 DM seit dem 30. Juni 1974, 31. Juli 1974 usw. monatlich fortlaufend bis zum 31. Oktober 1976 sowie von 936 DM seit dem 30. November 1976 verurteilt worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision trägt zur Hälfte der Beklagte. Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Berufungsgericht vorbehalten.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Kläger war seit 1960 Prokurist der H. K. GmbH & Co. KG. Nachdem er aus deren Diensten Mitte Mai 1974 im Alter von 64 Jahren ausgeschieden war, verlangte er von ihr unter Berufung auf eine Pensionszusage eine monatliche Rente von 2.160 DM. Er erwirkte gegen die Kommanditgesellschaft vor dem Arbeitsgericht am 1. Dezember 1976 ein Urteil auf Zahlung dieser Rente seit dem 15. Mai 1974. Seine Versuche, aus diesem Titel zu vollstrecken, waren wegen Insolvenz der seit dem 7. Dezember 1976 in Liquidation befindlichen Schuldnerin erfolglos. Laut Leistungsbescheid vom 5. September 1979 zahlt der Pensions-Sicherungs-Verein seit dem 1. März 1979 die Rente von monatlich 2.160 DM.

Der Beklagte war Kommanditist der H. K. GmbH & Co. KG sowie Alleingesellschafter und Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, der H. K. GmbH, die ebenfalls seit dem 7. Dezember 1976 aufgelöst ist. Zu deren Vermögen gehörte eine Hühnerfarm. Dieses Betriebsvermögen übertrug die GmbH zum 30. September 1975 auf den Beklagten, der die Hühnerfarm bis Ende Februar 1978 weiterbetrieb und sie dann nach seiner Behauptung veräußerte. Nach den Erläuterungen zur Jahresbilanz der H. K. GmbH zum 30. Juni 1976 wurde ein mit 2.241.960 DM ausgewiesener Darlehensanspruch des Beklagten in Höhe von 1.228.596,22 DM mit Forderungen der GmbH gegen ihn verrechnet.

Der Kläger macht den Beklagten in erster Linie als Vermögensübernehmer nach § 419 BGB wegen seiner Pensionsansprüche für die Zeit vom 15. Mai 1974 bis zum 28. Februar 1979 haftbar. Er hat zuletzt beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 124.200 DM mit Zinsen zu verurteilen.

Der Beklagte hat mit seinem Antrag auf Klagabweisung bestritten, das ganze Vermögen der H. K. GmbH übernommen zu haben. Vorsorglich hat er sich auf eigene Aufwendungen für die Hühnerfarm und auf ein Vorabbefriedigungsrecht wegen seiner Darlehensforderung berufen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben und dem Beklagten antragsgemäß die Beschränkung seiner Haftung auf das übernommene Vermögen vorbehalten. Mit der Revision, die der Kläger zurückzuweisen beantragt, möchte der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.

 

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hat der Klage in Höhe der Rentenanspruche des Klägers für die Zeit vom 15. Mai 1974 bis zum 28. Februar 1979 stattgegeben, weil der Beklagte als Vermögensübernehmer nach § 419 BGB für die Verbindlichkeiten der H. K. GmbH mit dem Erlös der weiterveräußerten Hühnerfarm hafte. Zu diesen Verbindlichkeiten rechnet es zutreffend die rechtskräftig festgestellte Pensionsverpflichtung der H. K. GmbH & Co. KG, für die nach § 128 HGB die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin einstehen muß. Die hiergegen gerichtete Revision hat nur zum Teil Erfolg.

1. Soweit das Berufungsurteil rückständige Pensionsbezüge für die Zeit vom 13. November 1976 bis zum 28. Februar 1979 betrifft, weist die Revision zutreffend darauf hin, daß die Anspruchsberechtigung des Klägers mit Rücksicht auf § 9 Abs. 2 BetrAVG zweifelhaft ist. Nach dieser Vorschrift gehen nämlich Versorgungsansprüche, die einen Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung begründen, im Falle eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens mit dessen Eröffnung, in den sonstigen Sicherungsfällen (§ 7 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG) dann auf den Träger der Insolvenzsicherung über, wenn dieser dem Berechtigten die ihm zustehenden Ansprüche schriftlich mitteilt. Wäre daher, wie die Revision geltend macht, am 13. Mai 1977 über das Vermögen der Pensionsschuldnerin, der H. K. GmbH & Co. KG, der Konkurs eröffnet worden, so stünden die von da an laufenden Pensionsansprüche sowie die Rückstände für die letzten sechs Monate zuvor, also vom 13. November 1976 an (BGHZ 78, 73), kraft gesetzlichen Forderungsübergangs nicht mehr dem Kläger, sondern dem Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) als dem Träger der Insolvenzsicherung zu. Dieser könnte infolgedessen als jetziger Gläubiger auch allein die Rechte aus einem vertraglichen Vermögensübergang geltend machen, der nach § 419 BGB die Wirkungen einer gesetzlich angeordneten Schuldmitübernahme hat (§ 412 mit § 401 BGB analog; BGH, Urt. v. 24.11.71 – IV ZR 71/70, LM VVG § 67 Nr. 31; Weber in RGRK-BGB, 12. Aufl. § 419 Rdn. 64).

Das Berufungsgericht meint allerdings, der Kläger sei gleichwohl befugt, seine Ansprüche auch für jenen Zeitraum gegen den Beklagten als Vermögensübernehmer geltend zu machen, weil der PSV laut Leistungsbescheid vom 5. September 1979 erst vom 1. März 1979 die monatliche Rente von 2.160 DM zahle und § 9 Abs. 2 BetrAVG nur insoweit eingreife, als der PSV den Versorgungsanspruch erfülle; der Vorschrift sei nicht zu entnehmen, daß der Pensionsgläubiger sich vorrangig an den PSV halten müsse und Ansprüche gegen mithaftende Personen, wie gegen einen Vermögensübernehmer, nur subsidiär in Betracht kämen. Das ist jedoch nicht richtig. § 9 Abs. 2 BetrAVG will es dem PSV im Konkurs- oder Vergleichsfall ermöglichen, seine vom Pensionär abgeleiteten Ansprüche gemäß § 138 KO, § 67 VerglO fristgerecht anzumelden. Deshalb setzt es für diesen Fall im Unterschied zu den übrigen Versorgungsfällen den Anspruchsübergang möglichst frühzeitig an (Begr. zu § 9, BTDs 7/2843 S. 10; Höfer/Abt, BetrAVG, 2. Aufl., § 9 Rdn. 26). Damit wäre es unvereinbar, wenn der Versorgungsberechtigte seine nach objektiver Rechtslage vom PSV zu befriedigenden Ansprüche ohne Rücksicht auf dessen Gläubigerstellung im Konkurs gegen den Gemeinschuldner verfolgen könnte; das muß wegen des rechtlichen Zusammenhangs notwendigerweise auch für die Inanspruchnahme eines Vermögensübernehmers nach § 419 BGB gelten (vgl. Urt. d. Sen. vom 9.3.81 – II ZR 171/79, WM 1981, 647 zu III 2 c).

Hier scheint zwar festzustehen, daß der Kläger, vermutlich mit Rücksicht auf die Anmeldefrist des § 9 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG, für die Zeit vor dem 1. März 1979 vom PSV keine Leistungen mehr erwarten kann. Daraus ist aber nicht zu folgern, daß die zunächst gesetzlich auf den PSV übergegangenen Ansprüche insoweit von selbst an den Kläger zurückgefallen seien. Hinge die Anspruchsberechtigung jeweils davon ab, ob der PSV tatsächlich gewillt oder im Hinblick auf die Frist des § 9 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG noch verpflichtet ist, seinerseits an den Versorgungsempfanger zu leisten, so bliebe z.B. in den Fällen, in denen streitig ist, ob der Berechtigte an der rechtzeitigen Anmeldung seines Anspruchs ohne sein Verschulden verhindert war (§ 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BetrAVG), unter Umständen lange in der Schwebe, wer zu welchen Zeitpunkten Inhaber des Anspruchs gegen den Pensionsschuldner gewesen ist. Auch könnten in den Fällen, in denen der Versorgungsberechtigte mit dem PSV längere Zeit über seine Ansprüche nach Grund und Höhe verhandelt, Zweifel aufkommen, von welchem Zeitpunkt an der PSV seine Leistung ganz oder teilweise endgültig verweigert hat und deswegen ein Rückfall der Ansprüche an den Berechtigten eingetreten ist, oder ob etwa eine Verurteilung des PSV oder seine nachträglich erklärte Bereitschaft, die zunächst abgelehnten Forderungen doch noch zu erfüllen, ein zweites Mal den Anspruchsübergang auf ihn bewirkt. Eine solche Rechtsunsicherheit wäre gerade im Konkursverfahren nicht tragbar.

Zwar ist es nicht der Sinn des § 9 Abs. 2 BetrAVG, den PSV auf Kosten des Versorgungsberechtigten durch die Übertragung von Ansprüchen gegen den primär verpflichteten Arbeitgeber oder andere Verpflichtete grundlos zu bereichern. Um dies zu verhindern, genügt es aber, daß der PSV, sobald er sich auf den Standpunkt stellt, nicht leisten zu brauchen, verpflichtet ist, den Anspruch gegen den Versorgungsschuldner und sonstige Verpflichtete unter der Rechtsbedingung, daß er entgegen seiner Auffassung unter § 7 BetrAVG fällt und deshalb gemäß § 9 Abs. 2 BetrAVG mit der Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens auf ihn übergegangen ist, auf Verlangen des Versorgungsberechtigten auf diesen zurückzuübertragen. Dieser hat so die Wahl, bei Ablehnung seiner Ansprüche durch den PSV entweder eine solche Abtretungserklärung zu fordern und dann zu versuchen, mit ihrer Hilfe auf andere Weise Befriedigung zu erlangen, oder aber zunächst auf seinem Rechtsstandpunkt zu beharren und seine wirklichen oder vermeintlichen Ansprüche gegen den PSV weiterzuverfolgen. Der PSV geht andererseits auch dann, wenn er seine Eintrittspflicht zu Unrecht verneint hat, durch eine Rückübertragung des Versorgungsanspruchs gegen den oder die primär Verpflichteten kein Risiko ein, weil deren Leistungen nach § 7 Abs. 4 BetrAVG auf seine eigene Verpflichtung anzurechnen sind. Auf diese Weise lassen sich Unklarheiten über den genauen Zeitpunkt eines Anspruchsübergangs im allgemeinen ausschalten.

Da hier von einer Abtretungserklärung des PSV nichts vorgetragen ist, kommt es darauf an, ob die H. Kogge GmbH & Co KG tatsächlich seit dem 13. Mai 1977 im Konkurs gewesen ist oder ob erst die Mitteilung des PSV vom 5. September 1979 den Anspruchsübergang nach § 9 Abs. 2 BetrAVG ausgelöst hat. Hierüber gibt das Berufungsurteil keinen genügenden Aufschluß. Sein Tatbestand führt zunächst in Übereinstimmung mit dem beiderseitigen Vortrag (Klageschrift S. 3, Schriftsatz des Beklagten v. 17.9.1980 S. 8) als unstreitige Tatsache an, daß ein im April 1977 gestellter Konkursantrag mangels Masse abgelehnt worden sei. Dagegen heißt es in den Entscheidungsgründen (BU S. 9): „ab Konkurseröffnung der Fa. H. K. GmbH & Co. KG (13. Mai 1977)”. In Übereinstimmung damit enthält der Leistungsbescheid des PSV vom 5. September 1979, den der Prozeßbevollmächtigte des Klägers laut Protokoll in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 1981 überreicht hat, die Vermerke „Insolvenzart: Konkurs”, „Insolvenzdatum: 13.05.77”.

Insoweit ist das Urteil daher widersprüchlich und keine geeignete Grundlage für die rechtliche Beurteilung, so daß die Sache wegen der Versorgungsansprüche vom 13. November 1976 bis zum 28. Februar 1979 in Höhe von 59.544 DM zur tatsächlichen Klärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.

2. Zur Anwendung des § 419 BGB stellt das Berufungsgericht fest, die am 30. September 1975 auf den Beklagten übertragene Hühnerfarm habe, wie ihm bekannt gewesen sei, den wesentlichen Teil des Vermögens der H. K. GmbH ausgemacht. Ihr Verkehrswert habe nach den Angaben und Unterlagen des Beklagten insgesamt 1.321.324,76 DM betragen. Bei der GmbH seien, ebenfalls nach den Angaben des Beklagten, nur noch Forderungen gegen Kunden in Höhe von 133.857,03 DM und Bankguthaben in Höhe von 43.533,53 DM verblieben. Über sonstige für eine Vollstreckung geeignete Wirtschaftsgüter habe die Gesellschaft nicht mehr verfügt. Hiernach hat die GmbH zwar von ihrem vor dem Verkauf vorhandenen Vermögen von rund 1.500.000 DM noch einen Rest von etwa 12 % zurückbehalten. Diesen Rest konnte das Berufungsgericht aber unter den gegebenen Umständen im Verhältnis zum Ganzen als so unbedeutend ansehen, daß er einer Haftung des Beklagten nach § 419 BGB nicht entgegensteht. Dabei hat es die Frage, ob der Beklagte nahezu das gesamte Vermögen der GmbH übernommen hat, zutreffend nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt und dabei den Zweck des § 419 BGB berücksichtigt, die Gläubiger davor zu schützen, daß sich das ihrem Zugriff offenstehende Schuldnervermögen durch eine Veräußerung im Ganzen verflüchtigt (BGHZ 66, 217, 218 f). Aus dieser Sicht hat es rechtlich unangreifbar festgestellt, daß der von der Veräußerung ausgenommene, aus einer Vielzahl kurzfristig fälliger Einzelposten zusammengesetzte Forderungsbestand ebenso wie das schnell auflösbare Bankguthaben der H. Kogge GmbH im Gegensatz zu der als wirtschaftliche Einheit veräußerten Hühnerfarm praktisch keine reale Kredit- und Haftungsgrundlage gebildet habe.

3. Zutreffend geht das Berufungsgericht ferner davon aus, daß an die Stelle der Hühnerfarm, die der Beklagte nach seinen Angaben am 28. Februar 1978 weiterverkauft hat, als Haftungsmasse der Erlös getreten ist (RGZ 82, 273, 276; Weber a.a.O. § 419 Anm. 84). Es meint ferner, der Beklagte könne von diesem Erlös nicht diejenigen Beträge abziehen, die er in der Zeit von der Übernahme bis zum Weiterverkauf der Farm aufgewandt habe, um durch Krankheit oder Abschlachtung ausgeschiedene Legehennen zu ersetzen; denn er habe in dieser Zeit auch die Chance gehabt, Gewinn zu erzielen (vgl. § 419 Abs. 2 Satz 2 mit §§ 1990, 1991, 1978 BGB; BGH, Urt. v. 18.12.56 – VIII ZR 26/56, WM 1957, 245, 248). Daß im Gegensatz dazu die vom Beklagten weiter behaupteten Investitionen in Höhe von 84.470,34 DM über denjenigen Aufwand hinausgegangen seien, der durch den Verschleiß oder Abgang von Einrichtungsgegenständen notwendig geworden sei, habe der Beklagte nicht substantiiert dargelegt.

Demgegenüber vermißt die Revision mit Rücksicht darauf, daß der Beklagte die von ihm erworbene Sachgesamtheit nicht unverändert weiterveräußert habe, genaue Feststellungen darüber, welche Einzelteile des übernommenen Vermögens zu der veräußerten Sachgesamtheit gehört hätten und welche Erlösanteile auf sie entfielen. Sie verweist dazu namentlich auf den Schriftsatz des Beklagten vom 28. November 1980 und die ihm beigefügte Aufstellung, wonach er die übernommenen Vermögensstücke durch Gegenstände aus seinem Privateigentum im Gesamtwert von 1.645.886 DM ergänzt habe. Ferner macht sie geltend, das Berufungsgericht hätte dem Beklagten weitere, im Erlös enthaltene und über eine Ersatzbeschaffung hinausgehende Aufwendungen gutbringen müssen, die er auf Befragen notfalls hätte belegen können, nämlich eine Werterhöhung durch Erneuerung des Legehennenbestandes in Höhe von 90.014,06 DM und sonstige Neuanschaffungen im Betrag von 64.742,08 DM.

Mit diesen Rügen kann die Revision im Ergebnis nicht durchdringen. Selbst wenn man nämlich von dem Verkaufserlös, der sich nach den Angaben des Beklagten auf insgesamt 2.075.469,35 DM (einschließlich 640.277,54 DM für Grundstück und Gebäude) belaufen hat, mit der Revision 1.645.886 DM (eingebrachtes Privateigentum), 90.014,06 DM (Werterhöhung) und 64.742,08 DM (zusätzliche Investitionen) abziehen und damit den behaupteten Veräußerungsverlust von rund 2.200.000 DM vorwiegend auf die von der GmbH übernommenen Vermögensstücke verlagern wollte, bliebe noch immer ein Betrag von 274.827,21 DM übrig, der die Klagesumme übersteigt.

4. Selbst in dieser Höhe wäre freilich eine Haftung des Beklagten dann infrage gestellt, wenn er sich aus dem vorstehend erwähnten Erlösanteil wegen seiner eigenen Darlehensforderungen gegen die H. K. GmbH vorweg durch Verrechnung befriedigen könnte oder schon befriedigt hätte und dies dem Kläger entgegenhalten dürfte (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.62 – VI ZR 286/61, WM 1962, 962; Urt. v. 4.2.54 – IV ZR 164/53, JZ 1954, 387, insoweit in BGHZ 12, 232 nicht abgedr.; Urt. v. 13.5.81 – VIII ZR 117/80, NJW 1981, 1835 zu 4, insoweit in BGHZ 80, 296 nicht abgedr.). Das ist jedoch nicht der Fall, wie das Berufungsgericht im Ergebnis richtig entschieden hat. Dabei kommt es auf seine von der Revision angegriffenen Erwägungen und Berechnungen wie überhaupt auf die Zulässigkeit einer Vorabbefriedigung des Vermögensübernehmers schon aus folgenden Gründen nicht an:

Im Darlehensvertrag vom 12. Mai 1974 zwischen den Beklagten und der H. K. GmbH heißt es unter 3:

„Die Darlehen sind frühestens am 31.12.75 fällig.

Eine vorzeitige Tilgung kann nur in beiderseitigem Einvernehmen der Vertragspartner erfolgen. Solange der Darlehensnehmer zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten die Darlehen des Darlehensgebers benötigt, ist eine Kündigung ausdrücklich ausgeschlossen.”

Dazu hat der Beklagte vorgetragen, solche Regelungen dienten dem Zweck, die Konkursanmeldepflicht bei drohender Überschuldung zu vermeiden. Die Klausel habe der hier vereinbarten Rückgewähr des Darlehens durch Verrechnung mit dem Kaufpreis für die Hühnerfarm nicht entgegengestanden, weil sie die Liquidität der GmbH verbessert, deren Überschuldung mit Rücksicht auf den Veräußerungsgewinn erheblich verringert und deshalb dem Vorteil der Gläubiger gedient habe; ohne dieses Geschäft wären Liquidation und Insolvenz beider Gesellschaften bereits erheblich früher eingetreten (Schriftsatz v. 25.9.1979 S. 2). Hiernach hatte die vorerwähnte Klausel die Bedeutung einer sogenannten Rangrücktrittsvereinbarung, die üblicherweise den Sinn hat, der Gesellschaft die zur Befriedigung ihrer Gläubiger notwendigen und in Form eines Darlehens gewährten Geldmittel gerade für den Fall zu belassen, daß die Gesellschaft ihr satzungsmäßiges Stammkapital verloren hat oder bereits überschuldet ist (vgl. Karsten Schmidt, ZIP 1980, 328, 333 f sowie Scholz/K. Schmidt, GmbHG 6. Aufl. § 64 Anm. 22 m.w.N.). Damit ist das Gesellschafterdarlehen schon kraft Vereinbarung als kapitalersetzende Leistung zu behandeln, die im Bedarfsfall ebenso wie das Stammkapital selbst entsprechend den §§ 30, 31 GmbHG gesetzlich gebunden ist. Das bedeutet, daß seine Rückgewähr, auch mit beiderseitigem Einverständnis oder im Wege der Verrechnung, untersagt ist, soweit und solange die Darlehensvaluta verlorenes Stammkapital oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdeckt (BGHZ 76, 326, 335; 81, 252, 261; 81, 311, 314 u. 318 ff). Eine solche Lage war nach dem beiderseits vorgetragenen Sachverhalt schon bei der Veräußerung der Hühnerfarm am 30. September 1975 und erst recht bei der teilweisen Verrechnung des Darlehens mit der Kaufpreisschuld des Beklagten zum 30. Juni 1976 (Schriftsatz des Beklagten vom 20.8.1980 S. 13) gegeben.

Die vom Beklagten vorgelegte Jahresbilanz der H. Kogge GmbH zum 30. Juni 1975 weist Passiva – ohne Stammkapital und Gesellschafterdarlehen – in Höhe von (4.424.854,51 – 100.000 – 2.161.960 =) 2.162.894,51 DM aus. Dem stehen auch bei vollem Ansatz der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wertlos gewordenen Beteiligung an der H. K. GmbH & Co. KG mit dem Nennbetrag von 100.000 DM lediglich Aktiva in Höhe von insgesamt 967.484,81 DM gegenüber, so daß sich buchmäßig eine Überschuldung um 1.195.409,70 DM ergibt. Selbst wenn man mit Rücksicht auf den zu aktivierenden Veräußerungsgewinn anstelle der Buchwerte des Anlage- und Umlaufvermögens – außer Beteiligungen und Bankguthaben – den vom Beklagten angegebenen, nach seiner Behauptung eher zu hoch als zu niedrig bemessenen Kaufpreis für die Farm mit 1.214.823,19 DM (Anlage D zum Schriftsatz vom 28.11.1980) einsetzt, so daß sich das Aktivvermögen um die mit vergüteten stillen Reserven und einen etwaigen Geschäftswert, also um die Differenz zwischen Verkaufswert und Buchwert (1.214.823,19 – 520.467,71 = 694.355,48 DM), erhöht, verbleibt noch immer eine Überschuldung in Höhe von (2.162.894,51 – 967.484,81 – 694.355,48 =) 501.054,22 DM. Noch ungünstiger ist das Bild, wenn man die Bilanz der GmbH zum 30. Juni 1976, dem Tag der Verrechnung von Kaufpreis und Darlehen, betrachtet: Danach überstiegen die Passiva – wiederum ohne Stammkapital und Gesellschafterdarlehen – mit 1.991.067,10 DM die Aktiva in Höhe von 123.317,54 DM um 1.867.747,60 DM.

Eine Tilgung des Darlehens war und ist daher gemäß § 30 GmbHG unzulässig. Das kann auch der Kläger dem nach § 419 BGB haftenden Beklagten entgegenhalten. Denn nachdem der Beklagte die Beschränkung seiner Haftung auf den Bestand des übernommenen Vermögens geltend gemacht hat, haftet er nach § 419 Abs. 2 Satz 2 in Verb. mit § 1990, § 1991 Abs. 1, § 1978 BGB den Gläubigern für die ordnungsmäßige Verwaltung und Erhaltung des Vermögens nach Auftragsgrundsätzen (BGH, Urt. v. 16.2.72 – VIII ZR 189/70, LM BGB § 419 Nr. 25; Weber a.a.O. § 419 Rdn. 92). Diese Grundsätze mögen es zulassen, sich aus dem übernommenen Vermögen oder dessen Erlös wegen einer fälligen und mit keinem Einwand behafteten eigenen Forderung gegen den Veräußerer bevorzugt zu befriedigen. Mit den Pflichten eines Beauftragten ist es aber unvereinbar, übernommenes Gesellschaftsvermögen, das dem Zugriff der Gesellschaftsgläubiger unterliegt, in der Weise zu schmälern, daß der übernehmende Gesellschafter es zur Tilgung eines der Gesellschaft gegebenen kapitalersetzenden Darlehens verwendet, dessen Rückgewähr gesetzlich verboten ist. Infolgedessen kann sich der Beklagte gegenüber dem Kläger nicht darauf berufen, auf den Erlös der weiterverkauften Farm habe in erster Linie er selber als Darlehensgläubiger der GmbH zugreifen dürfen.

5. Zu Unrecht wirft die Revision dem Berufungsgericht schließlich vor, es habe weiteren Vortrag des Beklagten übergangen, aus dem sich ebenfalls gemäß § 774 Abs. 1 BGB ein Vorabbefriedigungsrecht aus dem übernommenen Vermögen ergebe; der Beklagte habe nämlich geltend gemacht, er habe aufgrund von Bürgschaftsverpflichtungen die Forderungen anderer Gläubiger gegen die H. K. GmbH abgelöst. Vor dem Landgericht hat sich der Beklagte lediglich gegenüber dem ursprünglich in erster Linie vom Kläger erhobenen Anspruch aus §§ 3, 7 AnfG damit verteidigt, er selber habe durch die Insolvenz der beiden Gesellschaften verbürgte Kreditverbindlichkeiten von 1.240.000 DM verloren (Schriftsätze vom 25.9.79 S. 2 u. v. 8.10.79 S. 2). Nachdem der Kläger dann in der Berufungsinstanz seine Klage vorrangig auf § 419 BGB gestützt hatte, hat der Beklagte nur noch allgemein vorgebracht, er habe sich „in Millionenhöhe für die Forderungen seiner Unternehmensgruppe persönlich verbürgen und verpflichten müssen”; daraufhin hätten die Gläubiger „auf die Hühnerfarm Zugriff genommen”, solange sie ihm noch gehört habe (Schriftsatz v. 13.10.80 S. 2 f). Dieses Vorbringen war nach Grund, Höhe, Zeitpunkt und Aufteilung auf die einzelnen Unternehmen gegenüber dem Anspruch aus § 419 BGB nicht schlüssig, ganz abgesehen von dem auch hier zu beachtenden Rückgewährverbot des § 30 GmbHG (vgl. BGHZ 81, 252). Das Berufungsgericht brauchte es infolgedessen nicht zu berücksichtigen. Damit entfällt der von der Revision gerügte Verstoß gegen § 551 Nr. 7 ZPO (BGHZ 39, 333, 338 ff).

6. Der Beklagte haftet hiernach mit dem Erlös aus dem übernommenen Gesellschaftsvermögen in jedem Fall in Höhe der Klageforderung. Deshalb muß es bei seiner Verurteilung bleiben, soweit nicht die Bedenken aus § 9 Abs. 2 BetrAVG eine erneute Verhandlung und Entscheidung notwendig machen.

 

Unterschriften

Stimpel, Fleck, Dr. Bauer, Dr. Kellermann, Bundschuh

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502414

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1982, 563

DNotZ 1983, 761

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