Leitsatz (amtlich)

a) Wird eine vorgefertigte Standardsoftware dem Erwerber gegen einmaliges Entgelt auf Dauer zu freier Verfügung überlassen, so sind bei Mängeln der Software die Vorschriften der §§ 459ff BGB zumindest entsprechend anwendbar.

b) Die Wandelung wegen mangelhafter Bestandteile einer einheitlichen Kaufsache erstreckt sich auf den gesamten Kaufvertrag, ohne daß § 469 BGB Anwendung findet. Ob ein einheitlicher Kaufgegenstand oder mehrere „als zusammengehörend” verkaufte Sachen vorliegen, ist nicht nach dem Parteiwillen, sondern nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen.

c) Zur Frage, ob sich bei einem Erwerb von Hard- und Software das Wandelungsrecht wegen Mängeln der Software auch auf die an sich mangelfreie Hardware erstreckt.

 

Normenkette

BGB §§ 459, 469

 

Verfahrensgang

OLG Nürnberg (Urteil vom 18.09.1986)

LG Nürnberg-Fürth

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. September 1986 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von mehr als 4.438,02 DM nebst Zinsen abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Klägerin vertreibt Computeranlagen („Hardware”) und -programme („Software”). Die Beklagte befaßt sich insbesondere mit der Herstellung von Endanwenderprogrammen, liefert aber auch Computeranlagen an Endabnehmer.

Gemäß Bestellung der Beklagten vom 5. August 1984 und Auftragsbestätigung der Klägerin vom 14. August 1984 lieferte die Klägerin der Beklagten am 30. August 1984 eine Aaltos-Computeranlage mit verschiedenen Hardware-Komponenten und einem Xenix-Betriebssystem sowie zwei Programme zur Übersetzung von Basic-Programmiersprache in ein für die Anlage lesbares Maschinenprogramm, nämlich einen Basic Compiler und einen Basic Interpreter der Firma M. Die auf die einzelnen Positionen der Lieferung aufgeschlüsselte Auftragsbestätigung weist ebenso wie die Rechnung der Klägerin vom 10. September 1984 eine „Gesamtsumme” von 68.750,55 DM aus, wovon 4.438,02 DM auf den Compiler und den Interpreter entfallen. Mit diesen beiden Programmen wollte die Beklagte den Einsatz des von ihr entwickelten Endanwenderprogramms „Tesy” auf der Anlage ermöglichen und diese entsprechend programmiert an einen Kunden weiterliefern. In der Folgezeit beanstandete die Beklagte gegenüber dem Verkaufsberater der Klägerin, Dr. W. daß die Anlage bei Beschickung mit dem Anwenderprogramm nicht richtig funktioniere. Mit Telex vom 5. November 1984 teilte sie der Klägerin mit, daß der gelieferte Compiler des Typs 5.60 bei einem unmittelbar vor der geplanten Auslieferung der Maschine durchgeführten Programmtest mit den kompletten Kundendaten erhebliche, zu sofortigem „Aussteigen” des Systems führende Mängel gezeigt habe. Die Programme seien dann mit einem von Dr. W. zur Verfügung gestellten Compiler des Typs 5.41 erneut kompiliert worden, der zwar einen bisher einwandfreien Programmlauf ermöglicht habe, jedoch eine wesentliche Funktion des Typs 5.60 („record-locking”) nicht erfülle. Sie, die Beklagte, habe daher selbst entsprechende Programmfunktionen entwickeln müssen und die Anlage nur mit Verspätung und zum provisorischen Betrieb bei dem Kunden installieren können. Sie behalte sich wegen Nichtfunktionierens des Compilers eine Rechnungskürzung vor. Mit Fernschreiben an die Beklagte vom 15. November 1984 beanstandete deren Kunde, daß ein normales Arbeiten mit dem seit 1980 verwendeten Tesy-Programm auf der neuen, am 29. Oktober 1984 installierten Altos-Anlage unmöglich sei. Zugleich wurde die Beklagte aufgefordert, die Probleme bis 20. November 1984 zu lösen oder die Anlage wieder zurückzunehmen. Daraufhin wandte sich die Beklagte mit Anwaltsschriftsatz vom 20. November 1984 an die Klägerin, rügte darin im einzelnen spezifizierte Mängel der gelieferten Hard- und Software und forderte die Klägerin zur Mängelbeseitigung bis 27. November 1984 auf, widrigenfalls der Kaufvertrag rückgängig gemacht werde. Die Klägerin kam der Aufforderung nicht nach, sondern hat mit ihrer Klage den Kaufpreis für die Hard- und Software von 68.750,55 DM geltend gemacht.

Die Beklagte hat gegenüber der Kaufpreisforderung die Einrede der Wandelung erhoben. Sie macht geltend: Die Anlage, insbesondere der Compiler und der Interpreter, hätten von Anfang an Mängel aufgewiesen, die allerdings – jedenfalls in ihren Einzelheiten – erst bei der Anwendung in der Praxis zu erkennen gewesen seien. Sie habe durch den Kauf der Hard- und Software aus einer Hand sicherstellen wollen, daß alle Komponenten zusammenpassen, und sei zum Betrieb der Anlage mit dem Tesy-Programm auf die miterworbene Software angewiesen. Anstelle des nur provisorisch eingesetzten Compilers 5.41 sei schließlich der – bestellte – Compiler 5.60 an ihren Kunden ausgeliefert worden, bei dem der Rechner sich jetzt zwar in Betrieb befinde, indessen nicht in vollem Umfang nutzbar sei.

Die Klägerin hält dem entgegen: Die behaupteten Softwaremängel seien allein die Folge von Programmier- und Bedienungsfehlern der Beklagten. Im übrigen seien derartige Fehlfunktionen bei komplexen Softwaresystemen unvermeidlich; sie ließen sich zudem durch gezielte Programmänderungen umgehen, was der Beklagten offenbar auch gelungen sei. Davon abgesehen seien die Mängelrügen der Beklagten verspätet; zumindest sei ein etwaiges Wandelungsrecht, das sich ohnehin nur auf die austauschbare Software (Compiler und Interpreter) und nicht auf die Hardware beziehen könne, durch Auslieferung der Anlage an den Kunden der Beklagten verwirkt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hat der erkennende Senat lediglich insoweit angenommen, als die Klage in Höhe von mehr als 4.438,02 DM (auf Compiler und Interpreter entfallender Teil der Klagesumme) abgewiesen worden ist. In diesem Umfang verfolgt die Klägerin die Klageforderung weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die Beklagte habe zu Recht die Wandelung des Vertrages erklärt. Denn die von der Klägerin gelieferte Software sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit Fehlern behaftet gewesen, die die Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch erheblich gemindert hätten. Der Sachverständige habe verschiedene Fehlfunktionen des Compilers und des Interpreters in Kombination mit dem Xenix-Betriebssystem festgestellt, bei denen es sich nicht um unvermeidliche Fehler komplexer Softwaresysteme gehandelt habe, sondern um Mängel, mit denen nicht zu rechnen gewesen sei.

Die Beklagte habe die Mängel rechtzeitig gerügt. Sie habe nach den Ausführungen des Sachverständigen aus der übergebenen Dokumentation nicht erkennen können, daß gerade die später festgestellten Fehler auftreten würden, von denen sich einige erst nach längerem Durchlauf eines Programms zeigten und deshalb selbst bei gründlichem Test nicht vollständig hätten erkannt werden können. Unter diesen Umständen sei die Mängelrüge im Telex der Beklagten vom 5. November 1984 noch unverzüglich im Sinne des § 377 HGB gewesen. Davon abgesehen sei durch die Aussage des Zeugen Dr. W. erwiesen, daß die Beklagte bereits im September 1984 und in der Folgezeit immer wieder Mängel telefonisch gerügt habe.

Durch den Weiterverkauf habe die Beklagte ihr Wandelungsrecht nicht verwirkt. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, daß die Beklagte die Anlage in Kenntnis der wesentlichen Mängel des Compilers 5.60 weiterveräußert habe. Aus dem Telex des Kunden der Beklagten vom 15. November 1984 ergebe sich vielmehr, daß die Anlage dort Ende Oktober 1984 installiert worden sei und erst danach die wesentlichen Mängel aufgetreten seien. Der Weiterverkauf der Anlage und deren Benutzung durch die Endabnehmerin verhinderten die Wandelung auch im übrigen nicht. Eine außergewöhnliche Abnutzung, die der Wandelung nach § 351 BGB oder nach § 242 BGB entgegenstehen könnte, sei nicht erwiesen. Mit dem Vorbehalt einer Rechnungskürzung in ihrem Telex vom 5. November 1984 habe sich die Beklagte auch noch nicht auf ein Minderungsrecht festgelegt.

Die Wandelung erfasse nicht nur die Software, sondern auch die Hardware. Zwar habe der Sachverständige nicht zu sagen vermocht, ob es zum damaligen Zeitpunkt bei anderen Herstellern Basic-Compiler und Interpreter für das konkrete System gegeben habe. Da das System nach seinen Ausführungen aber als Gesamtheit zu betrachten sei und üblicherweise Hard- und Software aus einer Hand bezogen würden, sei davon auszugehen, daß die Parteien sich über den Kauf einer einheitlichen Sache, einer Gesamtheit von Hard- und Software, geeinigt hätten (§§ 133, 157 BGB).

II.

Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Der erkennende Senat hat die Annahme der Revision hinsichtlich des auf den Compiler und Interpreter entfallenden Teils der Klagesumme abgelehnt. Gleichwohl sind die Revisionsrügen gegen die Berechtigung der Wandelungseinrede der Beklagten wegen Mängeln des Compilers und Interpreters in der Sache zu prüfen; denn auch nach der teilweisen Nichtannahme der Revision ist ein Wandelungsrecht der Beklagten hinsichtlich der Software nicht rechtskräftig festgestellt (vgl. Senatsurteil BGHZ 85, 367, 370 ff m.Nachw.). Die Rügen der Revision haben indessen keinen Erfolg.

a) Voraussetzung für ein Wandelungsrecht der Beklagten wegen Mängeln der gelieferten Software ist, daß die unmittelbar nur für den Sachkauf geltenden Vorschriften der § 459 ff BGB im Fall der Veräußerung mangelhafter Software anwendbar sind. Das wird deshalb bezweifelt, weil das Computerprogramm, die Software, zwar auf einem körperlichen Träger (Magnetband, Diskette u.ä.) festgelegt ist, sein eigentlicher wirtschaftlicher Wert sich aber aus den gespeicherten Informationen und Befehlsfolgen ergibt, die als solche eine geistige Leistung (vgl. Senatsurteil vom 3. Juni 1981 – VIII ZR 153/80 = WM 1981, 954 unter II 2 a) oder doch ein „informationelles Gut” (Kilian, Haftung für Mängel der Computer-Software, 1986, S. 15), jedenfalls ein immaterielles Gut darstellen (vgl. Brandi/Dohrn CuR 1986, 63, 66; Engel BB 1985, 1159, 1160; Gorny/Kilian, Computersoftware und Sachmängelhaftung, 1985, S. 21; Mehrings GRUB 1985, 189, 192). Software wird definiert als das, was man im Gegensatz zur Hardware „nicht anfassen kann” (vgl. Mehrings NJW 1986, 1904). Fehlfunktionen von Programmen beruhen regelmäßig nicht auf Mängeln des Datenträgers, sondern auf inhaltlichen Programmängeln (Kilian a.a.O. S. 35), betreffen also insofern den immateriellen Aspekt der Software.

aa) Im Schrifttum gehen die Meinungen über die rechtliche Einordnung von Verträgen über Softwareleistungen auseinander (vgl. die Übersichten bei Brandi-Dohrn a.a.O.; Engel BB 1985, 1159, 1161 ff; Kilian a.a.O. S. 35 ff; ders. CuR 1986, 187, 193 ff; Mehrings GRUR 1985, 191 ff). Großenteils wird danach differenziert, ob die Überlassung der Software in kauf-, miet- oder werkvertragsrechtlichen Formen erfolgt. Dies entspricht im Grundsatz auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der auf die Besonderheiten der jeweiligen Vertragsgestaltung abgestellt hat.

So hat er im Urteil vom 11. Februar 1971 (VII ZR 170/69 = WM 1971, 615) die Verpflichtung zur Herstellung eines den speziellen Bedürfnissen des Anwenders entsprechenden Programms nach werkvertraglichen Regeln beurteilt (im Grundsatz ebenso Senatsurteil vom 23. Februar 1977 – VIII ZR 312/75 = WM 1977, 390). Von einem einheitlichen Kaufvertrag im Fall des Erwerbs eines Computers nebst vorgefertigter Standardsoftware ist der Senat in seinem Urteil vom 23. März 1983 (VIII ZR 335/81 = WM 1983, 685) ausgegangen, wobei dort der rechtlichen Einordnung der Softwareleistung keine entscheidende Bedeutung zukam. Andererseits hat der Senat im Urteil vom 5. Oktober 1981 (VIII ZR 259/80 = WM 1981, 1358) die entgeltliche Gebrauchsüberlassung eines Computers mit Programm als einheitlichen Mietvertrag angesehen. Daß insbesondere vorgefertigte Standardsoftware je nach der betreffenden Überlassungsform ebenso Gegenstand eines Miet/Leasing- wie eines Kaufvertrages sein kann, hat der Senat auch im Urteil vom 6. Juni 1984 (VIII ZR 83/83 = WM 1984, 1092) ausgesprochen und im Urteil vom 20. Juni 1984 (VIII ZR 131/83 = WM 1984, 1089) dem Leasingnehmer ein Wandelungsrecht wegen unzureichender Software aus abgetretenem Recht des Leasinggebers/Käufers gegenüber dem Hersteller zugebilligt (vgl. auch Senatsurteil vom 5. Dezember 1984 – VIII ZR 87/83 = WM 1985, 263). Im Urteil vom 3. Juni 1981 (VIII ZR 153/80 = WM 1981, 954) hat er die Überlassung eines Computerprogramms im Rahmen eines von den Parteien so bezeichneten „Lizenzvertrages” als einen nach pachtrechtlichen Grundsätzen zu behandelnden Know-how-Vertrag gewertet, weil das Programm einem Fertigungsverfahren gleiche. Im Urteil vom 25. März 1987 (VIII ZR 43/86 = WM 1987, 818) hat der Senat für die Überlassung von Standardsoftware im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses zwar die Anwendung lizenzvertraglicher Grundsätze bei der unbefristeten Nutzungsüberlassung und einmaliger Gegenleistung aber auch bei Annahme eines kaufrechtsähnlichen Austauschvertrages erwogen.

bb) Nach der dargestellten Rechtsprechung kommt es für die rechtliche Einordnung von Softwareleistungen mithin einerseits darauf an, ob es sich um die (werkvertragliche) Herstellung spezieller Individualsoftware oder um die Überlassung vorgefertigter Standardsoftware handelt, andererseits darauf, ob die Überlassung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses oder im Wege eines einmaligen Erwerbsaktes gegen einmaliges Entgelt erfolgt. Handelt es sich wie im vorliegenden Fall um den Erwerb vorgefertigter, wenn auch „komplexer” Standardsoftware gegen einmaliges Entgelt zu freier Verfügung, so liegt die Annahme eines Kaufvertrages zumindest nahe (vgl. Soergel/Huber, BGB, 11. Aufl., vor § 433 Rdn. 81 a, 153). Von einem Kaufvertrag sind auch die Prozeßparteien stets ausgegangen. Nach dem Parteiwillen sollte die Beklagte das Eigentum an den Programmkopien (Compiler, Interpreter) ebenso erwerben wie an der Hardware. Insofern läge hier kein wesentlicher Unterschied gegenüber dem Verkauf von Büchern oder Schallplatten vor.

cc) Dem wird im Schrifttum zum Teil entgegengehalten, daß der Lauf eines Programms im Computer anders als der Gebrauch von Büchern oder Schallplatten urheberrechtliche Werkverwertung sei, die der (zumindest stillschweigenden) Einräumung eines Nutzungsrechts (§ 31 UrhG) bedürfe (Kindermann GRUB 1983, 150, 159; ders. CR 1986, 446, 447). Nach Gorny/Kilian (a.a.O. S. 24) soll deshalb ein Rechtskauf vorliegen. Daraus ergibt sich indessen noch nichts für die Gewährleistung wegen Funktionsmängeln der Software, weil es insoweit nicht um einen Rechtsmangel im Sinne des § 437 BGB geht. Zudem sind keineswegs alle gehandelten Standardprogramme „persönliche geistige Schöpfungen”, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG Urheberrechtsschutz genießen (vgl. BGHZ 94, 276; Engel BB 1985, 1159, 1162). Die Haftung für Softwarefehler muß sich aber bei geschützten und ungeschützten Programmen nach denselben rechtlichen Regeln richten, weil sie mit urheberrechtlichen Fragen nicht in Zusammenhang steht, das Urheberrechtsgesetz zudem auch keine Antwort darauf gibt, welche schuldrechtlichen Rechtsvorschriften auf den Softwareerwerb und auf mögliche Gewährleistungsansprüche anzuwenden sind (vgl. Engel a.a.O.; Mehrings GRUB 1985, 189, 192). Es kann daher im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob die von der Klägerin gelieferte Software Urheberrechtsschutz genießt.

dd) Unabhängig vom Urheberrechtsschutz verbleibt freilich noch der Einwand, daß bei der Gewährleistung für Softwaremängel in der Regel gerade der immaterielle Teil der Leistung im Vordergrund steht (vgl. oben 11 1 a). Die Rechtslage ist insoweit ähnlich wie beim Verkauf eines inhaltlich unrichtigen Druckerzeugnisses, z.B. eines Anleitungsbuchs (vgl. Brandi-Dohrn, CuR 1986, 63, 66). Ob in einem solchen Fall ein Sachmangel im Sinn des § 459 Abs. 1 BGB vorliegt, hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 14. März 1973 (VIII ZR 137/71 = WM 1973, 730) offen gelassen, jedoch eine Haftung des Verkäufers aus Zusicherung der inhaltlichen Richtigkeit des Druckwerks nach dem für den Sachkauf geltenden § 463 BGB bejaht. Zwar hat er im Urteil vom 8. Februar 1978 (BGHZ 70, 356) eine sachlich ungerechtfertigte Kapitalanlageempfehlung in einem periodisch erscheinenden Druckwerk nicht rein kaufrechtlich gewürdigt, sondern wegen der relativ kurzlebigen Aktualität derartiger Empfehlungen eine Haftung des Herausgebers aus einem Beratungsvertrag eigener Art angenommen. Mit derartigen aktuellen Informationen läßt sich aber ein Computerprogramm nicht vergleichen. Selbst wenn man den Besonderheiten des teilweise immateriellen Charakters von Softwareleistungen durch Annahme eines gesetzlich nicht näher geregelten Vertrages eigener Art wie eines Know-how- oder Lizenzvertrages (vgl. dazu Benkard/Ullmann, Patentgesetz, 7. Aufl., § 15 Rdn. 49 ff) Rechnung tragen wollte (vgl. Brandi-Dohrn a.a.O. S. 68; Lauer BB 1982, 1758, 1759; Müller-Hengstenberg CR 1986, 441, 443), so bliebe die Frage, welchen Regeln insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung dieser Vertragstyp folgen soll. Dies kann nicht ohne Rücksicht auf die jeweils von den Parteien gewählte Überlassungsform entschieden werden. Die Annahme eines als Pacht zu behandelnden Know-how-Vertrages (wie im Senatsurteil vom 3. Juni 1981 a.a.O.) entspricht dem Willen der Parteien dann nicht, wenn diese kein Dauerschuldverhältnis, sondern – wie hier – eine kaufrechtliche Form der Überlassung der Software gewählt haben.

ee) Die mit dem Verkauf des Datenträgers einhergehende, auf dauernden Erwerb angelegte Überlassung vorgefertigter Standardsoftware läßt sich schließlich auch nicht mit Lizenzverträgen über ein Fertigungsverfahren oder eine Erfindung vergleichen, auf die der Bundesgerichtshof nur beim Fehlen zugesicherter Eigenschaften die §§ 463, 538, 581 BGB entsprechend angewendet hat (BGH Urteil vom 11. Juni 1970 – X ZR 23/68 – „Kleinfilter” = GRUR 1970, 547), ansonsten aber bei technischer Unbrauchbarkeit des Vertragsgegenstandes die allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätze über das anfängliche Unvermögen heranzieht, weil die Vorschriften über die Sachmängelhaftung beim Kauf auf Überlegungen beruhten, die auf den Lizenzvertrag nicht zuträfen (BGH Urteil vom 28. Juni 1979 – X ZR 13/78 – „Mineralwolle” = GRUR 1979, 768). Diese Überlegungen treffen aber auf die Vermarktung von Standardprogrammen durch Verkauf von Programmkopien zu. Kaufgegenstand ist hier ein Datenträger mit dem darin verkörperten Programm, insofern also eine körperliche Sache (vgl. BGH Beschluß vom 2. Mai 1985 – I ZB 8/84 = GRUR 1985, 1055, 1056), die – entsprechend dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch – als Instrument zur Datenverarbeitung dienen soll. Ein Fehler des so verkörperten Programms ähnelt dem Konstruktionsfehler eines (massenhaft hergestellten) technischen Werkzeugs eher als dem Mangel einer Erfindung. Im übrigen erscheint die für Ersatzansprüche wegen Unbrauchbarkeit einer Erfindung geltende dreißigjährige Verjährungsfrist des § 195 BGB bei der Gewährleistung wegen Mängeln von Standardsoftware nicht angemessen. Während die Brauchbarkeit von Erfindungen oder Fertigungsverfahren sich oft erst nach langen Ausführungsversuchen erkennen läßt, kann der Erwerber eines Standardprogramms dessen Geeignetheit in der Regel durch Tests und Praxiseinsatz verhältnismäßig leicht und innerhalb der Verjährungsfrist des § 477 BGB überprüfen.

ff) Nach allem liegen im vorliegenden Fall die für die Sachmängelhaftung der §§ 459 ff BGB maßgeblichen Kriterien vor. Dies rechtfertigt eine zumindest entsprechende Anwendung der §§ 459 ff BGB auf Fälle der verkaufsweisen Überlassung von Programmkopien mit inhaltlich fehlerhaftem Programm (vgl. Engel BB 1985, 1159, 1162; Kilian, Haftung für Mängel der Computersoftware, S. 36; ders. CuR 1986, 187, 195; vgl. auch J. Baur ZHR 129, 1, 13 zum Lizenzvertrag; a.A. Müller-Hengstenberg CR 1986, 441, 443; teilweise auch Brandi-Dohrn CuR 1986, 63, 68 f; Mehrings NJW 1986, 1904, 1907). Ob dem Softwareveräußerer darüber hinaus entsprechend § 633 Abs. 2 BGB ein Nachbesserungsrecht zu gewähren ist (so Mehrings a.a.O.), bedarf hier keiner Entscheidung, weil die Klägerin der Aufforderung der Beklagten vom 20. November 1984 nicht nachgekommen ist.

b) Daß die von der Klägerin gelieferte Software mit Mängeln behaftet war, die eine Wandelung jedenfalls bezüglich der Software rechtfertigten, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen. Die dagegen gerichteten Sach- und Verfahrensrügen der Revision greifen nicht durch.

aa) Die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Softwaremängeln tragen eine entsprechende Anwendung der §§ 459 ff BGB. Dabei kann offenbleiben, ob der Vortrag der Klägerin zutrifft, insbesondere „komplexe” Software könne nie ganz mangelfrei sein (ebenso Müller-Hengstenberg CR 1986, 441, 442), und dies die Annahme eines Fehlers im Sinne des § 459 BGB in (anderen) Fällen üblicher Softwaremängel ausschließt (vgl. dagegen Mehrings NJW 1986, 1904, 1905), oder ob diese Behauptung nur dazu dient, den Herstellungsaufwand in Grenzen zu halten und das Erwartungsniveau von Softwareanwendern zu dämpfen (so Kilian CR 1986, 632). Ausreichend ist jedenfalls die vom Berufungsgericht im Anschluß an die Ausführungen des Sachverständigen getroffene Feststellung, daß die vorliegenden Softwaremängel weder bei solchen Systemen üblich noch leicht aufzufinden und zu beseitigen seien und die Tauglichkeit zu dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch erheblich gemindert hätten. Daran ändert nichts, daß die Fehler – nach Kenntnis der Ursache – durch bestimmte Maßnahmen umgangen werden konnten. Nach den – insoweit von der Revision nicht angegriffenen – Feststellungen des Berufungsgerichts handelte es sich bei den Umgehungsmaßnahmen um bloße „Provisorien”, die zudem keine uneingeschränkte Nutzung der Anlage ermöglichten. Damit mußte sich die Beklagte nicht zufriedengeben. Eine nur unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung im Sinne des § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB hat die dafür beweispflichtige Klägerin (Senatsurteil vom 19. Dezember 1973 – VIII ZR 37/73 = WarnRspr 1973 Nr. 313) nicht nachgewiesen.

Ohne Erfolg macht die Revision in diesem Zusammenhang geltend, daß für Programmentwicklungs-Software wie den Compiler und Interpreter, die nicht für Endanwender, sondern für Softwareproduzenten wie die Beklagte bestimmt seien, andere Maßstäbe hinsichtlich Fehlerfreiheit und Zumutbarkeit von Fehlerumgehungsmaßnahmen gelten müßten. Der Sachverständige wußte, daß es sich um Programmentwicklungs-Software handelte. Auch als Softwareproduzent durfte die Beklagte erwarten, daß die von ihr für eben diese Anlage und mit ihr zusammen bestellte Standard-Entwicklungssoftware so ausgereift war, daß damit jedenfalls nicht nur „provisorisch” gearbeitet werden konnte.

bb) Die Revision rügt zu Unrecht, daß das Berufungsgericht dem Sachverständigengutachten entnommen habe, auch bei Einsatz des Compilers 5.41 sei nur ein provisorischer Betrieb der Anlage möglich gewesen, während der Sachverständige diesen Compiler tatsächlich nicht überprüft habe. Darauf kommt es nicht an: Die Parteien haben sich spätestens mit der Lieferung des Typs 5.60 auf diesen Compiler geeinigt. Ein anderes mangelfreies Exemplar des Typs 5.60 hat die Klägerin der Beklagten nicht angeboten. Der Compiler 5.41 wurde der Beklagten von der Klägerin nach dem beiderseitigen Parteivortrag wie nach Aussage des Zeugen Dr. W. „übergangsweise” und „zu Testzwecken”, nicht aber als endgültiger Ersatz zur Verfügung gestellt. Zumindest hat die Klägerin das Gegenteil nicht bewiesen, so daß dahinstehen kann, ob die Beklagte ausnahmsweise nach Treu und Glauben einen derartigen Ersatz hätte akzeptieren müssen (vgl. dazu Senatsurteil vom 5. Oktober 1966 – VIII ZR 98/64 = NJW 1967, 33).

cc) Die Verfahrensrügen der Revision gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts und die von ihm angenommene Sachkunde des Sachverständigen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 565a ZPO).

c) Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist es weiter, daß das Berufungsgericht ein Wandelungsrecht der Beklagten weder unter dem Gesichtspunkt verspäteter Mängelanzeige (§ 377 HGB) noch unter dem der Verwirkung (§ 242 BGB) für ausgeschlossen gehalten hat.

aa) Die Revision meint, das „Rügeverhalten” der Beklagten sei „nachlässig” gewesen, weil selbst die in der Mängelanzeige vom 20. November 1984 dargestellten Mängel „nur teilweise” mit den vom Sachverständigen festgestellten Fehlfunktionen übereinstimmten. Welche festgestellten Fehler in dem Schreiben nicht genannt und von der Beklagten früher zu erkennen gewesen seien, zeigt die Revision nicht auf. Davon abgesehen hat das Berufungsgericht festgestellt, daß zumindest einige der Fehler nicht bei einem selbst gründlichen Test, sondern erst in der Praxisnutzung durch den Abnehmer der Anlage zu erkennen waren (vgl. dazu Senatsurteil vom 18. Juni 1986 – VIII ZR 195/85 = WM 1986, 1286 zu 11 2 a); nach den – insoweit nicht angegriffenen – Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte bereits im September 1984 telefonisch Fehlfunktionen der Anlage gerügt, ohne deren Ursache damals präzise angeben zu können. Das mußte sie auch nicht (vgl. Senatsurteil a.a.O. zu II 1), vielmehr hätte dies für die Klägerin Anlaß zu einer Überprüfung der Anlage sein müssen.

bb) Die Revision rügt weiter, daß das Berufungsgericht eine Verwirkung des Wandelungsrechts der Beklagten unter der tatsächlich unzutreffenden Annahme abgelehnt habe, der Compiler 5.41 sei der Beklagten erst nach Auslieferung der Anlage an ihren Kunden zur Verfügung gestellt worden. Ob sich eine andere zeitliche Abfolge – wie die Revision meint – aus dem Telex vom 5. November 1984 ergibt, kann dahinstehen. Ebensowenig wie die Weiterbenutzung schließt die Weiterveräußerung der Kaufsache in Kenntnis eines Mangels die Wandelung grundsätzlich aus (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1984 – VIII ZR 295/82 = WM 1984, 479, 480; RGZ 98, 231, 232 f; Soergel/Huber, BGB, 11. Aufl., § 467 Rdn. 185, 188). Maßgebend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls (Senatsurteil a.a.O.). Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte die Anlage mit dem compilierten Anwenderprogramm zu einem bestimmten Zeitpunkt an ihren Kunden zu liefern und war damit wegen der Schwierigkeiten mit dem Compiler 5.60 bereits in Rückstand. Sie mußte zu diesem Zeitpunkt noch nicht damit rechnen, daß die Software unbehebbare oder nur durch Provisorien umgehbare Mängel aufweisen werde. Wenn sie unter diesen Umständen den Compiler 5.41 zur Erreichung einer noch annähernd pünktlichen Lieferung an den auf die Anlage angewiesenen Kunden einsetzte und die Anlage in der Hoffnung auslieferte, die Probleme mit dem Compiler 5.60 würden sich letztlich lösen lassen, so läßt sich aus diesem Verhalten eine Verwirkung des Wandelungsrechts nicht ableiten.

Aus ähnlichem Grund hat die Beklagte ihr Wandelungsrecht entgegen der Ansicht der Revision auch nicht dadurch verwirkt, daß sie sich in ihrem Telex vom 5. November 1984 eine Rechnungskürzung wegen Nichtfunktionierens des Compilers „vorbehalten” hat. Das spricht eher dafür, daß sie dessen Verwendbarkeit noch nicht für endgültig ausgeschlossen hielt. Das Berufungsgericht hat darin zu Recht noch keine Festlegung auf eine Minderung gesehen, mit der sich die Klägerin ohnehin nicht einverstanden erklärt hat (§ 465 BGB).

2. Nach allem kommt es darauf an, ob das Wandelungsrecht der Beklagten sich auch auf die an sich mangelfreie Hardware (mit dem Xenix-System-Programm) erstreckt.

a) Voraussetzung eines Gesamtwandelungsrechts der Beklagten – sei es wegen der vom Berufungsgericht angenommenen Sacheinheit von Hard- und Software oder nach § 469 Satz 2 BGB – ist zunächst, daß es sich um einen einheitlichen Kaufvertrag bezüglich Hard- und Software handelte (vgl. Rohlff NJW 1972, 575, 576; Zahrnt BB 1984, 1007). Dies nimmt das Berufungsgericht offenbar als selbstverständlich an. Diese tatrichterliche Würdigung (vgl. Senatsurteil vom 1. Juli 1987 – VIII ZR 117/86 = WM 1987, 1131 zu A I 1) ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Annahme eines einheitlichen Vertrages steht der immaterielle Charakter der Software nicht entgegen; § 469 BGB ist insoweit jedenfalls entsprechend anwendbar (vgl. oben II 1 a). Auch in seinen Urteilen vom 23. Februar 1977 (VIII ZR 312/75 = WM 1977, 390 unter II 2), vom 23. März 1983 (VIII ZR 335/81 = WM 1983, 685 unter III 1) und vom 20. Juni 1984 (VIII ZR 131/83 = WM 1984, 1089 unter 12 a bb) ist der erkennende Senat vom Vorliegen eines einheitlichen Vertrages über Hard- und Software ausgegangen. Soweit er in seinem Urteil vom 25. März 1987 (VIII ZR 43/86 = WM 1987, 818 unter II 2-4) trotz Vorliegens einer einheitlichen Vertragsurkunde zwei rechtlich selbständige Verträge über Hard- und Software angenommen hat, beruht dies auf Besonderheiten des dort zu beurteilenden Falles, die hier nicht vorliegen.

b) Mit Recht beanstandet die Revision aber die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe deshalb ein Gesamtwandelungsrecht, weil „die Parteien sich über den Kauf einer einheitlichen Sache, einer Gesamtheit von Hardware und Software geeinigt haben, §§ 133, 157 BGB”.

aa) Es trifft zwar zu, daß die Wandelung wegen mangelhafter Bestandteile einer einheitlichen Kaufsache sich auf den gesamten Kaufvertrag erstreckt, ohne daß § 469 BGB Anwendung findet (vgl. Senatsurteil vom 10. November 1971 – VIII ZR 155/70 = WM 1972, 158 unter II 2; Staudinger/Honsell, BGB, 12. Aufl., § 469 Rdn. 1). Ob aber eine einheitliche Kaufsache vorliegt, richtet sich – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht nach dem Parteiwillen. Dies folgt aus § 469 Satz 2 BGB. Denn danach führt der Verkauf mehrerer Sachen als (nach dem Parteiwillen) „zusammengehörend” gerade nicht dazu, daß stets eine einheitliche Kaufsache und damit zwingend ein „Gesamtwandelungsrecht” gegeben ist. Vielmehr geht § 469 BGB auch bei einheitlichem Verkauf mehrerer Sachen von dem Grundsatz der Einzelwandelung aus und läßt auch beim Verkauf mehrerer Sachen „als zusammengehörend” eine Gesamtwandelung nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 469 Satz 2 BGB zu. Maßgebend dafür, ob eine einheitliche Kaufsache oder mehrere „als zusammengehörend” verkaufte Sachen vorliegen, kann – wie auch sonst bei der Abgrenzung von Einzelsachen gegenüber wesentlichen Bestandteilen einer Sache (§ 93 BGB) – daher nicht der Parteiwille, sondern nur die Verkehrsanschauung sein (vgl. z.B. Palandt/Heinrichs, BGB, 46. Aufl., Überblick 3 e vor § 90; Staudinger/Dilcher a.a.O. Vorbem. zu § 90 Rdn. 13).

bb) Ob sich die gelieferte Hard- und Software nach der im Jahre 1984 herrschenden Verkehrsanschauung als Bestandteile eines im Rechtssinne einheitlichen Gegenstandes oder als Mehrheit von Sachen darstellten, läßt sich nach den bisher vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Die Äußerung des Sachverständigen, das System sei als Gesamtheit zu betrachten, weil eine Software ohne Hardware nicht nutzbar sei und umgekehrt, reicht hierfür ebensowenig aus wie seine Erklärung, erfahrungsgemäß sei es am besten, Hard- und Software aus einer Hand zu beziehen; dies trifft auf zahlreiche als zusammengehörend verkaufte Gegenstände zu, ohne daß sie allein deshalb bereits einen einheitlichen Kaufgegenstand bildeten.

Zwar hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 20. Juni 1984 (VIII ZR 131/83 = WM 1984, 1089) ausgeführt, daß jedenfalls dann, wenn ein Hersteller/Lieferant Hard- und Software zur Bewältigung bestimmter typischer Aufgaben (dort: täglicher Ablauf einer Arztpraxis) aufeinander abgestimmt anbietet, von einem im Rechtssinne einheitlichen Anschaffungsgegenstand auszugehen sei. Demgegenüber handelt es sich vorliegend aber nicht um einen in dieser Weise typisierten Nutzungszweck und bei der gelieferten Software nicht um Endanwenderprogramme. Im übrigen wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob sich die Verkehrsanschauung über die Zusammengehörigkeit von Hard- und Softwareprodukten mit der zunehmenden Verselbständigung beider Märkte in den letzten Jahren gewandelt hat (vgl. Gorny/Kilian, Computer-Software und Sachmängelhaftung, 1985, S. 19, 20; Moritz/Tybusseck, Computersoftware, 1986, Rdn. 45 ff). Nach im neueren Schrifttum teilweise vertretener Auffassung soll selbst das für die zentrale Steuerung unerläßliche Betriebssystem (hier: Xenix) nicht mehr als integrierender Bestandteil der Kaufsache Computer, sondern als selbständiges Vertragsobjekt anzusehen sein (Müller-Hengstenberg CR 1986, 441, 443; a.A. Brandi-Dohrn CuR 1986, 63, 64).

Zur Nachholung der insoweit erforderlichen Feststellungen mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden. Es wird dabei von der Legaldefinition des § 93 BGB auszugehen und mithin zu prüfen haben, ob die Hard- und Software hier ein Gesamtsystem darstellten, das durch eine Trennung in seinem Wesen verändert oder zerstört würde. Da der Sachverständige Funktionsfehler des Compilers und des Interpreters gerade in ihrer Kombination mit dem Xenix-Betriebssystem der Anlage festgestellt hat, kann sich dabei insbesondere die Frage stellen, ob der Compiler und der Interpreter zusammen mit dem Betriebssystem als von der eigentlichen Hardware trennbare Gegenstände angesehen werden können. Ist dagegen das Betriebssystem nach der Verkehrsanschauung als integrierender Bestandteil des Computers anzusehen, wird zu prüfen sein, ob gleiches auch für den Compiler und Interpreter gilt. Maßgebend ist dabei jeweils die zur Zeit der Lieferung im Jahre 1984 bestehende Verkehrsanschauung.

c) Gelangt das Berufungsgericht nach erneuter Überprüfung nicht zur Annahme einer im Rechtssinne einheitlichen Sache und damit auch nicht zu einem schon aus diesem Grunde bestehenden einheitlichen Wandelungsrecht der Beklagten, so wird es die Voraussetzungen des § 469 Satz 2 BGB zu untersuchen haben. Für die Bejahung der insoweit maßgeblichen – und von der Trennbarkeit nach der Verkehrsanschauung (§ 93 BGB) zu unterscheidenden – Frage, ob die Hard- und Software hier „ohne Nachteil” voneinander getrennt werden können, mögen bereits nicht unerhebliche Schwierigkeiten der Beschaffung eines passenden Ersatzes für den betreffenden Vertragsgegenstand ausreichen (vgl. z.B. Palandt/Putzo, BGB, 46. Aufl., § 469 Anm. 2 b bb). Insoweit kann es darauf ankommen, ob die Beklagte entweder eine auf dem Altos-Rechner funktionierende Einheit von Betriebssystem, Compiler und Interpreter oder einen für den Altos-Rechner mit dem Xenix-Betriebssystem passenden Compiler und Interpreter, sei es vom selben oder einem anderen Hersteller, ohne größere Schwierigkeiten im Jahre 1984 hätte beschaffen und damit eine einwandfreie Funktion der Anlage erreichen können. War die Beschaffung für die Anlage passender, „kompatibler” Ersatzsoftware (mit oder ohne Betriebssystem) seinerzeit nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich, so könnte die Frage der Verkehrsanschauung (II 2 b) dahingestellt bleiben, weil dann die Beklagte jedenfalls ein Gesamtwandelungsrecht nach § 469 Satz 2 BGB hätte, auch wenn es sich nach der Verkehrsanschauung nicht um einen einheitlichen Kaufgegenstand, sondern um mehrere Sachen handelte. Ist andererseits eine Trennung des Betriebssystems nebst Compiler und Interpreter von der Hardware – nach § 469 Satz 2 BGB und nach der Verkehrsanschauung – möglich, so kommt es nicht darauf an, daß für das Betriebssystem in der Auftragsbestätigung und der Rechnung der Klägerin kein gesonderter Preis ausgewiesen ist (vgl. § 471 BGB; vgl. auch Senatsurteil vom 25. März 1987 a.a.O.).

Als bloße Nebensachen im Sinn des § 470 BGB können – entgegen der Ansicht der Revision – der auf das Betriebssystem abgestimmte Compiler und Interpreter dagegen ebensowenig wie das Betriebssystem angesehen werden (vgl. Moritz/Tybusseck, Computersoftware, 1986, Rdn. 63), dies schon deshalb nicht, weil Compiler und Interpreter nach dem beiderseitigen Parteivortrag zur Entwicklung von Anwenderprogrammen dienten und dies der vertraglich vorausgesetzte Gebrauch der Anlage durch die Beklagte war.

 

Fundstellen

BGHZ

BGHZ, 135

NJW 1988, 406

Nachschlagewerk BGH

ZIP 1987, 1567

JZ 1988, 460

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